Autor Thema: Kettenhemd- von fererverzinkt zu brüniert?  (Gelesen 7413 mal)

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Kettenhemd- von fererverzinkt zu brüniert?
« am: 3.08.2005 | 20:34 »
Denize Noy schrieb:
Zitat
Also für Metalle gibt es verschiedene Flüssigkeiten, die sie schnell oxidieren lassen. Einiges kann man da im Baumarkt kriegen.

Cola is zum Beispiel geeignet, um Eisen schwarz zu machen. Ist auch noch zugleich ein recht netter Rostschutz. Kettenhemdbesitzer kennen das sicher.

Gibt es da irgendwas konkretes zu? Wie kriege ich mein silbrig-Feuerverzinktes Kettenhemd zum Mittelalterlich-schwarzbrünierten Look?
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Offline Alrik aus Beilunk

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Re: Kettenhemd- von fererverzinkt zu brüniert?
« Antwort #1 am: 3.08.2005 | 22:07 »
sicher das es verzinkt ist ?

Sind die Ringe magnetisch ? Dann ist es ein Eisenwerkstoff, die werden für gewöhnlich verzinkt.
Edelstahl ist meist nicht magnetisch, wird aber auch nicht verzinkt (und kann nicht brüniert werden)

Ist die Oberfläche glänzend, spiegelnd oder stumpf, mit einem leichten blauen Farbton (oder einem starken, irrisierenden gelb ?) Dann ist es Zink.
Ist die Oberfläche glänzend, spiegelnd, oder stumpf, aber eher gelblich könnte es sich auch um Nickel handeln.

Eine stumpfe, mausgraue Oberfläche könnte Alu sein.

Leg eine einzelnen Ring in 16%ige Salzsäure oder 25 % Schwefelsäure (Baumarkt, Drogerie, Aptheke)
Löst sich der Ring komplett auf, war er aus Alu ;)
Sprudelt es kurz, löst sich aber nicht komplett auf, handelt es sich um Zink.

1.) Zink lässt sich schwarz chromatieren, die meisten Metallveredelungen die Verzinken können dieses Verfahren anwenden.
Vorausgesetzt sie haben die nötigen Chemikalien auf Lager.
Allerdings wird Zink im Regelfall blau chromatiert, und es besteht die Möglichkeit das eine anschließende Schwarzchromatierung nicht hält. 

2.) Zink lässt sich relativ leicht mit eine starken Mineralsäure oder einer starken Lauge entfernen.
Kein Problem für die meisten Metallveredelungen.
Anschließend lässt sich das ganze brünieren.
Allerdings besteht die Gefahr, das durch die Wasserstoffentwicklung beim Auflösen des Zinks der Stahl brüchig wird.
Zudem ist der Stahl nach dem entfernen des Zinks sehr korrosionsanfällig, d.h. das brünieren sollte möglichst schnell erfolgen.

In allen Fällen: Gelbe Seiten-> Metallveredelungen oder Galvaniken.
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Offline Haukrinn

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Re: Kettenhemd- von fererverzinkt zu brüniert?
« Antwort #2 am: 3.08.2005 | 22:57 »
Mittelalterlich-schwarzbrünierten Look?

Hmm, als nicht-Larper und Mittelalterfan frage ich mich da. Willst Du einen mittelalterlichen Look oder einen schwarz brünierten? Für letzteres hast Du bereits eine mehr als ausführliche Antwort. Für ersteres kann ich einfach nur daz raten: Kauf nicht verzinkte Ringe (die zudem NICHT aus rostfreiem Edelstahl sein sollten). Rosten und dunkel anlaufen tut das Kettenhemd dann früher oder später sowieso. Das sehe ich hier ja meinem...  ;)
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Re: Kettenhemd- von fererverzinkt zu brüniert?
« Antwort #3 am: 4.08.2005 | 20:50 »
Wie ich bereits zu beginn sagte: Es handelt sich um verzinkte Stahlringe.

Und auf die Idee mit den Metallveredelern bin ich auch schon gekommen, aber ehrlich: Wenn ich Mr.Sparsam bin, und mir ein verzinktes Kettenhemd kaufe... habe ich dann das Geld, um teure deutsche Industriestunden zu bezahlen? irgendwie nicht. Deshalb war die frage ja auch:

Wie
kriege
ich
das Hemd so hin?


Also, ich brauche also eine Säure, welche ich in einer Apotheke bekomme. Dann lege ich das K.Hemd rein (am besten an einer Stange oder einem Haken, zum Rausholen), und lasse den Zink runtersprudeln. Wenn dies getan ist, mache ich.... was?
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Cycronos

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Re: Kettenhemd- von fererverzinkt zu brüniert?
« Antwort #4 am: 4.08.2005 | 21:39 »
Also, ich brauche also eine Säure, welche ich in einer Apotheke bekomme.

Das kommt auf die Säure an. Wen ich richtig informiert bin, so kann man starke Säuren nicht einfach so in der Apotheke kaufen. (Jedenfalls nicht ohne Beleg der Sachlkenntnis..)

Und selbst wenn du die Säure dann hast ist vorsicht geboten: Zu hochprozentig und du korrodeirst dir den Stahl schneller weg, als dir lieb ist. Zu gering konzentriert und es passiert gar nix.
Auch beim verdünnen der säure auf die Richtige konzentration ist immenso vorsicht geboten:
Erst das Verdünnungsmittel (destilliertes Wasser) vorlegen und dann die hochprozentige Säure zugeben. (langsam!)
Machst du es andersrum, oder zu schnell, so kocht dir das ganze Gebräu ratz-fatz über und spritzt wild und fröhlich durch die Gegend....
Also immer vorsicht.
Auch auf die Gasentwicklung beim entzinken ist zu achten. Wasserstoff ist ziemlich explosiv.

Wenn ich morgen an der Uni bin kann ich mal nen Anorganiker fragen, ob er genaueres zu den Techniken der entzinkung oder Brünierung weiß.

Offline Aeron

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Re: Kettenhemd- von fererverzinkt zu brüniert?
« Antwort #5 am: 5.08.2005 | 16:15 »
Säuren gibts doch sicher auch im Baumarkt in Form von hochkonzentrierten Reinigungsmitteln.

Offline Alrik aus Beilunk

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Re: Kettenhemd- von fererverzinkt zu brüniert?
« Antwort #6 am: 6.08.2005 | 15:58 »
Zitat
Also, ich brauche also eine Säure, welche ich in einer Apotheke bekomme. Dann lege ich das K.Hemd rein (am besten an einer Stange oder einem Haken, zum Rausholen), und lasse den Zink runtersprudeln. Wenn dies getan ist, mache ich.... was?
Mehrmals in einem Eimer mit Wasser spülen, am besten nacheinander in drei Eimer gehen, anschließend gut trocken, z.B. indem man das Hemd in einen Eimer mit 60° heißen demineralisierten Wasser spült bis es die Temperatur erreicht hat, und dann mit einen Föhn trocknet.

Danach sollt möglichst schnell beschichtet werden.

Zitat
Und auf die Idee mit den Metallveredelern bin ich auch schon gekommen, aber ehrlich: Wenn ich Mr.Sparsam bin, und mir ein verzinktes Kettenhemd kaufe... habe ich dann das Geld, um teure deutsche Industriestunden zu bezahlen? irgendwie nicht. Deshalb war die frage ja auch:
So teuer wird das nicht da relativ wenig Arbeitszeit nötig ist.
Zudem besteht immer noch die Chance einen Sonderpreis zu erhalten.
Bei vielen Metalveredelungen ist es nicht unüblich für Privatkunden mit Einzelstücken das ganze schwarz (d.h. gegen eine Pauschale von 20/50 €uro, oder einen Kasten Bier, ohne Steuern und Garantie)  zu machen.

Was das Beizen/Brünieren angeht: Lass es lieber.

Eine 16% Salzsäurelösung (HCl) reicht zum entfernen des Zinks.
Noch besser ist ein 25 % Schwefelsäurelösung (H2SO4), da die Eisensalze der Schwefelsäure schlechter Löslich sind, und so weniger oxidierende/reduzierende Eisen II/III Ionen vorliegen.
Während diese Säuren Eisen nicht angreifen (sondern nur die Eisen II/III Oxide, aka Rost) wirkt Eisen II oxidierend und kann die Oberfläche anätzen.

Aber: Handelsüblich sind Konzentrationen von 37% HCl und 50% H2SO4.
HCl dieser Konzentration ist am Rand der Löslichkeit und gast als stark reizendes HCl aus. Führt zu husten, und brennen in den Augen.
H2SO4 muß runterverdünnt werden, beim Verdünnen wird Wärme frei, die ausreichen kann um einen Kunststoffbehälter zum Schmelzen zu bringen, Edelstahlbehälter sind nach dem Beizen meist nicht mehr Rostbeständig.
In der Industrie wird deshalb vor allem HCl in Kunststoffbehältern verwendet, und selbst das wird ungerne gemacht, da die Dämpfe trotz Absaugung und Abluftwäschern sehr korrosiv sind.

Gießt man zudem das Wasser in die Säure, kann es zu einer Dampfexplosion kommen, die dafür sorgt das die Säure fein in der Gegend verteilt wird. Das brennt dann auch in den Augen, und vor allem auf der Haut.
Beim Abbeizen des Zinks sorgt der Wasserstoff vor allem dafür, das sich eine Aerosol aus der Säure über der Beize entwicklet, das natürlich reizend ist.
Für eine Knallgas-Explosion fehlt meist das richtige Mischungsverhältniss.

Zum Brünieren braucht man die entsprechenden Salze.
Es wird Natronlauge verwendet, die ähnlich gefährlich wie HCl und H2SO4 ist.
Dazu kommen noch Oxidationsmittel, die zumindest gesundheitsschädlich und explosionsfördernt sind.

Das ganze wird in Wassser gelöst, und auf 130 - 140° C erwärmt (durch die Salze verschiebt sich der Siedepunkt der Flüssigkeit).
Dabei muß kontinuierlich gerührt werden, denn die Salzlösung kann eine Kruste am Heizkörper (Topfboden, wenn du es auf dem Herd machst) bilden.
Diese Kruste ist Wasserfrei, und isoliert den Heizkörper, der dadurch eine wesentlich höhere Temperatur als die Lösung erreichen kann.
Kommt nun Wasser aus der Lösung unter die Kruste (z.B. durch einen Riß) kann dies zu einer Dampfexplosion führen, bei der 130° C heiße Natronlauge mit Oxidationsmittel durch die Luft geschleudert wird.

Glaub mir, da möchtest Du nicht in der Nähe sein.

Ausserdem, was willst Du mit der Säure und der Brünierung anfangen wenn du fertig bist ?
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Re: Kettenhemd- von fererverzinkt zu brüniert?
« Antwort #7 am: 8.08.2005 | 11:22 »
Und die Moral von der Geschichte? Glaube niemals Homepages wo steht "die Feuerverzinkung kann mann einfach mit Säure entfernen und das Hemd anschließend Brünieren". Ich lasse das Zink nun drauf, bis es sich abgenutzt hat. Das dauert seine Jahre, in denen ich über andere Sachen nachdenken kann.

Eine Frage noch: Seit wann gibt es eigentlich die Verzinkung als Verfahren? Ich meine, Zink wird dabei ja zum Sieden gebracht und anschließend aufgedampft.... Der Siedepunkt ist ja nicht allzu hoch bei diesen Weichmetallen (auch wenn ich da jetzt mit Zinn durcheinanderkomme)
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Re: Kettenhemd- von fererverzinkt zu brüniert?
« Antwort #8 am: 9.08.2005 | 18:38 »
Hast Du schon in einer Metallverdelung gefragt was eine Professionelle Brünierung kosten würde ?
Alternativ lässt sich das Zink auch schwarz Chromatieren, was weniger aufwendig ist. Allerdings stehen Chromatschichten im Verdacht Krebserregend zu sein (Einatmen und Hautkontakt).
In Beiden Fällen sollte das Kettenhemd vorher entfettet werden (Spülmittel wie Pril reicht, Spiritus ist noch besser).


Der Siedepunkt von Zink liegt bei 450° C, das Metall ist seit dem Altertum bekannt.

Allerdings ist Verzinken erst mit der Industrialisierung aufgekommen, da vorher einfach zu wenig Eisen verfügbar war.
Für Rüstungen, Waffen ect.. braucht man kein Zink als Korrosionsschutz, da diese Teile regelmäßig gepflegt werden.
Zudem ist Zink Legierungsbestandteil des Messings, und damit viel zu teuer um es für Eisen zu verschwenden (zumindest solange kein Gußeisen verfügbar ist).

Erst die Gußeisernen Brücken und Gewächshäuser  benötigten einen dauerhaften Korrosionsschutz.

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