@ Fredi:
Also, meine 5 Oiro Fuffzig ... mit zwei Vorbemerkungen
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Erstmal ... der Ausspruch „Don't try to make me feel like I live there, make me care about it.„ ist für sich (allein) genommen erstmal ziemlicher Quatsch, weil generalisierender Charakter.
So und nun die Überschrift ... „Emotionale Bindung und Immersion“.
Statt Immersion hätte in einem offenen Thread besser „eintauchen“ oder „abtauchen“ (vielleicht auch „abgleiten“) geschrieben werden sollen. Dann hätte sich nämlich schon ein kleiner logischer Pferdefuss offenbart. Wir reden nämlich nicht von einem „physischen“ Abtauchen, z.B. in real existierendes Wasser. Wir reden vom Rollenspiel. Da stelle ich mir – irgend – etwas vor. Wenn ich dann dort „abtauchen“ möchte, ist das ganz zwangsläufig mit Emotionen verbunden. Wie soll also „Immersion“ im Rollenspiel OHNE Emitionen (oder emotionale Bindungen) funktionieren?
So, genug im Vorfeld gemotzt - weiter im Hauptfeld
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Was sagt der Satz nun genau? Der Punkt, der mein Spielgefühl so wunderbar trifft, ist folgender: Ich möchte nicht zwingend in der fiktiven Welt leben. Ich möchte mich nicht unbedingt zu fühlen, als ob ich wirklich eine andere Person wäre, die sich wirklich in einer anderen Welt aufhält.
Also, indirekt unterstellst Du, das es möglich ist, 100%ig zwischen Spieler und Figur zu unterscheiden bzw. zu 100% abzutauchen.
Ich möchte vielmehr eine emotionale Bindung zu den Charaktereren und Konflikten der Geschichte haben. Das Ganze soll mir etwas bedeuten!
Die Frage ist, ob man dafür vielleicht nicht erstmal in den Charakter „schlüpfen“ muss. Zumindest könnte man einwenden, dass man ja die Charaktere verstehen muss, bevor Konflikte überhaupt möglich sind. Insofern stellt sich mir auch die Frage, ob „das Gefallen“ an einem Konflikt nicht auch mit einem gewissen Grad an Identifikation mit dem Charakter einher geht. Empfinde ich die tragische „Liebessituation“ eines Charakters deshalb so tragisch, weil ich das irgendwie auch auf mich beziehe?
Wenn ja, dann kann man wohl schlecht „aus dem Charakter“ fahren ...
Er muss dafür nicht unbedingt mit Konflikten, Problemen oder Persönlichkeitseigenschaften ausgestattet seien, die dem Spieler besonders wichtig sind.
Dafür hätte ich jetzt gerne mal ein Beispiel. Ich vermute nämlich, dass Du einen kleinen – aber aus meiner Sicht wichtigen – Punkt nicht beachtest. Wenn ich einen Charakter baue, der nicht irgendwelche „Konflikte“ mit sich herumschleppt, dann muss der SL
im Spiel für die Konflikte sorgen. Das heißt, ich schlüpfe dann erst
im Spiel in den Charakter, weil ich erst da die Konflikte mit dem Charakter erlebe. Die Probleme des Charakters entstehen dann erst im Spiel.
Nicht sonderlich anders wäre es, wenn der Charakter
im Vorfeld bei der Charaktererschaffung Konflikte mitbekommen hat. Das kann mir im Vorfeld helfen, mich mit dem Charakter zu identifizieren oder mir fiktive Situationen auszudenken, die dramatisch bzw. konfliktreich sein können. Der wirklich einzige Unterschied ist aber nur, dass dies im Vorfeld gemacht wurde. Man kan also „vor“ dem Rollenspiel „abtauchen“. Außerdem muss es nicht zwangsläufig so sein, dass die Konflikte des Charakters die Gruppe oder die erlebte Geschichte berühren. Sie können „stumm“ im Hintergrund laufen. Theoretisch sogar, ohne je „ans Licht“ zu treten.
Auf der anderen Seite ist eine emotionale Identifikation mit einer Figur in einer Geschichte (einem Buch oder einem Film) durchaus auch möglich ohne tatsächlich das Gefühl zu haben, dass man diese Figur sei oder in der Welt der Geschichte lebe.
Da hätte ich auch gerne mal ein Beispiel. Ich bezweifle nämlich, dass dies vollständig möglich ist. Ich meine: Klar, man muss nicht sprichwörtlich mit einem Charakter mitfiebern. Aber ohne irgend einen Grad von Bindung aufzubauen, glaube ich nicht, dass sich Konflikte erleben lassen. Da gehört schon ein gewisses Maß an „Hineindenken“ oder „Mitgefühl“ dazu. Ohne das wäre der Konflikt ja uninteressant. Warum sollte ich mir auch einen Kopf um einen Konflikt machen, der sich um einen Charakter dreht, welcher mich wenig oder gar nicht berührt? In gewisser Weise ist ja auch DAS der Grund dafür, warum man den Spielern ein paar Minuten „Rampenlicht“ gönnen sollte.
Allerdings ist absolut nötig, dass Konflikte, Probleme oder Eigenschaften des Charakters oder der Geschichte einen persönlichen Bezug zu meinem eigenen Leben oder mein momentanen Interessen haben. Ich muss also den Charakter oder dem Konflikt auf einer persönlichen Ebene interessant und emotional ansprechend finden.
Jetzt frage ich mal ganz ketzerisch: Warum solltest Du einen Charakter bauen, der
nicht Deine persönlichen Interessen tangiert,
keine Bezüge zu Dir aufweist,
uninteressant ist oder dich
nicht emotional anspricht?
Oder ganz einfach und platt: Warum solltest Du einen Charakter bauen, der Dir keinen Spaß macht?
Dann erreiche ich einen hohen Grad an emotionaler Bindung ohne tatsächlich vollständig in den Charakter einzutauchen.
Mit anderen Worten, Du willst hauptsächlich DICH spielen.
Dementsprechend brauche ich keine besonders ausführlichen Beschreibungen, die mich dazu bringen sollen, nicht tatsächlich in einer bestimmten fiktiven Welt zu Hause zu fühlen. Mich können diese Beschreibungen sogar stören. Was mir allerdings wichtig ist, ist der persönliche Bezug zu Figuren und Konflikten in der Geschichte. Ohne diesen Bezug kann die Geschichte noch so schön und atmosphärisch beschrieben sein, sie wird für mich immer schal bleiben.
Ist ja klar; Du willst ja DICH spielen und nicht irgend einen dahergelaufenen Fantasy-Char. Ich glaube, da gibt es Berufszweige, die verdienen mit solchen „ganz persönlichen“ Rollenspielen ganz gut
Tja und im Papier-und-Bleistift-Rollenspiel sind solche Leute auch bekannt. Die bereiten manchen Spielgruppen eine besonders große Freude, wenn sie die einzigen sind, deren Chars ... unverletzlich, unendlich reich, unendlich schön usw. sind
Ich vermute allerdings, das es dementsprechend zwei verschiedene Arten von emotionaler Bindung im Rollenspiel gibt: zum einen die Bindung durch Eintauchen in eine fiktive Welt, zum anderen die Bindung durch bestimmte Eigenschaften der Geschichte, die direkt auf die Persönlichkeit des Spielers abzielen. Ob man nun die eine oder andere Form von Bindung (oder vielleicht beide) bevorzugt, ist dabei sicher Geschmackssache.
Hey, da stimme ich Dir zu, würde es aber GANZ anders begründen.
Wie bereits ausgeführt: Ich glaube, dass man wohl immer irgendwie in seinem (oder in einem anderen!) Charakter steckt sowie seine eigenen Interessen bzw. Präferenzen (Vorlieben) wohl auch mit hineinprojeziert. Auf diese Weise ist es meiner Meinung nach überhaupt erst möglich, interessante Konflikte entstehen zu lassen. Ein Element im Rollenspiel ist ja gerade, sich „auf einer Spielwelt“ zu bewegen. „Reale“ Konflikte kann ich ja sonst gleich „real“ am „Stammtisch“ austragen (in Diskussionen usw.) - da muss ich nicht erst über das Rollenspiel gehen.
Es gibt also eine Art „vielschichtiges“ Abtauchen, was auf Charakter, Spielwelt und Persönlichkeit zurückgeht. Da gibt es also Bindungen. Wie weit dieses Abtauchen gehen muss, ist abhängig von den Spielpräferenzen (und ggf. anderen Sachen – die mir jetzt nicht einfallen
).
Daneben gibt es aber sicherlich auch eine Art „losgelöstes“ Abtauchen. Etwas ohne tiefere Bindungen, die möglicherweise aus der Situation heraus entstehen. Typische Beispiele sind Rollenspielsituationen, die einfach komisch wirken. Da lacht dann jeder, wei man sich das vorstellen kann, ohne aber wirklich unbedingt „intensiv“ abgetaucht zu sein. Das Gleiche kann auch auf Nebenbemerkungen fußen ... ein Spielercharakter macht was, ein anderer Spieler kommentiert dies und alle lachen (Gruppenzwang mal ausgeschlossen
).
Arbo
P.S.: Sorry, habe den Beitrag offline geschrieben und erst jetzt eingestellt ...
P.P.S.: Fredi nur kurz zu Deinem zweiten Beitrag. Die Beispiele sind m.E. nicht gut gewählt. Du willst ja eine Emotion oder ein Interesse hervor rufen, ohne direkt abtauchen zu müssen. Dann bring bitte Beispiele mit ähnlicher Situation, welche die gleiche (oder ähnliche) Emotion ansprechen und nicht zwei völlig unterschiedliche Dinge. Ferner vermute ich, dass es mehr die Anreize (!) sind, mit denen diese Emotionen geweckt werden. Während der eine vielleicht die Beschreibung braucht, hat der andere vielleicht schon bestimmte Bilder im Kopf. Aber auch da ... während der eine eintaucht, ist der andere schon längst „drin“ ...