Autor Thema: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?  (Gelesen 4381 mal)

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Offline Bitpicker

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Ursprünglich war das hier Teil einer Antwort auf Raven in Wjassulas Thread über Narrativismus und Jazz, aber die eine Hälfte meiner Antwort wurde mir vorweggenommen und die andere machte auf mich irgendwie den Eindruck, in einem eigenen Thread  besser aufgehoben zu sein.

Raven machte in besagtem Thread seiner Verärgerung darüber Luft, dass in Theoriediskussionen oft eine Präferenz für narrativistische Systeme geäußert wird - sag ich mal vorsichtig. Ich teile zumindest die subjektive Wahrnehmung, dass die Mehrzahl der Theorie-Interessierten sehr zum Narrativismus neigt. Ich frage mich nun, woran mag das liegen?

Natürlich habe ich mir diese Frage auch schon beantwortet und möchte diese Antwort hiermit in handlich verpackten Punkten zur Diskussion stellen:

1. Die Rollenspieltheorie a la Forge ist primär aus einer Unzufriedenheit mit bestehenden Spielen und Spielgruppen entstanden. Es handelt sich anscheinend bei CA / GNS / Big Model nicht so sehr um eine wertfreie Beschreibung von verschiedenen Ist-Zuständen, sondern eher um Werkzeuge zur Therapie von nicht funktionierenden Spielen (weil die Regeln inkonsistent sind) und Gruppen (weil die Spieler unterschiedliche Erwartungen haben).

2. Anscheinend kann man bei der Beschreibung von GAM und SIM ganze Latten von Spielen aufzählen, die diese Nischen füllen, obwohl viele dieser Spiele älter sind als die Theorie. Diese Spiele gelten als 'klassisch'. NAR-Spiele sind hingegen der primäre, wenn nicht sogar einzige Output der Forge-Theoretiker und sind jünger als die Theorie. Diese Spiele gelten als 'modern'.

3. Zumindest Theorie a la Forge scheint also von Personen betrieben zu werden, die mit GAM und SIM nicht zurecht kamen und jetzt etwas anderes versuchen wollen; deshalb sieht es so aus, als liefe die Beschäftigung mit der Theorie zwangsweise darauf hinaus, NAR als das einzig Wahre zu erkennen. Die GAMs und SIMs unter uns sehen keine Notwendigkeit darin, ihr Hobby zu analysieren, weil es für sie ja prima funktioniert, und deshalb entstehen weder neue, theoretisch fundierte GAM und SIM-Spiele, noch gibt es eine ausreichende Anzahl theoretisierender GAMs und SIMs, um ein zahlenmäßiges Gleichgewicht zu den NARs zu bilden. Aus diesem Grund läuft fast jede theoretische Diskussion nach und nach auf Narrativismus hinaus und liest man zwischen den Zeilen, dass gutes Rollenspiel NAR-Rollenspiel ist (auch wenn das meistens nicht so gesagt wird und gemeint ist).

So, ist das Quatsch?

Robin
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Offline Kardinal Richelingo

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #1 am: 8.09.2005 | 15:21 »
nein, erscheint mir zutreffend. allerdings sollte nicht vergessen werden, dass an SIM und GAM Spielen nun  wirklich ne ganze Menge auf dem Markt ist und man da eben kaum was neues finden kann. The Forge bastelt an neuen Ideen und das respektiere ich, ob man sie nun mag oder nicht. Und wenn sie dafür ein "besser" und "schlechter" Prinzip brauchen dann ist es eben so. Die Kritik die The Forge (soweit ich das überhaupt verfolge) ist auf jeden Fall interessant und könnte das Bild des Rollenspiels ein wenig ändern. Ist halt oft, wenn jemand gegen das "Establishment" geht, wirds immer etwas extremer als es sich nachher einpendelt.

Allerdings wird oft sehr empfindlich zwischen den Zeilen gelesen.
« Letzte Änderung: 8.09.2005 | 15:28 von eed_de »
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Offline Skar

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #2 am: 8.09.2005 | 15:29 »
Ich finde du solltest in deine Begründung aber nicht hineinpacken, dass die Theorien nach den Spielen entstanden sind. Man braucht ja erst eine Basis, um zu theoretisieren.
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Offline Hr. Rabe

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #3 am: 8.09.2005 | 15:34 »
Ok, ganz kurz vorweg:

Das Luftmachen meinerseits galt eigentlich nicht --wie es hier anscheinend verstanden wurde--- Forge, Narr oder irgendwelchen Theoretikern, sondern lediglich einer mangelnden Fahigkeit zu Differenzierung zwischen Spielstill (Klassisch/Esotherisch) und guter oder schlechter Gruppendynamik, die mir in einigen anderen Threads bitter aufgestoßen ist.

Das nur zur Klarstellung.

----

Neigen Theoretiker zu Narr?

Könnte man ---denke ich--- erst einmal so stehen lassen, obgleich nicht allein. Auch ich theoretisiere gerne und wenn ich dich Bitpicker richtig verstanden habe, zählst du dich zwar durchaus zu den aktiven in diesem Thread, aber man kann dir mit närrischem Spiel Alpträume bescheren.

Auf die Theorien der Forge bezogen ---und hier kann ich leider mangels besserem Wissen nichts genaueres sagen--- magst du vieleicht recht haben, über Theoretikern im allgemeinen würde ich diese Aussage allerdings erst einmal nicht stehen lassen.

Gruß,
raVen
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Offline Roland

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #4 am: 8.09.2005 | 15:46 »
Ich interessiere mich für Rollenspieltheorie, spiele aber nicht schwerpunktmässig narrativistisch. In den letzten Jahren sind, z.T. im Forge Umfeld, auch einige Independent-Spiele erschienen, die ihren Schwerpunkt nicht im Narrativismus haben.

Eed hat recht mit seiner Aussage, dass Designer, die nach Innovation streben, fast schon automatisch in Richtung Nar gehen müssen, da Sim und Gam nunmal schon abgegrast sind.

Vom Standpunkt des "klassischen" Sim/Gam Rollenspielers ist fast jedes Spiel das Nar Elemente beinhalted ein recht weiter Bogenschlag, da Nar in traditionellen RSPs kaum ausdrücklich vorkommt.   
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Offline Jens

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #5 am: 8.09.2005 | 15:46 »
Hm klar das GNS etc. ist ja ein Produkt der Theorie. Interessant wäre es in diesem Zusammehang einmal festzustellen ob es vor dem Entstehen der Theorien schon NARR-Spiele gab. Wenn nein, dann würde ich Bitpicker völlig zustimmen. Wenn ja, dann müsste man den Ansatz nochmal überdenken.

Aber es ist doch klar: so lange es einem gefällt beschäftigt man sich kaum bis gar nicht mit der Theorie aber sobald alles unbefriedigend wird, gehts los und man sucht neue Ansätze. Ich finde die Narren haben da schöne gefunden ;)

Offline Lord Verminaard

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #6 am: 8.09.2005 | 15:47 »
Ich denke, du kommst der Sache schon sehr nahe. Es ist sicher richtig, dass die weit überwiegende Forge Community eine Narr-Präferenz erkennen lässt, und dass die allermeisten Indie-Rollenspiele der Forge-Schule narrativistisches Spiel kultivieren. Spiele wie Donjon oder Great Ork Gods sind eher die Ausnahme. Somit steht die Forge sicherlich auch zu einem Teil für die Kultivierung des Narrativismus. Und wenn es gelegentlich mit den Leuten durchgeht, dass sie "ihr" Lieblingsrollenspiel in den Himmel loben, dann möge man das verzeihen. Auch wir Theoretiker sind vor Fanboytum nicht gefeit.

Ein zweiter wesentlicher Aspekt, den die Forge kultiviert, ist die ausdrückliche Bezugnahme auf den sozialen Kontext des Spiels, die Dynamiken zwischen den Menschen am Spieltisch und damit einhergehend auch das Hinterfragen von sehr vielen Dingen, angefangen von der Rolle von Regeln, über die Aufgabenteilung zwischen Spielern und SL, bis hin zu der Idee des "kohärenten Spiedesigns". Diese Dinge sind es eigentlich, die "moderne" Rollenspiele nach Forge-Verständnis von "klassischen" Rollenspielen unterscheiden.

Das bedeutet: Es muss nicht immer Narr sein. Dass es in der Praxis allerdings meistens Narr ist, ist durchaus richtig, und ich denke, Robin hat die wesentlichen Gründe dafür erkannt. Hinzu kommt sicherlich, dass Ron Edwards, der "Vater" der Forge und ihrer Theorien, nun mal auf Narrativismus abfährt und narrativistische Rollenspiele schreibt.

Ich hoffe aber, und glaube eigentlich auch, dass sich hier im GroFaFo inzwischen eins herumgesprochen hat: Es gibt Dinge, die hängen mit der persönlichen Präferenz zusammen und lassen sich nicht bewerten. Und dann gibt es Dinge, die hängen nicht mit der persönlichen Präferenz zusammen und lassen sich sehr wohl bewerten. Wenn ein Spieldesign widersprüchlich ist, ist das schlecht. Ganz objektiv. Ebenso, wenn ein Spieler sich rücksichtslos und asozial verhält. Dabei muss man gar nicht GNS bemühen. Es ist einfach eine Sache, die man konstatieren kann, wenn man sich gestattet, die Frage nach dem "Warum?" zu stellen.

Also, wenn ich oder Fredi oder sonst wer von uns Theorie-Fuzzis mal wieder einen SL rüffeln, weil er irgendwas furchtbar "klassisches" gemacht hat, dann nicht deshalb, weil es Sim oder Gam war. Sondern weil das Verhalten des SL den Spielern den Spaß verdorben hat und der SL keinen vernünftigen Grund für sein Verhalten vorweisen kann. Ich würde mir wünschen, dass dieser Unterschied jedem einzelnen User dieses Forums klar wäre.
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Offline Kardinal Richelingo

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #7 am: 8.09.2005 | 15:53 »

Ich hoffe aber, und glaube eigentlich auch, dass sich hier im GroFaFo inzwischen eins herumgesprochen hat: Es gibt Dinge, die hängen mit der persönlichen Präferenz zusammen und lassen sich nicht bewerten. Und dann gibt es Dinge, die hängen nicht mit der persönlichen Präferenz zusammen und lassen sich sehr wohl bewerten. Wenn ein Spieldesign widersprüchlich ist, ist das schlecht. Ganz objektiv. Ebenso, wenn ein Spieler sich rücksichtslos und asozial verhält. Dabei muss man gar nicht GNS bemühen. Es ist einfach eine Sache, die man konstatieren kann, wenn man sich gestattet, die Frage nach dem "Warum?" zu stellen.

Also, wenn ich oder Fredi oder sonst wer von uns Theorie-Fuzzis mal wieder einen SL rüffeln, weil er irgendwas furchtbar "klassisches" gemacht hat, dann nicht deshalb, weil es Sim oder Gam war. Sondern weil das Verhalten des SL den Spielern den Spaß verdorben hat und der SL keinen vernünftigen Grund für sein Verhalten vorweisen kann. Ich würde mir wünschen, dass dieser Unterschied jedem einzelnen User dieses Forums klar wäre.

ist das nun euer plädoyer, Herr Staatanwalt ? gefällt mir besser als Merkels Schlusssatz  ~;D  (bin heute albern)
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Offline Bitpicker

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #8 am: 8.09.2005 | 15:58 »
@Skar: das ist aber doch gerade wichtig: GAM und SIM sind die Grundlage der Theorie, NAR ist die Frucht der Theorie, denn die NAR-Spiele sind entstanden, weil die NAR-Bedürfnisse vorher nicht ausreichend befriedigt wurden. Während GAM und SIM anhand existierender Spiele beschrieben und voneinander getrennt wurden, um in Zukunft konsistentere Spiele zu ermöglichen, wurde der NAR-Zweig zunächst noch als Dramatismus bezeichnet - etwas, das irgendwie von den existierenden Spielen zwar gefordert, aber nicht gefördert wurde, weil sich die Regeln nie mit der dramatischen Ausgestaltung befassten. Daraus entwickelte sich dann die Idee von NAR, und daraus wiederum die typischen, heute bekannten oder auch unbekannten NAR-Spiele. Meine Argumentation ist, dass NAR das ist, was du kriegst, wenn du mit GAM und SIM nicht zufrieden bist. Wobei ich denke, dass es auch noch ganz andere neue Spiele geben könnte, die weder GAM noch NAR noch SIM sind, wenn die 3 als Zahl für Modelle nicht so verflucht sexy wäre.

@Raven: Stimmt, mit jeder weiteren NAR-Spielbeschreibung in den Diaries weiß ich besser, was nichts für mich ist. Ich bin mit der Theorie a la Forge ursprünglich nur in Berührung gekommen, als es noch um Dramatismus und nicht Narrativismus ging und der Dramatist eine Story erzählen wollte, der Simulationist handlungsfrei eine Spielweltphysik nachbauen wollte und der Gamist Regeln zu größtem Nutzen benutzen wollte. Das war noch vor Forge-Zeiten, von dem Modell ist so nicht mehr viel übrig. Alles weitere an Theorie stammt bei mir aus meinem literaturtheoretischen Background, und ein Großteil der Reibungspunkte zwischen mir und den NARren liegt darin, das ich als Literat natürlich Stories und Erzählung mag, diese Begriffe aber als SIM nicht mehr verwenden darf, weil sie von den NARren usurpiert wurden...

Du hast sicher Recht, wenn du sagst, dass ich mich hier mit Forge-Theoretikern im besonderen beschäftige, aber erstens scheint das die meisten Theoretiker hier zu bezeichnen, und zweitens muss ich sagen, dass ich mit GNS und Big Model zwar nicht viel anfangen kann, die anderen Theorien mir aber noch weitaus überflüssiger und unzugänglicher erscheinen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass da in den meisten Fällen Allgemeinplätze mit viel Fach-Bla-Bla verbrämt werden, damit es erwachsen und wichtig aussieht. Ich persönlich ziehe unendlich viel mehr Gewinn aus literaturtheoretischen Begriffen und Techniken des kreativen Schreibens als aus Spielertypen und dem, was die Skandinavier so treiben, aber das ist vermutlich eben die Art, wie mein Hirn funktioniert, z.B. ein Psychologe (und nein, ich meine nicht explizit Fredi) kann dafür mit Theorien der Gruppendynamik eben eher was anfangen.

@ Lord: guck, von Donjon oder Great Ork Gods habe ich noch nie was gehört. Du hast natürlich Recht, wir sind alle Fanboys. Ich ganz besonders, weil ich schon seit Jahren nur mein eigenes System spiele, weil es eben voll auf meiner persönlichen SIM-Linie liegt, und bloß die Settings tausche.

Robin
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Offline Boba Fett

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #9 am: 8.09.2005 | 16:11 »
Albern? Kann ich auch:
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sackgesicht

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #10 am: 8.09.2005 | 16:35 »
Meiner Meinung nach hat es vielleicht früher noch keine narrativistischen Systeme gegeben, in dem Sinne, dass das System ausdrücklich das erzählerische Element betont/belohnt/kodifiziert hat. Ich glaube aber, es hat schon immer Gruppen gegeben, die auch mit "klassischen" Systemen narrativistisch gespielt haben - indem sie einen großen Teil der Regeln einfach ignorierten. Für die musste man natürlich auch keine neuen Systeme basteln (obwohl sie die neuen unter Umständen gerne aufgenommen haben).

Sehen wir es mal so: Wenn ich Gamist bin, dann brauche ich Regeln, den darin liegt die Seele meines Spielstils. Wenn ich Simulationist bin, komme ich unter Umständen mit wenigen, aber gezielt ausgesuchten Regeln aus. Wenn ich Narrativist bin, kann ich zur Not ganz ohne Regeln spielen, aber das macht es nötig, das Spielkonzept bei jeder neuen Gruppe auch wieder neu zu erklären (denn in den Regeln eines Spiels, das auf SIM oder GAm ausgelegt ist, steht ja zum NAR-Ansatz nix oder nur sehr wenig). Insofern ist es ganz natürlich, dass die Leute, die den NAR-Stil in Regeln gießen wollten, zunächst mal eine Theorie brauchten, um ihre Systeme von den "klassischen" abgrenzen zu können.

Man sollte nicht vergessen, dass das Ur-D&D eine direkte Fortentwicklung eines Skirmish-Systems war, mithin die SIM- und GAM-Elemente von jeher stark vertreten waren. Wenn man Leute sucht, die sich mit der "Theorie" von SIM und GAM beschäftigen, müsste man wahrscheinlich eher einen Table-Toper fragen. Will sagen: Der theoretisierende NAR-Spieler ist für den allgemeinen NAR-Spieler das, was der Tabletop-Spielende GAM oder SIM für den "klassischen" RPGler ist.

Puh, für einen an Theorie im Grunde nur wenig interessierten Simulationisten war das verdammt theorielastig, meint ihr nicht auch?
 

Offline Fredi der Elch

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #11 am: 8.09.2005 | 16:44 »
Robin, ich denke du hast schon irgendwo Recht.

Wenn man sich die Leute anschaut, die sich sowohl mit RPG-Theorie befassen als auch Narrativismus mögen, dann fällt einem meist Folgendes auf:

- Die Leute haben schon ziemlich viel Rollenspielerfahrung auf dem Buckel.
- Sie sind irgendwann an einen Punkt gekommen, wo sie mit der Art, wie sie bisher gespielt haben, unzufrieden waren.
- sie haben sich dann gefragt: kann das alles gewesen sein? Gibt es da nicht noch mehr?

Und ich denke diese Mischung aus relativ großer klassischer Rollenspielerfahrung und der Motivation mal etwas anderes zu suchen hat die Leute sowohl für Theorie interessiert als auch dazu motiviert, mal andere Arten des Spiels auszuprobieren. Und diese andere Art des Spiels ist eben zumeist Narrativismus (gibt ja auch kaum etwas anderes wirklich Neues).

Ich denke also kaum, dass die Beschäftigung mit der Theorie einen automatisch dazu bringt Narrativismus besser als andere Formen des Rollenspiels zu finden. Es ist vielmehr so, dass Leute, die sich für Theorie interessieren, sich auch leicht für Narrativismus interessieren.

Und jetzt reden wir doch wieder über GNS... ;)


Außerdem volle Zustimmung zu Vermi: für mich ist die größte Errungenschaft der Forge-Theorie nicht GNS. Es ist der Versuch, beim Rollenspiel ein Schritt zurück zu gehen und die gesamte Situation einmal objektiv zu betrachten und dabei zu hinterfragen, was alles wirklich sein muss, welchen Zweck es erfüllt und was ich eventuell ändern ließe. Und so kann man dann tatsächlich manchmal sagen, dass das Verhalten einzelner Spieler oder die Art, in der ein Regelwerk geschrieben ist, einfach verbesserungswürdig ist. Und zwar unabhängig von Stil-Präferenzen. Das hat dann aber nichts mit Nar zu tun.
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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #12 am: 8.09.2005 | 18:07 »
Sehen wir es mal so: Wenn ich Gamist bin, dann brauche ich Regeln, den darin liegt die Seele meines Spielstils. Wenn ich Simulationist bin, komme ich unter Umständen mit wenigen, aber gezielt ausgesuchten Regeln aus. Wenn ich Narrativist bin, kann ich zur Not ganz ohne Regeln spielen, aber das macht es nötig, das Spielkonzept bei jeder neuen Gruppe auch wieder neu zu erklären (denn in den Regeln eines Spiels, das auf SIM oder GAm ausgelegt ist, steht ja zum NAR-Ansatz nix oder nur sehr wenig). Insofern ist es ganz natürlich, dass die Leute, die den NAR-Stil in Regeln gießen wollten, zunächst mal eine Theorie brauchten, um ihre Systeme von den "klassischen" abgrenzen zu können.

Ohne Dir zu nahe treten zu wollen, ich glaube Du hast GNS nicht verstanden...  ::)

Man sollte nicht vergessen, dass das Ur-D&D eine direkte Fortentwicklung eines Skirmish-Systems war, mithin die SIM- und GAM-Elemente von jeher stark vertreten waren. Wenn man Leute sucht, die sich mit der "Theorie" von SIM und GAM beschäftigen, müsste man wahrscheinlich eher einen Table-Toper fragen. Will sagen: Der theoretisierende NAR-Spieler ist für den allgemeinen NAR-Spieler das, was der Tabletop-Spielende GAM oder SIM für den "klassischen" RPGler ist.

(A)D&D hat SIM-Elemente? Welche?
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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #13 am: 8.09.2005 | 19:27 »
Da das hier auf GNS und die Forge abzielt, passt die sehr allgemeine Fragestellung im Thread eigentlich nicht so recht (jenseits davon gibt es nämlich auch noch Theoretiker ;) ).

Ansonsten ... jeder, der ein Spielsystem entwickelt, ist irgendwie Theoretiker. Und da es immer wieder auch "detailierte" Spielsysteme gibt, wird es wohl auch Theoretiker geben, die zu ... ähm ... sagen wir mal Realität simulierenden Systemen und einen ähnlichen Spielstil neigen (wenngleich man nicht von DEM Stil sprechen sollte).

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #14 am: 8.09.2005 | 19:42 »
(A)D&D hat SIM-Elemente? Welche?
Nun, du spielst z.B. nur einen einzigen Charakter. (Und nicht eine kleine Armee, wie beim TableTop.)
Dann sind die Regel relativ realitätsnah. (Verglichen mit TableTop, Schach oder anderen reinen GAM-Spielen.)
Desweiteren sind die Regel nicht abstrakt, sondern es wird auch beschrieben, wie sich die Regeln ingame auswirken. (Also nicht Angriff1, Angriff2, sondern sdie verschiedenen Angriffe haben auch Namen.)

Für ein RPG hat es verdammt wenig SIM Anteil. Wenn man es aber mit anderen nicht RPG-Spielen vergleicht, stellt man fest, wieviel SIM in AD&D liegt.

@ Arbo Moosberg
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Offline Arbo

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #15 am: 8.09.2005 | 20:02 »
@ Eulenspiegel:

Das würde ich so nicht bestätigen wollen, darum schrieb ich auch "ist irgendwie Theoretiker".  Auf was ich eigentlich hinaus wollte: Ich halte es für sehr verkürzt, das alles nur auf GNS-Basis zu diskutieren und so zu tun, als ob es "da draußen" nichts anderes gäbe.

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wjassula

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #16 am: 9.09.2005 | 17:09 »
Zitat
und deshalb entstehen weder neue, theoretisch fundierte GAM und SIM-Spiele, noch gibt es eine ausreichende Anzahl theoretisierender GAMs und SIMs, um ein zahlenmäßiges Gleichgewicht zu den NARs zu bilden

Das ist leider absolut richtig, und sollte dringend anders werden. Ich glaube keineswegs, dass Sim und Gam von gestern sind, da geht noch einiges. Auch diese Richtungen könnten bestimmt davon profitieren, wenn man sich mal fragt: "Muss das so sein?".

Falls das den einen oder die andere interessiert: In punkto Sim gibts im Forge - Umfeld "Shadows in the fog", ein Spiel um das Thema soziale Konventionen und Übertretungen im viktorianischen England a la Oscar Wilde oder Sherlock Holmes. Wäre zum Beispiel was für alle Cthulhu - Fans. Gibts gratis, weiss nur den Link grad nicht.

Ein kommerzielles Beispiel für neue Weg im Sim - Design ist Unknown Armies. Sieht aus wie ein "klasssiches" Rollenspiel, hat aber bei den Regeln ein paar und in der Ansprache an SLs und SpielerInnen ein paar mehr neue Drehs.

Gam-Spiele von The Forge wären die schon genannten "Great Ork Gods" oder "Donjon". Ersteres ist glaub ich nach wie vor umsonst...

Das hauptsächliche Ziel hierbei ist, im Spieldesign Einheitlichkeit hinzukriegen - also Gam- Spiele auch wirklich auf Herausforderung und Einsatz hin auszurichten, und nicht durch Sim - Anteile zu verwässern, nur weil man meint, sonst kein "gutes Rollenspiel" zu produzieren.

Insbesondere im Sim - Bereich gebe ich Robin 100% Recht. Das ist halt der Standard für "nromales Rollenspiel", und deshalb fällt vielen Leuten gar nicht auf, dass sie vielleicht in der gleichen Richtung noch mehr Spass haben könnten.

Offline Fredi der Elch

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #17 am: 10.09.2005 | 15:40 »
Ein kommerzielles Beispiel für neue Weg im Sim - Design ist Unknown Armies. Sieht aus wie ein "klasssiches" Rollenspiel, hat aber bei den Regeln ein paar und in der Ansprache an SLs und SpielerInnen ein paar mehr neue Drehs.
Also UA halte ich für ein ganz schlechtes Beispiel für einen "neuen Weg". Es ist (inklusive Splatbook-Manie) extrem klassisch und bietet nur sehr wenig neue Ideen (und auch kein wirklich kohärentes Design).

Für mich ist z.B. Wushu (und in gewissem Maße auch Scarlet Wake) ein sehr guter Vertreter des neuen Sim. Es simuliert Action-Filme und löst sich damit von der (völlig überflüssigen) Vorstellung, dass man bei Sim zwingend Spielwelt-Physik simulieren müsste. Diese Einsicht (Sim != Regeln simulieren Spielweltphysik), DAS ist das neue Sim!

Aber das nur am Rande.
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wjassula

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #18 am: 10.09.2005 | 18:19 »
Hi Fredi,

du hast sicher Recht, dass UA nahe am klassichen Rollenspiel oder halt "Sim" ist. Regelmechnisch wird da im Vergleich zu Wushu z.B. nicht viel neues gebracht. Ich dachte auch eher an das Spielleiterkapitel oder, das Kapitel zum Kampagnendesign, wo man im Gegensatz zu vielen anderen Spielen erklärt bekommt, was man als SL eigentlich wie machen soll.

Wirklich innovativ finde ich die Behandlung der "points of contact" also: Wir fangen mit dem Spiel da an, wo schon 95% des Plots gelaufen sind, und die Spielenden kriegen nur noch das mit, was wirklich zählt.

Nett finde ich auch den "no myth" - Ansatz. Es gibt zwar hunderte von Seiten Hintergrund, aber das kann auch alles gelogen sein. Die Suche nach der eigenen Realität steht ja im Mittelpunkt des Spiels, und deshalb kann die Spielleitung gar keine Wahrheit vorgeben.

Grade "Abbildung von Physik" oder so ist ein ziemlich nachrangiges Ziel bei UA. Der grösste Teil der Regeln befasst sich mit Motivationen und inneren Konflikten.

Ach ja, und Splatbooks gibt's für UA nicht. Ehrlich. Die Ergänzungsbände über die Gruppierungen versorgen dich mit neuen und besseren Lügen.

Es ist nicht der innovative Burner, aber es fühlt sich schon anders an Cthulhu oder (Gott behüte) WoD.

Das nur nebenbei :).

Offline Haukrinn

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #19 am: 11.09.2005 | 13:27 »
Für mich ist z.B. Wushu (und in gewissem Maße auch Scarlet Wake) ein sehr guter Vertreter des neuen Sim. Es simuliert Action-Filme und löst sich damit von der (völlig überflüssigen) Vorstellung, dass man bei Sim zwingend Spielwelt-Physik simulieren müsste. Diese Einsicht (Sim != Regeln simulieren Spielweltphysik), DAS ist das neue Sim!

Sowohl Wushu als auch Scarlet Wake sind für mich sowas von GAM... SIM sehe ich da nun wirklich nicht drin...
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Offline 1of3

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #20 am: 11.09.2005 | 14:01 »
Stimmt. Sonst wäre PtA auch total Sim. ;D

Offline Monkey McPants

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Re: [GNS Frage] Neigen Theoretiker zum Narrativismus?
« Antwort #21 am: 11.09.2005 | 14:16 »
Vielleicht ist GNS auch einfach kein Werkzeug um Rollenspielsysteme zu kategorisieren? ::)

M
Ich praktiziere leidenschaftlich 4enfreude.

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