Oceanne saß nicht lange auf der Treppe, doch all die Angst die sie in den letzten Wochen unterdrückt hatte, all die Wut über ihre eigene Erkentniss überschwemmte sie wie eine Flutwelle. Und noch immer versuchte sie Wulfila innerlich zu verteidigen Nein...er kann es nicht gewusst haben...es darf nicht wahr sein..Carstón, Carstón, wo bist du wenn ich dich brauche... ruft sie innerlich nach ihrem eigenen Cousin der sie oft in den Arm genommen und getröstet hat, der wie ein Bruder für sie war. Dann hört sie Schritte hinter sich, Anselms Stimme, wie er sich neben sie bückte und leise zu ihr sprach. Nicht ganz mir gehören...bis sein Onkel...aber...? langsam drangen die Worte und deren Bedeutung zu ihr durch, sie spürte nicht mal den kalten Stein unter sich auf dem sie saß. Sie brauchte jetzt einfach jemanden der sie in den Arm nahm, so zögerte sie keinen Moment sondern schmiegte sich einfach an seine starke Brust und klammerte sich fast wie ein kleines Kind an ihn. Die gesammte Hetzjagd durch das halbe Land, durch Eisen, all die Zeit brach über sie herein, die Angst die sie ausgestanden hatte, sie war Monate alleine gewesen und hatte teilweise Tagelang irgendwo gelegen bis sie wirklich sicher war das Mirko mit seinen Mannen weitergezogen war. Sie zitterte nicht nur innerlich sondern auch äußerlich. Beide hielten sich gegenseitig und gaben sich im Augenblick die gegenseitige Kraft die der andere so dringend nötig hatte. Bevor sie zu ihm aufblickt wisch sie sich die Tränen vom Gesicht. Ihre Augen waren ein wenig geschwollen, das machte ihr jedoch nichts. Ihre Wangen von der frischen Luft gerötet blickte sie ihm in die Augen. Ihre Gesichter waren ganz nah bei einander, zögernd ja fast schüchtern nähert sie sich ihm noch mehr. Spürte seinen Atem auf ihrem Gesicht, dann stoppt sie kurz nur für den Bruchteil einer Sekunde... ihre Lippen berühren sich, sanft, wie ein Versprechen, ein jungfräulicher Kuss der dem anderen mitteilte: "Ich bin da."
Oceanne macht sich wieder los und schlang fest ihre Arme um seinen Körper "Ich weis..." flüstert sie zurück "Ich weis..." flüstert sie zu ihm zurück, seine Arme gaben ihr zumindest für den Augenblick den richtigen Halt, und sie wusste er würde ihr auch in Zukunft den Halt geben den sie brauchte, genau den Halt dem sie ihm auch geben wollte. Beide waren noch nicht mit sich selbst im reinen, beide hatten ihre Last zu tragen, so war es doch nicht verwunderlich das sie sich gegenseitig zu stützen versuchten. Der eine im Kampf gegen den Onkel, sie im Kampf gegen den Stiefvater, beide auf der Flucht,.Anselms Cousin das Bindeglied in der Kette, welche Ironie das Schicksal doch manchmal spielte....
Gerade als sie sich voneinander lösten kommt Amy hervor die die ganze Zeit hinter der nächsten Ecke gesessen hatte und selbst über ihr Schicksal nachgedacht hatte. Mit großen Augen blickt sie zwischen beiden hin und her, Oceanne der die ganze Situation unwirklich vorkommt fängt an zu lächeln und blickt Anselm in die Augen. Beide wussten das keine Worte mehr gesprochen werden mussten. Oceanne nimmt Amy in den Arm und drückt sie fest. "Nun, kleine Lady, wir sollten wieder hinein gehen, oder?" wieder blickt sie zu Anselm, sie fühlte sich jetzt befreit und gelöst, so als wäre ein tonnenschwerer Stein von ihrem Herzen gefallen, als hätten man den Knoten gelöst der in ihr gesessen hatte. Welch Wunder weinen und eine Umarmung doch manchmal vollbringen konnten.