Autor Thema: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung  (Gelesen 3373 mal)

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Offline Hr. Rabe

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Hallo,

Jeder hier weiß, das die Wahrscheinlichkeit, eine bestimmte Zahl auf einem Würfel zu treffen für jede Zahl gleich ist.
Wenn jetzt ---wie in den meisten Rpg-Systemen üblich--- ein bestimmter Wert über- oder unterwürfelt werden soll, so entsteht letztlich eine Menge an mögliche Würfelergebnissen, die zum Erfolg führen können.
Die Wahrscheinlichkeit, in diese Menge zu 'treffen', nimmt, bei einem Würfel, linear zu, je größer die Menge ist, da sich die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Zahlen addieren.
Es spielt bei einer linearen Entwicklung also keine Rolle, wo auf der Zahlenskala die Menge verteilt ist.

Ein Beispiel:
W = W20
D = 0 < x < 21
L = 4 < x < 9
y=(8-5)*(1/20)=4/20=1/5
Will heisen: Wenn ich mit einem W20 (Definitionsmenge sind alle Zahlen zwischen 0 und 21 exklusive) auf eine Menge zwischen 4 und 9 (wieder exklusive) werfen muß, ist die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg gleich der Menge selbst, multipliziert mit der Wahrscheinlichkeit einer Menge von 1 (1/20).

----

Im direkten Gegensatz dazu steht die sogenannte 'Glockenkurfe'.
Verwende ich mehrere Würfel, deren Wert ich addiere, so entsteht eine zur Mitte der Skala gerichtete Wahrscheinlichkeitsverteilung. D.h. Zahlen, die in der Mitte der Skala liegen sind wesentlich einfacher zu treffen, als Zahlen, die an den Rändern liegen.
Das rührt von der Tatsache her, daß ich z.B. bei 2W10 eine 0 oder 18 lediglich durch 0+0 oder 9+9 erziehlen kann, eine 10 hingegen durch 1+9, 2+8, 3+7, 4+6 oder 5+5. Das bedeutet eine fünffach höhere Wahrscheinlichkeit.
Übertragen auf die Überlegung, daß wir eine Menge 'treffen' wollen, bedeutet das, daß es auf einmal relevant ist, wo sich die Menge auf der Skala befindet. D.h. eine Menge von 3-7 ist effektiv unwahrscheinlicher, als eine Menge von 8-11. Auserdem steigt der Wert nicht mehr linear an, wenn die Menge größer oder kleiner wird, sondern in Form einer Glockenkurfe (umgekehrt expotenzional --- unten langsam, mittig schnell und oben langsam).

Das wahr jetzt mit Sicherheit nicht perfekt und erschöpfend erklärt, aber es soll als Einstieg reichen.
Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, hat jeder von euch sich ---zumindest am Rande--- schon einmal Gedanken zu diesem Thema gemacht. Ich will jetzt weniger wissen, warum ihr A supertoll und B ganz arg doof findet, sondern eher, welche Methode wo geeignet ist.
Wo liegen die Vorteile oder Nachteile, dieser oder jener Mechanik?

Ring Frei.

Gruß,
raVen
#define EVER ( ; ; )


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Offline critikus

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Re: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung
« Antwort #1 am: 25.10.2005 | 14:13 »
Hey Raven,

ich lese es und verstehe den Sinn nicht. Und ich fürchte den handschuh wird keiner aufheben.
Naja, eigentlich verstehe ich es schon, aber was habe ich davon, Würfelwahrscheinlichkeiten zu diskutieren, fürs "Rollenspiel" ist das doch unwichtig.
Ich weiß auch nicht, ob Du mit der Frage im Grofafo richtig bist. nach meiner Beobachtung treiben sich Spieler, die solche Fragen diskutieren eher im FERA herum. Dort kannst du vortrefflich streiten (wobei ich nicht weiß worüber; das ist fast schon eine Frage auf dem Niveau der GNS-Geweihten)

OT das klingt ja schon wie von Fredi... schüttel

Grüße ;-)
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Offline Lord Verminaard

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Re: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung
« Antwort #2 am: 25.10.2005 | 14:34 »
Na ja, letztlich ist keine blöde Frage. Wer ein Rollenspiel schreibt, sollte sich tunlichst über Wahrscheinlichkeitsverteilungen Gedanken machen, da man im Testspiel wohl kaum den statistischen Durchschnitt erzielen wird. Dazu würde ich allerdings nicht einfach Normal- und Linearverteilung vergleichen. Was haben wir für Systeme am Start?

Schwierigkeit unterwürfeln/übertreffen
- mit einem Würfel
  - mit immer dem gleichen Würfel (d20, CoC)
  - mit variierender Würfelgröße (The Window)
- mit mehreren Würfeln
  - bei gleichbleibender Würfelzahl und variierender Schwierigkeit (Mech Warrior)
  - bei variierender Würfelzahl und Schwierigkeit (Star Wars d6)
  - bei gleicher Schwierigkeit und variierender Würfelzahl/-größe (kenn keins)

Poolsystem
- mit gleichbleibender Schwierigkeit und variierender Würfelzahl (neue WoD, The Pool, PtA)
- mit variierender Schwierigkeit
  - und variierender Würfelzahl (Shadowrun, alte WoD)
  - und fester Würfelzahl (kenn keins)

Stupid Dice Tricks
- variierende Würfelzahl, nur der höchste zählt (Silhouette?)
- variierende Würfelzahl, von der nur eine bestimmte, ggf. ebenfalls variierende, addiert wird (7. See)
uvam

Ich persönlich bin ein Freund von Systemen mit einer überschaubaren Wahrscheinlichkeitsverteilung. Also entweder eine Linearverteilung oder ein 50%-Pool. Ich finde, Spieler sollten wissen, worauf sie sich bei einem Würfelwurf einlassen. Aber letztlich kommt es immer auf dein Design-Ziel an, darauf gibt es keine pauschale Antwort.

Und ja, im FERA findest du wahrscheinlich eher geneigte Gesprächspartner, die zu solchen Themen ins Detail gehen mögen.
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Offline Bitpicker

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Re: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung
« Antwort #3 am: 25.10.2005 | 14:36 »
Wenn man davon ausgeht, dass z.B. ein sehr niedriger Wurf für ein sehr schlechtes Ergebnis und ein sehr hoher Wurf für ein sehr gutes Ergebnis steht und die meisten Handlungen eigentlich eher ein mittleres Ergebnis erwarten lassen, ist eine Würfelmechanik, bei der die Ergebniskurve glockenförmig ist, sinnvoll. Soll heißen: wenn ein Wurf auf einer Skala von 1-20 bei 20 z.B. ein kritischer Treffer ist, ist die Wahrscheinlichkeit für einen solchen bei einem Wurf mit W20 5%, bei einem Wurf mit 2 addierten W10 (wobei 0=10) aber nur 1%. Das finden manche Spieler besonders realistisch, wobei ich aber der Ansicht bin, dass man im wahren Leben eigentlich gar nicht gehäuft mittelmäßige Arbeit abliefert. Entweder kann man etwas gut, dann ist das Ergebnis auch in der Regel gut, oder man ist eher ein Dilettant, dann ist das Ergebnis auch eher schlecht. Würfelmechanismen mit einer Glockenkurve erreichen also das Ziel, seltener extreme Ergebnisse hervorzurufen, aber ob das wirklich wünschenswert ist oder die Realität besser abbildet (vorausgesetzt, dass man das überhaupt will), steht auf einem anderen Blatt.

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Eulenspiegel

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Re: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung
« Antwort #4 am: 25.10.2005 | 16:25 »
Das finden manche Spieler besonders realistisch, wobei ich aber der Ansicht bin, dass man im wahren Leben eigentlich gar nicht gehäuft mittelmäßige Arbeit abliefert. Entweder kann man etwas gut, dann ist das Ergebnis auch in der Regel gut, oder man ist eher ein Dilettant, dann ist das Ergebnis auch eher schlecht.
Ich finde, das sollte ein System auch darstellen.
Mit einer Glockenkurve ist das gegeben: Du hast einen Wert in deiner Fertigkeit und erzielst damit regelmäßig ein festes Ergebnis. (Wenn du einen hohen Wert in der Fertigkeit hast, erzielst du häufig gute Werte. Und nur in seltenen Fällen schlechte oder brillante Ergebnisse.)

Wenn du bei einer linearen Fertigkeit aber einen guten Wert hast passiert folgendes:
Im Durchschnitt erzielst du ebenfalls ein gutes Ergebnis. Aber du erzielst relativ häufig schlechte und brillante Ergebnisse, obwohl du mittelmäßig begabt bist.

Beispiel:
Ein Schachspieler spielt an einem Tag brillant und am nächsten Tag mal schlecht.
Bei einer linearen Verteilung kommt das häufig vor. - Bei einer Gaußkurve ist das aber selten der Fall.

Allgemein kann man sagen:
Bei einer Gaußkurve ist die Fertigkeit wichtiger.
Bei einer linearen Verteilung ist das Würfelglück wichtiger.

@ Vermi
Du hast recht, es gibt mehrere Möglichkeiten, wie man würfelt.
Aber wenn man die Wahrscheinlichkeitsfunktion von deinen Beispielen aufzeichnet, stellt man fest, dass sie entweder linear(gleichverteilt) oder gauß-glockenförmig ist. (Wobei Gleichverteilung auch eine Approximation 0. Ordnung der Gauß Glockenkurve ist.)
Je mehr Würfel man verwendet, desto Glockenkurviger wird das ganze.

Was tatsächlich noch eine extra Sache ist, sind Systeme mit varriierender Würfelzahl (Shadowrun, WoD).
Hier gilt: Bei einer schlechten Fertigkeit hat man eine lineare Verteilung. (Man darf nur einen Würfel benutzen.)
Und je höher die Fertigkeit, dest glockenkurviger wird das ganze.

Offline Lord Verminaard

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Re: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung
« Antwort #5 am: 25.10.2005 | 16:44 »
Ist schon klar. Ich wollte nur deutlich machen, dass ein Spieldesigner vor einer komplexeren Entscheidung steht als nur "Linear oder Glocke".
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Offline 1of3

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Re: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung
« Antwort #6 am: 25.10.2005 | 17:49 »
@Vermi: Das Silouette-System ist auch nur ein Poolsystem. Das fällt den meisten nur nicht auf.

Das Problem wird sogar noch viel komplexer, wenn verschiedene Informationen aus einem Würfelwurf gezogen werden (z.B. PtA oder Godlike), wenn die Würfel erst nach dem Würfeln zugewiesen werden (Otherkind, Wyrd is Bond), wenn man Rerolls betrachten muss oder wenn man mit Würfeln weiterarbeitet, die schon gewürfelt sind (Capes, DitV, Ganakagok).

Die wichtigste Frage ist daher nicht, wie genau gewürfelt wird, sondern muss in etwa so laufen:

1.) Wieviele Dimensionen hat die zu liefernde Information?
2.) Welche Dimension hat die Menge der der Argumente?
3.) Wie sollen die Wahrscheinlichkeiten für jede Information verteilt sein?

Offline Chaos-Pirat

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Re: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung
« Antwort #7 am: 4.11.2005 | 16:06 »
Ich kann Raven, Bitpicker und Eulenspiegel nur voll zustimmen. Genau die gleichen Gedanken habe ich ebenfalls schon abgewogen und bin zu einem relativ klaren Ergebnis gekommen: Ich bevorzuge 2W10(z.B. Arcane Codex) anstelle 1W20(z.B. D&D), da ich es für ziemlich unrealistisch halte, dass z.B. ein hochtrainierter und routinierter Kämpfer auf der 20. Stufe die gleiche Chance wie ein Dorfschläger-Kämpfer der 1. Stufe hat, mit dem Schwert komplett dilletant es mal einfach in den linken Fuß zu semmeln, oder statt dem Ork plötzlich dem Gefährten die Hand abzuhacken. Genauso könnte der erwähnte Kneipenknüppler auf einmal Meisterhaftes vollbringen, und das statistisch immerhin bei jedem 20. Schlag. ::)

Das ist für mich allgemein wirklichkeitsfern, denn eine hohe Stufe sollte imho auch etwas bringen. Sicher, die Glockenkurze minimiert den Zufall. Doch warum sollte man seinen Charakter so sehr vom Würfelglück abhängig machen? Davon abgesehen, hat es doch auch was, trotz einer Wahrscheinlichkeit von 1:100 einmal den Drachen voll ins Auge zu  erwischen. ;)

Fazit: Glockenkurve wo immer es geht, damit Extremes nicht zum Standard wird; einzelne Würfel nur wenn es tatsächlich um einen Glücksentscheid geht, wie etwa die Simulation eines Spielcasinos oder das Auslosen der Person, die dem Phantomlord die böse Nachricht überbringen darf.^^
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Offline ragnar

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Re: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung
« Antwort #8 am: 4.11.2005 | 16:47 »
Mir ist das ganze eigentlich reichlich egal. Klar die Glocke ist realistisch, aber auch nüchtern, vorhesehbar, langweilig. Wenn man nicht gerade einen SL/System hat bei dem man für JEDE Kleinigkeit würfeln muß, bin ich sogar mit einem linearen System etwas glücklicher als mit der Glocke. UA oder d20 hat z.B. ein lineares System doch durch ein paar kindereinfache Regeln, hat man aber die von Bitpiker gemachte "Durchschnittlich schafft man Dinge entsprechend seiner Qualifikation"-Beobachtung eingebaut(die 15% Regel bei UA bzw. Take10/Take20 bei d20) und in Streßsituationen, nun da ist das ganze alles andere als vorhersehbar oder langweilig.

Das einzige kriterium das ich habe, ist das Glück keinen größeren Faktor als die Fertigkeit spielt. So halte ich z.B. die von Thagor Meliamnu gegenübergestellte 1-zu-20 Chance(D&D) gegenüber der 1-zu-100 Chance(Arcanecodex) für keine nenneswerte Verbesserung, denn in beiden fällen liegt ein automatisches Ergebniss vor(in letzterem sogar ein automatisch kritisches) das von der Fertigkeit des Charakters völlig unabhängig ist.
Insgesamt finde ich die D&D3.X-Lösung dabei sogar etwas besser(denn auch wenn ein automatisches Ergebnis vorliegt, liegt ein Kritisches Ergebnis erst vor wenn man beim nachwürfeln auch noch trifft(was es unwahrscheinlicher als 1-zu-100 macht das ein dahergelaufener Bürger einen Drachen überhaupt ernsthaft schadet(Leider gibt es auch hier ein automatisches Ergebniss...))).

Ich bevorzuge 2W10(z.B. Arcane Codex) anstelle 1W20(z.B. D&D), da ich es für ziemlich unrealistisch halte, dass z.B. ein hochtrainierter und routinierter Kämpfer auf der 20. Stufe die gleiche Chance wie ein Dorfschläger-Kämpfer der 1. Stufe hat, mit dem Schwert komplett dilletant es mal einfach in den linken Fuß zu semmeln, oder statt dem Ork plötzlich dem Gefährten die Hand abzuhacken.
Ist alles nur eine Sache der Regeln und des Regelverstänisses(Just FYI: eine 1 war bei D&D immer nur ein Automatischer Fehlschlag, kein Patzer(alles andere ist Optional) und eine einzelne 20 sagt spätestens seit 3.X noch gar nichts über die "Meisterlichkeit" eines Treffers aus).
« Letzte Änderung: 5.11.2005 | 15:32 von ragnar »

Offline Roland

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Re: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung
« Antwort #9 am: 4.11.2005 | 17:33 »
Allgemein kann man sagen:
Bei einer Gaußkurve ist die Fertigkeit wichtiger.
Bei einer linearen Verteilung ist das Würfelglück wichtiger.

Kommt ganz darauf an, wie das Gesamtergebnis ermittelt wird. Z.B. bei Eigenschaft [Wert 1 bis10] + Fertigkeit [Wert 1 bis 10] + Sonderboni [1 bis 5] + 1W6 (lineare Wahrscheinlichkeitsverteilung) ist die Zufallskomponente nicht dominant.
« Letzte Änderung: 5.11.2005 | 14:40 von Roland »
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Ein

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Re: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung
« Antwort #10 am: 5.11.2005 | 14:08 »
1of3, ragnar und Roland fassen es schön zusammen, ein Rollenspielsystem besteht aus mehr als dem Würfelmechanismus, deswegen sollte man ihm auch nur den Anteil am Design zugestehen, der ihm zusteht. Und oftmals sind Fragen wie der Zusammenhang von Attributen und Fertigkeiten viel essentieller als der Würfelmechanismus.

Das Attribut-Fertigkeiten-Problem von Interlock(CP2020) zB würde genau das gleiche blieben, auch wenn man man 2W5 würfeln würde.

Offline Arbo

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Re: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung
« Antwort #11 am: 5.11.2005 | 14:53 »
Ergänzend vielleicht auch, dass der Würfelmechanismus ja eigentlich nur dazu dient, um den Zufall zu generieren. Oder etwas platt: Damit etwas passiert.

Ich denke auch, dass da viel mit an den Spielvorlieben hängt und i.d.R. weniger an der Wahrscheinlichkeit. Viele wollen eben 3W20 würfeln und nicht 3 mal hintereinander. Sie wollen den W20 und nicht 6 W10 ;) Manche mögen nur einen W6, andere wollen davon 100 haben ;) Wieder andere wollen die kleinen W6, andere dagegen spielen nur mit grünen Würfeln. Wieder andere würfeln überhaupt nicht  >;D

Arbo
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Catweazle

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Re: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung
« Antwort #12 am: 5.11.2005 | 17:13 »
Natürlich ist das mit den Würfeln zunächst einmal Geschmackssache.

Im folgenden möchte ich darstellen, was ich an Glockenkurven NICHT mag. Dazu ziehe ich als Beispiel GURPS heran. Hier wird mit 3W6 unter einen Zielwert gewürfelt. Nehmen wir drei verschiedene Personen: die Gurke (Wert 6), den Normalo (Wert 12) und den Held (Wert 18). Der Unterschied zwischen der Gurke und dem Normalo ist gigantisch. Während die Gurke nie etwas zustande bringen wird, so wird der Normalo meist Erfolg haben. Dabei ist es bei der Gurke ziemlich egal, ob sie jetzt noch 3 oder schon 6 Punkte hat. Die Unterschiede sind kaum bemerkbar. Am häufigsten fallen (mit Abstand) die Werte 10 und 11. Alleine schon eine 14 wird nicht sehr häufig fallen und was darüber ist fast nie. Daher ist der Unterschied zwischen Normalo und Held wiederum wenig wahrnehmbar.

Die spieltechnische Folge sind zunächst steigende, dann fallende Belohnungen für Skillpunkte.

Wer das für realistisch hält (ich tu's je nach Skill nicht immer) und / oder spieletechnisch mag (tu ich ganz bestimmt nicht), der wird mit Glockenkurven zufrieden sein.

Für realistisch halte ich es nicht, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass gerade das Erwerben der Grundkenntnisse die GRÖßTEN Unterschiede macht. Am Anfang lernt man auch meist sehr schnell. Erst später wird es langsamer.

Für spieltechnisch unterirdisch halte ich Glockenkurven, da Großmeister kaum Vorteile gegenüber den Normalos haben. Gewürfelt wird eh meist im Bereich 9 bis 12 oder von mir aus 8 bis 13. Das ist für meine Begriffe in Systemen mit Erfahrungspunkten nicht Spielspaßfördernd.

*Schulterzuck*
Wenn aber jemand sagt, dass ihm das Spiel mit Glockenkurven mehr Spaß macht, dann soll er einfach alles oben gesagte vergessen und um Gottes Willen mit Glockenkurven spielen.

Eulenspiegel

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Re: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung
« Antwort #13 am: 5.11.2005 | 18:40 »
@ Roland
Stimmt.
Aber wenn man sagt, es wir eine Zufallszahl zwischen 1 und n geworfen, wobei
a) die Wahrscheinlichkeit gleichverteilt ist
b) die Wahrscheinlichkeit eine Glockenkurve approximiert.
dann gilt: bei a) spielt der Wurf (Zufall) eine größere Rolle.
bei b) spielt der Fertigkeitswert eine größere Rolle.

Aber man kann natürlich auch den umgekehrten Weg gehen. Man sagt einfach: Die Varianz ist bei beiden Wahrscheinlichkeiten gleich groß.
Dann haben wir aber bei der Gleichverteilung bloß einen kleinen Wertebereoich auf dem man würfeln kann. Bei der Glockenkurve gibt es eine große Spannbreite an erzielbaren Ergebnissen.

@ Ein
Natürlich ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung nicht das Wichtigste.
Das Setting ist wesentlich wichtiger. Und auch die Frage, ob man lieber komplexe Systeme oder Minimal-Systeme spielt ist wichtiger.
Aber wenn man all diese Sachen schon optimiert hat, dann kann man mit der richtigen Wahrscheilichkeitsverteilung noch eine Menge Spielspaß rausholen.

@ Arbo
Ich kann natürlich nur für mich sprechen: Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass mir Glockenkurven besser gefallen als Gleichverteilungen. Dabei ist es mir egal, ob man nun 2W10 oder 3W6 oder 4W4 würfelt.
Natürlich kommt es auf persönliche Vorlieben an. Aber meine persönliche Vorliebe ist nunmal die Glockenkurve.

Die spieltechnische Folge sind zunächst steigende, dann fallende Belohnungen für Skillpunkte.
Den meisten nutzen aus einem Skillpunkt erlangt man, wenn man bereits Grundkenntnisse hat und diese etwas verbessert bzw. wenn man durchschnittlich ist und dann noch besser werden will.
Kaum Nutzen aus Skillpunkten erzielt man, wenn man überhaupt keine Ahnung hat (Skill 0) oder wenn man schon fast perfekt ist.

Wenn man sich die Glockenkurve mal anschaut, dann gilt: Eine Verbesserung bringt dir umso mehr Nutzen, je größer die Glockenfunktion ist. (Denn je höher die Wahrscheinlichkeitsdichte, desto größer der Anstieg der Wahrscheinlichkeitsfunktion.)

Das finde ich auch realistisch:
Wer noch nichts kann, der muss sich erst Grundkenntnise zulegen. - Diese helfen ihm aber nicht unbedingt bei praktischen Problemen.
Und wer fast alles kann, den bringt es auch nicht viel, sich zu verbessern.

Desweiteren gilt:
Meistens sind die Anfangswerte billiger zu steigern als die höheren Wert. D.h.: Für die gleichen Erfahrungspunkte kann man einen neuen Skill für mehrere Punkte steigern oder einen guten SKill um nur einen Punkt steigern. (Dadurch dass die Kosten pro Skillpunkt nicht konstant sind, wird eigentlich abgebildet, dass Anfangs-Kenntnisse mehr bringen als Kentnisse in einem Gebiet, das man sowieso schon fast perfekt kann.)

Zitat
Für realistisch halte ich es nicht, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass gerade das Erwerben der Grundkenntnisse die GRÖßTEN Unterschiede macht. Am Anfang lernt man auch meist sehr schnell. Erst später wird es langsamer.
s.o.
A Anfang kannst du für deine x CP deinen Skill um 5 Punkte steigern.
Am Ende brauchst du die gleiche Anzahl an CP, um deine Fertigkeit um einen einzigen Punkt zu steigern.

Zitat
Für spieltechnisch unterirdisch halte ich Glockenkurven, da Großmeister kaum Vorteile gegenüber den Normalos haben.
Wie kommst du darauf?
Ich habe genau die gegenteilige Erfahrung gemacht:

Bei Gaußverteilung gilt:
Die Gurke scheitert häufig an durchschnittlichen/mittelschweren Sachen.
Dem Normalo und dem Großmeister gelingen meistens diese Sachen. (Das halte ich auch für realistisch. Schließlich sollte ein Normalo im Straßenverkehr genau so gut Auto fahren können, wie der Großmeister Schumacher. - Oder der Normalo-Handwerkergeselle sollte genau so gut einen einfachen Tisch zimmern können wie der Tischler-Meister.)

Wo der Großmeister dann aber auftrumpfen kann, sind die richtig schweren Sachen. Denn hier scheitert die Gurke fast immer. Der Normalo scheitert auch in den meisten Fällen. Nur der Großmeister löst souverän auch die schwerste Aufgabe.

Und das halte ich sowohl für realistisch als auch für Spielspaßfördernd:
Sowohl der Normalo als auch der Großmeister schaffen die durchschnittliche Aufgabe.
Und nur der Großmeister schafft auch die schweren Aufgaben.

Bei der Gleichverteilung (wenn du anstatt 3W6 einmal 1W20 würfelst) gilt jedoch:
Die Gurke würfelt jedes vierte Mal größer gleich 15 und schaft somit die durchschnittliche Aufgabe.
Der Normalo würfelt genauso oft kleinergleich 5 und versemmelt damit dieselbe Aufgabe.
Der Großmeister (Wert 16) verhaut diese Aufgabe immerhin jedes 10. Mal. (Bei einer 1 oder 2 auf dem W20) (Mit der Gaußverteilung würde er die Aufgabe aber immer lösen können.)

Der Großmeister kann relativ oft kleinergleich 5 würfeln und versemmelt somit die schwere Aufgabe.
Der Normalo kann jedoch relativ oft größergleich 15 würfeln und schafft somit die schwere Aufgabe.
Auch das finde ich nicht Spielspaßfördernd, da ich denke, der Großmeister sollte schon etwas häufiger besser sein als der Normalo.

Fazit:
Bei der Glockenkurve hat der Großmeister viel mehr Vorteile gegenüber dem Normalo als bei der Gleichverteilung. (Wenn man den gleichen Wertebereich annimmt. - Also bei Gurps entweder 3W6 oder 1W20.)

Offline Arbo

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Re: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung
« Antwort #14 am: 5.11.2005 | 18:55 »
Ich will mal nur anmerken, dass wir wohl kaum andere "Kurven" zum "Abbilden" haben. Realistischer wären m.E. vielleicht so gar ganz andere Verläufe, nur es macht keinen Sinn, die irgendwie in "Würfel" zu fassen. Insofern ist das auch mühselig, sich den Kopf zu zerbrechen, was "besser" ist. Im Grunde muss man sich nur fragen, was einem "lieb" ist ... und wenn einem eine Glockenkurve gefällt, verdammt, dann soll er sie nehmen ;)

Arbo
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Re: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung
« Antwort #15 am: 5.11.2005 | 19:05 »
Zitat
Aber wenn man all diese Sachen schon optimiert hat, dann kann man mit der richtigen Wahrscheilichkeitsverteilung noch eine Menge Spielspaß rausholen.

Allerdings werden heutzutage Proben in der Regel nur noch für Streß- und Gefahrenbedingungen abgelegt. Und in diesen Situationen bricht jede Glockenverteilung in sich zusammen, da Menschen und Material sich in solchen Situation sehr unvorhersehbar verhalten. In diesem Sinne ist also eine gleichmäßige Verteilung der Wahrscheinlichkeiten in diesem Fall sogar "realisitischer".

Allerdings, muss ich ganz ehrlich sagen, dass es minimalen Spielspaßgewinn bedeutet, ob man nun entsprechend seiner Präferenzen 2W10 oder 1W20 würfelt. Mit anderen Worten ist eine übermäßige Betrachtung dieser Thematik schlicht und ergreifend vertane Designzeit - zumal Mathematik im Design eh nichts zu suchen hat.

Offline Maarzan

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Re: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung
« Antwort #16 am: 5.11.2005 | 19:37 »
Allerdings werden heutzutage Proben in der Regel nur noch für Streß- und Gefahrenbedingungen abgelegt. Und in diesen Situationen bricht jede Glockenverteilung in sich zusammen, da Menschen und Material sich in solchen Situation sehr unvorhersehbar verhalten. In diesem Sinne ist also eine gleichmäßige Verteilung der Wahrscheinlichkeiten in diesem Fall sogar "realisitischer".

Wieso sollten sie? Und Streß wäre doch wohl in jedem Fall anzunehmen, wenn das Ergebnis für den Betreffenden nicht alltägliche Bedeutung hat.
Klar ist jedes Ergebnis im theoretischen Zielraum möglich, aber wieso sollten alle Ergebnisse gleich wahrscheinlcih sein?
Was möglicherweise nicht glockenförmig ist, sind die äußeren Einflüsse, wenn diese als Wurf abstrahiert werden, aber die Art der Berücksichtigung solcher Einflüsse steht ja dann wieder auf einem anderen Blatt, denke ich und führt zu eigenen Problemen..

Wenn ich Sportleistung als Vergleich hinzuziehen will, wo der Zielraum nach oben beschränkt ist (z.B. 100m laufen), würde ich eine schiefe, nach unten offene Kurve erwarten. Das Maximum ist biologisch gegeben, nach unten hin ist die Kurve durch Unfälle etc. offen. Mit steigender Austrainiertheit/Erfahrung wird das Ergebnis stabiler und liegt häufig in der Nähe der Bestleistung. So etwas würde dann wohl wie 3 best of n (n steigt mit dem Trainingszustand)  mit einem nach unten offenen Würfel aussehen.

Die Art der Wahrscheinlichkeitskurve ist - zumindest gefühlsmäßig - für viele, insbesondere erfahrenere, Charaktere durchaus bekannt und eine Basis für die Risiko/Nutzenabschätzung und damit letztendlich die Entscheidungsfindung und das Charakterverhalten. Sie hat also direkten Einfluß auf das Spiel.
Was man dann für einen Einfluß haben möchte ist diskutierbar/Geschmackssache - nur unwichtig ist die Entscheidung nicht.

Was den Effekt von geringem Effekt von Skillzuwächsen am Anfang angeht, so ist dies durchaus korrekt. Nur beginnt man in der Regel als Erwachsener mit einem Haufen ähnlicher Fertigkeiten, auf die man zumindest aufbauen kann - man beginnt oft nicht wirklich bei 0 sondern bei einem Wert, welche einen bald in den Bereich schnellen Fortschritts bringt, aber halt je nach persönlichem Hintergrund nicht überall.
Diese "Allgemeinbildung" findet aber in den wenigsten Rollenspielen ausdrücklich statt, bzw wird meist in den Attributen enthalten angenommen - und führt damit zu anderen Problemen. Hier sehe ich auch das Problem, daß diese Attribute dann später zu stark/falsch eingehen, denn der Nutzen des übertragenen Wissen hält nur eine Weile während der Grundlagenerlangung an - und dort eher als Lernbeschleuniger - und hat deutlich geringeren Einfluß, wenn es dann zu den Feinheiten geht.

Glockenkurven mit kleinen Würfeln/hoher Anzahl Würfel haben natürlich das Problem einen recht kleinen typischen Arbeitraum zu bilden, in dem sich das alles abspielt, aber es gibt ja nicht nur den W6.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Xiang

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Re: Glockenkurfe vs. Linare Wahrscheinlichkeitsentwicklung
« Antwort #17 am: 18.11.2005 | 10:56 »
Poolsystem
- mit variierender Schwierigkeit
  - und fester Würfelzahl (kenn keins)
Ich schon: EasyAction  ;D

Grundsätzlich hat Lord Verminaard aber recht: Es gibt viel mehr als nur zwei Kurvenformen, es kommt auf die Kombination von Würfeln und Würfelmethodik an.

Zitat von: Dailor
Für realistisch halte ich es nicht, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass gerade das Erwerben der Grundkenntnisse die GRÖßTEN Unterschiede macht. Am Anfang lernt man auch meist sehr schnell. Erst später wird es langsamer.
Das sehe ich auch so und genau dies bildet ein Poolsystem mit varianler Würfelzahl (gekoppelt an die Fähigkeit des Charakters) ab.