Also, ich verstehe Immersion eher als persönliche Identifikation des Spielers mit dem Charakter; das, was du hier als Mitgefühl bezeichnest, ist für mich nicht Immersion.
Bei der Charakter-Immersion ist es so eine Sache mit den Gefühlen, die der Charakter hat, die man selbst aber nicht haben will. Klassisches Beispiel: Angst. Man will eigentlich keine Angst haben, aber man spielt trotzdem SCs in Horror-RPGs oder schaut sich entsprechende Filme an, um sich zu gruseln.
Der Knackpunkt ist hier, dass die Beobachtung des Leids des SC (auch bei Charakter-Immersion) kathartisch ist - man empfindet diese Angst praktisch aus der Sicherheit des eigenen Wohnzimmers heraus, und das hat 'reinigenden' Effekt. Man kann sich die Angst leisten, denn man ist nicht wirklich in Gefahr. Anscheinend haben wir Menschen was davon, wenn wir uns auf diese Weise künstlich bestimmten Emotionen aussetzen. Allerdings scheint es mir so zu sein, dass man nicht automatisch alle Emotionen so behandeln kann; denn während ich z.B. kein Problem damit habe, mich angesichts kosmischen Schreckens bei CoC völliger simulierter Verzweiflung auszusetzen, kann ich entsprechend, wie bereits gesagt, mit religiösem Fanatismus nichts anfangen - das finde ich etwa so geschmacklos wie den Päderasten-SC im Thread nebenan. Die Emotion 'Angst' kann ich kathartisch erleben, 'Hass' (worauf Fanatismus hinausläuft) nicht. Vielleicht liegt es daran, dass Angst usw. eine gewisse Überlebensfunktion zukommt: wenn ich im wahren Leben Angst empfinde, bin ich vorsichtiger, wenn ich mich künstlich der Angst aussetze, lerne ich, damit umzugehen oder der angstauslösenden Situation auszuweichen. Hass funktioniert so nicht und ist keine so grundlegende Emotion, die existenzsichernd wirkt.
Robin