Ich hab gerade Indiana Jones und der große Kreis durchgespielt. Spielmechanisch hat es mir eine Menge Spaß gemacht und ich bin doch einigermaßen überrascht, dass der Action-Anteil geringer ausgefallen ist als vermutet. Dafür gabs tatsächlich verblüffend viel Entdeckung und Rätsel-Löserei, was irgendwie ganz gut ins Gesamtbild der Reihe passt. Nichtsdestotrotz gibts ziemlich nette Action-Setpieces, die durchaus Laune machen. Optisch ist das Ganze echt ziemlich schick und man hat Harrison Ford's Aussehen und Mimik wirklich gut umgesetzt und generell fühlt sich unser Protagonist wirklich nach Indiana Jones an. Schade nur, dass es im deutschen nicht Wolfgang Pampel zu hören gibt, aber vielleicht hat man entschieden, dass er mittlerweile zu alt für den jüngeren Indy ist? Der tatsächliche Sprecher gibt sich die größte Mühe so zu klingen, aber hin und wieder hört mans halt doch raus.
Die Geschichte ist mMn besser als die des letzten Filmes (und vielleicht auch als der Kristallschädel), aber das ist ehrlicherweise auch nicht besonders schwer. Und so richtig superdupergut ist sie ehrlich gesagt auch nicht. Grundsätzlich haben sie sich diesmal ein Plotdevice ausgesucht, das für mich besser funktioniert als der Kristallschädel, oder die ominösen Koordinaten von "Das Rad des Schicksals", aber wie dann damit umgegangen wurde, war etwas rumpelig und die Fähigkeiten des mystischen Artefakts waren für mich wieder mal ein bissl zu doll und eher in der Kategorie "Rad des Schicksal" als bei den angenehmen mystischen Untertönen des heiligen Grals oder der Sankara Steine.
Was mir gut gefallen hat, war zum einen der Bösewicht Emmerich Voss, der wirklich ein richtiger Kotzbrocken ist und in der deutschen Fassung (und auch in der englischen) von Mario Gavrilis fantastisch gesprochen wird. Nicht, dass die anderen Sprecher schlecht wären, aber er stach da doch deutlich hervor.
Zum anderen hat mir die Figur von Gina Lombardi gut gefallen, denn während im "Rad des Schicksals" die Figur von Helena Shaw so geschrieben war, dass sich permanent über Indy lustig macht und sowieso viel besser und schlauer und toller ist als er, war Gina zwar auch eine starke Frau, aber sie war ihm ebenbürtig und hat eben auch Schwächen. Klar wird hier und da gefrotzelt, aber das gehört ja dazu. Da dürfte Hollywood sich gern mal abschauen, wie man starke, emanzipierte Frauenrollen schreibt.
Der Soundtrack tut, was er soll, hin und wieder klingt mal das John Williams Thema an, ohne dabei aber penetrant zu werden.
Spielmechanisch ist das Spiel solide, reisst aber keine Bäume aus. Es wird viel gerätselt, geschlichen, geklettert und auch ab und zu mal geboxt und selten geballert, denn Indy stirbt ziemlich schnell. Die Rätsel sind dabei okay, aber nicht wirklich schwer. Die Kletterpassagen sind bei so einem Spiel ja irgendwie nötig und unausweichlich, aber ich hab neulich erst bei "Star Wars Outlwas" gedacht, was die denn eigentlich sollen. Und bei Indy hat sich mir eine ähnliche Frage gestellt. Denn in der Regel gibts ja sehr offensichtlich markierte gelbe Kanten, an denen man sich entlang hangeln kann, dann mit einem Knopfdruck auf "A" in das Gitter an der Wand springen, um oben angekommen noch über den umgestürzten Baumstamm zu balancieren. Der Weg ist dabei normalerweise immer ziemlich klar und offensichtlich und spielerisch herausfordernd ist das auch in keinster Weise. Was sollen diese Passagen also, außer die Spielzeit zu strecken? Wenn bei so Open World-Spielen wie Outlaws durch Kletterei vielleicht ein Hintereingang von irgendeinem Wachposten erreicht werden kann, machts ja noch irgendwie Sinn, aber bei Indy waren die Kletterpassagen ein Hindernis auf dem Weg von A nach B. Ist nicht so, dass ich mich dabei gelangweilt hätte, denn die Levels sind echt schön gemacht, aber ich hab einfach gedacht, dass man sowas doch bestimmt auch schlauer lösen kann, so dass sich der Spieler nicht so krass gerailroadet fühlt.
Und weils halt ein Indiana Jones Spiel ist und Indy nunmal diese Peitsche hat, wird ohne Ende damit geklettert, geschwungen und und und... Wirklich multifunktional so eine Peitsche.
Die Faustkämpfe waren okay, aber irgendwie etwas clunky. Aber mit geschicktem Schleichen und dem Ausknocken der Gegner von hinten, kann man viel davon vermeiden.
Ab und zu hatte ich ein paar Momente, bei denen sich meine Stirn in Falten gelegt hat. Wenn ich zum Beispiel im Vatikan als Pastor verkleidet, an meiner Peitsche hängend eine Zipline auf einen belebten Platz runter rutsche, kratzt das niemanden. Nichtmal die Faschisten, bei denen ich direkt vorm Zelt lande. Fand ich schon etwas seltsam.
Und manchmal wars - ähnlich wie bei Outlaws - so, dass nicht so ganz offensichtlich war, ob ich auf einer Oberfläche nun stehen kann, bzw. ob Indy sich da dann hochzieht, oder nicht. Das war speziell bei einer kleineren Sprungsequenze etwas unglücklich.
Bugs hatte ich nur einen spürbaren, bei dem in regelmäßigen Abständen immer der gleiche Dialog nochmal wiederholt wurde.
Insgesamt war "Indiana Jones und der große Kreis" für mich ein tolles, sehr unterhaltsames Spiel und in seinem Mix aus Rätseln, Schleichen und Boxen die für mich perfekte Gameplay-Mischung, um Indy ins Computerspiel-Genre zu übersetzen. Wenn man jetzt noch die Einzelteile ein kleines bissl mehr poliert und die Handlung vielleicht nicht ganz so routiniert erzählt ("Wir brauchen jetzt 5 Gegenstände, also gehen wir nacheinander an 5 Schauplätze."), wäre es für mich tatsächlich perfekt. Aber es wurde ja angeblich schon drüber nachgedacht weitere Indy Spiele zu produzieren und wenn die alle in dieser Qualität sind, hätte ich absolut nichts dagegen.
Als Wertung würde "Indiana Jones und der große Kreis" von mir 8 von 10 Punkten bekommen. Ein sehr gutes, kurzweiliges, unterhaltsames Spiel, bei dem aber sicherlich noch mehr geht.