Viele gute Erzählungen und Spiele handeln von Menschen, die ihre gewohnte Umgebung verlassen, und in Situationen gelangen in denen ihre eigentlichen Stärken ihnen nicht weiterhelfen.
Dann ist das aber auch immer die zentrale
Problemstellung der Erzählung, das sie Charaktere aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen wurden, und damit Probleme haben. Wenn ihnen in dieser Situation Proben Misslingen unterstützt das eher die Atmosphäre als das es ihr schadet. Denn die Charaktere sollen ein Problem mit der Situation haben.
Der Held stürzt sich auf den Bösewicht umd die Dame zu retten, obwohl er kein guter Kämpfer ist?
Wenn er als Kämpfer glänzen will, dann bezahlt er am Anfang die Punkte dafür.
Wenn er das bei der Charaktererschaffung, oder späteren Steigerungen, offensichtlich nicht mit dem Charakter im Sinn hatte, dann kann er auch nicht erwarten als Kämpfer zu glänzen.
Hat er sich ne Kampflusche gebaut, und greift den kampferfahrenen Bösewicht an, trägt er die Konsequenzen.
Dann hätte er nach Deiner Logik Pech gehabt, am Ende der Szene liegt er blutend am Boden, der Fiesling zieht mit der Frau davon.
Wenn er in einer Kampagne wo es darum geht, Frauen aus den Händen von fiesen Schurken mittels Gewalt zu befreien, einen Nicht-Kämpfer gemacht hat, dann ist entweder
1.) etwas grundsätzlich schiefgelaufen im Vorfeld der Kampagne
oder
2.) der Spieler traute sich selber und dem Charakter zu auch solche Szenen mit Gehirnschmalz und ohne Werte zu lösen (McGyver ist auch kein toller Kämpfer...)
(mit einem Pazifisten geht man ja auch nicht Dungeon-Crawlen)
1. Die Polizei rufen, nach Hause gehen und erstmal ein Bad nehmen?
Einer meiner Charaktere hat den Spielleiter wirklich mal damit überrascht ein Abenteuer so zu beenden.
Bei Shadowrun.
Und im Nachhinein haben mich der SL und alle anderen Spieler dafür sehr gelobt, weil es dadurch ein sehr viel atmosphäregerechteres Ende geworden ist, als hätten wir den Oberschurken mit einem 08/15 Frontalangriff bezwungen.
2. Ein paar Monate Kampfsport, Schwertkampf und Schiessen traineren und dann warten, bis ihm wieder mal ein Bösewicht begegnet?
Passiert dem Charakter oftmals so etwas, dann wäre es nur logisch sich auf solche Situationen vorzubereiten.
Und es ist einfach dämlich mit einer Kampflusche in eine kampforientierte Kampagne zu gehen.
Den Bösewicht zu dessen Unterschlupf verfolgen, in der Hoffnung, doch noch den Sieg davon zu tragen?
Spätestens wenn der Charakter einmal verloren hat, und beim zweiten Anlauf keinen Grund zu der Annahme hat, dass es jetzt grundsätzlich besser laufen wird (diesmal habe ich meine beste Ausrüstung dabei, er ist noch verwundet und ich wurde geheilt... ), dann habe ich als Spielleiter überhaupt keine Gewissensbisse mehr in hops gehen zu lassen.
Aus schlechten Werten muß nicht automatisch Mißerfolg entstehen.
Von automatisch hat hier auch niemand gesprochen.
Nur ist es halt sehr wahrscheinlich.
Und wenn der 65jährige Professor für Quantenmechanik versuchen möchte irgendwelche waghalsigen Sprünge über einen Abgrund zu machen, dann ist halt ein scheitern sehr wahrscheinlich. Genauso wie, falls der Professor versucht einen jungen Soldaten zu verprügeln.
Viellicht gefällt es dem Spieler, den intelligentesten Menschen der Welt zu spielen. Muß man ihm dann erstmal ein paar reinwürgen, damit er merkt, das es doch nicht so ein großer Spass ist, weil es dem SL nicht in den Kram passt? Weder sollte ein SL als Erzieher tätig werden, noch den Spielern seinen Stil aufzwingen.
Reden ist hier ganz sicher die bessere Methode.
Auch den Spielern im Vorfeld einer Kampagne beim Design unter die Arme zu greifen, und evtl. Verbote auszusprechen, ist durchaus ein gangbarer Weg.
Lernen es die Spieler nicht, dann ist es eine durchaus gute Methode sie ingame die schwächen des Charakters aufzuzeigen.
Geht man immer nur nach den Stärken der Charaktere, damit sie schön glänzen können, dann führt das zu sehr unrealistischen Charakteren, und ruiniert jedwede Balance.
Soll man den Spielern noch Beifall klatschen, wenn sie sich hochspezialisierte Monstercharaktere züchten, welche im täglichen Leben kläglich versagen würden?
Soll man ihnen dann nur noch maßgeschneiderte Abenteuer vorsetzen, damit sie ihre x-millionen Schwächen nicht mehr spüren?
Ich glaube nicht.
Und es hat auch nichts mit Spielstil aufzwingen zu tun, wenn man einem Spieler die schwächen eines Charakters aufzeigt, und sie als SL zu dessen Nachteil verwendet. Dafür sind es eben Schwächen. Man sollte ihn nicht gleich umbringen, aber schwächen sollten immer auch schwächen bleiben, und nicht Tabus auf die der SL nicht eingehen darf.
Und das zwingt niemanden seinen Spielstil abzulegen oder zu ändern.
Nur wenn er halt einen Pazifisten spielen will, dann muss er damit leben, dass er nicht kämpft.
Will er nen Professor spielen, dann heißt das halt das er bei Kämpfen höchstens in der zweiten Reihe stehen darf.
Spielt er nen Soldaten, dann ist er kein Quantenmechaniker.
Spielt er einen Quantenmechaniker, dann ist er kein Soldat.
Daher zwingt es einen Spieler höchstens Charakterwerte und Charakterkonzept in Einklang zu bringen.
Will man einen mutigen Indiana-Jones-Professor spielen, dann muss man halt mal auf 2 oder 3 Punkte IQ verzichten und dafür DX und einige Fertigkeiten anheben.
Baut man sich aber einen trockenen Harward-Professor, der selten das Unigelände verlässt, dann kann man nicht erwarten damit die Abenteuer von Indiana-Jones zu überstehen.
Und für Leute die sich nen Physik-Genie zusammenbauen, und dann damit in die Schlacht ziehen wollen, habe ich nun wirklich überhaupt kein Verständnis.