Es ist ja schon einiges über Spielstile gesagt worden. So z.B. hier
[Forge] Creative Agenda – Was ist das?,
[Offen] Inkohärenz in Spielverhalten und System und
[Offen] Akteure und Zuschauer im Rollenspiel .
Kurze Zusammenfassung:
Ein befriedigendes Spielerlebnis dann erreicht, wenn ein aktiver Spieler auf seinem kreativen Input möglichst oft positive Rückmeldung der restlichen Spiele der Gruppe bekommt und umgekehrt ein Spieler als Zuschauer möglichst oft kreativen Input vorgesetzt bekommt, der ihm gefällt (und auf den er dann auch positives Feedback geben kann). Dies liegt einfach daran, dass Menschen im Allgemeinen gerne positives Feedback bekommen. Ein Spiel, bei dem dies oft der Fall ist, wird dementsprechend mit höherer Wahrscheinlichkeit als positiv erlebt werden.
Ein Spielstil ist dabei dann gegeben, wenn eine bestimmte Art von kreativem Input (oder Muster desselben) sich wiederholen und sich somit auf kreativer Seite ein gewisses Bild abzeichnet. "Kreativer Input" kann dabei sowohl inhaltlich definiert sein (was wird erzählt) als auch von der Form her (wie und wann wird erzählt) als auch von sozialen Strukturen her (wer erzählt).
Hier wird zunächst deutlich, dass ein Spieler zwar einen Stil bevorzugen, ihn allerdings alleine nicht herstellen kann. Zu einem Spielerlebnis gehören immer mehrere Leute und ein Spielstil äußert sich immer im kreativen Verhalten einer Gruppe. Einen Spielstil alleine "herzustellen" ist nicht möglich.
Außerdem ist ein Spielerlebnis dann befriedigend (man hat Spaß), wenn man oft Input vorgesetzt bekommt, den man mag und man oft Input geben kann, der von anderen gemocht wird (und man dafür Feedback bekommt). Es muss eine positive kreative und soziale Dynamik entstehen.
Wenn man nun davon ausgeht, dass Menschen nicht nur einen klitzekleinen Ausschnitt aller möglichen kreativen Inputs mögen und alles andere kategorisch ablehnen (sie also durchaus für Abwechslung zu haben sind), dann sollte ein Spieler mit verschiedenen Spielstilen Spaß haben können. Sicher nicht mit allen möglichen Stilen (da manche kreativen Inputs von einer Person sicher relativ stark abgelehnt werden können), aber doch mit mehr als einem sehr eng definierten Stil.
Welche Faktoren fördern das positive Spielerlebnis und tragen so dazu bei, dass ein Spieler mit einem Spielstil Spaß hat (vor Allem bei ungewohnten Stilen)?
Die soziale Dynamik ist ein entscheidender Faktor. Die einzelnen Spieler sollten aufeinander grundsätzlich positiv reagieren. Input von jedem Spieler sollte zunächst gleichwertig und auch zunächst wohlwollend betrachtet werden. Eine Gruppe mit einem positiven Klima des Respekts und des Vertrauens bildet eine wunderbare Basis. Don’t play with Jerks!
Kreative Offenheit ist ein anderer entscheidender Faktor. Jeder Spieler sollte jedem kreativen Input zunächst aufgeschlossen gegenüberstehen, auch wenn er von Form oder Inhalt zunächst ungewohnt ist. Hier ist es besonders wichtig für Input besonders deutlich positive Feedbacksignale zu geben, um den Inputgeber von der Validität seines Inputs zu überzeugen (wenn für ihn die Art des Inputs neu ist) oder auch wenn man selber den Input zunächst ungewohnt findet. Bereits ein Spieler, der sich kategorisch gegen den Input stellt, prinzipiell negatives Feedback gibt usw., kann das entstehen einer stabilen Feedbackschleife und damit eines positiven Spielerlebnisses stören.
Das richtige System kann ebenfalls ein positives Spielerlebnis mit einem Spielstil unterstützen. Es ist von Vorteil, wenn man nicht gegen das System arbeiten muss um einen Spielstil aufrecht zu erhalten. Ein System kann auch eine positive Feedbackschleife stützen. Zu guter letzt kann einfach ein neues System Wunder wirken, wenn man einen neuen Stil ausprobieren will, da viele Leute bei einem bereits bekannten System aus Gewohnheit wieder in vertraute Muster (alter Spielstil) zurückfallen. Besonders leichte Veränderungen an einem bereits bekannten System werden oft "überspielt" und es wird dann leicht der alte Stil weiterverwendet.
Wichtig ist beim Ausprobieren neuer Spielstile, dass eine Rollenspielgruppe ein sehr komplexes dynamisches System ist. Und das macht Vorhersagen sehr schwer. Ob einer Person einen Spielstil gut finden wird, kann man fast nicht sagen, bevor sie ihn nicht ausprobiert hat. Sogar sie selbst wird dies nicht mit ausreichender Sicherheit sagen können. Wenn man Vanille noch nie probiert hat, weiß man einfach nicht, ob es einem schmeckt.
Insgesamt denke ich, dass Leute verschiedene Stile gut finden können, wenn sie sie nur in der richtigen Gruppe, mit der richtigen Offenheit und mit dem richtigen System ausprobieren. Und ausnahmsweise will ich den Post mal mit diesem positiven Gedanken beschließen.
(btw: das könnte eigentlich auch in "Allgemein", oder? Was meint die Moderation?)