sieh an, sieh an, nach dem grottigen Chronicles of Narnia meinte es der liebe herrgott gut mit uns und schenkte uns einen richtig starken film zu anfang des jahres [zumindest nach meinem examen] er tat es bestimmt, um Spielberg noch eine chance nach War of the Worlds zu geben...meine erwartungen an die nah-ost-problematik in der hand eines filmemachers waren hoch...und sie wurden nicht enttäuscht.
immerhin ist Spielberg dann doch nicht Jerry Bruckheimer.
Munich
auf den inhalt gehe ich hier nu nicht mehr ein, das ist müssig.
aufgearbeitet werden die ereignisse auf der olympiade in München
anno 1972 und die darafhin folgende liquidation von drahtziehern des anschlages durch israelische "spezialeinheitler".
ich beginne mal mit dem einfachen : die kamerarbeit, die austattung, schauspieler (im wesentlichen alles unbekannte darsteller, so dass kein superstar den gesamteindruck stört, sehr angenehm) - alles befindet sich Spielberg-gerecht auf einem exorbitanten niveau. die penible, authentische rekonstruktion der 70er mit dem nervösen zeitgeist zwischen marxismus, kapitalismus, terror, soll mal einer erstmal nachmachen.
filmtechnisch stimmt einfach alles, auch die verwackelte handkamera und die eingespielten original-weltnachrichten, die von dem massaker berichteten. dezent, aber stets angenehm : der score von John Williams.
die dialoge entsprechen dem, was man zum einen von Spielberg kennt und zum anderen, was man von einem film solcher tragweite erwarten kann. viele erinnerungswerte gespräche und one-liner, über die man noch nach dem film reflektieren kann.
aufbau-aspekte :
insgesamt kann man sich hier so in etwa an "Ronin", "Mission : Impossible" oder "Die Drei Tage des Condors" respektive "Der Schakal" [der alte mit Edward Fox] orientieren : ein team von auftrags-profis versammelt sich, um einige dreckige geschäfte mit dem tod anderer menschen zu erledigen und um die dabei entstehenden probleme der tatsächlichen ausführung und der details, die fehlschlagen.
die filme zähle ich wohlgemerkt auf, weil ich der ansicht bin, dass es sich bei "Munich" um eine filmische und keine wissenschaftliche darstellung der events handelt, so dass ich daher auch parallelen zu anderen genre-streifen ziehen kann. es geht um eiskalte profi-killer, die im kreuzfeuer der welt-geheimdienste agieren und denen [ falls sie nicht vorher umgelegt werden] dabei moralisch alles abverlangt wird.
was die spannung und reinrassige filmunterhaltung des zuschauers durch puren thrill angeht, bietet Munich höchstwerte. alles da, von schockmomenten, zermürbender spannung, der im raum förmlich stehenden namenlosen aggressivität des gezeigten, momenten, in denen es hart auf hart zugeht, geschöpft wird hier aus dem vollen.
man kann sagen, was man will : die 160min haben kaum einen hänger. insbesondere die ausführungen der operationen reissen einen total mit.
das mag sich etwas makaber anhören, da es um tötungen von menschen geht aber ich betone erneut, dass es auch nur ein film ist, der eine interpretation des geschehens bietet und die vergangenheit nicht etwa 1:1 wiedergibt. diese interpretation kann mE als sehr spannend und packend inszeniert bezeichnet werden.
nun etwas zum schwierigen part : die darstellung des nahost-konflikts.
hier dürften sich die geister scheiden. ich persönlich fand sie für einen amerikanischen film überraschend tief und das zwar sowohl hinsichtlich
der seite der palästinenser als auch der israelis. die gewaltspirale, die imemr tiefer geht, gewalt beschwört gegengewalt und diese löst am ende gar nichts, wird sehr eindringlich beleuchtet. es ist schon sehr interessant :
zum einen werden die palästinenser als fanatische, skrupellose und barbarische mörder gezeigt, die vor nichts zurückschrecken. auf der anderen seite stehen die israelis mit ihrer armee, ihren geheimdiensten, ihren berufskillern, die einen gnadenlosen vergeltungskreuzzug auf befehl der regierung durchziehen. was der film in meinen augen gekonnt hervorhebt, ist der niedergang der protagonisten sowohl in körperlicher als auch in moralischer hinsicht - es steht einem menschen nicht zu, aus einer sache wie dieser einfach auszusteigen und das geschehene hinter sich zu lassen, dafür ist der schatten der vergangenheit viel zu gross. der kreis schliesst sich sozusagen.
die teammitglieder kommen entweder dergestalt um, wie sie gelebt haben - nach dem "Watchmen"-motto "ein leben voller gewalt, ein ende voller gewalt" oder sind letztendlich nach all ihren greueltaten an zT unbeteiligten männern, frauen und kindern so zerrüttet, dass sie ihr seelenheil für immer eingebüsst haben. der Mossad und die israelische führungsriege hingegen verlangt ausser einwandfrei funktionierenden tötungsmaschinen kaum sonst noch etwas von den beteiligten. das wird sehr deutlich herausgearbeitet. für mich werden die zwei seiten so dargestellt, sodass deutlich wird, dass der film keine klare stellung zugunsten welcher partei auch immer bezieht. und das ist mE eine ganze menge. der film reisst einen wirklich mit und beschäftigt auch später noch. wir waren nach dem film alle ziemlich emotional berührt; er hat auch nicht allen vorbehaltlos gefallen, aber "Munich" ist durchaus ein film, nach dem in jedem fall diskussionen mit den freunden auf den tagesplan herbeigerufen werden.
inwiefern nun der einzelne meint, jede seite hätte eine andere schilderung
verdient und inwiefern hier mit suggestivmitteln des massenmediums film gearbeitet wird, um das ganze als quasi-dokumentarfilm ("so war es ja WIRKLICH") laufen zu lassen, überlasse ich der subjektiven wertung des jeweiligen betrachters.
den film sollte man gesehen haben - und sei es, um etwas auf sich wirken zu lassen, was man als einen SEHR starken film bezeichnen kann. über die message und ihre wirkung sowie ihre die "sauberkeit" ihrer umsetzung (hinsichtlich der verwischung von original-geschichtsmomenten und der - erneut betone ich es hier - filmischen version, die mit hinblick auf die emotionale einbezogenheit des zuschaers erstellt wurde) lässt sich hingegen streiten. in meinen augen zumindest ist "Munich" schon allein wegen der filmischen umsetzung uneingeschränkt sehenswert.
ach ja : in der OV kommen die sehr vielen einzelnen sprachen super zur geltung. da kommt es mal deutsch mal englisch, mal hebräisch, mal arabisch, mal französisch, mal russisch - sehr empfehlenswert !
4,5 von 5
die 0,5 entziehe ich wegen der o.g. ambivalenz und des potentiellen problems des originalitätsfaktors des dargestellten im medium film.