Guten Morgen!
Das ist das Schöne am Grofafo: Man ist eine Weile auf Termin, und am nächsten Tag liegen umfangreiche Meinungsmeldungen vor
Wie geil!
@Fredi
Servus
Was du im Endeffekt ja sagst, ist folgendes: Dogs bzw. PtA haben einen speziellen Fokus. Wir haben die Spiele probiert (intensiv, ohne Vorurteile, über einen längeren Zeitraum). Wir haben die Erfahrung gemacht, dass dieser Fokus nicht so gut zu unseren Präferenzen passt wie Freeform. (habe ich jetzt was wichtiges vergessen?)
Stimmt. Trotzdem, PTA und Dogs sind wirklich schöne Spiele und erfüllen ihre Ziele mehr als gut.
1. Dogs und PtA (und viele andere Forge-Spiele) haben einen (relativ engen) Fokus. Da sage ich: Jaaaa! Das ist Sinn der Sache! Die Spiele habe ein Ziel und sie liefern genau das, was sie anstreben. Innere Konflikte, Charaktertiefe usw. Dazu verwenden sie Regeln und auch die Metaebene. Sie liefern keine Immersion, aber das war ja auch nie das Ziel. Also volle Zustimmung zu dem Punkt.
Ich kann mich noch erinnern, dass ich irgendwann nach unserem ersten PTA-Versuch (der leider daneben ging, dafür war der zweite phänomenal) auf der Forge meinen Spielbericht ablieferte. Matt und andere wiesen mich darauf hin, dass wir, wenn wir "Immersion" suchten, bei PTA an der falschen Adresse seien. Das habe ich nicht geglaubt. Jetzt weiß ich's besser
2. Du bist mein Held! (Und deine Gruppe auch. Ihr seid Helden! Wink ) Ihr habt meinen gebetsmühlenartigen (und manchmal autoverkäuferigen) Rat befolgt und habt es probiert. Ihr seid mit Interesse drangegangen und habt den Spielen (und euch) die Zeit gelassen, sie wirklich kennen zu lernen und sie nicht nach einer Rezi oder einem Durchlesen (also ohne ausreichende Information) als „ist nix für mich“ abzutun.
(blushes)
3. Ihr habt also ausreichende Information gesammelt und die Stärken und Schwächen der Spiele erkundet. Dann habt ihr das mit eurem bevorzugten Spielstil verglichen und geschaut, wo die Spiele helfen und wo nicht. Und ihr seid zu dem Ergebnis gekommen, dass euch Freeform mehr Spaß macht, euch eher liegt als z.B. Dogs oder PtA. Und dann hast du dir auch noch die Mühe gemacht diesen ganzen Prozess und die Entscheidung zu erklären und für alle transparent zu machen. Das ist wunderbar!
Mann jetzt, Fredi, aufhören! Ich erröte
Ihr habt es getestet, es war nett, aber Freeform hat euch besser gefallen. Gottseidank machen das einige Betonköppe hier im Forum nicht so, sonst hätte ich nicht mehr viel zu nörgeln. Wink Also: Ihr seid meine persönlichen Helden. So viel Thumbsup gibt’s gar nicht, wie ich machen möchte. thumbsup
So, nu is aber gut! Danke, wirklich danke! Ich lebe nach der Maxime: Zuerst ausprobieren, dann urteilen. Hat mir trotz manch bitterer Erfahrung viel Lebensqualität gegeben.
Kleine Theorie-Anmerkung: Mit deiner Verwendung von Situation, Setting und Color bin ich nicht ganz zufrieden. IMO können (und machen) nämlich PtA und Dogs sowohl Situation als auch Color (nur Setting ist tatsächlich etwas schwach). Aber das ist eher was für einen kleinkarierten Definitionsstreit in Theorie-Channel und ändert nichts daran, dass ich deinem Punkt inhaltlich voll zustimme.
Merci für den Hinweis. Ich muss zugeben, ich verwende die Theorie hauptsächlich für mich, um Phänomene in unserem Spiel in Worte fassen zu können; erst dann können wir ja drangehen und sie verändern.
Trotzdem muss ich mal zusehen, auf ein Grofafo-Treffen zu kommen; mal all die Chaoten, Streithansel und Besserwisser (gehöre ich auch dazu) kennenlernen, die das Grofafo zu dem fantastischen Forum machen, das es ist.
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@Purzel:
Ich neige im Falle von Ermüdung zu Abstechern zu Spielen, die einfach mal etwas was völlig anderes sind. Es hilft ungemein, mal eine Runde Paranoia, Ninja Burgers oder in eurem Falle vielleicht Wushu zu spielen. Schnell, lustig, haben wenig Story nötig, action-reich. Einfach mal ne längere Zeit albern sein, das lädt die Batterien wieder auf, um wieder was Ernsthafteres zu spielen.
Alternativ könntet ihr ja mal ein paar mehr GAM Aspekte ausprobieren und so'n einfaches Tabletop machen wie Warhammer, oder ihr spiel mal kein RPG. Es gibt nen Haufen RPG-thematischer Spiele, z.B. Munchkin, "Es war einmal..." oder Hexenkessel. Oder geht mal in ne Kneipe. Oder geht gemeinsam in die Schwimmhalle. Alles gute Therapie-Ansätze.
Klar, da hast Du völlig recht. Zeit, mal wieder "Falling" zu spielen
Wir hatten keinen vorher festgelegten Plot, und ich animierte durch Vormachen meine Spieler dazu, selbst zu explorieren.
Klingt nach Trailblazen. D.h. man setzt ein paar Punkte für den Abend fest, es gibt Hinweise (Pfade, sprich "Trails") zwischen den Punkten. Die genaue Reihenfolge, wie diese Punkte abgelaufen werden ist dabei eher egal. Macht ihr das so?
Ah, Trailblazing, vergaß, was das ist
Bei uns läuft das so ab: Wenn wir neue Charaktere haben (neues Setting; neue Erzählung), dann gehen die Charaktere immer mit einem ungelösten Problem ins Spiel (das, was Ron als "Kicker" bezeichnet). Ich als Fifth Business überlege mir ein Problem, das auf die Spieler zurollt (ganz so wie im PTA der Producer mit seinem Startsatz es tut). Allerhöchstens, und da kommt ein bisserl Trailblazing mit rein, habe ich "Story Nuggets", also einen oder zwei Punkte, die ich meinen Spielern gerne präsentieren möchte. Aber meistens habe ich nicht mal das.
Üben, üben, üben :-P In meiner letzten Dogs Runde, die mit einem Total Party Kill endete, haben wir ne Menge gelernt. Und ich gebe dir Recht, das Szenenmachen und das Stakesetzen kostet Zeit. Im klassischen Spiel ist das schliesslich Aufgabe des SLs sowas vorzubereiten.
Das war auch das, was uns als "Immersions"fans die meisten Schwierigkeiten bereitete. Zwei Spielebenen: die in-character-Ebene und die Meta-Ebene. Und uns als Method Actors ist es am allerwichtigsten, so wenig wie möglich aus der Schauspiel-Ebene in die Meta-Ebene zu gehen, weil das für uns einen Bruch im Acting darstellt. Das fühlt sich an, als ob man beim Theaterspielen alle zehn Minuten oder früher eine Unterbrechung einschiebt, um über die Issues und Konflikte zu reden.
@ My Life with Master:
Auch hier werden Szenen aufgesetzt, doch das Setting ist viel vorgegebener -- die Spieler und der SL machen das Setting am Anfang klar --, und man hat dadurch mehr Anhalte. Fehlt was, kann das später hinzugefügt werden. Typen von Szenen (und damit Typen von Konflikten) gibt nach meiner letzten Zählung 4 Stück, und halt das Endspiel. Dadurch ist auch immer klar, was nun der Stake eigentlich ist. Da ganze 5 Spielwerte, von denen 2 sogar konstant sind, die Spielwelt und einen Charakter beschreiben, bleibt viel Platz, um sich erzählerisch auszutoben, Dinge hinzuzufügen, ohne das Regelsystem kaputt zu machen.
Was ein bisschen verwirrend ist: bei MLWM ist man (fast) immer einzeln Reihum dran. Im Prinzip gibt's keine geschlossene Gruppe, die zusammen handelt, stattdessen spielt man Einzelschicksale und Geschichten, die sich aber im Laufe des Spiels überkreuzen und verweben.
Was es wieder interessant macht. Vor sieben, acht Jahren hat Erick Wujick, Autor von Amber Diceless, mal einen Artikel geschrieben, in dem er den "Lazy GM style" pries. Und dieser Faule-SL-Stil war im Grunde genommen die Einführung des Director Stance ins Spiel. In unseren Spielen dürfen die Spieler immer, so viel und wann und mit wem sie wollen, untereinander Nebenplots einführen. Dann übernimmt meistens ein anderer Spieler, dessen Protagonist nicht im Unterplot dabei ist, die Rolle des Spielleiters. Ich mache in der Zwischenzeit mit den anderen weiter. Sobald irgendwas passiert, was ich als Fifth Business/Spielkoordinator wissen sollte, sagen sie's mir. Beispiel: In einem Shadowrun-Spiel suchten sie mal einen Mob von zwanzig oder mehr Leuten, die Randale vor dem Lohnbüro eines Kleinkonzerns machen sollten, um die Wachen abzulenken. Die drei Spieler, deren Protagonisten involviert waren, standen auf und gingen ins Nebenzimmer. Nach einer Weile kamen sie wieder rein und berichteten mir, dass sie die Leute gefunden hatten, dass aber einer der Protags in die falsche Ecke der Stadt gegangen und nun relativ übel zugerichtet wieder zu den anderen gestoßen war. Als Fifth Business integriere ich die Ergebnisse der Spieler einfach. Mein Ziel ist es ja, den Spielern das zu geben, was sie durchs Rollenspiel bekommen wollen; Bedürfnisbefriedigung.
Bestimmen deine Spieler, wo es langgeht (sprich: normal empowert im Vergleich zum Railroading)? Oder bestimmen sie, WORUM es geht (improved empowered)? Sagen sie dir während des Spiels bewusst Dinge, die sie im Spiel sehen wollen?
Meine Spieler bringen einfach die Dinge ein, die sie im Spiel sehen wollen. Wir haben eine Regel, die wir damals aus Amber oder Theatrix geklaut haben: Wenn ein Spieler
fragt: "Finde ich die belastenden Beweise gegen den Präsidenten?" (oder irgendwas anderes, einen Gegenstand, eine Person, eine Situation, egal), dann lautet meine Antwort: "Nein". Wenn ein Spieler aber
sagt: "Hinter den Büchern finde ich eine schmale Kiste. Ich mach sie auf und... da liegen die Rechnungen, die den Präsidenten belasten!", dann lautet meine Antwort: "Ja".
Das heißt, ich reagiere auf die Bedürfnisse und Wünsche meiner Spieler, die sie während des Spiels direkt oder indirekt äußern ("Telegraphing").
@Empowerment:
Mein letztes Beispiel ist etwas blöd, bringt nicht das heraus, was ich unter echtem Empowerment verstehe. Daher:
"Das mit den Orks ist etwas dröge. Ich fände es cooler, wenn da diese verfluchte Gaukler-Truppe was mit den Schwarzpelzen zu tun hat."
D.h. die Spieler geben nicht nur verbindlich ein grobes Thema vor, sondern bestimmen ganze Plotverläufe und Lösungsansätze, geben sich das Abenteuer, das sie erleben wollen also selbst vor.
Genau so machen wir's seit über zehn Jahren, ja. Nur so kann ich als Fifth Business einigermaßen sicher gehen, dass die Spieler auch das Erlebnis haben, das sie suchen.
Das ist in etwa aber das Empowerment, das Spiele wie Dogs und PtA erwarten (und für das ich selbst noch ne Weile brauchen werde, meinen Geist durchherumzuwickeln). Keine Panik: in MLWM ist das nicht so krass, da hier die Auswahlmöglichkeiten wesentlich kleiner sind (z.B. durch die Bindung der SCs an den "Master" .. sagt ein Spieler, dass sein SC die Domäne und den Master verlässt, dann verlässt er das Spiel) haben die Spieler keine verwirrende Vielfalt an möglichen Plotverläufen.
Nein, nein, ich finde die vollumfängliche Player Empowerment superwichtig, und wir haben bisher nur gute Erfahrungen damit gemacht.
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@Doc Baumschlange:
Man kann sicher auch bei PTA oder Dogs sehr "in Character" spielen, doch die Regeln sagen nichts dazu, sie verleien dem keine Bedeutung, treffen kein Urteil darüber.
Ich frage mich ob das im Nar begründet liegt oder ob das auch anders möglich ist. Ich denke es ist anders möglich und ich glaube das ganze liegt eher am recht engen Fokus dieser speziellen Spiele und nicht an Nar allgemein. Ein "Problem" (das ein Narr vielleicht nicht als solches sehen würde) bei Nar ist, dass der Spieler Aussagen treffen muss, darüber was ein Charakter ist wie er sich entwicklet und sogar wie die Welt das sieht und daruaf reagiert. Dies ist natürlich extrem schwer vereinbar mit einer "Belohnung von außen", vom System. Den Spielern muss eine Freiheit gegeben werden bestimmte Dinge völlig selbst zu beurteilen.
Im Immersionismus (was immer das auch sein mag, ich glaube wir brauchen da eine Begriffdiskussion, die letzte ist gescheitert, soweit ich mich erinnere), kommt es aber grade darauf an dass man als Spieler fühlt welchen Beschränkungen ein Charakter unterliegt, man braucht etwas externes, etwas neutrales das die Situation bewertet.
Kannst du diese Gedanken nachvollziehen, oder gehe ich da in eine völlig falsche Richtung?
Deine Gedanken finde ich sehr verständlich, und sie gehen in die Richtung, die wir als Erfahrung haben. Meinst Du mit "Belohnung von außen" Regelmechanismen, die die Empfindungswelt der Charaktere angehen? Also solche, die zum Beispiel die Issues mit der Herausarbeitung der Stakes verknüpfen? Das war exakt das (das Finden und Ausformulieren der Stakes), was uns das Method Acting deutlich erschwerte.
Was genau fehlt euch für ein gutes "in Character"-Erlebnis?
Du sagts es sind Setting und Color, aber produzieren könntet ihr die auch mit PTA oder Dogs ohne weiteres, die Frage ist eigentlich warum ihr es nicht tut, oder nicht als unterhaltsam empfindet.
Was genau brauchst du oder deine Spieler damit diese verlorenen Dinge wieder auftauchen und womit steht dieses Bedürfnis jetzt in Konflikt?
Diese Aussage war schlampig fomuliert von mir. Für "Immersion" muss ich möglichst tief in den Charakter schlüpfen. Ich muss mit seinen Augen sehen, mit seiner Stimme sprechen, mich mit seinen Bewegungen bewegen. Wir machen sogar hin und wieder kleine Übungen aus dem Method Acting oder dem Improtheater, um uns "aufzuwärmen". Wenn ich dann einen bestimmten Grad der Invokation des Charakters erreicht habe, sind die Spielwelt und Umgebung (Setting) so plastisch vor meinem inneren Auge entstanden, dass Details (Color) von ganz alleine auftauchen; schließlich
bin ich zu einem bestimmten (hoffentlich möglichst großem) Grad mein Charakter.
Das Hindernis bei PTA und Dogs war die Exposure. Je länger wir uns in der Meta-Ebene aufhielten, desto flacher wurde zwangsläufig die Immersion.