In Deutschland bevorzugen Spielleiter das Stimmungsspiel.
Kann sein. Ich weiß, daß ich es tue. Bzw. tat. Je nach Spiel und Abenteuer tue ich das immer noch, wenn auch die Art der Stimmung variiert.
Allgemein denke ich sogar, daß das zutrifft. Deiner Aussage nach ist es in Amerika anders, was ich nicht beurteilen kann. Wenn aber diese Bevorzugung des "Stimmungsspiels" in Deutschland zutrifft, dann muß man sich fragen "wieso"?
Es ist natürlich einfach zu sagen:
"'Stimmungsspiel' ist der bevorzugte Stil der meisten Spieler in Deutschland, also bringen wir dafür auch die meisten Produkte heraus. Angebot und Nachfrage, Ihr wißt schon..."
Aber das ist nur die halbe Wahrheit.
Das Angebot bestimmt auch die Nachfrage. DSA war und ist immer noch das meistgespielte Einsteigerspiel. Ich weiß nicht wie es heute aussieht, aber Anno '92 im grauen Buch der Box "mit Mantel, Schwert & Zauberstab" steht ein Artikel, der einem genau erklärt, wie "gutes" Rollenspiel auszusehen hat.
Da wurde ganz klar gewertet: "Stimmungsvolles" Rollenspiel=gut, alles andere=schlecht.
Naja, persönlich ging ich schon länger zart in diese Richtung - es ging mir beim Spielen mehr darum, eine Geschichte zu erzählen, die mich packt und weniger ums Würfeln. Aber dennoch war ich entsetzt - allzuoft hatten wir wild drauflosgewürfelt, gealbert, haarsträubendes Powergaming betrieben, und uns dazu noch erdreistet, SPASS an alledem zu haben.
Dieser Artikel stempelte all diese Aspekte unseres Spiels als böse und gestand nur dem
"Stimmungsaspekt" eine Berechtigung zu. Und wenn man 16/17 ist, an Rollenspielen nur DSA kennt und demzufolge die DSA-Redaktion die einzige Autorität in Sachen Gaming darstellt, dann ist sowas natürlich prägend.
Ich behaupte mal einfach, daß es anderen Spielern ebenso mit diesem Artikel und auch anderen Veröffentlichungen ging - man wurde von sowas einfach geprägt. Und wenn einem von den Spielen die man kennt eingetrichtert wird, daß Stimmungsspiel nicht nur die beste, sondern auch die einzig mögliche Art zu spielen ist und ales andere minderwertig ist, dann kauft man sich natürlich auch Produkte, die das unterstützen - das Angebot beeinflusst die Nachfrage.
Was mich betrifft:
Es hat ewig gedauert, bis der Schaden, den der Artikel bei mir angerichtet hat behoben war. Ich mag zwar immer noch stimmungsvolles Spiel, atmosphärische Beschreibungen und je weniger gewürfelt wird, desto besser finde ich das (und ja Settembrini - auch das gemeinschaftliche Erzählen einer Geschichte ist ein Spiel), aber ich habe inzwischen auch wieder akzeptieren gelernt, daß es auch andere Formen des Rollenspiels gibt, und daß diese nicht schlechter sind, sondern eben nur anders.
Insofern: Eine Diversifikation des Marktes wäre schon begrüßenswert. Mehr GAM, weniger SIM sozusagen (nicht hauen, Fredi
).
Andererseits: Ich hatte auch schon vor diesem verhängnisvollen Artikel eine Affinität zum "Stimmungsspiel". Vielleicht geht es vielen anderen auch so. Vielleicht (Nein, natürlich) beeinflusst die Nachfrage auch das Angebot. Und wenn Du, Settembrini andere Vorlieben an Rollenspiel stellst, für deren Unterstützung es keine so starke Produktauswahl gibt, dann ist das Pech.
Analogie:
Eine meiner Lieblingsbands ist Porcupine Tree. Tolle Band, in jeder Hinsicht - aber kennt keine Sau. Sicher bekomme ich einige Scheiben bei Amazon, andere dagegen muß ich mir als Importkauf besorgen oder komme gar nicht erst ran. Und im Radio oder auf sonst eine Massenmedium läuft das schon gar nicht.
Ich finde es zwar auch schade, daß viele gar nicht wissen, daß es die Band gibt und somit der Musikgeschmack durch Unwissenheit eingeschränkt wird, aber damit werde ich leben müssen.
Klar was ich meine?