@ Settembrini: Ich versteh dich auch. Aber man überzeugt leider niemandem, indem man ihn beleidigt.
Ich glaube auch, dass man selbst die von dir vielgeschmähten "Atmosphäre"-Produkte auf dem deutschen Rollenspielmarkt für GAM-Zwecke ausschlachten kann. Handouts bei Cthulhu z.B., wenn sie nicht nur der Folklore dienen, sondern den Spielern echte Hinweise liefern.
Natürlich kostet es Mühe, eine lineare, "atmosphärische" Kampagne aufzubrechen und einen echten Konflikt draus zu machen. Geht aber. Ich leite z.B. zurzeit "Horror im Orient-Express" und die Kampagen ist sowas von linear, dass ich sie meinen Spielern nicht guten Gewissens zumuten konnte. Die Kampagne sieht vor, dass die Spieler mit dem Orient-Express quer durch Europa reisen, um am Ende in Konstantinopel den zentralen Konflikt zu lösen. Nach dem ersten Abenteuer meinte einer der Spieler, er hätte jetzt so viele Hinweise auf Konstantinopel bekommen, dass er am liebsten sofort mit dem Schiff dorthin reisen wolle, um dort weiter nachzuforschen. Ein paar andere Spieler guckten ganz irritiert (macht er jetzt die Kampagne kaputt?), aber ich reagierte ganz gelassen und meinte: Kein Problem, dass nächste Schiff geht morgen früh um 8 und ist etwa eine Woche später vor Ort.
Sie haben sich dann letztlich doch dafür entschieden, den Zug zu nehmen. Das entscheidende war aber, dass sie problemlos den vorgegebenen Verlauf häten verlassen können, weil ich die Kampagen im Vorfled schon so umgestrickt hatte, dass sie in alle Richtungen spielbar war. Wir haben bisher vier Abenteuer hinter uns und sie sind fast nie dem "default"-Pfad gefolgt. Manchen NSCs sind sie gar nicht begegnet, manche wurden vorzeitig eliminiert. So soll es sein. Denn es ist ihre Kampagne. Und sie haben sich alle gfreut wie die Schneekönige, dass sie es durch kluges Taktieren bisher vermeiden konnten, Charaktere zu verlieren, da sie wissen, dass die Gefahren in meinen Kampagnen immer "real" sind.
Wenn einem an diesem Spielstil gelegen ist, dann kann man ihn nur fördern, indem man selber viel leitet und ein gutes Beispiel gibt. Oder indem man Artikel draüber schreibt, wie man "atmosphärisches" Material nutzbringend umdeutet, so dass es für konfliktreiches Spiel einsetzbar ist. Und indem man sich junge Spieler heranzüchtet, die noch nicht den Kiesow-Brei in den Ohren haben.
Die alten Hasen zu belehren, hat meines Erachtens wenig Aussicht auf Erfolg. Und die Leute zu schmähen wird noch weniger bringen. Der Ton macht die Musik.