Weil es Spaß macht! Wie Arbo schon richtig anmerkte, ist Geld nicht die einzige Motivation, um Arbeit in ein Projekt zu stecken. Und wenn ich schon Arbeit hineinstecke, dann möchte ich auch wahrgenommen werden. Dazu brauche ich dann eine ansprechende Verpackung. Und die erreiche ich eben nur mit einer gedruckten Veröffentlichung.
Warum ist das so? Nun, viele Spieler lassen sich für reine Fan-Projekte nicht begeistern, besonders wenn die Aufmachung eher anspruchslos daherkommt. Bei einer schlechten Verpackung verkauft sich die beste Idee nicht. Die meisten Spieler sind relativ verwöhnte "Augenmenschen"; sie wollen auch durch ein ansprechendes Layout und gute Illus auf ein Spiel eingestimmt werden. Und da beginnt das Problem: Gute Illus kosten Geld. Während man mit etwas Glück noch Autoren findet, die aus reinem Geltungsdrang auch umsonst arbeiten, wird das bei guten Illustratoren nahezu unmöglich. Wenn ich aber als Verlag für die Illus schon zahlen muss, dann ist ein gedrucktes Buch häufig die einzige Möglichkeit, das Geld wieder hereinzuholen. Für ein noch so schön gestaltetes Pdf ist nämlich niemand bereit, auch nur einen Cent hinzulegen. Schließlich will man als Spieler für sein Geld was in der Hand haben.
Meine persönlichen Erfahrungen decken sich mit diesen Überlegungen. Ich bin Hauptautor des Goremound-Quellenbuchs von Arcane Codex, das jetzt frisch rausgekommen ist. Der meiste Fluff in dem Buch stammt von mir; geschrieben habe ich ungefähr 80% des Rohtextes. Die Regelanteile und NSC-Werte stammen zu einem großen Teil von Daniel Weide und wurden von Alex und Saskia, den AC-Herausgebern, entsprechend nachbearbeitet.
In den einschlägigen Foren wird stets als erstes nach der optischen Aufmachung des Buches gefragt bzw. darüber geurteilt; der Inhalt ist fast sekundär. Da kommen dann Zitate wie: "Ich habe das Buch noch nicht nicht gelesen, aber nach dem ersten optischen Eindruck..." Und wenn die Leser über Inhalt diskutieren, dann eher über vermeintliche Fehler bzw. Inkonsistenzen, über Dinge die fehlen oder über Dinge, die einem nicht gefallen haben. Das Buch ist 280 Seiten stark und hat sechs Leute (zwei Autoren, zwei Herausgeber einen Illustrator und einen Layouter) fast ein Jahr lang beschäftigt. Und dann unterhalten sich die Fans darüber, dass sie das Cover nicht so schön finden ("Das soll Koros sein? Den hab ich mir aber anders vorgestellt!"), oder das eine spezifische Regel aus dem Grunderegelwerk im Quellenbuch nicht nochmal explizit wiederholt wurde. Daran sieht man, wie sehr sich manche an Äußerlichkeiten, Nebensächlichkeiten und Schönheitsfehlern hochziehen.
Habe ich etwas anderes erwartet? Ehrlich gesagt nein. Aber es ist dennoch ein sehr befriedigendes Gefühl, ein Buch in der Hand zu halten und sagen zu können: Das ist von mir, das ist mein Baby. Mit Masochismus hat das nichts zu tun. Wen jemandem das Buch nicht gefällt, kann ich gut damit leben. Man kann es ohnehin nie allen Recht machen und sollte das auch gar nicht versuchen. Wenn ich gelobt werden will, darf ich kein Rollenspielbuch schreiben.
Wegen des Geldes habe ich es übrigens bestimmt nicht gemacht, obwohl ich Geld dafür bekommen habe. Der Betrag ist allerdings im Vergleich zu meinem regulären Jahreseinkommen zu vernachlässigen. Ich sehe das Honorar als Aufwandsentschädigung für die Zeit, die ich in das Projekt gesteckt habe. Das Geld bewirkt aber noch etwas anderes: Es erleichtert mir als Autor, das Buch als Auftragsarbeit zu sehen. Einige Dinge, die ich mir überlegt hatte, wurden von den Herausgebern geändert oder gestrichen oder mussten umgearbeitet werden. Das ist für mich okay, denn wenn ich einen kreativen Ego-Tripp fahren möchte, dann darf ich nicht erwarten, dafür auch noch bezahlt zu werden.
Zum Schluss noch ein bisschen BWL-Arithmetik für alle, die es genau wissen wollen: Die übliche Händlermarge im Rollenspielbereich liegt bei 50-55%, ist ein Großhändler dazwischengeschaltet (was die Regel ist), dann erhöht sich die Handelsspanne auf rund 70%. Was heißt das? Das heißt, dass der Verlag von einem Buch, das im Laden ca. 30 Euro kostet, rund 10 Euro bekommt. Davon muss er Autoren, Illustratoren, Druck und Marketing (Fahrtkosten zu Cons, Messestände, Promo-Material wie Poster, Werbung etc.) finanzieren. Dass da bei den eher kleinen Auflagen im Rollenspielbereich nichts übrigbleibt, um die Arbeit der Verleger zu entlohnen, sollte sich jeder ausrechnen können. Tortzdem gibt es Verlage, die das Geschäft wagen. Nicht um reich zu werden. Sondern um ihre Vorstellung von einem gelungenen Produkt zu präsentieren. Darüber sollten die Spieler sich eigentlich freuen, denn ohne diesen Idealismus blieben nicht mehr viele Spiele am Markt übrig.
Fazit: Wer sich als (Rollenspiel-)Autor betätigen will, sollte einen richtigen Job haben, von dem er leben kann. Und wer ein Rollenspiel verlegen will, der sollte ein bisschen Geld mitbringen, um die Druckkosten vorzufinanzieren, sonst wird es nämlich nichts.