Nachdem ich gerade ein Editorial über rundenbasierende Strategiespiele und warum es sie nicht mehr gibt gelesen habe, wurde mir klar, dass man die Thematik TBS vs. RTS im Grunde auch sehr gut auf Pen&Paper übertragen kann.
Jedem sind sicherlich die heftigen Streits aufgefallen, die wir in der letzten Zeit zwischen den Anhängern des klassischen Rollenspiels und den Anhängern des cinematisch-narrativen Rollenspiels hatten. Die Argumente waren in der Regel aber eher vage, was meines Erachtens eindeutig ein Zeichen dafür ist, dass es sich hier nur um Präferenzen und nicht um eine Überlegenheit einer der beiden Techniken handelt. Was haben aber nun Computerspiele mit dem Thema zu tun?
Wir erinnern uns: Die 80er und frühen 90er bescherten uns einige Computerspielperlen, die alle eines gemeinsam hatten: Sie waren rundenbasierend. Der Grund dafür war sehr einfach, die damaligen Systeme waren einfach nicht in der Lage komplexe Sachverhalte in Echtzeit darzustellen. Um den Spielern, aber dennoch einen Anreiz zu bieten, bemühten sich die Entwickler darum ihren Spielen Tiefe zu geben. Eine Tiefe, die natürlich erst einmal mühevoll erschlossen werden muss. Womit wir im Grunde auch schon beim Kern der Geschichte sind: Das Erlernen und Spielen von rundenbasierenden Spielen erfordert Aufwand und Zeit.
Vergleichen wir z.B. ein altes SSI-Rollenspiel wie Death Knights of Krynn mit Baldur's Gate.
In Baldur's Gate hat man Action. Die Spielfiguren auf die Gegner zu, schlagen wild auf sie ein. Grafik und Sound machen das ganze zu einem Erlebnis und nur wenn es einmal zu wild wird, schaltet man in den Rundenmodus, um in Ruhe Befehle erteilen zu können.
Action, ist nicht gerade das was, man bei SSI erwarten darf. Auf einer Karte schiebt man seine Charaktere umher, erteilt ihnen Befehle, die mit einigen kleinen Grafik- und Soundeffekten belohnt werden. Nicht nur, dass das nicht sonderlich aufregend ist, hinzukommt noch, dass solche rundenbasierende Spiele Denkzeit benötigen. Wie beim Schach muss man sich seinen Zug erst einmal genau überlegen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass es nach den Zeitverständnissen des multimedialen Zeitalters ewig dauert (durchaus einige Minuten) bis man einen kompletten Zug gespielt hat.
Die Zeit aber spielt einen wichtigen Faktor im Zuge der Bedürfnisbefriedigung. Der Spieler eines Echtzeitspiels bekommt seine Befriedigung mit minimaler Zeitverzögerung, quasi direkt. Während es bei einem Rundenspiel durchaus mehrere Runden dauern kann, bis man belohnt wird.
Wie lässt sich das nun auf das Rollenspiel übertragen? Die Grundmechanismus ist derselbe. Ein klassisches Rollenspiel erfordert Arbeit, nicht um das Spiel zu erlernen, sondern auch um zu Resultaten im Spiel zu kommen.
Wenn D&D Wushu gegenüberstellen. Wird im obigen Kontext sofort klar, wo der Unterschied liegt.
Bei D&D dauert alles Zeit. Es braucht Zeit um zu Erlernen welche Fähigkeitenkombination und welche Taktikten am Effektivsten sind. Und es braucht Zeit, um diese Effizienz im Kampf umzusetzen. Selbst kurze Kämpfe dauern nicht selten 30min in D&D, epische dagegen können mehrere Sessions dauern.
In Wushu dagegen kriegt man seinen Fix sofort. Kämpfe sind in wenigen Minuten abgewickelt, sie sind durch die Beschreibungen visueller und da man bei Wushu nicht verlieren kann, muss man sich noch nicht einmal Gedanken über taktisches Vorgehen machen.
Wir können hier ganz unterschiedliche Anreize erkennen:
- Der klassische Rollenspieler zieht seinen Spaß aus dem Meistern der Materie
- Der cinematische zieht seinen Spaß aus der Action der Erzählung
Dies macht keine der beiden Spielweisen der anderen per se überlegen, sondern macht sie einfach nur geeigneter für bestimmte Arten von Spielern.
Peach
Ein
P.S.: Was man allerdings wohl einräumen muss: Rollenspiele der klassischen Fasson leiden wohl unter einer Art Inzucht, da sich beinahe exklusiv kommerzielle Anbieter mit dieser Art Spiele beschäftigen, die bekanntlich nicht gerade für Risikobereitschaft bekannt sind. Daher einfach einmal mein Appell an meine werten Kollegen der freien Autorenzunft (und damit auch an mich selbst) schreibt doch mal wieder Rollenspiele für die klassischen Spieler, auch wenn es viel Arbeit kostet. Ich denke es würde belohnt.