Genre kennt jeder: Wir haben die Konventionen und Spielregeln von Genre fast von der Mutterbrust eingesogen, von frühester Kindheit an erlernen wir, wie Genres funktionieren. Bestimmt nicht bewusst, jedoch einfach durch tägliches, wochentliches Konsumieren.
Ich habe lange auf Rollenspiele als Genre-Emulation heruntergeschaut: Ein paar Typen, die an einem niedrigen Tisch unter dem Vorwand eines Spiels mit vielen komischen Würfeln bekannte Szenen in neu erfundetem Kontext nachstellen - Kreativität nach Regeln und aus Erfahrung.
Es ist nichts schlechtes daran. Im Gegenteil: Rollenspiele sind vielleicht eines der einfachsten Medien, um kreativ zu werden. Versteckt unter detailreicher Charaktererschaffung, umfassenden Regelkomplexen und mitreißenden Setttingdetails erschaffen wir Tag zu Tag Erlebniswelten, die auf allgemein bekannten Genres basieren.
Metawelten, die nicht nur Rollenspieler kennen. Vergessen wir für einen Moment doch einmal die Details: Egal was wir spielen, wir bilden Genres nach: High Fantasy mit D&D und DSA, Sword & Sorcery mit "The Riddle of Steel" , Sorcerer & Sword und Conan OGL, Pulp mit Adventure! und Villains und Vigilantes, Horror mit Cthulhu, Kult und UA, Mystery mit Conspiracy X und Dark Matter.
Western mit Dogs in the Vineyard, Dark Epic Fantasy mit Polaris und Shadows of Yesterday. Psychosurrealität im Sinne von William S. Burrroughs und Phillip K. Dick mit Over the Edge, Dystopian Comedy (wie Woody Allens "Der Schläfer") mit Paranoia, Romantic oder Screwball Comedy mit Breaking the Ice.
Wir sind die Meister der Genres - denn wir nutzen deren Regeln und Bilderwelten für unsere eigene kreativen Werke. Hören wir doch auf, uns deswegen klein zu machen: Wir machen Genres erlebbar - und das für ein sehr viel kleineres Budget als Hollywood, Computerspielfirmen oder Fernsehserien: Jeder Rollenspieler kann von einem Tag zu anderen seine Interpretation eines Genres andern näherbringen, ein jeder Rollenspieler kann ein beliebtes Genre zum Leben erwecken und andere direkt daran teilhaben lassen. Oder vergiss den Spielleiter und nimm ihn als Moderator, Regisseur, Schrittmacher: Rollenspiele schaffen uns die Möglichkeit, kreativ zu gestalten, Ideen, Figuren und Vorstellungen in einen gemeinsamen Raum zu stellen und miteinander weiterzuentwickeln.
Und Genres geben uns das Material dazu. Es braucht gar nicht so viel Kreativität, weil wir die Konventionen, Versatzstücke und Spielregeln schon alle verinnerlicht haben. Aber wir müssen doch keine passiven Konsumenten oder überkritische Serienfans sein - wir können das zu unserem eigenen Material machen.
Wir wissen, wie das geht. Dann zeigen wir es doch den Genrefans doch: Du stehst auf Fantasy, SF, Horror, Vorabendserien, Krimis oder Mystery. Dann mach doch mit. Bring dich ein. Setz dich mit ein paar Leuten zusammen, Spielleiter oder nicht, erwecke deine Interpretation des Genres selbst zum Leben und erlebe die Storys direkt selbst, die sonst andere erst aufschreiben, verfilmen oder verprogrammieren müssen.
Keep it simple. Do it now.
Pax.
Tim