Autor Thema: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen  (Gelesen 11645 mal)

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Offline Lord Verminaard

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #25 am: 22.09.2006 | 14:58 »
Ich will Hintergrund nicht vom gemeinsamen Vorstellungsraum (SIS) abgrenzen, im Sinne von Alternativität. Ob die Spieler sich eine Sache alle gemeinsam schon vor Spielbeginn vorstellen oder ob diese Sache einfach so feststeht und später von einem Spieler in den SIS eingeführt wird, ist eine untergeordnete Frage. Entscheidend ist, dass sie schon vor Spielbeginn feststeht und dementsprechend für den Prozess Rollenspiel relevant ist, in dem Sinne, dass es daran kein Vorbei mehr gibt.

Wie ist das jetzt mit Hintergrund, der noch während des Spiels entsteht?

Beispiel A: Dem Spieler fällt irgendwann auf, dass er sich die Herkunft seines Charakters noch gar nicht notiert hat, und holt das nach.

Beispiel B: Die SCs lassen einem NSC eine ziemlich eindeutige Warnung zukommen. Der SL entscheidet daraufhin, dass der NSC das Land verlässt. Die Spieler wissen noch nichts davon.


In Beispiel A kann es keinen Unterschied machen, ob ich diese Sache vor Spielbeginn aufschreibe oder während des Spiels. Entscheidend ist, dass es nicht aus der Interaktion der Spieler, nicht aus dem Prozess Rollenspiel heraus entsteht, sondern festgelegt wird, bevor es mit dem Spiel in Berührung kommt.

In Beispiel B ist die Flucht des NSCs noch kein Teil des SIS. Sie ist aber gleichwohl ein ganz normales Produkt des Prozesses Rollenspiel. Dass der NSC das Land verlassen hat, ist nicht Hintergrund, sondern es ist Resultat des Geschehens am Spieltisch. Unter Hintergrund verstehe ich das, was am Anfang da ist, vor dem ersten Feindkontakt sozusagen. Es geht dabei nicht so sehr um den Zeitpunkt, sondern um den „unberührten“ Zustand.

Ob ein Hintergrundmonopol nötig ist, um Widerspruchsfreiheit zu garantieren? Sicher nicht in dem Sinne, dass nur eine Person die absolute Gewalt über den gesamten Hintergrund hat. Aber schon in dem Sinne, dass es für festgelegte Teile des Hintergrundes jeweils eine festgelegte Autorität gibt. Widersprüchlicher Hintergrund wäre ein Problem.
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Offline Ingo

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #26 am: 22.09.2006 | 15:18 »
Unter Hintergrund verstehe ich das, was am Anfang da ist, vor dem ersten Feindkontakt sozusagen. Es geht dabei nicht so sehr um den Zeitpunkt, sondern um den „unberührten“ Zustand.

Das würde ich nicht als Hintergrund, sondern als Vorgeschichte verstehen, die Teil des Hintergrunds ist. Aber der Hintergrund setzt sich aus mehr zusammen:
aus der Vergangenheit, der Gegenwart und den möglichen Zukunftsversionen (egal ob es nur eine mögliche Zukunft oder mehrere gibt). Der Hintergrund kann durchaus durch die Spieler beeinflußt werden, wenn der Spielleiter dies zuläßt. Es ist also Spielleiterentscheidung ob Ereignisse in den Hintergrund einfließen oder nicht.
Hintergrundgeschichten in der Literatur enden ja auch nicht mit der Vorgeschichte.

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Offline Lord Verminaard

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #27 am: 22.09.2006 | 15:26 »
Definitionsfrage, Ingo. Aus sicht des Rollenspielentwicklers halte ich es für sinnvoll, genau die Trennung zu machen, die ich vorschlage, und mir eben anzugucken, welche Parameter in puncto Hintergrund vor dem Spiel definiert werden können und wie sich das dann auf das Spiel auswirkt. Denn das ist doch meine Arbeit als Entwickler: Parameter zu definieren. Was die Spieler dann damit machen, ist der zweite Schritt.

Ich habe den Eindruck, dass Stefan in eine ähnliche Richtung denkt.
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Offline Merlin Emrys

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #28 am: 22.09.2006 | 15:27 »
Ein paar Fragen die sich für mich jetzt aus dieser Definition ergeben: Darf "Hintergund" im Widerspruch zu SIS Inhalten stehen bzw. Hintergrund zu anderem Hintergund?
Ich würde sagen: Hängt davon ab, wie genau man hinsehen möchte und wie wichtig es den Mitspielern ist.
Wenn der Hintergrund sehr umfangreich und genau festgelegt ist, kann man leicht mal ein Detail übersehen. Beispiel: "Rollenspielhintergrund soll das Universum nach Star Trek s.l. sein." Ich bin mir nicht mal sicher, ob die Serie in sich widerspruchsfrei ist; ich tippe mal auf "eher nicht". Und es könnte sein, dass irgendwann irgendwo mal was festgelegt wurde, was keinem der Mitspieler richtig bewusst geworden ist.
Wenn so etwas dann "herauskommt" bzw. auffällt, ist immer noch die Frage, wie man damit umgeht. Wenn es "frühzeitig" ist (woran immer man das messen mag), kann man eventuell den SIS schnell anpassend und die Anpassung als "rückwirkend" definieren. Wenn es "später" passiert (dito), ist es je nach Gruppe auch denkbar, dass der Widerspruch zur Kenntnis genommen und als eigenes Fakt akzeptiert oder wegdiskutiert wird. Oder man eliminiert den SIS-Teil und kreiert widerspruchsfreie (?) SIS-Elelemte zum Ersatz.
Ganz uferlos wird es, wenn man einen Hintergrund im Fluss hat, d.h. eine laufende Fernsehserie oder so etwas. Dann gibt es u.U. Festlegungen zu etwas, was im SIS aufgrund fehlender Festlegungen bereits anders definiert wurde... Auch dann kann man beispielsweise generalisierend sagen:
"SIS schlägt Hintergrund für alle Festlegungen des SIS."
"SIS schlägt Hintergrund für wichtige, bereits festgelegte Elemente."
"Hintergrund schlägt SIS, ausser für folgende Spezialfälle: ..."
"Hintergrund schlägt SIS grundsätzlich."
Der erste Fall führt zur Auseinanderentwicklung von Hintergrund und SIS, der letzte dazu, dass man auf Dauer immer mehr Dinge rückwirkend neudefinieren oder ständig "von vorn anfangen" muss. Die mittleren beiden Versionen sind nur von der Tendenz her unterschiedlich, aber "leichter spielbar".

Oder eben:
"Es gibt keine Widersprüche."  ;-)

Edit: Beim Nochmal-Lesen fällt mir auf, dass "Hintergrund" bitte immer als "extern vorgegebener Hintergrund" zu verstehen ist, nicht als "gruppenintern festgelegter Hintergrund" oder so. Ich schreib es jetzt nicht an jeder Stelle noch explizit dazu...
« Letzte Änderung: 22.09.2006 | 15:32 von Merlin Emrys »

Offline Dr.Boomslang

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #29 am: 22.09.2006 | 15:38 »
Entscheidend ist, dass es nicht aus der Interaktion der Spieler, nicht aus dem Prozess Rollenspiel heraus entsteht, sondern festgelegt wird, bevor es mit dem Spiel in Berührung kommt.
Was ist "Teil des Spiels"? Was ist "der Prozess Rollenspiel"? Wir erinnern uns an das Lumpley Prinzip: Einigung auf SIS-Inhalte...
Mit anderen Worten etwas ist ersteinmal nicht Teil des Spiels wenn man sich nicht darauf als SIS-Inhalt einigt. Hintergrund ist, in meiner Definition, bereits vor der Einigung darauf explizit vorhanden. Es geht um die Einigung.
Du sagst ja nun selbst, dass der Zeitpunkt unwichtig ist und damit eigentlich auch diese "vor dem Spiel" Sache.

In Beispiel B ist die Flucht des NSCs noch kein Teil des SIS. Sie ist aber gleichwohl ein ganz normales Produkt des Prozesses Rollenspiel. Dass der NSC das Land verlassen hat, ist nicht Hintergrund, sondern es ist Resultat des Geschehens am Spieltisch.
Wenn der SL die Flucht des NSC nicht explizit festhalten würde, wäre es auch nach meiner Definition kein Hintergrund, weil die theoretische Zugänglichkeit nicht besteht. (Warum die bestehen muss ist ersteinmal eine ganz andere Frage, aber darum kümmern wir uns mal später.)
Da der SL sich nur selbst vorstellt dass der NSC geflohen ist, macht es für das Spiel prinzipiell keinen Unterschied, da es in keinem Fall direkte Auswirkungen auf den SIS hat. Erst wenn durch Fakten im SIS klar wird, dass der NSC geflohen ist, wird dieser Vorsatz des SL den Spielern bekannt, aber zu diesem Zeitpunkt muss der Fakt ganz normal angenommen bzw. verhandelt werden, völlig unabhängig vom Vorsatz des SL. Insbesondere kann er jederzeit bevor er diesen Vorsatz tatsächlich im SIS umsetzt einen anderen Vorsatz fassen und diesen umsetzen.

Du sagst, Hintergrund könne grundsätzlich kein Resultat des Geschehens am Spieltisch sein (wenn ich dich richtig verstehe). Allerdings ist normalerweise irgendwie alles Resultat dessen was schon geschehen ist, in dem Sinne das es sich möglicherweise darauf bezieht und damit nicht im Wiederspruch steht.

Beispiel: Sagen wir wir befinden uns in diesem ominösen "vor dem Spiel" Zustand. Die Spieler legen also den Hintergrund fest. Der SL sagt: "Das Ganze spielt in einem alten Königreich. Der König hat sieben wunderschöne Töchter." Fragt der nächste Spieler: "Wie heißen die denn?"...
Wenn der SL jetzt die Frage beantwortet und die Spieler die Antwort hinnehmen, kann das dann schon kein Hintergrund mehr sein, weil das bereits ein "Resultat" dessen ist bzw. auf dem aufbaut was er schon als Hintergrund festgelegt hat, und insbesondere darauf was die Spieler schon als SIS-Inhalt angenommen haben (was implizit durch die Rückfrage angezeigt wird). Alles im SIS baut aufeinander auf.

Ich verstehe schon, dass es dir hier wahrscheinlich darum geht, dass die Spieler noch nicht mit ihren Charakteren gehandelt haben. Aber diese Vorstellung beinhaltet bereits extrem viele Annahmen darüber wie dieses spezielle Spiel überhaupt abläuft. Diese müsstest du wenn überhaupt in deine Definition von Hintergrund mit aufnehmen.


Unter Hintergrund verstehe ich das, was am Anfang da ist, vor dem ersten Feindkontakt sozusagen. Es geht dabei nicht so sehr um den Zeitpunkt, sondern um den „unberührten“ Zustand.
Dieses "unberührt" und diesen "Feindkontakt" müsstest du daher noch definieren. Sonst kommen wir da nicht weiter.

Wenn es dir nur darum geht das zum Festlegen von Hintergrund andere Regeln gelten als für den Rest des Spiels, dann definiere uns doch einfach diese Regeln. Dieses "nicht Teil des Spiels" ist mMn völlig irreführend.

Oder geht es dir tatsächlich darum was "extern" also durch den Autor festgelegt wird und wie das im Spiel auftaucht? Das sind alles ganz verschiedene Dinge...

Offline Ingo

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #30 am: 22.09.2006 | 15:57 »
Definitionsfrage, Ingo.

Ist das nicht alles?

Aus sicht des Rollenspielentwicklers halte ich es für sinnvoll, genau die Trennung zu machen, die ich vorschlage, und mir eben anzugucken, welche Parameter in puncto Hintergrund vor dem Spiel definiert werden können und wie sich das dann auf das Spiel auswirkt.

Aus Sicht des Rollenspielentwicklers halte ich diese Trennung für nicht sinnvoll. Denn ich will ja ein lebendiges und kein statisches Setting, aber auch das ist natürlich Geschmacksache.

Denn das ist doch meine Arbeit als Entwickler: Parameter zu definieren. Was die Spieler dann damit machen, ist der zweite Schritt.

Sehe ich nicht so. Ich möchte eine lebendige Welt anbieten. Ich definiere keine Parameter, sondern ein in sich passendes Gebilde. Da ist Gegenwart und Zukunft ein Teil davon. Aber Du hast Recht: was die Spieler damit machen ist etwas anderes.

Trotzdem sagt das Wort Hintergrund ja schon, daß es um die Geschichte dahinter und nicht davor geht. Und da halte ich mich an die Literatur. Eine Hintergrundgeschichte hört eben nicht dort auf, wo die Spieler (die Protagonisten) beginnen, sondern sie geht weiter.

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Offline Lord Verminaard

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #31 am: 22.09.2006 | 16:47 »
Leute, ihr macht mir Kopfschmerzen.

Ich will mich nicht mit 1001 Nebenkriegsschauplätzen aufhalten darüber, ob es jetzt „theoretisch“ oder „praktisch“ relevant ist, was der SL denkt, solange er es noch nicht gesagt hat, oder ob es einen Unterschied macht, ob ich meine Vorgeschichte mit dem SL diskutiere oder nicht, oder ob ich das Wort „Hintergrund“ für das benutzen darf, über das ich gerne reden möchte, oder ob ich vorher erst einen Krieg mit allen anderen ausfechten muss, die das Wort gerne auch noch für was anderes benutzen möchten.

Also schön, ich versuche es noch mal ganz von vorne. Der Kern dessen, worüber ich reden möchte, ist dies:

Rollenspiel fängt nicht im luftleeren Raum an. Bevor man das Spiel beginnt, legt man eine Reihe von Dingen zugrunde. Z.B. die Regeln, nach denen man spielen wird. Und z.B. ein paar fiktive Umstände, die bereits feststehen. Dass das Spiel sich in einer Welt namens Pyramos ereignen soll, in der ein Waldvolk lebt, das eine Schrift mit 22 mal 22 Zeichen hat. Oder dass Jostik der Gaukler in einem Zahori-Wagen auf der Straße nach Grangor geboren wurde. Oder dass der Sire von Raymond, dem Brujah, ein spanischer-maurischer Medicus der 6. Generation gewesen ist. Oder dass die Tochter des Bürgermeisters von dem Großbauern Maximus entführt wurde, der in Wirklichkeit ein Werwolf ist.

Diese Dinge möchte ich gerne Hintergrund nennen.

Vielleicht sollte man hier in der Tat auch die Dinge hinein nehmen, die die Gruppe gemeinsam festlegt, im Gegensatz zum Spielautor/Abenteuerautor/SL/einzelnen Spieler. Allerdings braucht man dann eine Abgrenzung zum eigentlichen Spiel. Ist die Gruppe jetzt noch dabei, sich auf den Hintergrund zu einigen, oder spielt sie schon? Vorschlag: Solange in der Fiktion keine Szene stattfindet, also niemand „jetzt gerade“ handelt, wird noch Hintergrund gemacht. Sobald jemand „jetzt gerade“ handelt, beginnt das Spielgeschehen. Okay?

Wenn jetzt das Spielgeschehen beginnt, verändert sich natürlich auch der Hintergrund als Konsequenz daraus. Das ist alles super aber überhaupt nicht das, worüber ich eigentlich reden will, und ich glaube Stefan auch nicht. Denn darüber ist schon genug geredet worden.

Mich interessiert gerade das, was vor dem Spielgeschehen da ist. Der Ausgangspunkt, sozusagen. Da ist für mich die erste wichtige Feststellung: Es ist nicht erforderlich, dass sich alle Spieler auf den gesamten Hintergrund einigen. Es reicht, dass etwas in einem Quellenbuch oder im Abenteuer oder auf dem Charakterbogen steht und man davon ausgehen kann, dass die Gruppe es deshalb akzeptieren wird, wenn es aufgebracht wird.

Ob es reicht, dass der SL es sich bereits vorstellt, es aber nirgends aufgeschrieben hat, und man trotzdem davon ausgehen kann, dass die Gruppe es akzeptieren wird? Interessante Frage, aber ein Nebenkriegsschauplatz, deswegen lasst uns das bitte, bitte nicht breittreten.

Was den vor dem Spiel feststehenden Ausgangspunkt (für mich: „Hintergrund“) angeht, so kann man z.B. folgendes differenzieren:

1) Den globalen Hintergrund, landläufig Setting oder auch Welt genannt.
2) Den punktuellen Hintergrund, landläufig Abenteuer oder Vorgeschichte genannt.

Man kann auch, wie Stefan es gemacht hat, Ebenen differenzieren, auf denen sich Spielercharaktere bewegen (sozial, geographisch, chronologisch etc.). Man kann den Grad an Detail in verschiedenen Bereichen betrachten. Man kann sich anschauen, wo es Gestaltungsfreiheiten für die Gruppe gibt und wo nicht.

Dann kann man sich Regeln im Zusammenhang mit Hintergrund anschauen. Regeln dafür, wie Hintergrund erstellt wird. Vom SL (wie die Town Creation Rules von Dogs in the Vineyard oder Challenge Ratings bei D&D). Von den Spielern (wie der Kicker in Sorcerer oder jede stinknormale Charaktererschaffung). Und man kann sich anschauen, wie unterschiedliche Herangehensweisen an Hintergrund das Spielgeschehen beeinflussen. Zu diesen ganzen Fragen könnte ich glatt fünf neue Threads aufmachen, wenn ich Zeit hätte. Aber ich habe keine Zeit. :-\

Und wenn man sich das alles anguckt, dann macht man das doch zweckmäßig aus Sicht des Spielentwicklers. Welche Stellschrauben habe ich als Entwickler, um das Spielerlebnis der Gruppe über den Hintergrund (vorgegebener Hintergrund, Regeln oder Tipps für Hintergrunderschaffung) zu beeinflussen?

Mich persönlich interessiert dabei vor allem das vom Entwickler vorgegebene Setting („die Welt“). Was für Stellschrauben habe ich da, die das Spielerlebnis beeinflussen? Ich mache ja schließlich nicht einfach „eine Welt“, sondern ich mache eine Zutat für ein Rollenspiel.
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Offline Dr.Boomslang

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #32 am: 22.09.2006 | 17:18 »
Rollenspiel fängt nicht im luftleeren Raum an. Bevor man das Spiel beginnt, legt man eine Reihe von Dingen zugrunde. Z.B. die Regeln, nach denen man spielen wird. Und z.B. ein paar fiktive Umstände, die bereits feststehen.
Wie du schon sagst ist es natürlich egal ob die fiktiven Dinge jetzt "einfach so feststehen" (was natürlich eigentlich nicht geht, aber lassen wir das mal so stehen, weils ja egal ist), oder ob man sich bereits im Spiel darauf einigt bzw. ob diese Festlegung bereits Teil des Spiels ist.
In jeden Fall ist es nun Teil des SIS und die Spieler handeln auf dieser Grundlage.

Dass das Spiel sich in einer Welt namens Pyramos ereignen soll, in der ein Waldvolk lebt, das eine Schrift mit 22 mal 22 Zeichen hat. Oder dass Jostik der Gaukler in einem Zahori-Wagen auf der Straße nach Grangor geboren wurde. Oder dass der Sire von Raymond, dem Brujah, ein spanischer-maurischer Medicus der 6. Generation gewesen ist. Oder dass die Tochter des Bürgermeisters von dem Großbauern Maximus entführt wurde, der in Wirklichkeit ein Werwolf ist.

Diese Dinge möchte ich gerne Hintergrund nennen.
Was ich nur immer noch nicht verstehe, und ich sage das nicht nur einfach so, ich verstehe es wirklich nicht, ist was diese Dinge die du Hintergund nennst so besonders macht.

Vorschlag: Solange in der Fiktion keine Szene stattfindet, also niemand „jetzt gerade“ handelt, wird noch Hintergrund gemacht. Sobald jemand „jetzt gerade“ handelt, beginnt das Spielgeschehen.
Aha. Das verwirrt mich jetzt zwar wieder, weil ich dachte es ginge dir nun doch darum wie der Autor des Spiels durch fiktionale Vorgaben das Spiel beeinflussen kann. Jetzt geht es plötzlich wieder um die Art wie der Hintergrund geschaffen wurde, aber ok.
Aber bevor ich dich jetzt zwinge zu definieren wie man "jetzt grade" von irgendwas anderem unterscheidet (ich will dir ja nicht noch mehr Kopfschmerzen machen und auch endlich zum eigentlichen Thema kommen), behaupte ich dass es garnicht darauf ankommt ob jemand "jetzt grade" handelt oder irgend sowas. Es geht hier eigentlich darum, dass andere Regeln gelten. Daran wäre auch das vorher und nachher festzumachen. Jetzt gelten die Regeln: "Freie Diskussion" und ab jetzt gelten die Regeln "Macht der Charakter Handlung A muss er auf Wert X würfeln."
Das ist beides im Spiel, nur nach anderen Regeln. Ist es das was du meinst?


Es reicht, dass etwas in einem Quellenbuch oder im Abenteuer oder auf dem Charakterbogen steht und man davon ausgehen kann, dass die Gruppe es deshalb akzeptieren wird, wenn es aufgebracht wird.
Das würde wiederum genau das sein was ich mit meiner Definition oben meinte. Aber hierbei ist dann wieder "vor" und "nach" dem Spiel genauso wie "vom Autor" und "von den Spielern" irrellevant.


Mich persönlich interessiert dabei vor allem das vom Entwickler vorgegebene Setting („die Welt“).
Das wäre wieder die Unterscheidung "vom Autor" - "von den Spielern". Worum geht es jatzt wirklich? Oder um welche Kombination davon?
Das wären alles Themen über die man sich unterhalten könnte, nur weiß ich ehrlich nicht welches du wirklich meinst.

Offline Lord Verminaard

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #33 am: 22.09.2006 | 18:01 »
Boomslang, irgendwie kann ich nicht mit dir über Rollenspieltheorie diskutieren. Ich habe immer das Gefühl, dass wir total aneinander vorbei reden. Ich verstehe einfach nie, worauf du hinaus willst. Ich glaube, du willst auf gar nichts hinaus, sondern nur verstehen, was ich meine. Aber statt dessen machst du es in der Regel so kompliziert, dass ich selber nicht mehr verstehe, was ich meine.

Erstens: Du hast recht, ich habe zwischendurch meinen Standpunkt, was „gruppenverhandeltes“ angeht, geändert.

Zweitens: Du schreibst mir viel zu Forge-denkig. Die Forge vernachlässigt Hintergrund in ihren Theorien sträflich, deswegen kommt man hier mit Forge-Denke auch nur bedingt weit.

Drittens: Was ich sage, ist:

A) Es gibt Hintergrund, der vor dem „Spiel“ (was immer das ist) etabliert ist.

B) Ein Teil dieses Hintergrundes wird vom Autor in Form von Setting vorgegeben, und der interessiert mich besonders.

Du fragst: Also was ist denn nun Hintergrund, A) oder was? Ich dachte, du wolltest über B) reden? Ja, und ja! A) ist Hintergrund, und über B) möchte ich (im besonderen) reden. Es macht aber nur bedingt Sinn, ganz isoliert über B) zu reden oder gar B) isoliert als Hintergrund zu definieren. Nimm zum Beispiel Vampire: Es macht keinen Sinn, sich die Clans anzuschauen, ohne in Betracht zu ziehen, dass der Spieler aus diesen Clans seinen Charakter wählen muss. Wären die Charaktere Ghule oder Vampirjäger, hätten die Clans eine ganz andere Funktion und Bedeutung für das Spiel.

Zitat
Jetzt gelten die Regeln: "Freie Diskussion" und ab jetzt gelten die Regeln "Macht der Charakter Handlung A muss er auf Wert X würfeln."
Das ist beides im Spiel, nur nach anderen Regeln. Ist es das was du meinst?

Nein, das hat mit dem, was ich meine, überhaupt nichts zu tun. Wirklich. Ich habe keine Ahnung, wie du darauf kommst.

Müssen wir uns jetzt wirklich in der Abgrenzung von „noch Hintergrund“ und „schon Spiel“ festbeißen? Sind meine Beispiele wirklich so unanschaulich? Wo ist der praktische Nutzen in einer haarfeinen Abgrenzung?
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Offline Dr.Boomslang

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #34 am: 22.09.2006 | 18:56 »
Du traust mir nicht zu die Eigenschaften zu kombinieren? Nichts leichter als das ;)

Hintergrund ist SIS-Inhalt oder (nicht exklusives oder) explizit festgehaltener fiktionaler Inhalt, der noch nicht Teil des SIS ist. (die explizit-festhalten-Sache)
Diese Inhalte müssen von den Spielern durch ein informelles System (im wesentlichen wohl Diskussion) angenommen worden sein, bevor das eigentliche Spielsystem zur Anwendung kommt. (die Vorher-Nacher-Sache)
Dies kann im Speziellen durch externe Vorgaben geschehen (die Autoren-Sache), aber auch durch das informelle System selbst. (Diskussion, Hintergrund durch die Spieler)

Ist es das?

Offline Dom

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #35 am: 22.09.2006 | 22:26 »
Ich versuche mal, vermittelnd einzugreifen. Boomslang betrachtet vor allem die Frage, wie der Hintergrund ins Spiel gelangt und fragt, wo der Unterschied zwischen Hintergrund und "normalen" Spielinhalten ist. Er sieht letztendlich die Einigung auf Spielinhalte ganz abstrakt und findet daher nicht wirklich den Unterschied zwischen Hintergrund und anderen Spielinhalten, denn auf alles müssen sich die Spieler irgendwie einigen. Was Frank als "vorher" bezeichnet, sieht Boomslang also auch als Einigung auf Spielinhalte an -- allerdings nach anderen Regeln (z.B. legt der SL das fest oder es steht eben in irgendeinem Buch). Von diesem Standpunkt her betrachtet ist zwischen Hintergrund und Vordergrund (ich nenne einfach mal den nicht-Hintergrund so) eigentlich kein wirklicher Unterschied. Sieht man die ganze Sache aber so, dann kann man tatsächlich fragen: Wann beginnt Rollenspiel eigentlich? Bei der Auswahl des Spieles?

Frank und Stefan hingegen möchten nicht so sehr auf das "Wie kann man Hintergrund vom Vordergrund abgrenzen" eingehen, sondern über den Hintergrund selber reden. Wie kann man den Hintergrund einteilen? Was kann ein Autor durch Hintergrund bewirken? Wie kann man den Hintergrund präsentieren?

Über letzteres zu reden ist natürlich schwierig, wenn man nicht genau sagen kann, was Hintergrund überhaupt ist. Üblicherweise einigen sich die Spieler vor dem "eigentlichen Spiel" auf das, was man landläufig als Hintergrund bezeichnet. Teilweise gibt es dazu besondere Regeln in den Spielen (z.B. bei Universalis oder auch bei Dogs; auch werden während der Charaktererschaffung oft Teile des Hintergrundes kreiert), das meiste wird aber in der Gruppe frei verhandelt (indem man sich z.B. auf ein bestimmtes Spiel oder ein Quellenbuch einigt). Leider ist es nicht wirklich einfach, zu entscheiden, wo der Unterschied zwischen Hintergrund und Vordergrund ist. Wahrscheinlich können fiktionale Elemente auch ihren Status ändern, aber das ist glaube ich ein anderes Thema. Ich fürchte nur, dass wir da niemals auf eine vernünfitge Einigung kommen werden.

Daher wäre es doch am einfachsten, über fiktionale Inhalte als Hintergrund zu reden, die
a) vom Autor vorgegebenen sind bzw.
b) von den Spielern durch vom Autor vorgegebene Hintergrund-Erschaffungsregeln generiert wurden.
Denn das sind genau die Inhalte, die der Autor beeinflussen kann und so aus der Sicht des Rollenspiel-Schreibens spannend sind.

Dom

Offline 1of3

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #36 am: 22.09.2006 | 23:17 »
Also für mich ist "außerhalb des eigentlichen Spiels" eine hinreichend klare Angabe und ich nehme an, dass es den allermeisten Rollenspielern genauso gilt.

Offline Dr.Boomslang

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #37 am: 23.09.2006 | 13:38 »
Dom du verstehst mich mal wieder, vielleicht sollte ich dich immer für mich dolmatchen lassen ;D
Und ich vermute, das was du vorschlägst ist auch genau das worüber Frank reden möchte, ich bin mir aber nicht sicher ob es auch genau das ist worüber Stefan reden möchte.
Und falls das so ist, verstehe ich auch nicht warum sie das nicht gleich gesagt haben, denn den gleichen Vorschlag habe ich schon in meinem dritten Post in diesem Thread gemacht.

Wenn es nicht um Abgrenzung von Hintergrund gehen soll, warum dann drauf rumreiten, ich bin der letzte der drauf besteht.

Stefan, klar kann sich jeder vorstellen was du mit "außerhalb des Spiels" oder "vor dem Spiel" meinst, ich auch, aber hier ging es um Definition und deren Nutzen.
Ich verstehe was du mit "vor dem Spiel" meinen könntest, und hätte das natürlich auch einfach hinnehmen können. Trotzdem hätte ich dann nie verstanden was an Hintergrund denn nun so besonderes ist.
Meine Sichtweise ist die: Wenn das einzige definierende Merkmal von Hintergrund ein beliebiger, willkürlicher Zeitpunkt ist, was kann dann so tolles daran sein dass es für das Spiel plötzlich eine spezielle Bedeutung gewinnt?
Ich reite nicht auf den Definitionen rum weil ich euch Kopfschmerzen machen will. Ich versuche eigentlich nur herauszuarbeiten was wirklich von Bedeutung ist. Klar kann man mit "vor dem Spiel" irgendeine Abgrenzung treffen. Doch was bringt das? Das ist doch die unmittelbare Frage.
Ich habe versucht mich selbst zu fragen was dieses Wichtige eigentlich ist indem ich mir vorstelle was "vor dem Spiel" eigentlich "für das Spiel" anders ist. Und da fällt mir sofort auf dass es mit Sicherheit nicht der Zeitpunkt oder die Reihenfolge ist in der man bestimmte fiktionale Dinge festlegt, wie es deine Eingangsdefinition suggeriert.

Wenn es für die Diskussion besser ist dann halte ich mich aber natürlich auch gerne raus, kein Problem, hättet ihr gleich sagen können, dass ich in die völlig falsche Richting gehe.
Ich gucke auch gerne zu was ihr dann rausfindet und was ich damit anfangen kann. :)

Offline Lord Verminaard

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #38 am: 24.09.2006 | 12:37 »
Danke, Dom. :)

Genau das hier:

Zitat
Von diesem Standpunkt her betrachtet ist zwischen Hintergrund und Vordergrund (ich nenne einfach mal den nicht-Hintergrund so) eigentlich kein wirklicher Unterschied.

Ist genau das Problem mit Forge-Denke und Hintergrund, das ich ansprach. Der Forgite sagt: "Hintergrund, so what? Ist doch alles nur Verhandlungsprozess! Lass uns lieber wieder über System reden."

Und genau das ist der Fehler. Genau das ist das Problem. Und das kriegt man auch nicht mehr rein bei denen. Ich habe da schon ein paar frustrierende Diskussionen auf der Forge gehabt.
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wjassula

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #39 am: 24.09.2006 | 12:58 »
Frank,

kann es sein, dass du lieber darüber sprechen möchtest, wie man beim Design einen guten Hintergund hinbekommt? Also einen der Designziel X unterstützt? Find ich gut (und auch interessanter als die Frage, was Hintergrund so an und für sich ist), aber dann wäre es vielleicht einfacher, einfach mal ein Designziel oder ein Spielgefühl vorzugeben oder irgendwie mit einem Beispiel zu arbeiten - Actual Play halt  :). Von diesem Rumgeier im luftleeren Raum krieg ich auch Kopfschmerzen. Oder hab ich  dich schon wieder falsch verstanden?

Joe Dizzy

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #40 am: 24.09.2006 | 13:08 »
Ist genau das Problem mit Forge-Denke und Hintergrund, das ich ansprach. Der Forgite sagt: "Hintergrund, so what? Ist doch alles nur Verhandlungsprozess! Lass uns lieber wieder über System reden."

Das hat weniger mit "Forge-Denke" zu tun, als mit der Vorliebe vieler Menschen die eigene Sichtweise als die einzig vernünftige, normale und legitime anzusehen, bzw. diese Dinge bei anderen Sichtweisen erst einmal anzuzweifeln.

Es wäre unfair so ein Verhalten allein den Forge-postern/-lesern zu zu schreiben.

Offline Lord Verminaard

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #41 am: 24.09.2006 | 13:32 »
Hi Jasper,

ich würde es lieber umgekehrt angehen! Also: Was für Wege gibt es, Hintergrund in ein Rollenspiel zu packen, und zu welcher Spielweise/welchem Spielgefühl führt das! Ich habe eher das Gefühl, im luftleeren Raum zu hängen, wenn ich zuerst das Spielgefühl beschreiben soll, abstrakt vom Hintergrund. Da fällt man als Forge-Verdorbener dann fast automatisch in GNS zurück, und genau das will ich nicht.
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Offline Hr. Rabe

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #42 am: 25.09.2006 | 09:28 »
So, nun geb ich auch noch meinen Senf dazu.

Wenn ich dich richtig verstanden habe, Frank, dann möchtest du die Frage ,,Wie schreibe ich einen Rollenspielhintergrund der rockt'' klären und theoretisch erörtern.
Nur leider glaube ich, daß man da so global wenig dazu sagen kann. Ich habe darüber auch schon öfter nachgedacht, denn ---meine Meinung--- ein gutes System (hier als Ansammlung explitziter Mechanismen zur Inhaltsverhandlung zu verstehen) schreiben oder die Möglichkeiten dazu auszuloten ist im Vergleich nicht all zu schwer. Man nehme Werkzeug X, halte sich an Anleitung Y und Z und behalte dabei sein Ziel ABC im Blick. Ein paar Testspiele und Stochastikrechnungen später ist man meist etwa da, wo man hin will.
Hintergrund oder Setting ist im Vergleich dazu eher 'freie Kunst'. Man kann einzelne Techniken sowie deren Vorzüge und Nachteile diskutieren aber letztendlich bleibt das entscheidende Kriterium die zündende Idee eines Autors und ob mich diese anspricht. Die Umsetzung mag wichtig sein, ist aber erst sekundär interresant.

Um das ganze ein wenig darzulegen, ziehe ich einfach mal eine dreiste Analogie zur Musik.
Es gab mal eine Zeit, da haben sich schlaue Menschen überlegt, was es denn ist, was aus willkürlich aneinandergereiten Tönen etwas macht, was man gerne hört und was einen emotional berührt.
Die haben dann so Sachen herrausgefunden wie: Eine Tonleiter mit zwölf Tönen klingt ziemlich cool; Wenn man einen Grundton, eine Terz und eine Quinte gleichzeitig spielt, klingt das ja auch schonmal nicht schlecht und wenn man die Terz entweder mit 4 oder 5 Halbtönen Abstand zum Grundton spielt, kann man ja ziemlich cool die Stimmung eines Stückes beeinflußen; oder aber: Die meisten Stücke die irgendwie rocken haben entweder einen 4/4 oder einen 3/4 Takt.
Dann kamen andere Leute, wie der werte Herr Johann Sebastian und haben absichtlich Dinge 'falsch' gemacht (zum Beispiel Septimen oder Quarten in die Akorde eingebaut) und die Stücke haben um so mehr gerockt. Andere wiederum fanden das doof und überhapt, das ist ja noch nichtmal nah den Regeln.
Später haben sich Leute 'Take Five' genannt und die heilige Regel des Taktes gebrochen. Wieder gab es Leute die das für die Offenbarung hielten und solche, die damit überhaupt nichts anfangen konnten.
usw. usf.
Heute haben wir viele Technicken und Schemata, nach denen man Musik aufbauen kann und immernoch mindestens genausoviele Musiker, die sich nicht daran halten und trozdem (oder gerade deshalb) absolut rocken. Weiterhin gibt es mindestens doppeltsoviele Meinung darüber, was gut oder schlecht, cool oder doof ist.

Will man das ganze theoretisch und abstrakt betrachten, kann man das Ganze lediglich unter dem Leitsatz ,,Musik muß lebendig sein'' zusammenfassen. Alles was weiter ins Detail geht, verliert sich innerhalb von Sekunden in Bedeutungslosigkeit.

Ziemlich genau so, verhält es sich meiner Meinung nach mit dem Design von Settings und Rollenspielhintergründen.
Was man aber machen kann, ist sich Hintergründe anzuschauen, die wirklich rocken und diese zu analysieren, um daraus Technicken oder Bauregeln zu extrahieren.
Also Frank. Irgendein Vorschlag? Welcher Rollenspielhintergrund fetzt deiner Meinung nach so richtig und warum. ;)

Gruß,
Josh
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Offline Dom

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #43 am: 25.09.2006 | 09:55 »
Nichtsdestotrotz kann man Vergleiche zwischen Hintergründen ziehen, sie, wie 1of3 anfangs gemacht hat, in verschiedene Ansätze unterteilen usw. Zwischen Rock und HipHop bestehet ja auch ein Unterschied ;)

Darüberhinaus finde ich persönlich auch Regeln zur Hintergrund-Generierung spannend (z.B. die Town Creation Rules von Dogs, oder auch die Schiffs-Generierung von Randpatroullie). Was wird damit erreicht?

Gedanken habe ich mir in diese Richtung allerdings keine gemacht (ich weiß, ich bin böse).

Dom

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #44 am: 25.09.2006 | 10:20 »
Nichtsdestotrotz kann man Vergleiche zwischen Hintergründen ziehen, sie, wie 1of3 anfangs gemacht hat, in verschiedene Ansätze unterteilen usw. Zwischen Rock und HipHop bestehet ja auch ein Unterschied ;)

In etwa das (und die Aussage, daß eine abstakte Betrachtung des ganzen Themas nichts bringt) war meine Intension.  ;D

Aber ich glaube, um einzelne Settings/Hintergründe dann zu zerlegen ist ein neuer Thread pro Setting vieleicht besser als hier...  ;)
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Offline Purzel

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Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #45 am: 25.09.2006 | 14:24 »
Welche Methoden gibt es, um zu einem Rollenspiel einen Hintergrund zu erschaffen! Mal sehen, etwas Brainstorming meinerseits dazu, Sachen die ich dazu schonmal ausprobiert habe:

Sehr beliebt ist sicher das Duet "Top down" (mit den grossen Zusammenhängen beginnen) oder "Bottom up" (zunächst nur die Startregion erdenken, später erweitern), um sich einen Hintergrund zu erschaffen.

Meine eigene, einzigste Erfahrung in Sachen Hintergrund-Erschaffung

Sehr gute Erfahrungen machte ich mit Würfellisten, mit denen man für die "Top down"-Methode einfach mal ein paar Fakten zusammenwerfen kann, vor allen für ein wenig Historie. Ausgehend von einer zufällig erwürfelten Liste von chronologischen Daten konnten wir Sinn und Zusammenhang frei dazu erfinden.
   Zusammen mit Dom erschuf ich da mal eine arktische Spielwelt, von der wir nach ein paar Stunden wussten, welche Kriege, Naturkatastrophen und politischen Umwälzungen es in den letzten 1000 Jahren gegeben hatte, und wie die bestehende Situation zustande kam, und welche Konflikte vielleicht noch weiterschwelten.

Als Quellenmaterial für Ideen verwendeten wir zudem das D&D Monster Manual, um herauszufinden, welche Rassen es nun gab, und welche definitiv nicht. Meine GURPS Quellenbücher halfen uns in Sachen Religion sehr gut, aber auch im Festlegen der Magie der Spielwelt, da wir einfach ein paar Listen abklappern konnten, und uns sicher waren grundsätzlich nichts Entscheidenes vergessen zu haben. Solche Listen geben einem das Gefühl von "Vollständigkeit", wenn sie durchgeackert wurden.

Wie genau nun einzelne Teile der erschaffenen Spielwelt im Detail funktionieren sollten, explorierten wir im tatsächlichen Spiel. Ich z.B. beschäftigte mich als SL mit der Art und Weise wie Prophezeiungen und Dämonen funktionieren, Dom brachte als SL ins Spiel, dass eine alte religiöse Sekte wieder versuchte Fuss im Land zu fassen.

Ebenso erschufen wir unsere SCs absichtlich mit einem ausführlichen Hintergrund, um so noch weitere Elemente in diese Spielwelt hineinzubringen. Ich z.B. erdachte mir einen Heiler, dem seine Lizenz zum Heilen entzogen worden war, weil er sich über Gebühr an hilfesuchenden Bürgern bereichert hatte. Damit hatten wir zusätzlich die Heiler-Gilde im Spiel.

Erzeugtes Spielgefühl

Uff, da muss ich nochmal drüber nachdenken. Ich hatte schon damals die Angewohnheit alles mitzuschreiben, vielleicht finde ich diese Notizen noch.
   Aber im Grunde genommen bestand das Spiel aus den klassischen Elementen im bunten Mix: Welt explorieren, Abenteuer lösen, Charakter ausspielen, eine Story aus den losen Fäden knüpfen. Es war nix dolles, aber wir hatten genügend Hintergrundwissen, um uns wie junge Menschen aus dem Setting zu fühlen.
   Und aus SL-Sicht hatten wir eine Menge verschiedener Plothooks angelegt, Sachen, die man in dem Hintergrund hätte machen können (Wollnashörner jagen, auf Rentieren marodierende Orks an der Grenze zurückschlagen, mit den Naturgeistern reden, Intrigen und Ränkespiele zwischen den Adeligen etc.)

Ein richtiges Oberthema (eine Issue) hatten wir uns nicht vorgenommen, ausser dass das Setting schweinekalt, karg und ziemlich menschenleer sein sollte. Es gab keine akuten äusseren Bedrohungen, sondern die Probleme erwuchsen aus den Handlungen der Mitbürger.

Ansonsten fehlt mir schlicht die Erfahrung mit einer gründlichen Hintergrund-Erschaffung, wo der Hintergrund auch mal bespielt wurde.