Also ... die Ansprüche im Eingangsposting halte ich – gelinde gesagt – für ziemlich überzogen; zumindest, wenn sie auf andere RPG-Gruppen generalisiert werden sollen (was ja das Anliegen des Eingangpostings war).
Sicherlich wird ein bestimmter „Bodensatz“ an Mathematik von Nöten sein. Ich kenne Leute mit Realschulabschluss und solider Berufsausbildung, die können manche andere Abiturienten oder Studenten in Sachen Wissen durchaus das Wasser reichen bzw. sind sie es, die dann den Rettungsring werfen. Insofern halte ich das hier zum Teil auch für eine ziemlich seltsame „Bildungsklassendiskussion“.
Abgesehen davon hat Sven weiter oben m.E. gut dargestellt, um was es beim Rollenspiel eigentlich geht. Die meisten, die sich in dieser Hinsicht echauffieren, scheinen mir u.a. nicht zu verstehen, dass Wahrscheinlichkeit nur eine
Black-Box für den Zufall ist! Wer da was im Spiel (!) „berechnen“ will, hat grundsätzlich nicht verstanden, was es mit dem Würfel auf sich hat (wenn der „Zufall“ antizipiert ist, ist er ja kein Zufall mehr). Was die Berechnung von Flächen betrifft: Meine Güte, wo braucht man das denn im Rollenspiel? Fallgeschwindigkeiten? Geht’s noch?
Ich meine, wenn das solche Extreme annimmt, würde ich mir mal langsam überlegen, wieder unter normale Leute zu gehen und vernünftige Musik zu hören. Dann klappts auch wieder mit dem Rest!
(Frei nach Motiven von K. Beck)
Außerdem: Wie soll ich denn mit „Kleinkindern“ bzw. Heranwachsenden im Rollenspiel umgehen? Soll ich denen aufgrund einer „verkorksten“ Sichtweise das Rollenspiel versauen, denen sämtliches Maß an Fantasie gleich im Vorfeld zerstören? Der Geist ist frei, aber nicht im Rollenspiel, oder was?
Wie auch immer: Über den ganzen Mathe- und Physikkram werden im Rollenspiel auch ganz andere Sachen sträflichst vernachlässigt. Und Sven führte ebenso so richtig aus, dass Gesellschafts- und Sozialwissenschaften ein durchaus vielleicht gewichtigeres Maß an rollenspielrelevanten Sachverhalten beinhalten. Wenn ich mir bspw. das „allgemeine“ Grundverständnis zu Kulturen, Wirtschaft und Politik anschaue, könnte ich sicherlich auch eine ganze Menge an Kritikpunkten anbringen.
Der Punkt ist aber, und darauf hat Eulenspiegel m.E. als Erster weiter oben richtig verwiesen: Auch Lernen bildet einen bestimmten Bestandteil im Rollenspiel, der für Spielfreude sorgt. Ich als SL verlass' mich in manchen Wissens-Bereichen sehr gerne auf meine Spieler, auch im Spiel. Das ist integrativer Bestandteil meines SL-Stils. Wenn jeder das gleiche „Level“ besäße, wäre das a) so nicht möglich und b) würde es sicher auch weniger Spaß machen.
Darüber hinaus – um einen eingangs erwähnten Punkt aufzugreifen – finde ich es auch immer etwas seltsam, bei Unverständniss immer den anderen die Schuld zuzuweisen. Einmal spielt dabei ein gewisses Maß an „Voreingenommenheit“ eine Rolle, das oftmals auch gar nicht mal gerechtfertigt ist. Andererseits könnte man ein aufkommendes Unverständnis vielleicht auch zum Anlass nehmen, mal darüber nachzudenken, was man selbst (!) an seiner eigenen (!) Wissensvermittlung / Darstellung anders oder besser machen kann. Denn eines ersetzen weder Physik noch Mathe oder eine andere Naturwissenschaft:
Empathie und ein Mindestmaß „Umgang“ miteinander. Wer letzteres aufbringen kann, wird i.d.R. auch mit anderen Problemen (z.B. den erwähnten Wissensdefiziten) fertigt werden.
(Und übrigens ist genau das auch ein Grund für Svens Einwand, warum man aus anderen Wissensgebieten so unheimlich viel mehr „ernten“ kann, als von Mathe und Co. .)
-gruß,
Arbo