Das hier habe ich grade in den Blog getan, aber hier findets vielleicht auch Leser:
Soweit so gut, hab ich mir das zur Entspannung der Lernarbeit mal angehört und mir so meine Notizen gemacht als ich die halbe Stunde in meiner Studentenbude herumlief.
Zunächst einmal ist da seine Erklärung von Horror im Rollenspiel, wo ich meine zwischen den Zeilen gehört zu haben, dass man als Spieler eher reaktiv, also auch viel zuhörend ist. Ich glaube aber nicht, dass er das so gemeint hat sondern, dass ich mir eher gedacht habe: reaktiv und zuhörend sollte es aber nicht sein. Wir spielen ja ein Gesellschaftsspiel, jeder nimmt Teil. Das heißt, die SCe die ganze Zeit aktiv zu halten. Das ist nicht schwer als SL sondern im Gegenteil eher leicht. In der von ihm vorgeschlagenen Szenerie des verlassenen Krankenhauses kann man wunderbar mit den Subjektiven Eindrücken der Spieler arbeiten: man gibt ihnen ein, zwei Hinweise, den Rest malen sie sich selbst aus - und in der eigenen Phantasie malt man sich die Dinge immer schlimmer aus als sie sind (ich weiß das, ich hab Klausuren geschrieben und trotzdem bestanden
naja ob es dieses Semester so einfach ist, weiß ich nicht…) Da ist viel Input von den Spielern gegeben, den man unterstützen kann indem man gewisse Dinge platziert. Aber nicht so plump “Das Klirren eben - könnte dass das Monster sein von dem ihr die ganze Zeit sprecht? Könnte…[blabla]” sondern eher induktiv. Die Spieler unterbrechen, überraschen: “Irgendwo in der Nähe klirrt ein Fenster, schabende Geräusche sind zu hören.” Im nächsten Satz sagt man, dass es wieder still sei.
Man braucht auch “Trigger” um die Spieler aktiv zu halten. Ich finde es ein wunderbares Stilmittel, wenn man crescendoartig die Spieler das Grauen steigern lässt während sie ihrem Ziel immer näher kommen. Sie finden irgendwo eine Schaltzentrale, die die Elektronik des genannten Krankenhauses regelt. Alles offenbar defekt. Ein Techniker kann das aber wiederherstellen und so dem Team Zugang zum Überwachungsnetz des Krankenhauses geben - und das erste was passiert, ist, dass man aus den Lautsprechern einen verzweifelten Irren brüllen hört “GEH AUS MEINEM KOPF RAUS; MACH, DASS DAS WEGGEHT ICH WILL DICH NICHT, nein, bitte nicht, nein…
nein… nein…” oder eine Kellertür, die zwar zum Ziel der Charaktere führt, aber etwas freisetzt, was sie lieber darin gelassen hätten. Die Spieler müssen in dem Fall auch nicht das Gefühl haben, sie hätten es wissen und aufhalten können - ein Gefühl, dass ohnehin immer etwas passiert, egal was sie tun, ist auch nicht von schlechten Eltern.
Sehr gut finde ich den Hinweis, dass Motivationen völlig schnuppe sind weil sie niemanden interessieren. Bisher habe ich auch immer den Fehler gemacht, da eine hinzuleistern, wo keine nötig war. Die meisten Spieler interessiert es schlicht nicht, sei das Geschehen auch noch so abartig.
Auch sehr praktisch ist der Hinweis auf den Spannungsbogen der nur über eine Sitzung gemacht werden kann: so eignen sich Horrorszenarien auch als Teil eines größeren Abenteuers oder einer Kampagne. Aber nicht als Kampagne selbst. Man muss das eben auflockern, steht ja auch im Cthulhu-Spielerhandbuch.
Ein großes Problem von Horrorabenteuern ist auch das “Railroading” (Spieler können nur machen, was der SL will), was ich durch die Tipps oben etwas aufzulockern versuche. Denn im Grunde lebt ein Großteil des Horrors auch davon, dass der Protagonist sich dem Grauen nicht entziehen kann, dass er keine Wahl hat, dass die Dinge so passieren, wie sie “sollen”. Dafür kommt der Zuschauer ins Kino, dafür schmeißt er den DVD-Player an, dafür stellt er das Popcorn bereit. Dafür kommt er aber nicht zu einem Rollenspielabend.
Deswegen sollte man ihn da aktiv halten. Es muss nichtmal Illusionismus sein, aber wenn die Spieler einfach gehen, kann der SL auch sagen “Okay, ihr haut ab, Umblende, jetzt sehen wir mal was im Haus alles passiert…” dann beschreibt er ein grandioses Scheitern der Sache und kommt ohne Umschweife direkt dazu die Konsequenzen für die SCe darzulegen - grade in Shadowrun bietet sich das System des “schlechten Rufs” an. Zwei oder drei Punkte mehr gehen immer…
Railroading ist aber im Normalfall nicht nötig. Denn die Spieler sollten sich schon drauf einlassen, evtl. wissen sie ja sogar vorher schon Bescheid und arbeiten nicht vom Szenario weg sondern zum Szenario hin, was es dem SL nur noch leichter macht. Dennoch sind solche Dinge wie die Körperbesetzer aus Jens’ Beispiel ein wichtiges Werkzeug, um die Konsistenz der Spielwelt zu wahren. Denn einfach zu sagen “geht nicht” ist spielzerstörend. Womöglich kramt dann ein Spieler einen winzigen PostIt-Zettel raus, einen Bleistift und fragt “Bevors weitergeht - was dürfen wir eigentlich überhaupt?”…
Nur weil der SL ein Horrorabenteuerchen leitet, werden die Charaktere keine anderen werden. Der Superdamagetroll wird immer noch versuchen mit dem Kopf durch die Wand zu gehen bis er grandios scheitert. Der Magier schaut in den Astralraum - nur um davon überzeugt zu sein, dass dieser Ort auch auf der Astralebene nicht ungefährlich ist.
Den Ansatz, bei solch einem Abend mal die Würfel beiseite zu legen, teile ich jedoch ganz und gar nicht. Vielleicht weil ich denke, dass es immer noch ein SPIEL ist, vielleicht weil ich denke, dass die Würfel eine Menge Spannung hineinbringen können. Auf gar keinen Fall Illusionismus (Meister verarscht Spieler, sagt ihnen aber nichts davon) anwenden, grade hier nicht. Anstatt bei einem kritischen Erfolg auf Wahrnehmung zu sagen “Du siehst trotzdem nur Schemen” wie bei einer normal gelungenen Probe nimmt dem System die Relevanz und dem Horror seine eigene Faszination - denn kritische Erfolge müssen nicht immer GUT sein - sie können auch die geistige Stabilität des Wahrnehmenden durchaus angreifen. Man kann das wunderbar gegen einen wenden. Im Gegenzug sollte man einen kritischen Patzer auf Wahrnehmung oder so (bei erfahrenen Gruppen fast unmöglich in manchen Systemen wie SR, bei DSA durchaus so häufig wie bei blutigen Anfängern) damit honorieren, dass der Charakter zwar nichts erfährt, ihm dafür aber die Details des Grauens nicht die geistige Gesundheit angreifen.
Man muss also gemeinsam etwas erschaffen, gemeinsam Stimmung erzeugen und gute Erklärungen für das “Warum” finden um einen solchen Abend durchgängig gut zu gestalten. Man sollte das Regelwerk durchaus einsetzen und zwar so “intensiv” wie möglich (natürlich nicht an jeder Tür eines kilometerlangen Krankenhausflures eine Wahrnehmungsprobe machen) um das Gefühl eines “Spiels” und evtl. das Gefühl des Horrors aufkommen zu lassen. Erzwingen kann man da als einzelner - und sei es als Spielleiter - gar nichts.
So und jetzt widme ich mich wieder Sortieralgorithmen für die Klausur morgen… Gute Nacht.