Autor Thema: Größe einer mittelalterlichen Armee in meiner epischen Kampagne  (Gelesen 19199 mal)

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Burncrow

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Wenn auch keiner der sehr nah an der Realität ist...

MarkusG

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Wieso?

Offline Yerho

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Ich nehme an, Burncrow hat ...

1.) ... diesen Thread nicht von Anfang an gelesen.

2.) ... eine falsche Vorstellung des europäischen Mittelalters, was aber nicht tragisch ist, da er sie mit schätzungsweise 98% der bundesdeutschen Bevölkerung teilt.

 ;)
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Es könnte auch sein, dass du keine Ahnung hast... aber das kann man nie so genau sagen... :o

Offline Bluerps

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Es könnte auch sein, dass du keine Ahnung hast... aber das kann man nie so genau sagen... :o
Was MarkusGs Frage nicht beantwortet.


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Offline Coyote

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2.) ... eine falsche Vorstellung des europäischen Mittelalters, was aber nicht tragisch ist, da er sie mit schätzungsweise 98% der bundesdeutschen Bevölkerung teilt.

100% Yerho. Es gäbe ja welche, die einem die Wahrheit erzählen könnten, weil sie dabei waren, aber diese doofen Externsteine sind so entsetzlich maulfaul... ;)

Dennoch wäre es nett deine Vorbehalte zu erklären, weil das helfen würde deine Aussagen zu verstehen.
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Burncrow

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Vorsicht, das ist eine ganze Dose Würmer.
Ich hatte die Freude letztes Semester MA-Geschichte zu studieren und es gibt ca. 2-3 Haupt- und diverse Nebenrichtungen die alle wissen wie das 'wahre'(TM) Mittelalter war...

MarkusG

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Das sind dann doch optimale Voraussetzungen, deine o.a. Aussage mit Leben zu erfüllen und zu erklären, was an meinem Beispiel denn so realitätsfern war.

Offline Yerho

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Das würde mich ebenfalls interessieren.

Oder anders ausgedrückt: Jemand, der das europäische MA ein (!) ganzes (!!) Semester (!!!) behandelt hat, der muss einfach viel zu erzählen haben. 1000 Jahre in drei Monaten abhandeln - das ist mal 'ne Leistung. ;)

Spaß beiseite: Ich lasse mich gerne korrigieren, aber nicht mit halbgaren Andeutungen. Butter bei die Fische, bitteschön.
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Offline Hr. Rabe

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Ist eigendlich irgendwo in diesem Thread bisher festgelegt worden, über welches Mittelalter wir uns unterhalten?
Die Haltbarkeit der oben als 'unrealistisch' verwiesenen Aussage und auch die Grundfrage (Armeegröße) unterscheidet sich nämlich ziemlich stark in den mittelalterlichen Epochen (Früh-, Hoch-, Spätmittelalter).

Und gerade im Hoch- und Spätmittelalter findet man immer wieder Schriftstücke u.ä. die darauf hindeuten, daß es mit einem einfachen 'Die Reichen unterdrücken den Rest; einen Mittelstand gibt es nicht' nicht getan ist.
Gerade um 900-1000 n. Chr. könnte ich mir z.B. Markus' Szenario ziemlich gut vorstellen.
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Offline Darius

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Also bei meiner Anfangsfrage ging es um die Zeit direkt nach dem 1. Kreuzzug. Ich hatte mich sogar verschrieben am Anfang mit der genauen Jahreszahl in der ich meine Gruppe spielen lasse. Wir spielen exakt im 1129 n.Chr. Das heisst Kreuzritter kommen zurück aus Jerusalem usw.

Falls dies euch helfen sollte.

Wie gesagt. Die Spieler haben eine nicht kleine Baronie zugesprochen bekommen mit Burg. Jetzt haben sie ca. 20 Soldaten im Sold stehen. Diese sind recht gut ausgerüstet. Fraglich nur wieviele davon noch leben werden, wenn die Schlacht zu Ende ist hehe.
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Burncrow

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Also, Butter bei die Fische.
Ich schreib erstmal was zu dem, von dem ich meine es angezweifelt/angegriffen zu haben, ich werde aber geren auch was zu anderen Sachen sagen.
*Klugscheiss Mode on* Sogar wenn man vom Ende der Antike und somit Anfang des Mittelalters mit Angriff der Moslems und des Aufstiegs des Islams ansetzt, kommt man bis ungefähr 1500 nicht auf 1000 Jahre...*Klugscheiss mode off*

So, zu dem "Ritter waren auch nur Bauern bzw. Schmiede":
Halte ich aus folgenden Gründen für SEHR unwahrscheinlich:
1. Standesdünkel
2. Ausbildungszeit. Unwahrscheinlich das ein Ritter neben der Ausbildung in Frage des Kampfes, Tierpflege, etc. gerade noch etwas Zeit erübrigt um das, nicht eben anspruchslose, Handwerk des Schmiedes zu lernen. Obendrauf kommt dann auch wieder 1. Es ist eine Sache das Pferd selbst zu pflegen, selber zu jagen, weil man bei der Dienerschaft sparen muss, eine andere tatsächlich 'niederer' körperliche Arbeit regelmäßig nachzugehen.
3. Feudalsystem. Die Bauern füttern den Herrn durch, dafür das er sie beschützt. Wenn er also nicht gerade landlos ist, sollte er also ein Lehen haben das ihn versorgt.

Allgemein:
Die Verarmung des Adels gilt als selten, bzw. die so starke Verarmung das sie damit praktisch auf 'Gemeinen'-Niveau absackten, denn schliesslich gab es auch immer noch die Möglichkeit in eine Händlerfamilie einzuheiraten die gerne adelig werden wollte (über solche Ehen gibt es sogar Urkundenzeugnisse).

Zu Armeegröße:
Dazu empfehle ich "Early Modern Warfare", Autor such ich morgen raus.
Darin wird sehr schön ausgearbeitet, dass es im Mittelalter, abgesehen von Kreuzzügen, tunlichst vermieden wurde Schlachten zu schlagen.
Grund:
Großteile der Truppen waren 'peasant levies', also eingezogene Bauern die erstens nicht besonders wild aufs sterben und zweitens kaum ausgerüstet oder ausgebildet waren.
Schlachten liefen deshalb darauf hinaus zu hoffen dass die Bauern der anderen Seite zuerst die Hosen voll hatten und wegliefen... sehr riskant zumal mit jedem toten Bauern auch ein Stück Wirtschaftsleistung verloren geht.
Deswegen waren Scharmützel mit um 100, dafür 'ausgebildeten' (Waffenknechte, Söldner, Ritter...) Truppen wesentlich beliebter.

Hab ich was vergessen?

Offline ThinkingOrc

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Die Periodisierung bzw. Epocheneinteilung als auch die Epochenbezeichnungen werden genauso diskutiert wie einzelne "Entdeckungen" in der Geschichtswissenschaft.
So ist es durchaus üblich das Ende der Antike und den Beginn des Mittelalters mit dem Fall des Weströmischen Reiches (476 n Chr.) anzunehmen, womit wir die 1000 Jahre schaffen.
Herr Rabe hat richtig erkannt, dass bei der authentischen Darstellung eines (niederen) Adligen vor allem die Frage nach der genauen Periodisierung gestellt werden muss. Das Rittertum (und die mit ihm verbundenen hohen finanziellen und kriegstechnischen Forderungen) ist z.B. ein gesellschaftliches Konstrukt des Hochmittelalters (ca. 2. Hälfte 11. bis 2. Hälfte 13. Jh.). Im Frühmittelalter gibt es Edle, Freie (die durchaus auch in eigenem Recht Landbesitz haben konnten) und Unfreie, wobei bei den ersten beiden die Grenzen durchaus verwischen konnten und auch beide Dienst an der Waffe taten. Während im Spätmittelalter hingegen Fälle bekannt sind, dass sehr reiche Bürger sich einen Rittertitel "kauften" ohne zwangsläufig die kriegerischen Qualitäten zu besitzen. Zusätzlich zur Frage der genauen zeitlichen Einordnung stellt sich noch die Frage nach der geographischen Einordnung. Die gesellschaftlichen Lebensformen gestalten sich im frühen fränkischen Reich anders als im angelsächsischen England.
In diesem konkreten Fall, der von Darius dargestellt wurde, finde ich die Zahlen, zu denen er sich letzendlich entschieden hat, in Ordnung. Der Baron kämpft wahrscheinlich um sein Leben, da ist es plausibel, wenn er neben seinen Rittern, Waffenknechten und Söldnern auch noch alle wehrfähigen Bauern zusammentrommelt.
Auch Markus Gs Szenario kann man meiner Meinung nach als authentisch bezeichnen, wenn man beipielsweise einen angelsächsischen Thegn im 9-11.Jh. annimmt.
Solche Diskussionen sind immer schwierig, da wie gesagt, selbst die Wissenschaftler sich darüber nicht immer einig sind und man, um eindeutig belegen zu können eigentlich umfangreiche Quellenkritik betreiben müsste, was den Rahmen eines RPG Forums m.M.n. sprengt. Ich denke jedoch, dass Wikipedia eigentlich einen guten Überblick bieten sollte. Wer es orthodoxer mag, sollte sich mal das Lexikon des Mittelalters (LexMA) quasi das Standardüberblickswerk der deutschen Geschichtswissenschaft des Mittelalters angucken, dass ich hauptsächlich benutze, wenn ich nicht gerade eine Hausarbeit verfassen muss.

Grußgrunz

TO

Edit: irgendwie wirds auch langsam Off-Topic, vielleicht wäre das was für einen neuen Science statt Fiction Thread? Obwohls ja manche gibt, die der Geschichtswissenschaft die Daseinsberechtigung als Wissenschaft absprechen wollen. *shrugs*
« Letzte Änderung: 22.02.2007 | 20:56 von ThinkingOrc »

Offline Yerho

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Bitte diesen Thread auslagern, falls wir wirklich zu weit off-topic gehen.

*Klugscheiss Mode on* Sogar wenn man vom Ende der Antike und somit Anfang des Mittelalters mit Angriff der Moslems und des Aufstiegs des Islams ansetzt, kommt man bis ungefähr 1500 nicht auf 1000 Jahre...*Klugscheiss mode off*

Einverstanden. Tausend Jahre sind - wie bereits erwähnt wurde - nur der kleinste gemeinsame Nenner vom Untergang des Römischen Reiches bis zur Entdeckung Amerikas.

Zitat
Halte ich aus folgenden Gründen für SEHR unwahrscheinlich:
1. Standesdünkel

Bitte nicht die Kausalitäten umkehren: Standesdünkel ergibt sich aus der praktizierten (und praktizierbaren!) Lebensführung, nicht umgekehrt. Wer nur ein winziges und/oder unergiebiges Lehen hat, kann seinen Lebensstandard nur den Umständen entsprechend ausrichten.

Sehr kleine Lehen mit sieben Häusern, 50 Schafen, zehn Kühen und drei Spitzbuben sind vom Früh- bis ins Hochmittelalter urkundlich belegt. Wer hier Lehnsmann ist, wird kaum darum herumkommen, regelmäßig selbst mit anzupacken, um seine bescheidene Wirtschaft in Schuss zu halten.

Zitat
2. Ausbildungszeit. Unwahrscheinlich das ein Ritter neben der Ausbildung in Frage des Kampfes, Tierpflege, etc. gerade noch etwas Zeit erübrigt um das, nicht eben anspruchslose, Handwerk des Schmiedes zu lernen. Obendrauf kommt dann auch wieder 1. Es ist eine Sache das Pferd selbst zu pflegen, selber zu jagen, weil man bei der Dienerschaft sparen muss, eine andere tatsächlich 'niederer' körperliche Arbeit regelmäßig nachzugehen.

Die Frage ist ja, wann man Ritter dem Namen nach ist, und wann man diesen Begriff mit Leben erfüllt bzw. erfüllen kann. Dem Ritterstand gehörten - wie gesagt - viele an, die nicht einmal Reiter waren, sondern im Fall der Heerfolge entweder ihr Schlachtross leihen mussten oder vom Dienstherrn gestellt bekamen.

Natürlich ist es für einen Rittersmann wichtig, in Übung zu bleiben - aber nicht alle waren darin so gründlich wie andere. Es wird auch "schlechte" Ritter gegeben haben, denen wirtschaftliches Überleben wichtiger war als grandiose Meisterschaft im Umgang mit Waffen. Damit konnte man sowieso nur dort protzen, wo man als Landedelmann im dümmsten Fall niemals hin kam.

Zitat
3. Feudalsystem. Die Bauern füttern den Herrn durch, dafür das er sie beschützt. Wenn er also nicht gerade landlos ist, sollte er also ein Lehen haben das ihn versorgt.

Der Herr bekommt den Zehnten, was ja nach Adam Riese eine flexible Menge ist, die von der Gesamtmenge abhängt, von der man den zehnten Teil abzieht. In schlechten Jahren - und davon gab es nicht wenige - ist der zehnte Teil von wenig nun einmal sehr wenig.

Zitat
Allgemein: Die Verarmung des Adels gilt als selten, bzw. die so starke Verarmung das sie damit praktisch auf 'Gemeinen'-Niveau absackten, denn schliesslich gab es auch immer noch die Möglichkeit in eine Händlerfamilie einzuheiraten die gerne adelig werden wollte (über solche Ehen gibt es sogar Urkundenzeugnisse).

Für Südeuropa betrachtet - einverstanden. Nördlich der Alpen war der "verarmte Landadel" eine feste Größe, weil der Reichtum gerade dort primär aus der Scholle kam und die Ernten zudem nicht so üppig ausfielen. Je weiter man nach Norden kam, desto häufiger wurden sehr kleine Höfe, bei der die Herrenburg tatsächlich nur ein größeres Haus mit hölzerner Palisade war. Das ist bis heute durch Sichtung nachweisbar, da das Reich bis zur Nord- und Ostsee ging, die Dichte von Herrensitzen aber deutlich abnimmt.

Zitat
Schlachten liefen deshalb darauf hinaus zu hoffen dass die Bauern der anderen Seite zuerst die Hosen voll hatten und wegliefen... sehr riskant zumal mit jedem toten Bauern auch ein Stück Wirtschaftsleistung verloren geht.
Deswegen waren Scharmützel mit um 100, dafür 'ausgebildeten' (Waffenknechte, Söldner, Ritter...) Truppen wesentlich beliebter.

Soweit sind wir uns alle vollkommen einig. :)

Zitat
Hab ich was vergessen?

Außer dem regionalen Gefälle und ein paar Kausalitäten eigentlich nichts. ;)

Einmal zusammengefasst: Sicher ist das Bild des Ritters in Schmiedeschürze genauso romantisiert wie das des Ritters in strahlender Rüstung. Die Wahrheit liegt wie immer dazwischen und in diesem Fall im Querschnitt - die meisten Ritter dürften durchaus einen (für die Verhältnisse der jeweiligen Zeit) bescheidenen Luxus genossen haben. Allerdings ist ebenfalls nicht abzustreiten, dass es das Kleinrittertum ebenso wie das Raubrittertum nachweislich gab, und diese bloße Existenz auf wirtschaftliche Nöte des Adelsstandes hindeuten.
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Burncrow

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Wobei gerade das Raubrittertum dem Ritter in der Schürze entgegensteht.
Was regionale Unterschiede angeht:
Ich würde die als zuvernachlässigend ansetzen, ist aber auch eine Glaubensfrage.

MarkusG

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Nach dieser Rechnung hätte das Mittelalter ungefähr um 700 angefangen und würde noch etwa bis 2200 dauern. ;)

Da halte ich es doch eher mit der in der Geschichtswissenschaft verbreiteten Lesart, den Anfang des Mittelalters bei der Völkerwanderung/Ende des Weströmischen Reiches anzusetzen (5. Jh.) und das Ende bei der Renaissance (15. Jh.). Macht nach Adam Riese und Eva Zwerg 1000 Jahre.

Zitat
So, zu dem "Ritter waren auch nur Bauern bzw. Schmiede":
Halte ich aus folgenden Gründen für SEHR unwahrscheinlich:
1. Standesdünkel

Bei Kleinadel?

Zitat
2. Ausbildungszeit. Unwahrscheinlich das ein Ritter neben der Ausbildung in Frage des Kampfes, Tierpflege, etc. gerade noch etwas Zeit erübrigt um das, nicht eben anspruchslose, Handwerk des Schmiedes zu lernen.

Um beim Beschlagen seines Pferdes zu helfen, braucht er auch keine vollwertige Ausbildung als Schmied. Nichts anderes hat der Ritter in meinem Beispiel nämlich in der Szene gemacht.

Zitat
Obendrauf kommt dann auch wieder 1. Es ist eine Sache das Pferd selbst zu pflegen, selber zu jagen, weil man bei der Dienerschaft sparen muss, eine andere tatsächlich 'niederer' körperliche Arbeit regelmäßig nachzugehen.

Äh... Dienerschaft? Bei einem Kleinadligen, der gerade mal drei Dörfer unter sich hat und bei dem der Zehnte plus Hand- und Spanndienste gerade für den Unterhalt der "Burg" (bzw. des einen Turms) reicht?

Wenn solche kleinen, unbedeutenden Ritter nur mein romantisches Phantasieprodukt sind und in Wirklichkeit jeder Ritter über Dutzende von Dienern und Knechten verfügte und seine eigene kostbare Person neben dem Waffendienst ganz dem höfischen Leben und der Minne hingeben konnte, klär mich auf.

Zitat
3. Feudalsystem. Die Bauern füttern den Herrn durch, dafür das er sie beschützt. Wenn er also nicht gerade landlos ist, sollte er also ein Lehen haben das ihn versorgt.

Tut es. Darum hat er überhaupt die Zeit, zu trainieren, Waffen und Pferd zu pflegen und sich und seine Leute wehrfähig zu halten. Den Großteil seiner Zeit macht aber immer noch die Bewirtschaftung seines eigenen Besitzes aus. Und bei einer begrenzten Anzahl Knechte und Mägde kommt es mir unwahrscheinlich vor, daß er sich da aufs Delegieren beschränken konnte. Da erscheint es mir plausibler, daß er selbst mit anpackte.

Zitat
Allgemein:
Die Verarmung des Adels gilt als selten, bzw. die so starke Verarmung das sie damit praktisch auf 'Gemeinen'-Niveau absackten, denn schliesslich gab es auch immer noch die Möglichkeit in eine Händlerfamilie einzuheiraten die gerne adelig werden wollte (über solche Ehen gibt es sogar Urkundenzeugnisse).

1. Vor der Verarmung muß erst mal das Reichwerden kommen. Nicht jeder, dem der Ritterschlag verliehen wurde, bekam ein Lehen, das von einem Horizont zum anderen reichte. Meist war es nicht viel mehr als ein besserer(?) Gutshof.

2. Das Einheiraten in Händlerfamilien kam hauptsächlich gegen Ende des Hochmittelalters auf, und selbst da gelang es längst nicht jedem Ritter. Ansonsten hätte das Raubrittertum nicht solche Ausmaße angenommen, daß Rudolf von Habsburg einen regelrechten Feldzug dagegen führen mußte.

3. Das historische Vorbild für die Burg meines obigen Ritters ist übrigens Ross Castle in Irland. In dieser Burg hängt unter anderem ein sehr interessantes Gemälde von einem der Herren, die einmal darüber herrschten - zugegebenermaßen aus dem 17. Jahrhundert, doch es zeigt ihn mit den üblichen Acessoires der dortigen Landbevölkerung. Das heißt unter anderem: Ohne Hose und Schuhe. Was den Bau selbst angeht, beraubt er einen recht schnell der Illusion, das Leben eines kleinen Ritters sei allzu luxuriös gewesen. Ich habe schon alte Bauernhöfe gesehen, die prachtvoller eingerichtet waren.

Zitat
Wobei gerade das Raubrittertum dem Ritter in der Schürze entgegensteht.

Kannst du die Logik hinter dieser Aussage näher erläutern?

Zitat
Was regionale Unterschiede angeht:
Ich würde die als zuvernachlässigend ansetzen, ist aber auch eine Glaubensfrage.

Das erscheint mir, bei allem Respekt vor dem Glauben, wenig plausibel. Regionale Unterschiede können selbst heute groß sein, und im Gegensatz zum Mittelalter kann man heute Europa an einem Tag durchqueren. Damals war das eine Reise von Monaten. Vor Luther gab es im Heiligen Römischen Reich nicht einmal ansatzweise eine einheitliche Sprache, und die Kultur der Friesen war derjenigen der Bayern mit Sicherheit noch fremder als heute. Die Ritter des Rheinlands schwelgten ab dem Hochmittelalter im Reichtum eines bedeutenden Handelswegs, wogegen die Ritter bei Schleswig mit dem auskommen mußten, was ihre Bauern der Moorlandschaft abringen konnten. Wenn das keine regionalen Unterschiede sind, weiß ich auch nicht...

So, ich muß mir wieder die Schürze umhängen und was in meiner Burg schaffen. :8)

Burncrow

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Und wenn ich jetzt noch Quellen kriegen könnte, dass wäre toll.

MarkusG

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Quellen zu welchen meiner Aussagen genau?

Offline Darius

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Jetzt bloß kein Streit hier wegen dem Thema :D

Wie ich schon von meinem historisch studierten kleinen Bruder hören musste, sind echte, gute und vorallem zuverlässige Quellen aus dieser Zeit fast nicht vorhanden. Sehr viel wird wohl aus dieser Zeit extrem verzerrt oder mangelhaft überliefert. Wenn es überhaupt was gibt.

In meiner Kampagne haben sich die Spieler halt ihre Soldaten wirklich von Bauern rekrutiert, also insg. grad mal 20 Mann und diese selber trainiert und ausgebildet. Berittene haben die gar keine. Haben selbst nur 2 Pferde zu fünft ;D

Und die Rekrutierung der Bauern lief ökonomisch unschädlich ab. weil sie nur von sehr kinderreichen Familien die Jungen genommen haben, welche eh gerne abgeben wurden.
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Offline Darius

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Ähhhh. Das klang so Sklavenmässig kann das sein? Es wurden natürlich nur freiwillige genommen, welche sich gemeldet hatten. Nicht dass ihr denkt ich führe da das Sklaventum ein.
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MarkusG

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Dz, dz... Weiß der Kaiser, was du in deinem Lehen so treibst? >;D

Jetzt bloß kein Streit hier wegen dem Thema :D

Na gut... (Bücherstapelwiederwegräum)

Zitat
Wie ich schon von meinem historisch studierten kleinen Bruder hören musste, sind echte, gute und vorallem zuverlässige Quellen aus dieser Zeit fast nicht vorhanden. Sehr viel wird wohl aus dieser Zeit extrem verzerrt oder mangelhaft überliefert. Wenn es überhaupt was gibt.

Dann steht Aussage gegen Aussage... meine ebenfalls historisch studierte bessere Hälfte hat von den Quellen, die es angeblich nicht gibt, ein paar im Regal stehen...

A propos: Ich schulde dir ja immer noch die Soldliste der Landsknechte. Wird nachgereicht. :)

Offline Darius

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Ja es gibt durchaus schon Quellen, wobei wohl das "dunkle" Mittelalter das wohl am schlechtesten aufgezeichnete Gebiet der Geschichte ist. Da haben wir heute denk ich mehr aus der Antike überliefert bekommen, als aus dieser Zeit.

Es kann aber auch daran liegen, dass wir uns heute einfach ein zu verzerrtes Bild dieser Zeit selbst ausmalen. 
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Heißt es nicht auch dunkles Mittelalter, weil aus der Zeit so wenig quasi-objektive Werke überliefert wurden?
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Offline thestor

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Nicht nur Objektivität der Quellen ist ein Problem sondern ganz schlicht der Inhalt, also was die Leute überhaupt niedergeschrieben haben. Ich kenne mich mit dem Mittelalter nicht so gut aus, aber ich nehme doch stark an dass in den seltensten Fällen es jemand für nötig hielt niederzuschreiben wie sein gewöhnlicher Tagesablauf verlief. Soweit ich weiß waren (zumindest im frühen Mittelalter) fats jeder ausser den Kirchenleuten Analphabeten, und die Kirchenmänner haben wohl kaum niedergeschrieben wie in Ritter lebt (höchstens wie er leben sollte -idealisiert). Was hätte jemand auch davon gehabt schriftlich festzuhalten ob er seinen Leibeigenen zur Hand geht oder auch nicht?
Wegen Standesdünkel: Man bedenke dass gerade der neidere Adel des Mittelalters NICHT mit anderen Adligen zusammenlebte, wie es in der frühen Neuzeit eher üblich war, sondern dass seine Geminschaft sein Gut, sein Lehen und die Leute darauf waren. Tagaus tagein so ziemlich jeden von oben herab zu behandeln mit dem man zusammen istt scheint mir nicht wharshcienlich. Der Ritter war ja oftmals mit seinen zukünftigen  Untergebeben aufgewachsen, die wurden ja in der Familie zunächst ausgebildet und nicht auf Ritterinternate geschickt.

Burncrow

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Dennoch war er Herrscher von GOTTES GNADEN. Nicht nur der kaiser, sondern jedes Fürstchen. Gott hatte dir diese Stellung gewährt und den anderen eben nicht.

was 'Dark Ages' angeht:
Das sind nur die Zeiten zwischen 600-700 und 1000, danach wird es dann mehr und um 1200 gibt es dann soviel geschriebenes das man noch nicht mal alles katalogisiert hat.
Infos über Alltagsdinge sind in der Tat ein Problem.