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Regelbuch
OSIRIS - dieser Begriff steht für "Offener Standard im Rollenspiel, Infinite System", und beschreibt ein neues deutsches und universelles Rollenspielregelwerk aus der Feder von Thomas E. Müller. Osiris stammt aus der recht umfangreichen Szene der sogenannten "Freien Rollenspielen". Also jenen Regelwerken und Systemen die im Internet, in Fanzines oder manchmal sogar in Läden oder auf Messen (z.B. über das Projekt Odyssee) kostenlos angeboten werden. Derartige Systeme sind oft das Ergebnis der akribischen Arbeit zahlreicher Rollenspieler-Hobbyisten, die liebend gern ihr persönliches Traumsystem zusammenzimmern. Oft werden kommerzielle Regelwerke als Vorlage genommen, aber auch völlig eingenständige Ideen sind dabei.
von Dominik Cenia
OSIRIS hat den Sprung geschafft. Vom sogenannten Freien-Rollenspiel den Weg in den Druck, und schließlich in die Regale der Händler zu gehen. Stellt sich die Frage, ob auf dem ohnehin schon hart umkämpften Markt der deutschen Rollenspiele überhaupt noch Platz für ein weiteres System ist...
Das Rollenspielsystem sattelt dabei auf zwei Zugpferde der modernen Rollenspielregelwerke auf. Erstens ist es universell einsetzbar (also in jeder beliebigen Welt oder in allen möglichen Szenarien spielbar), und zweitens besitzt das System eine punktebasierende Charaktererschaffung. Also nichts anderes als ein Deutscher Ableger von GURPS oder dem Hero System?
Erstmal...das System legt sehr viel Wert auf eine umfangreiche Sammlung an Charakterwerten und Attributen, um der zukünftigen Spielfigur Leben zu verleihen.
Die insgesamt 15 Charakterwerte bilden sozusagen das Grundgerüst des Charakters. Sie unterteilen sich in fünf verschiedene Attribute die da wären: Mentale Leistung, Psyche, Fitness, Vita und Physis. Innerhalb dieser Attribute lassen sich passende Begriffe wie Intelligenz, Willenskraft, Maximalkraft, Vitalität, Gesundheit usw. finden.
Allein diese Unterteilung von Attributen in unterschiedliche Charakterwerte macht das OSIRIS System doch recht einzigartig. Insbesondere das Attribut Psyche unterteilt sich die die drei psychologischen Aspekte "Ich", "Über-Ich" und "Es", die auch grundlegend in dem Regelwerk erklärt werden.
Natürlich kann man jetzt die Frage stellen, wozu diese Detailtiefe notwendig ist, wo doch derartige Aspekte auch durch geschicktes "Rollen"-spielen erreicht werden kann.
Ich denke dies muss jeder für sich selbst entscheiden. Auf jeden Fall geht OSIRIS in dieser Hinsicht einen neuen und inovativen Weg.
Hat man seine Charakterwerte festgelegt, kann man sich aus den insgesamt 140 Fähigkeiten sowie einer bunten Mischung an "Charakterzügen" seine Lieblingsfigur zusammenstellen.
Danach werden noch ein paar Kampfwerte ermittelt, und fertig ist der Charakter!
In dem Spielerhandbuch lassen sich nur Angaben für normale menschliche Charakter finden. Doch in den zukünftig erscheinenden Szenariobänden sollen weitere Rassen hinzugefügt werden. Was man allerdings bereits an den Angaben für normale Menschen erkennen kann, ist eine fast schon Rolemaster ähnliche Detailtiefe. Man kann Hautfarbe, Herkunft, Gewicht und Körpergröße ermitteln lassen.
Ich persönlich finde es jedoch ziemlich überflüssig, Tabellen zu erstellen in denen man erfährt das ein Charakter aus einer kühlen Region möglicherweise 1 cm kleiner als normal ist...aber ich denke, dass derartige Dinge für OSIRIS ein wenig typisch sind (und ehrlich gesagt ist das System nicht das Erste, was auf eine derartige Detailarbeit gemünzt ist).
Stufen gibt es bei OSIRIS auch nicht. Viel mehr sammelt man Fertigkeitspunkte mit denen man die Werte seines Charakters verbessern kann. Osiris legt bei all seinen Regelen stets zwei Eckpfeiler fest. Zum einen bieten sie die Regeln modular als einfache- und komplexe Ausfürung dar. Zum anderen versucht der Autor stets einen gewissen Bezug zur Realität darzustellen und zu beschreiben, weshalb die besagte Regel so gestaltet wurde wie sie ist.
Nach der Charaktererschaffung folgen weitere Kapitel über den Einsatz von Fähigkeiten, den Kampf, und sogenannte Metalfähigkeiten (Zauberei, Beschwörungen und mentale Kräfte).
Ein Ausführlicher Anhang bietet eine genauste Beschreibung über alle 140 Fähigekeiten, die sich von alltäglichen Dingen bis hin zu Szenariospeziellen Kenntnissen erstrecken (Schwertkampf, Raumfahrt, Autofahren, Magieanwendung und ähnliches...).
Gewürfel wird bei OSIRIS mit dem W100. Das sogenannte Infinite System welches zum Einsatz kommt ist eine gute und neue Variante des bekannten W100-Prozentsystems. Also man hat einen gewissen Prozentwert in einer Fähigkeit, und muss mit dem W100 unter diesen Wert würfeln um die Probe zu schaffen. Beim Infiniten System spielt allerdings noch eine Rolle ob man dabei besonders niedrig oder besonders hoch, abhängig der Fähigkeit, gewürfelt hat.
Das Spielerhandbuch von OSIRIS deckt den größten Teil der notwendigen Basisregeln ab. Was noch folgen wird ist ein Spielleiterhandbuch, auf das leider all zu oft noch hingewiesen wird. Meiner Meinung nach ist es etwas unvorteilhaft ein Rollenspielregelwerk herauszubringen welches sich teilweise auf ein noch nicht erschienenes folgendes Werk beruft...
Desweiteren sind zahlreiche Szenarien angekündigt, in denen man schließlich mit dem OSIRIS Regelwerk spielen kann. Berreits angekündigt ist ein Fantasyszenario namens "Arlons Bibliothek" sowie "Ad Astra", eine Scince-Fiction Spielwelt.
Außerdem legt das Rollenspiel großen Wert auf seine sogenannte Internet-Community. Dort können sich Spieler als auch Spielleiter austauschen, und eigene Ideen, Regeln und Vorschläge zur Entwicklung des Rollenspiels beitragen. Thomas E. Müller legt dabei einen großen Wert auf die Meinung aller Spieler und setzt sich auch sehr löblich mit deren Meinungen außeinander.
Doch kommen wir zum ernsthafteren Teil, den ich bereits vorhin kurz angesprochen habe...
Wird OSIRIS sich wirklich als ein neues deutsches Rollenspielsystem behaupten können? Zumindest die Basis, dass es sich um ein universelles System handelt macht Hoffnung. Allerdings habe da schon ganz andere Systeme verschiedenster Klein- und auch Großverlage versagt...
Das Problem ist, dass der deutsche Rollenspielmarkt weitgehend gesättigt ist. Und auch jene die mit etablierten Systemen den Markt beherrschen, nicht gerade in Geld schwimmen.
Ich persönlich glaube das OSIRIS wahrscheinlich zum Dasein eines Nieschensystems verdammt ist. Und dies hat in meinen Augen drei Gründe:
Der bereits erwähnte gesättigte Markt.
In der heutigen Zeit reicht es nicht mehr aus ein solides Regelwerk zu präsentieren, denn auch für das Auge will einiges geboten sein. Die Macht des "Eye-Catchers" ist gewaltig und Osiris nutzt diese nicht aus. Das Spielerhandbuch ist in einem unglücklichen Kleinformat gehalten. Die Illustrationen und das Layout sind zwar konsequent in einem einheitlichen Stil gehalten, erreichen aber gerademal den notwendigen Durchschnitt, und lassen vor allem eine gewisse Atmosphäre vermissen.
Der stolze Ladenpreis von 20 Euro sind für das Kleinformat einfach zu saftig. Aber dies ist wohl einfach nur eine Anpassung an die ohnehin fatalistischen Preise der heutigen Rollenspielprodukte.
Man merkt zwar das an dem Regelwerk viele Jahre genaustens gearbeitet wurde, und meiner Ansicht nach kann OSIRIS locker einen vergleich mit GURPS standhalten. Es bleibt allerdings abzuwarten ob die entsprechenden Szenariobände sich aus der Masse hervorheben können, um damit dem System eine gewisse Chance zu geben.
Auch lege ich viel Hoffnung in die Internet-Community von OSIRIS. Eventuell erfährt das System auf diesem Wege genügend Unterstützung.
Layouttechnisch bewegt sich das System leider auf dem nötigsten unteren Mittelmaß. Dafür sorgt vor allem auch der schlechte Druck, sowie die zahlreichen kleinen Fehler die sich in das Buch eingeschlichen haben (hier und da sind ein paar Zeichen verschoben oder Rechtschreibfehler). Außerdem wurde ungefähr bis Seite 100 vom oberen Rand zu viel, ab dieser Seite dann wieder zu wenig abgeschnitten. Dadurch wirkt die Aufmachung leider recht unprofessionell.
Fazit: Es sind viele kleine Faktoren, und ein harter Markt die aus OSIRIS trotz eines interessanten Regelsystems eher nur als ein durchschnittliches System erscheinen lassen.
Das es auch anders geht konnte man mir auf der Spielemesse mit Arcane Codex bewiesen werden. Welches ebenfalls ein deutscher Neueinsteiger aus diesem Jahr ist.