Da ich ja neu hier bin, dachte ich, ich schreib vielleicht einfach erstmal einen Aufsatz zum Thema, was mir an einem RS gefällt, oder auch nicht gefällt. Ich war mir nicht ganz sicher, in welches Board das gehört, darum einfach mal "Allgemein".
Bei den meisten Fantasysettings haben Spieler ja Zugriff auf Magie. Manchmal frage ich mich aber echt, was sich die Designer dabei gedacht haben. Vielleicht "Magie = toll. Mehr Magie = noch toller". Ich neiß es wicht. Aber "je mehr desto besser" gilt nur bei Knödeln.
Paradebeispiel ist wohl D&D, und ganz besonders die Forgotten Realms. Hier ist das Magieniveau extrem hoch. Zum einen erhalten die Zaubererklassen eine Unzahl von Zaubersprüchen für jede erdenkliche Gelegenheit. Zum anderen sind auch die nichtmagischen Klassen mit steigender Stufe zunehmend von magischen Gegenständen abhängig. Beides ruiniert das Spiel.
Ich drücke das gerne so aus: hochstufige D&D-Charaktere sind keine Helden, sondern mobile Tragevorrichtungen für magische Gegenstände. Das fängt ja schon mit dem unseligen Rüstklassenkonzept an: der Angriffsbonus steigt mit den Leveln, die Verteidigung nicht. Die einzige Möglichkeit, die RK auf ein ähnliches Niveau steigern (von speziellen Prestigeklassen mal abgesehen), ist mittels magischer Rüstungen und Items. Undenkbar, einen D&D-Chara seiner Spielsachen zu berauben. Ein Level 20 Charakter ohne magische Unterstützung ist doch vollkommen aufgeschmissen. Würde mich nicht wundern, wenn eine Unterhaltung zwischen zwei D&D Spielern so abliefe:
"Was spielstn du fürn Char?"
"Einen Fighter mit +5 Flaming Keen Longsword, Ring of Haste und Night Togs +5"
"Wow."
Langer Rede kurzer Sinn, ich finde sowas hochgradig langweilig, um nicht zu sagen dämlich.
Außerdem erschwert es dieser Überfluß an Magie enorm, überhaupt noch fordernde Szenarien zu erdenken. Ich kenne z.B. einen Fall, wo der SL schön ausführlich ein tadelloses Whodunnit vorbereitet hat, nach dem Motto: Party findet Leiche, Party muss den Mörder finden. Party hat nicht den Level oder die Mittel für Raise Dead, muss also so zurechtkommen. Denkste.
Cleric spricht mal eben "Speak with Dead", fertig aus. Danke, der Fall ist hiermit gelöst, gehen Sie bitte weiter, hier gibt es nichts zu sehen.
Das ist jetzt nur ein Beispiel von vielen, wo einem die Unzahl der Sprüche einen Strich durch die Rechnung machen kann. Im aktuellen
Signs & Portents ist ein Artikel zu dem Thema.
Will man in so einem System also die Spieler zu ein wenig Beinarbeit zwingen, muss man verdammt tief in die Trickkiste greifen. Am ehesten aber wird man sich einfach irgendeine Ausrede einfallen lassen, warum der naheliegendste, technisch-magische Weg nicht möglich ist. "An diesem Ort herrscht eine starke magische Hintergrundstrahlung, du kannst den Spruch nicht effektiv einsetzen." Moment mal, kennen wir das nicht irgendwoher?
Mich erinnert das verflucht an Star Trek. Die Forgotten Realms der Science Fiction. Egal was es für ein Problem gibt, von getarnten Schiffen bis zu explodierenden Sonnen, es wird eins-zwei-drei irgendein System "rekalibriert", und schwupps ist alles wieder in Butter. Um überhaupt mal Spannung zu erzeugen, müssen erst alle Systeme ausfallen. Um in Nemesis Datas Heldentod überhaupt zu ermöglichen, mussten die Autoren schon Verrenkungen machen, und trotzdem klafften noch immer gewaltige Löcher in der Handlung.
Ich habe mal in einer ST-Runde mitgespielt und habe dann angefangen, mit dem SL gemeinsam eine von mir erdachte Kampagne zu leiten. Der SL wollte den Spielern nun ein nagelneues Raumschiff mit allen Schikanen überantworten, inklusive Warpschilde (?) und Pegasus-Gerät (oder wie das heisst). Dieses Schiff wäre erstens immun gegen Beschuss gewesen, zweitens tarnfähig und drittens, jetzt kommt's, in der Lage durch _feste Materie_ einfach hindurchzufliegen. Gehts noch?
Und glaubt ihr mir, daß es mich drei Tage mühsamer Überzeugungsarbeit gekostet hat, diese genannten Technologien NICHT einzubauen? Die Diskussion könnt ihr euch gar nicht vorstellen.
Nunja, und so ist es eben auch bei eher mittelalterlich orientierten Rollenspielen. Was auf Anhieb lösbar ist, macht keinen Spaß. Drum gibt es ja auch keine Puzzle mit 2 Teilen. Nur von seiner Ausrüstung abhängig zu sein, ist irgendwie unbefriedigend.
Schließlich und endlich wird Magie bei übermäßigem Auftreten schlicht und ergreifend langweilig. Wenn jede beliebige RL-Technologie durch Magie simuliert wird, hat das nichts phantastisches mehr. Magie sollte qua Definition etwas Außerordentliches und Besonderes sein, daß die Welt staunen lässt.
Darum mein Standpunkt:
Magie ja, für das phantastische Moment -- und nicht als jederzeit verfügbarer Problemlöser.
Magische Gegenstände ja, als einmalige und besondere Belohnungen -- nicht Dutzendware vom Grabbeltisch, weil man mal gerade +2 Stärke braucht.
Heldenhafte Fähigkeiten ja, und bitte inhärent -- nicht abhängig von irgendwelchem Tinnef.
Soviel für's Erste. Flame away. ^^