Es gibt kein Patentrezept, es gibt nur das Talent und die Erfahrung der Beteiligten. Es gibt keine Spaß-Garantie; wenn die Interessen der Mitspieler zu unterschiedlich sind, funktioniert es einfach nicht. Getreu dem Motto, dass konkrete Erfahrungen wertvoller sind als Allgemein-Blabla, hier mal ein paar Beispiele, wie das in der Vergangenheit bei mir funktioniert hat und nicht funktioniert hat.
Ich habe mal spontan Sorcerer für meine Freundin und einen Freund, beide Rollenspiel-Neulinge, geleitet. Sorcerer bietet mit dem Kicker bereits ein nützliches Werkzeug, um inhaltlich auf einen gemeinsamen Spaß-Nenner zu kommen: Die Spieler zeigen, was sie an ihrem Charakter interessiert und in welche Richtung sie mit ihm gehen wollen. Das Setting hatte ich in diesem Fall ausgedacht, ohne die Spieler zu vorher fragen, aber es war nicht schwer, ihren Geschmack zu erraten. Gruftis halt.
Dann habe ich sie erstmal einfach machen lassen, um zu sehen, was sie mit dieser Freiheit anstellen, und darauf gewartet, wie sich das gegenseitig befruchtet, und habe zu gegebener Zeit den Druck erhöht. Ich habe den Satz „das geht nicht“ vermieden und darauf geachtet, die Charaktere als mächtig coole Säue dastehen zu lassen. Wenn man nur zwei Spieler hat, ist es natürlich vergleichsweise leicht, ihnen viel Aufmerksamkeit zu widmen, ein bisschen zu kitzeln und dann auf das einzugehen, was sie machen. Wichtig: Der Spieler interpretiert den Charakter, nicht der SL.
In einer anderen Runde mit Freunden meiner Freundin, DSA, waren es sechs Spieler(innen), was die Sache erschwerte. Dabei waren drei völlige Rollenspiel-Neulinge, meine Freundin schon nicht mitgerechnet. Wie es bei Neulingen oft so ist (und auch in der o.g. Sorcerer-Runde war), wollten sie erstmal einfach ausprobieren, was mit dem Medium Rollenspiel so geht, sich in bisschen in ihre Charaktere und die Spielwelt hineinversetzen usw. Die obligatorische Kneipen-Gruppenzusammenführung lief da auch ganz gut, die drei Mädels (es waren alles Mädels) hatten Spaß am Tanzen, Flirten und Klauen. Die eine brach dann einen Kampf mit einem anderen Spielercharakter vom Zaun, ohne wirklich erkennbaren Grund, und ab da ging es bergab. Hier hätte man wohl besser einmal kurz die Grundlagen geklärt: Wie denkt dein Charakter? Was für eine Art von Welt ist es, die wir hier erschaffen? Ist dir klar, dass du den anderen den Spaß verderben kannst, wenn du a) die Gruppe sprengst und b) deinen Charakter ohne erkennbare Motivation irgendwelche Dinge tun lässt?
Zu allem Überfluss fing der SL dann auch noch an, sein vorbereitetes Abenteuer zu Railroaden, und schnitt den drei Mädels damit ihre in voller Fahr befindlichen Aktionen einfach ab. Er erkannte dies aber nicht als Fehler, auch in einem späteren Gespräch konnte ich ihn nicht davon überzeugen. Dabei war es offensichtlich: Bei der Kneipen-Szene waren die drei Mädels voll bei der Sache gewesen; sobald Schiffe, Piraten, Kämpfe und derlei Unfug ins Spiel kamen, waren sie abgelenkt, redeten untereinander über andere Sachen und leisteten ihre Beiträge, soweit diese vom SL eingefordert wurden, eher lustlos. Spaßmangel ist ziemlich leicht zu erkennen, die Ursachenforschung ist der schwierigere Teil, aber hier war auch die leicht.
Wiederum ganz anders lief es in unserer Artesia-Runde, die nur aus alten Rollenspiel-Veteranen besteht. Da konnten wir bereits bei der Charaktererschaffung ganz explizit über unsere Pläne, Ideen und Vorlieben sprechen. Und auch während des Spiels wird dieser Dialog fortgesetzt, gelegentlich Manöverkritik geübt, es werden Wünsche an den SL geäußert bzw. von diesem abgefragt. Mit so viel Selbsteinschätzung würde man Neulinge, die das Rollenspiel gerade erst kennen lernen, total überfordern, da muss man als SL ein bisschen mehr den Takt angeben, aber gleichzeitig auch mit entsprechendem Feingefühl erspüren, was bei den Spielern ankommt und in welche Richtung das Spiel geht.
Für alle diese Beispiele gilt, dass Spielspaß nur (richtig) funktioniert, wenn man alle mitnimmt. Wenn ich einem Spieler sein „Spotlight“ gebe und das die anderen total langweilt, vielleicht sogar nervt, bringt es wenig, wenn ich danach einem anderen ebenfalls ein „Spotlight“ mit umgekehrten Vorzeichen gebe. Es allen recht zu machen, geht eben nur unter bestimmten Voraussetzungen. Klar gibt es immer graduelle Unterschiede zwischen den Interessen der Spieler. Und klar haben Spieler breit gefächerte Interessen. Aber eine ausreichend große Schnittmenge muss vorhanden sein, und in dieser Schnittmenge sollte sich das Spiel im Wesentlichen bewegen.