Da bis jetzt keiner geantwortet habe, werfe ich meinen Senf in den Raum. Du fragst ja danach welche Techniken, die aus RPG-Theorie hervorgegangen sind mir geholfen haben coolere Rollenspielabende zu verbringen. Ich muss sagen: es war die "ganze" Palette! Für Forgesprech empfehle ich übrigens diesen
LinkBevor ich hier weiter ins Detail einsteige muss zu aller erst mal gesagt werden, dass ich das etwas andere Rollenspiel (aka Indie RPGs) erst in Fredis Gruppe kennen gelernt habe. Und wie kann es auch anders sein, wenn man beim Elch spielt, da nutzt man diese ganzen (tollen?) neuen Techniken um zu spielen. Ist natürlich nicht jedermanns Sache, aber bei uns funktioniert es ganz gut. Kann man aber auch an den Diaries sehen, die es von unseren Abenden hier im Forum gibt. In diese Gruppe bin ich damals gekommen nachdem ich in meiner alten Gruppe keinen Spass mehr bei Spielabenden gefunden habe. Ich wollte Partizipieren und nicht gerailroadet werden. Ich wollte tolle Geschichten erzählen und nicht erzählt bekommen. Ich wollte einfach mehr Player Empowerment und bekam stattdessen nur frustige Spielabende. Warum ich das alles hier anführe? Ganz einfach das erlaubt vermutlich einen besseren Einblick warum gerade diese neuen Techniken mir geholfen haben wieder cooles Rollenspiel zu betreiben. (Aber was ist schon cool und überhaupt: was ist schon Rollenspiel?!) Soviel zur Ausgangssituation.
Nun zu den Techniken: In Fredis Gruppe nutzen wir ausschließlich
aggressives Scene framing. Scene framing ist eine Technik wie man sie aus dem Fernsehen kennt:
Scene Framing works just like movies and tv. You cut, cut, cut out anything that doesn't need to happen.
Es werden unwichtige (d.h. für die Story nicht relevante) Szenen übersprungen und die Handlung mit den wichtigen Szenen vorangetrieben. Es interessiert uns nicht wie die Straße aussieht auf der die Helden zwischen zwei Abenteuern entlang reisen. Es würde uns interessieren, wenn die Straße wichtig wäre. Ist sie das nicht ist sie unnötige Color und wir lassen das weg. Aggresives Scene framing erlaubt es uns fokussierter zu spielen. Außerdem sind wir da stark von
PTA beeinflusst wo Szenen nochmal aufgeteilt werden in Charakter Szenen oder Plot Szenen.
Relationship Maps (oder kurz R-Maps) wenden wir immer bei der Charaktererschaffung an. Wenn du genauer wissen willst was es da alles für Möglichkeiten gibt, dann empfehle ich einen
Blick in diesen Thread. In der verlinkten Antwort sind ein paar Hilfreiche Links. Und um das nicht alles nochmal schreiben zu müssen zitiere ich einfach mich selbst:
Wir fangen ohne Charaktere an! Das ist ganz wichtig, denn alles andere wär nur drumherum gebaut. Wir fangen mit ganz Elementaren Sachen an (Mann, Frau, Bruder, irgendwas). Dann setzen wir diese Leute untereinander in Beziehung (Frau hat mit Bruder geheime Affäre/uneheliches Kind(weiß der Teufel was). Dabei achten wir darauf, dass schon ein gewisses Konfliktpotential in den Beziehungen untereinander steckt. Danach werden weitere Personen in das Geflecht eingefügt bis sich das ganze "richtig" und fertig anfühlt. Im Idealfall sollte jeder Spieler am Tisch eine Idee oder Vorstellung in der Map untergebracht haben. Das kann von Verbindungen über Charaktereigenschaften bis hin zu einer Berufsbezeichnung alles mögliche sein. Erst danach werden die Personen verteilt. Im Idealfall sollte es nun den Spielern nun möglich sein einen der entstandenen Personen ohne große Probleme auszuwählen. Man bekommt ne gute Vorstellung davon wer sie sind und wie sie zu den Leuten stehen.
Kicker: Auch wenn bei den letzten Spielen die wir gespielt haben Kicker nicht immer Kicker genannt werden nutzen wir dieses Mittel auch. Ein Kicker ist einfach ein Konflikt, der vor dem Abenteuer stattfand und durch den der Charakter ins Abenteuer katapultiert wird. Der Kicker dient dazu direkt in das Spielgeschehen einzusteigen - einen Start in medias res, direkt zur Sache, ohne langatmige Kennenlerndialoge, oder vom SL vorgegebene Aufträge. Getreu dem Motto „Ich will spielen - und zwar jetzt. Sofort!!!"
Wie schon gesagt wird bei uns der Kicker öfters mal versteckt angewendet. Das heißt sowas wie ein Kicker ist, weil wir bei der R-Map, also der Char-Erschaffung, darauf achten genügend Konfliktpotential einzubauen, schon in den Charakteren angelegt. Hier gehen bei uns die Techniken in einander über bzw. es lässt sich nicht mehr so ohne weiteres feststellen wo welche Technik aufhört und eine andere anfängt.
Eigentlich alles was wir spielen nutzt
Conflict Resolution als Auflösungsmethode. Ich weiß nicht ob das auch unter "Techniken" fällt, aber ich erwähne es hier der Vollständigkeit halber, da es ein Mittel ist um mehr Dramatik ins Spielgeschehen zu bringen. Genauso wie
Issues oder
Bangs. Auch wenn einige Rollenspiele das schon in ihren Regeln integriert haben, sollte man das als Technik erwähnen. Für mich werden Charaktere einfach runder wenn sie ein "Issue" haben. Ein Issue ist so was wie ein Problem, das einem unter den Nägeln brennt, das zentrale Thema des Charakters; das Kernproblem, der zugrunde liegende Konflikt im Charakter. Das ermöglicht bei SL-Zentrierten Spielen Bangs, also Szenen die genau auf die Issues zugeschnitten sind, zu entwerfen und den Charakter damit zu konfrontieren. Wie schon gesagt werden damit für mich die Charaktere und auch die Stories runder. Getreu dem Motto don't try to make me feel like i live there, make me care about it.
zum Schluss noch ein paar gesammelte Weisheiten aus dem Netz die besser verdeutlichen können was ich durch den Einsatz dieser Techniken dazu gewinne bzw. ermöglicht wird:
- character-driven stories
- characters have wants, which are made during character creation
(The whole point of playing them is to see if the characters will move closer to a win, lose or draw in the attempt to fulfill their wants)
- the goal is an entertaining story ("Story Entertainment": that means storyies are driven by the emotions and personal goals of the characters)
- story doesn't work without characters. The primary tool is Character. Characters drive the narrative of all stories.
- Character is action. The best way to reveal your character is not through on an esoteric monologue about pipe and tobacco delivered by your character, but through your character's actions. Actions must grow from the roots of Goals.
Ich glaube es wird deutlich das eine Verzahnung dieser Techniken das Erzählen einer guten Story ermöglicht. Einer Story die von den Charakteren vorangetrieben wird und nicht aus sich selbst heraus und nur um des Erzählen willens. Das ist es worum es mir mittlerweile beim Rollenspielen geht.
So das wars erstmal von mir
Toast
P.S. ncoh 50 Beiträge und ich hab die 500er Grenze erreicht