Allerdings sollte man sich auch bewust sein, dass die Reaktion "Mein Charakter ist halt so!"
nicht unbedigt sofort dem Spieler die Schuld in die Schuhe schieben muss.
Natürlich ist diese Aussage eine Schutzbehauptung, damit sich der Spieler nicht weiter erklären muß.
Im Voraus ist aber einiges passiert, was man näher betrachten sollte.
Die vom Spieler erklärte Handlung stößt auf Kritik und er soll die Beweggründe äußern.
Da stellen sich folgende Fragen:Warum die Handlung des Charakters?
Diese Frage nach den Beweggründen, die wird ja laut gestellt, und kann scheinbar nicht ordentlich beantwortet werden.
Dementsprechend überspringen wir diesen Punkt
Denn es geht weiter:Warum die Kritik?
Und da kommen wir zum Kasus - warum wird die Handlung denn kritisiert?
Weil sie Mißfallen erregt, Spielspaß zerstört, unlogisch erscheint, doof ist, etc. pp.
So, okay, aber da die Frage: War das vorher klar, dass dies so kommen würde?
Gabs da irgendwelche Absprachen? Gruppenvertragliche Abmachungen?
Wenn ja, dann ist klar, dass er gegen Abmachungen verstößt und dann muss man die
Frage nach dem "Warum" nicht stellen.
Aber wenn es dazu keine Abmachung gab, dann ist der Spieler eigentlich frei
in seinen Entscheidungen - genau damit wirbt Rollenspiel doch immer...
Den Typen, der das Mißfallen erregt anzuprangern ist einfach - klar:
Er hat eine Entscheidung getroffen, die sich nachher als nachteilig erweist.
Na und??? Das mach jeder Mensch jeden Tag.
Ich zieh morgens bei Sonnenschein nur ein T-Shirt an und werd nachmittags naß, weils regnet.
Dumm gelaufen!
Und genauso will der Typ grad nicht seine Beweggründe nicht preisgeben - nicht können, nicht wollen, warum auch immer.
Ja, auch das ist nicht besonders schön, denn wir wollen ja verstehen, warum der Depp so handelt.
(wollen wir das eigentlich wirklich, oder ist die eigentliche Intention nicht die,
dass wir gern seine Beweggründe auseinandernehmen, damit er die Entscheidung revidiert...?
Wollen wir nicht eigentlich dass er eine andere Aktion ankündigt...)
Aber er will oder kann eben nicht erklären, was ihn dazu getrieben hat.
Vielleicht ist es ihm schlicht weg peinlich.
Oder er hat keinen Bock mehr, ewig die blöden Fragen der Klugscheißerfraktion zu beantworten.
Was jetzt aber bizarr ist, ist, dass darüber so ein Faß aufgemacht wird.Am liebsten sind mir dann die genau so stereotypen Reaktion, wie "wenn Du das machst, dann... (Stimme bebt) dann... dann muss mein Charakter Dich töten... weil... weil... (Stimme bebt)..." und hier folgt meist dann irgendeine genauso schwachsinnige Begründung, so dass der Typ besser gesagt hätte "...weil mein Charakter ist eben so."
Mir stellt sich da die Frage:
Was helfen die Beweggründe eigentlich weiter?Nehmen wir mal an, der Typ zündet die Atombombe in Tokio und alle Charaktere sind tot.
Berechtigter Frust aller Mitspieler. Kampagne vorzeitig zu Ende, alle können heimgehen.
Da taucht die Frage auf: WARUM HAST DU DAS DENN JETZT GEMACHT?
Okay, aber jetzt kommt nicht "weil mein Charakter so ist"..
Sondern jetzt ist der Typ zufällig mal eloquent und liefert eine Begründung die sich gewaschen hat.
Und? Geht es jetzt irgendeinem besser?
Nein, Charaktere sind immer noch tot, die Kampagne immer noch gestorben und man hat sich selber gerade als Idiot entlarvt...
So also:
Die Antwort ist doof, darüber müssen wir uns nicht streiten.Aber:
Die Frage, die diese Antwort auslöst, ist genauso dämlich!Denn sie führt zu nichts, löst nur Diskussion aus, unterbricht das Spiel und löst Frust aus.
Und wenn man sich dann also an die Regel 1 "Spiele nicht mit Deppen" hält, muss man beide rausschmeissen.
Besser wäre die Frage: Hättest Du nicht etwas anderes machen können?
oder konstruktiver: MAch doch besser dies und jenes...
oder noch konstruktiver: einfach die Fresse halten, abwarten, bis man eine bessere Gelegenheit hat, das zu klären und es dann besprechen.
Denn mitten im Spiel sind die Emotionen groß, die Leute sind geladen und schnell artet alles in Rechthaberei aus.
Lieber eine Nacht drüber schlafen und sich dann zusammensetzen.
Denn dann fällt es dem anderen auch viel leichter, zuzugeben, dass die Handlung eigentlich dämlich war.
Mir sind, ehrlich gesagt, beide Fraktionen zuwider.
Ich finde die Typen, die Mist bauen und sich dann hinter ihrer Rolle verstecken, zum Kotzen.
Ich hab nichts gegen Typen, die Mist bauen oder was entscheiden, was ich scheisse finde.
Nur sollte man das auch zugeben können oder dazu stehen können. Zumindestens im Nachhinein.
Aber genauso zum Kotzen finde ich die Klugscheißer- und Sozialpädagogenfraktion,
die sich hinsetzt, die Arme verschränkt und von der man dann "Du, das finde ich jetzt aber irgendwie nicht wirklich gut, du.
Laß uns doch mal zu zweit in einen Kreis setzen und eine Gruppendynamik bilden." hört,
oder der man stundenlang alle Beweggründe und logischen Schlußfolgerungen auseinander basteln soll, wie man jetzt zu dieser Entscheidung kam.
Denn letztendlich ist es doch klar, was die Klugscheißerfraktion möchte:
Sie möchte die Entscheidung revidieren, die der Spieler getroffen hat.
Sie will die Entscheidungsfreiheit einschränken.
"Du kannst tun was Du willst im Rollenspiel!" (solange Du nichts machst, was wir nicht wollen)
Was mich daran nervt ist vor allem die Scheinheiligkeit, nach den Beweggründen zu fragen.
Als ob die Motivation irgendwas daran ändern würde, dass die Typen in die Entscheidungsfreiheit des anderen eingreifen.
Dabei ist der Eingriff ja gar nichts schlimmes.
Dies passiert laufend, allein bei den getroffenen Vorbedingungen wie
"Charaktere müssen Gruppentauglich sein" oder
"Charaktere müssen abenteuertauglich sein" oder
"in dieser Kampagne sollten Charaktere keine böse Gesinnung haben"...
Ja, okay, Eingriff ist doch legitim.
Die Frage nach den Beweggründen ist aber scheinheilig.
Und damit ist der Fragende genauso Depp wie der, der antwortet.
Der der Antwortet hat sowieso verloren, egal was er sagt.