Autor Thema: Deutschsprachige Pulpliteratur?  (Gelesen 6720 mal)

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Offline tartex

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Deutschsprachige Pulpliteratur?
« am: 15.08.2007 | 20:54 »
Hallo. Ich habe Karl May nie gelesen und nichtmal irgendeinen Old-Shatterhand-Film gesehen oder so.
Demzufolge kann ich nicht im geringsten beurteilen, ob das jetzt Pulp ist.
Und wenn in welcher Form. Sind die Helden übermenschlich oder besser gesagt das, was wir Rollenspieler wohl cinematisch nennen?

Heftromane dagegen sind ja zumindest von ihrerer materiellen Grundlage eindeutig Pulp. Leider liegt meine Perry-Rhodan-Lektüre auch schon mehr als ein Jahrzehnt zurück, dass ich das nicht mehr beurteilen kann. Wenn dann würden mich ohnehin die Hefte aus den Sechzigern interessieren. Entspricht das einem heutigen Verständnis von Pulp?

Und die ganzen Dämonenjäger und Jerry Cottons? Was ist mit denen?
« Letzte Änderung: 15.08.2007 | 21:12 von tartex »
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Offline Selganor [n/a]

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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #1 am: 15.08.2007 | 21:04 »
Die deutschen Heftromane sind schon durchaus das Equivalent zu den Pulp Novels in Amiland.

Wobei Pulp oft auch gerne mit entsprechender Zeit so um den 2. WK (durchaus aber auch mal etwas laenger davor oder danach) gleichgesetzt wird.

Eine Seite auf der einige Pulp Novels zum Download bereitliegen ist http://pulpgen.com/pulp/downloads/list_by_mag.php evtl. hilft das ja etwas.
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Offline tartex

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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #2 am: 15.08.2007 | 21:12 »
Danke, mit den US-Sachen kenne ich mich aus.
Deshalb frage ich ja auch explizit nach den Regeln der deutschen Sachen.

Anmerkung: Ich habe versehentlich den Namen Karl May im ersten Posting ausgelassen. Habe ich jetzt nach gereicht. Den gibt es übrigens auch beim Gutenberg-Projekt.
« Letzte Änderung: 15.08.2007 | 21:14 von tartex »
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Offline tartex

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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #3 am: 15.08.2007 | 21:17 »
Vielleicht sollte ich meine Frage auch nochmals klarer formulieren!

Welche deutschsprachige Literatur, die nicht aus den letzten 30 Jahren stammt, entspricht dem Verständnis von Pulp, das Rollenspieler heute haben?
Ein Verständnis, das wohl viel stärker durch Hollywood und natürlich RPGs, als durch Literatur geprägt ist.
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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #4 am: 16.08.2007 | 09:02 »
Da möchte ich doch direkt eine Gegenfrage stellen: Was versteht man unter Pulp? wtf? ODER: Was versteht ein Rollenspieler unter Pulp? wtf?

Offline Vanis

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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #5 am: 16.08.2007 | 09:59 »
Also ich würd Holbeins Hexer-Zyklus in die Pulpecke stecken, kann aber nicht genau sagen warum. Vielleicht weil es sehr kurzweilig ist? Trivial?
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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #6 am: 16.08.2007 | 10:20 »
Wenn Du Star Trek TOS als Pulp ansiehst, dann ist Perry Rhodan das auch. Oder wie es Boba auf dem Treffen so schön gesagt hat: "Enterprise mit Kirk und Co hat alles von Perry Rhodan geklaut!" ;)
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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #7 am: 16.08.2007 | 10:20 »
Die Anfangszeit von Perry Rhodan (die ersten 500 - 2000 Hefte) in jedem Fall.
Ich lausche grad den Silberbänden als Hörbuch, wo die Hefte zusammengefasst sind, und das ist ultrapulpig.
Es gibt noch mehrere PR Clone in Sachen Pulp SF.

John Sinclair würde ich auch in die Richtung stecken.

Bei Jerry Cotton bin ich nicht sicher inwiefern der überhaupt deutscher Natur ist,
in jedem Fall ist er extrem Pulp.

Raumschiff Orion fällt mir noch ein, gab es auch als Romane.

Dann gab es noch etliches an wild west krams - Lassiter und so. ;)

Gab es eigentlich mal irgendwelche Heft-Serien (a'la Rhodan) im Fantasy Genre (also Tolkienesk oder ähnlich)?
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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #8 am: 16.08.2007 | 10:29 »
M.E gibt es keinen deutschsprachigen Pulp. Karl May hat klassische Abenteuergeschichten geschrieben. "Pulp" mit "Groschenheft" zu übersetzen, stimmt nur teilweise. In England würde man von "Penny Dreadful" reden.

Also wäre die landläufige Vorstellung von "Pulp" wohl eher die typische amierikanische triviale Abenteuerliteratur von ca. 1930-1960 sowie deren Retro (bestes Beispiel: Indiana Jones).

Es mag Vergleichbares in Deutschland gegeben haben, das meiste ist jedoch - gottseidank - in Vergessenheit geraten, da häufig tendenziös rassistisch oder sogar faschistisch. Als einziger Autor fällt mir Hans Dominik ein, der aber im Wesentlichen SF geschrieben hat.
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Offline Falcon

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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #9 am: 16.08.2007 | 11:01 »
ich kenne wenig Begriffe, die so schwammig sind wie Pulp.
Wenn man es auf die Groschenhefte von grob 1930-60 überträgt wirds zwar etwas klarer aber die Zeit ist nunmal vorbei und wenn man bedenkt WAS alles für Stories und Genres da verwurstet wurden kommt man schnell auf den Gedanken fast alles fantastische (teilweise auch Krimi,Detektivgeschichten) als Pulp zu bezeichnen, wenn man den Begriff heute benutzen will, was natürlich absolut nicht mehr hilfreich ist.

Deswegen neige ich eher dazu es an der Erzählweise (wie z.b. gibts einen Held, was kann er? ) festzumachen.
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Offline Yerho

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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #10 am: 16.08.2007 | 11:39 »
Pulp ist heutzutage gefühlsmäßig mit Retro verbunden, was damit zu tun hat, dass Inhalte und der Stil der Ursprung-Epoche des Pulp absichtlich oder unabsichtlich Verwendung finden.

Der Heftroman hierzulande war und ist beispielsweise definitiv Pulp, sowohl von der Machart als auch den Inhalten her. Es geht darum, seichte Inhalte mit hohem Unterhaltungswert zu vermitteln. Unterscheiden wird nicht zwischen guter und schlechter Literatur, sondern zwischen gutem und schlechtem Pulp, was wiederum am Unterhaltungswert festzumachen ist.

Und wenn ich "seicht" schreibe, heißt da noch nicht einmal, dass Pulp nicht mit originellen Ideen aufwarten kann, oder dass ein - wie auch immer gearteter - Mehrwert grundsätzlich fehlen muss. Vielmehr liegt die handwerkliche (durchaus literarische) Geschicklichkeit darin, die Formen der Gattung zu beherrschen. Das ist, hinsichtlich des Zwecks betrachtet, das Erzielen von Bekömmlichkeit, selbst wenn die Fähigkeiten zur Rezeption durch die Leser aufgrund einer harten Arbeitswoche temporär abgesunken sind.

Prinzipiell ist und war Pulp nie die Literaturgattung der Menschen mit geringem Bildungsstand, auch wenn dies die ursprüngliche Zielgruppe gewesen sein mag. Damals wie heute sind stammen die Leser aus allen erdenklichen Schichten, und auffälligerweise haben einige der aktivsten Leser einen akademischen Hintergrund. Es scheint da so eine Art Bedarf an geistiger Katharsis zu bestehen - bevor man polieren kann, muss man erst einmal durchspülen.

Es ist auch ein Gerücht, dass Pulp grundsätzlich formal-stilistisch einfach oder sogar "schlecht" sein muss. Klar, der Stil ist geradlinig, unchiffriert, manchmal grob und zuweilen tatsächlich übel ... Aber man muss sich vor Augen führen, dass die AutorInnen das genau so konzipieren. Sich selbstverliebt in Sprache zu suhlen, ist eine Berufskrankheit von Schriftstellern, die sich ihr (häufig undankbares) Metier schließlich ausgesucht haben. Dann gibt es die Möglichkeit, diese Krankheit zu kultivieren, die Konkurrenz darin zu übertreffen und etwas zu schreiben, dass sich abhebt - oder sie zu unterdrücken, und zweckgebunden den marktorientierten Teil des Literaturbetriebs zu bedienen.

Beides erfordert schriftstellerisches Können, und innerhalb des Pulp herrscht der gleiche Druck wie in allen anderen Sparten: Sowohl die Leser als auch die Autorenkollegen sind sehr, sehr strenge Richter - strenger noch als Außenstehende, die sich einfach damit begnügen, Pulp pauschal abzulehnen, ohne sich damit befasst zu haben. Diese Leute sind jedoch für die Gattung sowohl marktwirtschaftlich als auch literaturwissenschaftlich vollkommen uninteressant und somit zu vernachlässigen.
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Offline Wodisch

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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #11 am: 16.08.2007 | 19:18 »
"Pulp" als Begriff hat ja nun gar nichts mit der Qualität oder Originaltät zu tun!
Howards "Conan" ist zum Beispiel explizit "Pulp", aber für *schlecht* wird den hier wohl keiner halten.
Legt Euch erstmal auf eine gemeinsame Definition fest, bevor hier weiter aneinander vorbei diskutiert wird...

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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #12 am: 16.08.2007 | 23:04 »
Die deutschen Übersetzungen von Conan - zu den Originalen kann ich nichts sagen - finde ich schon ziemlich schlecht. Ich finde die etwa auf einem Niveau mit John Sinclair. Davon kann ich 2, 3 Romane lesen, dann habe ich aber genug davon und greife wieder zu etwas mit ein wenig mehr Anspruch.

Letzten Endes gibt es verschiedene Auffassungen von Pulp, ich glaube aber, dass was in der Rollenspielszene heutzutage gerne als Pulp bezeichnet wird, nicht wirklich den Pulp "von damals" bezeichnet. Falcon befindet sich da wahrscheinlich schon eher auf dem richtigen Weg. Im Grunde handelt es sich um ein neuartiges Genre, dass aber - Retro - auf alte Elemente des "eigentlichen Pulp" (die Groschenromane, Weird Tales usw.) zurückgreift und sich auf diese beruft. Da muss man sich wohl mal angucken, was dabei im Vordergrund steht. Und das sind in der Regel relativ einfach gestrickte Storys, die aber auch keine Angst vor plötzlichen Plotwendungen haben - insbesondere durch das Einbringen von neuen Informationen, die dem Leser bisher vorenthalten waren ("Ich bin dein Papa, Luke!" ist demnach Pulp!). Zum Pulp gehört wohl auch, dass die Helden im Großen und Ganzen siegreich sind. Eine hohe Charakterdichte sucht man dann wohl ebenfalls vergeblich, es geht eher um das arbeiten (und spielen!) mit Klischees.
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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #13 am: 17.08.2007 | 09:42 »
bloss weil gerade HIER die Leute (fantasyfans) Conan für Qualitativ gut befinden muss das auch noch lange nichts heissen ;)

die Pulpstories von damals hatten (und wollten) sicher keinen Anspruch auf Qualität (muss gerade an Tarzan denken :) ) auch wenn ich es heute sicher nicht mehr rein auf Qualität festmachen würde, dafür gibt es zu viel Sch***.
wie Narr meinte, die Kriterien von Pulp haben sich verändert, weil das ganze Genre völlig explodiert ist (mMn das größte Genre heutzutage überhaupt) gibts jetzt Unterkategorien. Und darunter befinden sich natürlich auch noch die "originale" wie Conan. 
Wenn ich neumodisch sage "ich hab heute ne gute Pulpstory/nen Pulpfilm gesehen" kann alles möglich gemeint sein, gleichzeitig auch die Originalstories, deswegen taugt der Begriff imho nur noch historisch etwas.
Er ist ja nicht falsch aber ähnlich aussagekräftig wie "ich höre Musik", mit Seitenblick auf die Zeit als es unter Geräuschen nur 3Lieder gab.


« Letzte Änderung: 17.08.2007 | 09:48 von Falcon »
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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #14 am: 17.08.2007 | 11:28 »
Ich denke, es hat keinen Sinn, 'Pulp' als Genre zu verstehen. Der Begriff bezeichnet zunächst einmal eine Publikationsform, eben billig produzierte und verkaufte Heftchen. Pulp Magazine haben alle erdenklichen Genres verwurstet, nicht bloß die üblichen Verdächtigen Fantasy, Krimi, SF und Horror.

Um billig sein zu können, durften die Autoren nicht teuer sein. Um als Autor davon leben zu können oder wenigstens genug dazuzuverdienen, musste ein Autor also viel schreiben. Deshalb ging Quantität leicht vor Qualität, weshalb Pulp oft trivial oder kunstlos erscheint, was aber eine Folge der Arbeitsweise und keine Voraussetzung war. Viele Autoren haben gleich mehrere Pseudonyme benutzt, um im selben Heft mehrere Stories unterbringen zu können. Wenn nun so ein Autor viel Material rausrotzt, sieht er erfolgreich aus und stiftet Nachahmer an (siehe Lovecraft, den nachzuahmen ja geradezu wie ein Volkssport aussieht), wodurch sich dann so etwas wie ein 'Pulp-Stil' zu manifestieren scheint, aber den gibt es erst in der Rückschau auf das Phänomen, nicht als Vogabe.

Da die Gegebenheiten so nicht mehr existieren, hat es auch keinen Sinn, heute nach neuer Pulp-Literatur zu suchen. Wenn heute etwas den in der Rückschau beobachteten 'Kriterien' für Pulp entspricht, dann ist es eine Pastiche, aber kein echtes Pulp.

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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #15 am: 17.08.2007 | 12:36 »
volle Zustimmung.
Wobei es die Billig produzierten Heftchen ja immer noch gibt. Auch wenn die Autoren vielleicht nicht mehr ganz so ausgebeutet werden. ;)
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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #16 am: 17.08.2007 | 13:07 »
Ein gewisser Unterscheid besteht da schon: die heute üblichen Heftromanreihen sind ja keine Sammlungen von Kurzgeschichten. Ein Heftroman mit 64 Seiten könnte locker ein Dutzend der üblichen Pulp-Geschichten aufnehmen. Ich habe ein Taschenbuch 'Best of Weird Tales 1924', und die darin enthaltenen Geschichten würden teilweise vielleicht gerade mal drei, vier Seiten eines Heftromans füllen.

Typisch war auch z.B. die Vorgehensweise, dass zuerst eine Titelseiten-Illustration entworfen wurde, die dann einem Autor gezeigt wurde mit der Auflage, eine Story zu diesem Bild zu schreiben. Man sieht da schon, wo die Prioritäten liegen.

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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #17 am: 17.08.2007 | 14:39 »
Wobei es die Billig produzierten Heftchen ja immer noch gibt. Auch wenn die Autoren vielleicht nicht mehr ganz so ausgebeutet werden. ;)

Anders herum wird ein Schuh daraus: Die Heftchen werden nicht mehr billig produziert, aber die Autoren kommen immer noch auf keinen grünen Zweig, weil sie nach wie vor unter den Bedingungen arbeiten, die schon für die Pulp-Heftchen der 30er Jahre galten. Fluffige, in kurzer Zeit geschriebene Masse sichert die Einkünfte. Durchschnittlich ein Heftroman pro Woche ist für Autoren das Minimum.

Pulp als Publikationsform, als "billig produzierte und verkaufte Heftchen" zu verstehen, funktioniert übrigens prinzipiell nicht:
Ein Romanheft kostet (Beispiel: "Perry Rhodan", also eine vergleichsweise hohe Auflage) 2,60 Euro für 64 Seiten, macht rund 0,04 Euro pro Seite. Ein Taschenbuch hat geringere Auflagenhöhen, ist aber dafür nicht auf Klopapier gedruckt und kostet bei 400 Seiten ungefähr 8,50 Euro, das macht rund 0,02 Euro pro Seite. Eine Romanheft-Seite entspricht knapp zwei Taschenbuchseiten, also vergleichen wir den Seitenpreis für Romanhefte von 0,041/2 = 0,02 Euro mit 0,021 Euro für Taschenbücher.

Merkt ihr was? Heftromane sind aus den Groschenromanen hervorgegangen, entsprechen aber heute dem Preis/Leistungs-Verhältnis gängiger Taschenbücher, die Publikationsform für jede Form von Literatur sind.
Selbst wenn ich Pulp-Hefte im Hardcover mit Ledereinband und Blattgoldprägung neu auflegen würde, bliebe es trotzdem Pulp. Und wenn ich Kurzgeschichten von Kafka in ein wenige Seiten starkes Heft drucken und als Titelbild ein kafkaeskes (und damit durchaus potentiell lockendes) Motiv verwenden würde, wäre es damit immer noch kein Pulp. Das hat also absolut gar nichts mit der Publikationsform zu tun.

Was richtig ist: Pulp ist kein Genre, sondern eine Gattung im Sinne einer Textsorte, die sich durch ihre inhaltliche und stilistische Merkmale von anderen unterscheidet. Das Genre definiert allenfalls die Kulisse, und wer sich mit Pulp beschäftigt hat, der weiß dass dies grundsätzlich austauschbar ist. Typische Plots der Pulp-Literatur können problemlos im Wilden Westen, im Weltraum, in der Großstadt oder in jedem anderen Milieu spielen. Die Arche- und Stereotypen sowie die Abläufe lassen sich problemlos von einer in die andere Kulisse verfrachten.

Pulp als Bezeichnung für die Textsorte ist zwar ein Produkt des ersten Drittels des vorherigen Jahrhunderts, aber die Gattung gibt es noch immer, nur dass sich eben die Publikationsform geändert hat - was vermutlich Ursache für den weit verbreiteten Fehlschluss ist, Pulp wäre mit dem Untergang einer bestimmten Publikationsform verschwunden. Ebenso wäre Wasser verschwunden, weil man es heute nicht mehr in Lederschläuchen, sondern in PET-Flaschen an den Mann bringt.

Übrigens gab es Pulp so gesehen auch schon früher, denn Leseblättchen mit seichten, unterhaltsamen und anregenden Inhalten sind deutlich älter als die Heftchen mit Kurzgeschichten. Es hieß da nur noch nicht Pulp.
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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #18 am: 17.08.2007 | 16:27 »
@Publikationsform: du musst aber den Entstehungsprozeß mit einbeziehen und der war geprägt durch billig und schnell. Da gebe ich Bitpicker völlig Recht. Kant hat die Kritik der reinen Vernunft sicher nicht in einer Woche geschrieben wie früher die Autoren der Pulp Heftchen.
Wie man das Material heute aufzieht tut doch gar nix zur Sache.

Ich bin mit dem Begriff heute immer vorsichtig und sehe das Gros nicht mehr als Pulp im früheren Sinne an. Du hast bei deiner Rechnung natürlich Recht das man so auch die heutigen Heftromane rausnehmen kann.

Bitpicker traf es insgesamt mit Pastiche imho schon sehr gut.
« Letzte Änderung: 17.08.2007 | 16:35 von Falcon »
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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #19 am: 17.08.2007 | 16:44 »
Pulp heißt Pulp, weil sich der Begriff auf das billige, säuregetränkte Papier bezieht, aus dem diese Magazine im Gegensatz zu den glossy magazines für die ganze Familie gefertigt wurden. Die glossy magazines waren überdies deutlich teurer. Niemand hat sich damals hingesetzt und gesagt 'lasst uns ein neues Genre begründen'; man hat lediglich versucht, so günstig wie möglich einen schnellen Thrill für zwischendurch zu produzieren.

Damals sind einige Romane als Fortsetzungsgeschichten geschrieben worden, die heute, in Buchform veröffentlicht, kein Mensch mehr als Pulp bezeichnen würde.

Vergleiche mit den Druckkosten von heute sind sinnlos. Die kann man nur machen, wenn man den Begriff mit aller Gewalt ins 21. Jahrhundert zerren will. Anfang desselben sind tatsächlich 'Pulp'-Magazine erschienen, die sich aber wirklich als Hommage oder Pastiche verstanden. Und sie sind schnell wieder verschwunden.

Details unter 'Pulp Magazine' in der englischen Wikipedia.

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Offline tartex

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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #20 am: 17.08.2007 | 21:45 »
Gab es eigentlich mal irgendwelche Heft-Serien (a'la Rhodan) im Fantasy Genre (also Tolkienesk oder ähnlich)?

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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #21 am: 17.08.2007 | 21:55 »
Und wohl auch Mythor.

Vielleicht hätte ich nicht fragen sollen: was ist deutschsprachige Pulpliteratur, sondern eher:
Welche deutschsprachigen Publikationen fangen den Geist dessen ein, was heute als Pulp verstanden wird?

Ich habe mich ja gleich zu Beginn deutlich von einer Festlegung auf die materialen Grundlagen (das Papier) abgesehen. Obwohl das Argument mit der Länge (und daraus resultierenden evtl. Cliffhangern) ein sehr gutes ist.
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Offline Waldviech

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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #22 am: 17.08.2007 | 22:48 »
Also "Klassischer Pulp" im Stil eines Indiana Jones ? Da dürfte es relativ wenig geben. De facto das Einzige was mir da einfällt ist die Groschenromanreihe "Die Abenteurer", die von Indiana Jones bis Erich von Däniken so ziemlich jedes Klischee über untergegangene Kulturen, Archäologen und Übernatürliches verbraten hatte:

http://www.amazon.de/Abenteurer-Spuren-Atlantis-Neun-Romane/dp/3404137655

Die gibts aber, ähnlich wie Mythor, schon eine ganze Weile nicht mehr.
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Offline tartex

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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #23 am: 18.08.2007 | 11:53 »
Ich sehe keinen Grund das auf Indiana Jones zu beschränken, obwohl ich doch ursprünglich wissen wollte, ob Karl May in die Ecke geht (auch wenn das Jahrhundert ein anderes ist.)

Aber generell sehe ich keinen Grund Fantasy und Sciencefiction auszuschliessen.

Es geht mir eher um so Sachen wie Helden, die in ihren Taten ein Fundament von Realismus hinter sich lassen, eine recht klare Einteilung in Gut und Böse usw. Eigentlich wäre Rassismus usw. auch ein potentieller Teil des Deals... Mir geht es nämlich nicht um Leseempfehlungen, sondern um einen Überblick, was existiert.
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Re: Deutschsprachige Pulpliteratur?
« Antwort #24 am: 18.08.2007 | 11:55 »
@tartex
Das Problem ist, dass Pulps ein ganz anderes Format haben, als es heute favorisiert wird, nämlich das der Kurzgeschichte. Kurzgeschichten werden heute aber nicht mehr veröffentlicht. Und auch die heutige Populärliteratur im Romanformat ist in ihrem Aufbau nicht mit den Fortsetzungsgeschichten der Pulp-Ära zu vergleichen, da sie in längeren Abschnitten organisiert sind.

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