Autor Thema: Wie railroade ich richtig?  (Gelesen 4041 mal)

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Offline Megan

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Wie railroade ich richtig?
« am: 19.11.2007 | 20:29 »
Klingt erstmal komisch, ich weiß.
Die meisten Runden, die ich bisher erlebt habe und alle, die ich selbst geleitet habe kamen um ein gewisses Maß an Railroading nicht herum und das ist gut so. Ein dramaturgischer Bogen kann ja eigentlich erst dann (relativ zuverlässig) entstehen, wenn zumindest einer (meistens der Spielleiter) den Gesamtüberblick hat: Wo kommen wir her, wo soll das Ganze hinführen, welche Stationen liegen auf dem Weg?

Gehen wir also mal ganz klassisch an die Sache ran: Der Spielleiter hat sich einen Plot überlegt und die Spieler spielen los. Dabei sollten sie früher oder später gewisse Stationen erreichen, die sie - wie auch immer geartet - im Plot voranbringen. Wie erreicht man gemeinsam diese Stationen, ohne, dass man alles, was man vorbereitet hat komplett über Board werfen muss (es soll ja auch Leute geben, die weder besonders gut im Improvisieren sind, noch Bock haben, 50 verschiedene Möglichkeiten zu entwickeln, nur um auf alles vorbereitet zu sein) und ohne, dass sich die Spieler gegängelt fühlen?

Ich habe überlegt, was eigentlich genau am Railroading stört und denke, es ist folgendes:
Der Spielleiter hat eine Vorstellung davon, wie es laufen muss und lässt die Spieler nun im mühsamen Trial & Error herausfinden, welcher Weg es denn nun ist, den er sich überlegt hat. Das bedeutet, sie gehen nach links, kommen ein Stück weit und geraten an eine unüberwindbare Hürde, sie drehen um und gehen nach rechts um dort wieder auf eine Hürde zu stoßen. Schließlich nehmen sie den mittleren Weg und erfüllen endlich die Vorstellung vom Spielleiter (ich weiß, das Beispiel hinkt etwas, also bitte erzählt mir jetzt nicht, dass der rechte Weg ja einfach das gleiche Ziel haben könnte, wie der mittlere - so einfach ist das nämlich oft leider nicht).

Überlegung: Wie railroaded man hier richtig? Dazu fallen mir folgende Möglichkeiten ein:
- Der Speilleiter sagt klipp und klar: "Es gibt nur den mittleren Weg, also geht da gefälligst lang." Damit hätte ich kein Problem, man will ja schließlich zum angedachten Ziel, wenn man sich darauf geeinigt hat, dass der Spielleiter sich nen Plot ausdenkt.

- Der Spielleiter sagt: "Euer Ziel ist der Ort XY. Es existiert bisher kein Weg. Erzählt mir, wie ihr da hin kommt." Problem hierbei ist: Aus einem simlplen Weg kann ne ganze Geschichte werden und am Ende wird etwas komplett anderes erzählt, als das, was sich der Spielleiter ausgedacht hat, weshalb er es eigentlich auch hätte bleiben lassen können. Außerdem: Auf diese Weise verrät der Spielleiter ja auch schon das Ziel, was bisweilen auch nicht der Sinn der Sache ist.

Ich fasse zusammen:
- Die Gruppe hat sich darauf geeinigt, dass einer sich einen Plot ausdenkt.
- Zum Lösen des Plots müssen bestimmte Stationen angestrebt werden.
- Der Plot ist das Hauptelement des Spiels.

Wie railroade ich richtig? Was meint Ihr dazu? Seht Ihr noch andere Möglichkeiten?

Joe Dizzy

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #1 am: 19.11.2007 | 20:38 »
Wie railroade ich richtig?

In dem man den Spielern eine Spaßquelle liefert bzw. bietet, die nicht an die Entscheidungen geknüpft ist, die sie für/als ihre Charaktere fällen. Wenn die Spieler etwas im Spiel finden, an dem sie Spaß haben und das nichts damit zu tun hat, wie sie ihre Charaktere handeln lassen, dann kann man (in dem von dir beschriebenen Sinne) richtig "railroaden".

Meistens fallen darunter mitreissende Beschreibungen oder Erzählungen durch den SL, aufwändige Handouts, atmosphärische Musik usw. usf. In der Praxis scheint genau das ja in manchen Runden gut zu funktionieren.

Ein

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #2 am: 19.11.2007 | 20:50 »
Try & Error ist genau das Problem, in der Interactive Fiction nennt man das das "Guess the verb"-Problem, also der Zwang genau die richtige Lösung zu finden, die sich der Autor erdacht hat.

Abhilfe dagegen kann man schaffen durch:

Illusionismus
Das Ziel ist das Ziel, der Weg dahin ist egal. Links, rechts egal. Oben lang, unten lang nur eine Frage der Abwandlung. Mit ein bißchen Übung kann man den Weg zwischen zwei Szenen frei improvisieren.

Schnitte und Cut-scenes
Wen interessiert der Weg. Wir springen direkt von Szene zu Szene und schieben höchstens eine SL-Erzählphase dazwischen.

Offline Friedensbringer

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #3 am: 19.11.2007 | 20:56 »
ok, ich schraube mal meinen iq um 25 punkte runter, damit ich auf klassisches railroading niveau komme und die frage beantworten kann...

um meine interpretation deines wunsches mal zu sondieren:
du willst eine story durchdrücken, in der auch nur passiert was vorbereitet ist, ohne den spielern ständig nur auf die finger zu hauen und ohne trial & error verfahren.

wenn das stimmt wäre meine antwort: motivation!
wenn die spieler hinreichend motiviert sind den mittleren weg zu nehmen, werden sie das auch tun.
Zitat
Meistens fallen darunter mitreissende Beschreibungen oder Erzählungen durch den SL, aufwändige Handouts, atmosphärische Musik usw. usf.
das is zb schon ein richtiger ansatz. wenn man den spielern bzw den charakteren einen bestimmten weg durch irgendwas besonders schmackhaft macht, steigen die chancen dramatisch dass dieser auch gegangen wird.
einziges problem: manchmal wollen spieler trotz aller motivation aus (dem sl unbekannten gründen) doch lieber rechts oder linkslang. dann hilft wohl nur trial & error um wieder auf die mitte zu kommn, was natürlich schon eine form der gängelung ist. das ist eine frage des geschicks wie "gut" man sowas macht.

das ganze hier beschriebene geht davon aus, dass der sl vollkommen unfähig ist zu improvisieren, und auch keine pläne hegt das zu ändern. wenn dem nicht so wäre könnte man da noch bedeutend mehr raus holen (oder anfangen sich von dem railroad-kram zu verabschieden... ach, ich komm ins schwärmen...)
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Offline Purzel

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #4 am: 19.11.2007 | 20:56 »
Die Spieler sollten eingeweiht sein, daß es Stellen im Plot gibt, die nicht ihrer eigenen Entscheidung unterliegen.

Der Spielleiter sollte explizit das Recht zugesprochen bekommen (in den Regeln oder im GruppenKonsens) erzählen zu dürfen, ohne daß ein Spieler ihn unterbricht -- es sei denn, seine Erzählung widerspricht dem Konzept eines SCs völlig, führt zu Logikfehlern (suspension of disbelief), fällt aus dem gespielten Genre ... etc.

Desweiteren sollten solche Erzähl-Phasen nur sehr wenig Zeit des Spiels in Anspruch nehmen. Mittelpunkt eines solchen Spiels sollten immer noch die SCs der Spieler haben, und die meiste Zeit müssen sie die Entscheidungen treffen dürfen.

Erzähl-Phasen sollten die Spieler in eine interessante, neue Situation bringen, Spannung und Aufmerksamkeit erzeugen. Sie sollten nicht anöden und langweilen. Eine SL-Erzählphase sollte eine Erwartungshaltung bei den Spielern auslösen und nicht die Zigarettenpause einleiten.
Ich denke, die Spieler sollten schlicht einfach entlohnt werden dafür, daß sie mal kurz ihren Charakter nicht handeln lassen können.

Bemerkung: ich vermeide das Wort Railroading, da dieser Begriff im Netz negativ belegt ist und jeder ihn leicht anders definiert und er meist dazu missbraucht wird um unliebsame Spielstile zu bashen.

Ein

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #5 am: 19.11.2007 | 21:00 »
Zitat
Desweiteren sollten solche Erzähl-Phasen nur sehr wenig Zeit des Spiels in Anspruch nehmen.
Erzähl-Phasen sollten die Spieler in eine interessante, neue Situation bringen, Spannung und Aufmerksamkeit erzeugen.
Volle Zustimmung. Ein gutes Beispiel sind alte Grafikadventures.

Offline Elwin

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #6 am: 19.11.2007 | 21:02 »
Das Problem ist nicht, dass sich der SL ein Ziel überlegt. Sondern, dass er sich einen (und nur einen) Weg überlegt.
Den Weg zu finden, das ist eine der wesentlichen Aufgaben für die Spieler. Man kann sich natürlich darauf verständigen, dass die Spieler den Weg nicht frei wählen können, aber ich bevorzuge es eher anders: der SL überlegt sich nicht nur einen Weg, sondern mindestens zwei und damit die Spieler diese Wege auch nutzen, macht er sie ihnen schmackhaft. Das klingt ein bisschen nach Lockangebot aus der Werbung, naja, warum eigentlich auch nicht? Das funktioniert auch mit nur einem Weg, aber dann muss das Lockangebot so gut sein, dass die Spieler drauf eingehen müssen. Daher hab ich lieber nen Failsafe.

Gruß
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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #7 am: 19.11.2007 | 21:04 »
Das ist aber kein Railroading. :P

Offline Purzel

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #8 am: 19.11.2007 | 21:16 »
Achja, man sollte auch darauf achten, daß den Spielern durch eine SL-Erzählphase kein echter Nachteil entsteht. Wenn die Spieler dem SL vertrauen können, daß er ihre SCs pfleglich behandelt, erst dann können sie sich entspannt in eine Erzähl-Phase begeben ohne zu befürchten daß
  • ihre SCs plötzlich ohne Ausrüstung dastehen
  • sie in eine unüberwindliche Gefahr geraten
  • ihre SCs gezwungen werden etwas offensichtlich Dummes zu tun
  • ...
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D.h. meiner Meinung nach aber auch, daß manche Plots grundsätzlich einfach nicht spielbar sind, z.B. Romane, in denen die Charaktere eben dumm handeln, oder einfach völlig unfaire und zufällige Dinge passieren.

Ein guter Anhalt zum Identifizieren schlechter Plots mag folgendes sein: wenn du dir die Geschichte, die du nachspielen willst, durchliest und dir denkst: "Die Hauptcharaktere sind aber schön blöd" oder "Dieses Ereignis ist ganz schön an den Haaren herbeigezogen", dann versuch besser nicht daraus ein Abenteuer zu machen.

Offline Megan

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #9 am: 19.11.2007 | 21:17 »
@Georgios: Mir ist vollkommen klar, dass diese "Szenen" für die Spieler nicht die Essenz des Spiels sein dürfen. Die Elemente, die du genannt hast finde ich jedoch gut geeignet um den Erzählsequenzen des Spielleiters interessanter zu gestalten und machen dann wiederum soetwas "legitim". Guter Punkt.

@Ein: Ich habe lange Zeit praktisch nur szenisch gespielt. Finde ich gut, aber ich muss gestehen, dass eine gewisse Kontinuität auch seinen Reiz hat. Wahrschinlich sollte man hier eine gesunde Mischung finden.

@fb / bad bad mood:
ok, ich schraube mal meinen iq um 25 punkte runter, damit ich auf klassisches railroading niveau komme und die frage beantworten kann...
Vollkommen überflüssiger Kommentar. Warum gleich beleidigend werden?  ::)

Ich habe mich bewusst für den Begriff Railroading entschieden. Mir ist klar, dass er sehr negativ behaftet ist, aber nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Schluß gekommen, dass es genau das ist, was nunmal in einem Großteil der runden passiert. Und zwar genau dann, wenn der Spielleiter eine gewisse Vorstellung von einer Story hat, die er erzählen will. Das ist nunmal im klassischen Spiel so und ich kenne einen Haufen gute Spieler und Spielleiter die immer in irgendeiner Form Gebrauch davon machen müssen.

Motivation ist jedoch ein guter Punkt, klar. Über diesen Weg gehe ich eigenltich meistens. Erfordert, dass man gut einschätzen kann.

@Purzel: klingt plausibel. Dein Weg setzt vorraus, dass der Spielleiter die Motivation de Charaktere gut kennt. Ich denke, das lässt sich auch gut kombinieren mit dem, was Georgios geschrieben hat.


Offline Megan

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #10 am: 19.11.2007 | 21:23 »
Nochwas: Mein Problem liegt nicht darin, dass die Spieler nen anderen Weg gehen. Solange sie im ähnlich gespanntem Rahmen (also z.B. zeitlicher Rahmen, dramaturgischer Stellenwert) an besagtes Ziel kommen ist es mir relativ egal, *wie* sie da hin kommen, aber es ist ja oftmals so, dass sie dann halt in ne komplett andere Richtung laufen, so, dass das Ankommen eher kompliziert wird.

Auch für mich als Spieler ist es im übrigen angenehmer, wenn ich weiß "aha, mein SL will da lang, also werd ich jetzt nicht ne 180°-Wendung machen und in die komplett entgegengesetzte richtung laufen".

Es geht drum, nicht komplett gegen die Story des Spielleiters zu arbeiten, den man zum Planen einer Story "verdonnert" hat.

Offline Thalamus Grondak

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #11 am: 19.11.2007 | 21:27 »
Also wenns tatsäclich Railroading sein soll, und kein Illusionismus, dann hilft tatsächlich nur Motivation.
An jedem scheideweg muss den Spielern klar gemacht werden, das es zwar 3 Wege gibt, aber nur dieser eine wirklich lohnenswert ist.
Da ist Illusionismus eigentlich immer der bessere weg, und IMHO auch noch leichter vorzubereiten, da man nur eckpunkte und keinen ganzen weg vorzeichnet.
Man kanns natürlich wie Chris schrieb, so machen, das man mehrere feste wege plant, aber die spieler sind selten konsistent, so das es gut sein kann, das sie die möglichkeiten der verschiedenen Wege miteinander vermischen und am ende garnicht mehr weiterkommen.

Wenn es also wirklich striktes Railroading sein soll ist wohl ein führer-nsc(also einer der den weg vorgibt, nicht der andere ;) ) besser als ein try & error
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Offline Elwin

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #12 am: 19.11.2007 | 21:29 »
Das ist aber kein Railroading. :P
Merkwürdig. Das wurde schon von mehreren Seiten als Railroading bezeichnet, allein aus dem Grund, dass man nämlich den Spielern Anreize gibt, bestimmte Wege zu wählen. ;)

(Mein obiger Post kann natürlich auch so gelesen werden, dass es gar nicht so schwierig ist, Railroading zu reduzieren.)

Gruß
Chris
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Offline Purzel

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #13 am: 19.11.2007 | 21:31 »
Sehr hilfreich kann es sein zum Anfang des Spielabends von vorneherein einen Wink mit dem Zaunpfahl zu setzen: z.B. Western City, das spielleiterlose Rollenspiel von Jörg, legt am Anfang des Spielabends Ziele fest. Im Prinzip könnte der SL einen kleinen Tipp, einen winzigen Spoiler geben, sowas wie "Heute abend erforschen wir den Schwarzen Turm" oder "Wird es euch gelingen das Königs-Zepter nicht in die falschen Hände geraten zu lassen?"

Wenn dann die Spieler trotzdem in eine völlig andere Richtung rennen, dann grenzt das schon an Mutwilligkeit.

Ein

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #14 am: 19.11.2007 | 21:36 »
@Megan
Ich bevorzuge auch eindeutig Illusionismus, um die Spieler von Szene zu Szene zu transportieren. In jeder Szene versuche ich dann wiederum den Spielern deutlich klar zu machen, wo es lang gehen soll. (So wie Purzel das schon meinte.) Die Kontinuität ergibt sich dann im Grunde durch die Abwechslung von Plotszenen (das Ziel) und Free-Play (der Weg).

Offline Thalamus Grondak

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #15 am: 19.11.2007 | 21:41 »
Es geht drum, nicht komplett gegen die Story des Spielleiters zu arbeiten, den man zum Planen einer Story "verdonnert" hat.
Da ist es vor allem wichtig, das die Spieler das Ziel kennen. Sie müssen natürlich nicht den Lösungsweg kennen, aber ihnen sollte klar sein, ob du von ihren Charakteren die Aufklärung des Königsmordes verlangst, oder das finden des Thronfolgers.
EDIT: der Purzel war schneller...

Natürlich verbaut man sich dadurch die besonders schönen Intrigen und mehrfach verschachtelten Verschwörungs-Plots, aber Railroading ist auch nur für eine bestimmte art des spielens gut geignet, aber dafür besonders gut, wenn die Spieler sich drauf einlassen.

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Offline Friedensbringer

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #16 am: 19.11.2007 | 21:43 »
@fb / bad bad mood:Vollkommen überflüssiger Kommentar. Warum gleich beleidigend werden?  ::)

Ich habe mich bewusst für den Begriff Railroading entschieden. Mir ist klar, dass er sehr negativ behaftet ist, aber nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Schluß gekommen, dass es genau das ist, was nunmal in einem Großteil der runden passiert. Und zwar genau dann, wenn der Spielleiter eine gewisse Vorstellung von einer Story hat, die er erzählen will. Das ist nunmal im klassischen Spiel so und ich kenne einen Haufen gute Spieler und Spielleiter die immer in irgendeiner Form Gebrauch davon machen müssen.

Motivation ist jedoch ein guter Punkt, klar. Über diesen Weg gehe ich eigenltich meistens. Erfordert, dass man gut einschätzen kann.

beleidigt wird, wer sich beleidigen lässt. oder anders gesagt: ich wollte nicht beleidigen. deine ansage klang nur extrem niveaulos. nach dem motto "möglichst einfach leiten, ohne denken - wie bewerkstellige ich das". und das ist schon länger so garnimmer mein stil. (naja, eigentlich nie gewesen)
außerdem muss man nicht railroaden um eine geschichte zu erzählen... aber das führt zu weit und ist eine andere diskussion. für deine frage gilt imho weiterhin: motivation ist das einzige was hilft um spieler ohne improvisation und ohne illusionismus trotzdem ohne trial & error auf weg zu halten. das ich (wie wohl die meisten hier) andere varianten bevorzuge ist was anderes.
nochmal sorry, wollte nich beleidigen.
Zitat von: Ludwig Wittgenstein
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Offline Megan

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #17 am: 19.11.2007 | 21:47 »
ich weiß, das führt jetzt wieder in den blöden Definitionsbereich und das wurde auch schonmal durchgekaut, aber ist nicht Illusionismus eine subtile Form des Railroadings?

Somit wäre das ein Lösungsansatz, der wieder genau den Punkt Motivation trifft, oder?!

Ein

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #18 am: 19.11.2007 | 21:50 »
Ja, Illusionismus ist Railroading für Erwachsene. Man ist sich klar darüber, dass man sich was gegenseitig vormacht, aber man weiß auch, dass das ganze zum größeren Wohl der Gruppe ist. Weil man aber erwachsen ist, kann man darüber weg sehen, den sozialen Spielregeln folgen und viel Spaß haben.

Offline Purzel

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #19 am: 19.11.2007 | 21:56 »
@ Ein:

Das ist Partizipismus ;D
Illusionismus ist Railroading, ohne daß die Spieler was davon merken. Sie denken, alle ihre Entscheidungen wären von Belang. In Wirklichkeit dreht der SL sein Ding.

@ Stichwort Motivation:

Ich greife mal Megans Annahmen auf: a) der SL denkt sich den Plot aus, b) es gibt gewisse, festgelegte Stationen. Wenn ich noch annehme, daß der SL c) seine Spieler und ihre Charaktere kennt, dann kann er die festgelegten Schlüsselsituationen gleich so anlegen, daß sie mit den Motivationen der SCs und der Spieler zusammenfallen (Stichwort: Flaggen).
Beispiel: Für eine Gruppe, die aus einem Zwergenholzfäller, einem Söldner und einem Kampfmagier besteht, macht es keinen Sinn eine Schlüsselsituation anzulegen, in der es darum geht mit der Nymphe im Mondlicht zu tanzen. Das machen die nie!!!
« Letzte Änderung: 19.11.2007 | 22:00 von Purzel »

Offline Thalamus Grondak

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #20 am: 19.11.2007 | 22:05 »
Nein Purzel, auch und gerade beim illusionismus ist sich eigentlich jeder bewußt was abgeht, man kann es nur verdrängen.
Illusionen funktionieren nur, wenn man sich drauf einlässt.
Dein letzter punkt ist sehr wuchtig, wenn man seine Spieler nähmlich kennt sind Railroading und Illusionismus nur noch Notausgänge.
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Offline Purzel

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #21 am: 19.11.2007 | 22:27 »
Dein letzter punkt ist sehr wuchtig, wenn man seine Spieler nähmlich kennt sind Railroading und Illusionismus nur noch Notausgänge.
Joo, wenn man das schafft, dann braucht man (fast) nicht mehr railroaden. Eben das wonach Megan meiner Meinung nach gefragt hat: der SL denkt sich was aus, er hat ein paar feste Stationen im Kopf, er schafft quasi eine klassische Grundsituation für einen potentiell gerailroadeten und möglicherweise frustrierenden Abend. Aber mit den entsprechenden Techniken und Wissen kann man die Klippe umschiffen.

EDIT: ein wenig ergänzt.
« Letzte Änderung: 19.11.2007 | 22:36 von Purzel »

Offline Thalamus Grondak

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #22 am: 19.11.2007 | 22:47 »
Deshalb sollte man railroaden und ähnliches immer nur als technik begreifen, nicht als komoletten Spielstil. Niemand railroaded immer, und Niemand railroaded niemals.

Also um auf die Threadfrage zurückzukommen: Richtig railroaden kannst Du indem du diese Technik als das nutzt, was sie ist: Ein Ausweg in Situationen in denen alles andere den Spielspaß mehr erdrücken würde, als das Gefühl geleitet worden zu sein.
« Letzte Änderung: 20.11.2007 | 10:06 von Thalamus Grondak »
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Offline Meisterdieb

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #23 am: 19.11.2007 | 23:04 »
Die einfachste Möglichkeit zu railroaden (ohne dass die Spieler allzuviel davon mitbekommen): egal, welchen Weg von den dreien aus deinem Beispiel sie einschlagen, er wird sie zum Ziel führen.
Was ich mich bei deiner Ausgangsfrage noch interessiert, welche Art railroading meinst du?
Es gibt mMn 2 Grundarten: a) es gibt nur einen Weg (die anderen sind Sackgassen)
b) es gibt nur einen richtigen Weg, alle anderen gehen überhaupt nicht oder sind um etliches schwerer

Mir scheint es fast, als ob alle, die in "traditionellen" Runden spielen (also einer als SL , der Rest als Spieler) railroading eher nicht negativ werten, und diejenigen, die System bevorzugen, in denen diese Rollen weniger fest fixiert sind, den Begriff eher negativ deuten.
So wie ich das sehe, gib es gewisse Abenteuer-Arten, die eher zum railroaden neigen als andere: z.B. Detektiv-Abenteuer oder Dungeon-Abenteuer. Denn hin und wieder gibt es eben nur "einen" Weg, um etwas zu machen. Wenn die Spieler in einen Raum kommen, der nur einen Ausgang hat, dann hat er halt nur einen Ausgang.
Ich glaube nicht, dass railroading an sich schlecht ist, sondern eher die Art, wie es eingesetzt wird. Genauso wie es Leute geben mag, die Player Empowerment oder Storytelling oder...oder... nicht mögen, das macht diese Techniken aber nicht "gut" oder "schlecht" an sich.


Aber um die Frage zu beantworten ist es vielleicht auch wichtig, auf die Spieler zu schauen; was für Vorlieben haben sie, wie spielen sie?
Um zum Beispiel zurückzukommen:
Wollen sie die Abzwiegungen erforschen, weil sie nicht wissen, welches der richtige Weg ist, oder weil sie gerne ins Unbekannte schauen?
Sind sie auf das (End)Ziel fixiert oder sind vor allem am Weg dorthin interessiert?
Im ersteren Fall sollte man überlegen, ob es für die Spieler Möglichkeiten gab/gibt, den richtigen Weg zu erkennen; im zweiten Fall muß der SL die anderen Wegen planen.

Ist der Weg zum Ziel wichtig oder nur Mittel zum Zweck?
Im ersten Fall müssten die anderen Abzweigungen geplant werden und es spricht nichts dagegen, wenn die Spieler durchaus falsche Wege einschlagen können; im zweiten Fall wäre es aber besser, die Szene durch den Sl kurz beschreiben zu lassen (evtl. den "Scout" eine Probe würfeln lassen).

Um dann nochmal zur eigentlichen Frage zurückzukommen: "Wie railroade ich richtig?)
Indem man Weichen und Bahnhöfe ein baut!
Weichen lassen die Spieler andere Wegen gehen, und Bahnhöfe sind quasi die Szenen, die sich "während der Reise" abspielen.
"Richtig" nehme ich hier mal nicht in der Bedeutung, den Spieler irgendwas reinzudrücken, sondern im Sinne "richtig" = "gut".
Also behaupte ich mal, dass auch "richtiges" railroading eine Menge Vor-Arbeit oder jede Menge Improvisation bedeutet.
« Letzte Änderung: 19.11.2007 | 23:16 von Meisterdieb »

Offline Suro

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Re: Wie railroade ich richtig?
« Antwort #24 am: 20.11.2007 | 00:07 »
Ich denke, das wichtigste beim Railroading ist es, zu erkennen, was es bringt und was damit nicht möglich ist, das der Gruppe zu erklären und vorher zu bestimmen, was die Spieler und der Spielleiter sich dann vom Spiel erwarten.

Railroading birgt natürlich den Vorteil, dass der SL größere Freiheiten hat, eine dramturgisch korrekte, spannende, konsistente Geschichte zu erzählen.Nicht möglich ist es für die Spieler, die Geschichte (abseits von im Vorhinein festgelegten Punkten) zu beeinflussen.

Was kann hier also Spaß machen?
- Sich an der vorbereiteten Story erfreuen. Kann man eigentlich nicht viel zu sagen. Das ist Haupt-Sinn und Zweck dieser Disziplin.
Die Story sollte gut vorbereitet sein, und andere Spielspaß-Quellen diesen Punkt möglichst nicht überlagern. Sonst sollte man mit Railroading wohl überhaupt erst gar nicht ankommen.

- Aussagen über mich und meine Charaktere treffen. Auch wenn der Spieler nicht über den Verlauf der Story entscheiden kann, so kann er doch entscheiden, wie sein Charakter andere Spielfiguren behandelt, oder sich in-Charakter über das Geschehene äußern. Ist im vorhinein klar, dass dies gewünscht ist, sollte der SL den Spielern Szenen anbieten, die ihnen zu solchen Statements Gelegenheit bieten - also Szenen in denen moralische Fragen entweder von den Spielern beantwortet werden müssen, oder Szenen, die an sich moralisch fragwürdig sind und dazu anregen, eine Aussage zu treffen.

- Charakterdarstellung. Gelegentlich nicht gern gesehen, aber ich z.B. mag es, auch einfach mal in meine Rolle  zu schlüpfen, und Gespräche etc. etwas breiter abzuhandeln. Der Sl sollte Raum für solche Darstellungsszenen in seinem Konzept lassen, und nicht immer von Storyszene zu Storyszene hetzen, wenn Charakterdarstellung den Spielern Spaß macht. Hier allerdings auch daran denken,  dass die Story das Hauptziel war, und sich nicht sinnlos verzetteln.

- Mitgestaltung statt Miterschaffung der Story. Egal ob Illusionismus oder nicht, es dürfte an einigen Stellen möglich sein, den Spielern große Freiheiten zu geben, wie sie handeln, ohne die Story groß zu gefärden.
 Entweder man sagt den Spielern im Vorraus, wo sie ankommen sollen, und überlässt die Gestaltung ihnen (hat den Nachteil, dass die Spannung, was als nächstes Geschehen wird wohl nachlässt), oder man betreibt Illusionismus und führt die Spieler auf jeden fall einfach da hin, wo sie hinsollen, egal was sie unternehmen (gefährdet natürlich die Konsistenz der Story, und fordert mehr Arbeit vom SL währen dem Spiel).
 Ich habe den Eindruck, dass das hier Megans Hauptstreitfrage war, aber ich denke, dass man nicht eindeutig sagen kann, was der bessere Weg ist. Muss vermutlich mit der Gruppe einfach vor dem Spiel besprochen werden.
In beiden Fällen kann es denke ich helfen, "Zwischensequenzen" zu verwenden, in denen der Sl einfach das Ruder übernimmt, ein bisschen etwas beschreibt, und so die Story wieder gerade rückt (wir kennen das Phänomen aus Computerspielen). Hier sollte man aber natürlich darauf achten, die Kontrolle über die Charaktere seitens des Sl möglichst gering zu lassen. Was mit den Charakteren geschieht ist hier im Railroading imho zweitrangig - es sollte nur nicht die Charakterdarstellung übernommen werden oder Statements abgegeben werden, das ist die Quelle für den Spielspaß der Spieler.

- Und: Hindernisse. Kämpfe, Rätsel, etc. Herausforderungen an den Grips der Spieler und ein bisschen Glücksspiel schaden dem Railroading ganz und garnicht, und können Spaß machen. Auch hier darauf achten, dass die Hindernisse nicht ausarten, und die Dramturgie kaputt machen. Die meisten Spieler mögen es (meiner Erfahrung nach) auch nicht, wenn man hier rumtrickst, um zu einem Ende zu kommen. Hier lieber genau planen, wie viel Zeit die Hindernisse in Anspruch nehmen.


Also ich finde, dass sind doch noch eine  ganze Menge Spaßquellen, die man ausschöpfen kann, auch ohne direkten Einfluss auf die Story.
Wichtig bei der ganzen Sache: Die Spieler auf jeden Fall vorher aufklären, was verwendet wird (siehe z.B. Illusionismus), und erfragen, welche der verbleibenden Spaßquellen den Spielern besonders wichtig sind.
Dann danach gewichten, und die entsprechenden Szenen in das Story-Konstrukt integrieren, soweit das möglich ist.

So. Ich war schon müde, als ich das angefangen habe zu schreiben, und nun hab ich auch keine Lust mehr ;) Irgendwie glaube ich, dass ich größtenteils an der Fragestellung vorbei bin, und Megan vorallem zu der Frage "wie bringe ich die Spieler auf den richtigen Weg" Anregungen haben wollte, aber die sinnvollen Möglichkeiten (Illusionismus und den Spielen zu sagen, wohin die Schiene führt), wurden ja denke ich genannt, und haben beide ihre Vor- und Nachteile.
Allerdings habe ich dazu jezt nicht so viel geschrieben. Hoffe es sind trotzdem irgendwelche Anregungen dabei.
Aber ich gehe jetzt wohl besser schlafen.
Suro janai, Katsuro da!