Erstmal: Hallo, und Willkommen in der Welt der Theorie
Es geht gleich los:
Diese Kritik ist zwar falsch, denn GNS postuliert weder, dass jede Gruppe eindeutig einer der drei Kategorien zuzuordnen sein muss, noch, dass sich die Kategorien gegenseitig ausschlössen. Im Gegenteil bestehen Spielgruppen gemäß GNS aus Mischungen der 3 oben genannten Kategorien.
Leider ganz im Gegenteil. GNS postuliert vielmehr, dass eine Spielgruppe eine Agenda innerhalb eines bestimmten Zeitraums (Instance of Play) als top Priorität verfolgt, sofern das Spiel in diesem Zeitraum kohärent ist. Die deutliche Erkennbarkeit dieser Agenda ist zwar mehr oder weniger umstritten, trotzdem gilt eine Agenda als exklusiv. Warum genau das so ist, verstehe ich auch nicht wirklich, aber so ist es definiert.
Es wurden von Ron Edwards auch nie irgendwelche Möglichkeiten genannt, wie Mischungen (Hybride) aussehen könnten. Auch andere die solche Mischungen postuliert haben, haben nie definiert was das bedeuten würde. Es gibt also gar keine Definitionsgrundlage für eine gemischte Agenda.
Die für ein schöneres Rollenspiel wichtigen Fragen werden aber von GNS bislang weder gestellt noch beantwortet. Diese Fragen lauten nämlich:
1. Gibt es Situationen, in denen Rollenspiel mit stärkerer Ausprägung gemäß einer der 3 Kategorien der GNS zu mehr Spielspaß führt?
2. Und wenn ja: Welche Situationen sind das und wie kann ich GNS dafür nutzbar machen?
Frage 1 wurde bereits gestellt und auch beantwortet (und zwar mit "Ja"). Diese Frage ist überhaupt die Grundlage von GNS. Diese Grundlage lässt sich am besten mit dem Begriff "Creative Agenda" bezeichnen. Dabei geht es darum wie Spieler zuverlässig durch bestimmtes gemeinsames Verhalten mehr Spaß erzielen können (Kohärenz).
Was Frage 2 angeht, so ist diese tatsächlich im Diskurs noch nicht zufriedenstellend beantwortet worden, was auch das größte Problem von GNS ist. Die offenkundige Schwierigkeit mittels GNS diese Frage zu beantworten, hat viele dazu veranlasst GNS ganz seinen Nutzen abzusprechen.
Dieses Problem hat tiefere Gründe.
GNS will keine Sammlung von Techniken sein, es ist noch eine Stufe abstrakter. Eine vorliegende Agenda sagt also (entgegen des intuitiven Verständnisses des Begriffes) nichts darüber was auf der Ebene des Spiels getan werden muss oder getan wird, sondern nur für welche Art von Verhalten auf der sozialen Ebene eine Verstärkung stattfindet (Reward und Reward Cycle). Mit der Definition der Agenden ist also anscheinend bereits alles gesagt was man darüber sagen kann. Wird man spezieller, bewegt man sich in den Bereich der Techniken.
Beispielsweise werden bei GAM Herausforderungen belohnt. Wie diese Herausforderungen aber aufgebaut und technisch, mechanisch oder fiktional umgesetzt werden müssen ist (bewusst) völlig offen, da dies eine Frage des Verhaltens der Spieler und der Gruppe ist.
Dieses Problem ist dann auch verwandt mit der nahezu unmöglichen Diagnostizierbarkeit einer Agenda. Selbst wenn man also praktische Schlussfolgerungen ziehen wollte, könnte man das kaum machen, weil eine Agenda sich selten zuverlässig und unabhängig auf eine Spielgruppe beziehen lässt. Es gibt zwar Leute die meinen es zu können, aber sie können nicht so recht sagen wie. Das ist ein typisches "ich weiß es wenn ich es sehe"-Phänomen.
An dieser Stelle kann man spätestens wieder fragen was GNS dann für einen Sinn hat. Es scheint keinen Bezug zum realen Spiel zu haben. Die Unterteilung wirkt willkürlich, da mit ihr keine konkreten Aussagen verbunden sind, außer dass eine dieser (zufällig?) drei Agenden in einem gewissen Zeitraum exklusiv verfolgt wird oder werden muss, und alles andere potentiell Probleme machen soll.
Diese mangelnde Operationalisierung ist bis jetzt ein mehr oder weniger ungelöstes Problem, das dazu geführt hat, dass die Diskussion an dieser Stelle eingeschlafen ist. Es scheint sinnvoller zu sein Techniken gleich ohne Bezug zu GNS zu diskutieren, was auch vereinzelt geschehen ist.
Andererseits kommt GNS immer wieder hoch und hat zusammen mit Threefold eine mehr als 10 Jährige Geschichte im Diskurs und ist quasi der Ursprung der Rollenspieltheorie. Es liegt also der Verdacht nahe, dass irgendwas dran sein
muss. Alles weitere ist aber Religion
Ich persönlich vermute auch, GNS wird nochmal ausführlicher diskutiert und wieder aufgerollt werden.
Nun zu deinem Ansatz: Wenn ich das richtig verstehe, möchtest du Techniken finden die eine Agenda unterstützen sollen.
Damit man dieses Vorgehen als sinnvoll ansieht, müsste man leider erst einmal GNS wieder grade rücken. Dir bleibt es natürlich vorbehalten ohne GNS zu argumentieren und Techniken vorzustellen die bestimmte kreative Ziele haben. Darüber ließe sich diskutieren. Diese Diskussionen sind auch teilweise schon weit fortgeschritten.
Wenn man mit GNS argumentiert, wird man nämlich leider leicht fehlgeleitet, die Exklusivität dieses Modells auf seine Schlussfolgerungen zu übertragen und zu behaupten man habe
die technische Grundlage einer Agenda gefunden, und es könne keine andere geben. Dabei kann es für jedes kreative Ziel nahezu unendlich viele Techniken geben, die auf komplexe Art miteinander interagieren, sich z.B. ausschließen, begünstigen oder gar nicht beeinflussen können.
Du schlussfolgerst z.B. Illusionismus (das Manipulieren von Spielwerten) sei eine Technik um NAR durchzusetzen. Abgesehen davon dass Illusionismus eine sehr kontroverse Technik ist, der man überhaupt absprechen kann sinnvoll zu sein, sind auch die "gesunden" Techniken die mit Illusionismus verwandt sind (Partizipionismus etc.) kein exklusiver Schlüssel zu einer Agenda, schon gar nicht zu NAR. Es ist aber trotzdem durchaus möglich eine solche Technik auch zum verfolgen einer NAR ähnlichen Agenda einzusetzen. Das liegt eben an der schwachen Bindung von Technik und Agenda. Im Prinzip kann man jede Technik für alles einsetzen.
Letztlich kommt es nämlich eigentlich auf die Techniken und ihre Interaktion an, und zu diesem Punkt hat sich grade GNS immer ausgeschwiegen.