Auch hier muss ich erstmal auf den Stand der Diskussion hinweisen:
Meines Erachtens sind Railroading, Illusionismus und Zwangfreiheit keineswegs trennbare Begriffe, sondern markieren verschiedene Punkte der gleichen Skala. Der Name dieser Skala heißt: Massivität des Spielleitereingriffs. Railroading bezeichnet auf dieser Skala heftige, Illusionismus mittlere und Zwangfreiheit den Verzicht auf Eingriffe.
Zwangfreiheit sehe ich als Begriff in diesem Zusammenhang das erste mal, aber er ließe sich ja leicht als Abwesenheit einer der beiden anderen beschreiben. Das ist also denke ich klar.
Allerdings liegen Illusionismus und Railroading nicht auf einer gemeinsamen Skala, so wie sie auch beide für sich genommen nicht auf einer Skala gemessen werden (können). Erstmal sind das beides einfach nur Merkmale eines Spielvorganges, die entweder vorhanden oder nicht vorhanden sein können. Dabei bilden in der Ur-Definition alle Fälle von Illusionismus eine echte Untermenge von Railroading. Das Oberthema ist also Railroading.
In der Rollenspieltheorie bemüht man sich außerdem erst einmal so weit wie möglich von konkreten Regelwerken unabhängig zu sein und teilt deshalb auch nicht in Spielleiter und Spieler ein, wenn das prinzipiell nicht nötig ist. Außerdem sind wir ja nur Theoretiker und wir können selten wirklich Versuche durchführen.
Wenn du also von einer "Massivität des Spielleitereingriffs" sprichst, dann muss ich da zwei Dinge anmerken. Erstmal handelt es sich einfach nur um den Eingriff eines Spielers in die Sphäre eines anderen, indem ihm Entscheidungen abgenommen werden (Definition von Railroading). Und außerdem kann man Massivität nicht messen. Man könnte zwar über Befragung o.ä versuchen zu operationalisieren, das tun wir aber nicht, weil wir das nie praktisch so genau feststellen könnten. Es reicht also erstmal einfach festzustellen ob ein Spieler einen Eingriff in seine Spähre empfindet oder nicht.
So kommt man auch zum Punkt Illusionismus. Wie schon mal gesagt ist das ein extrem kontroverses Thema. In der Kontroverse geht es in erster Linie darum wie Illusionismus zu bewerten ist (erlaubt oder nicht erlaubt).
Illusionismus ist nicht einfach nur "schwächeres" Railroading, vor allem da uns die Feststellung der Stärke ja nicht viel sagt. Illusionismus ist Railroading das nicht bemerkt wird. Das heißt es besteht aus zwei Komponenten einmal Railroading und einmal einer Verschleierung. Wäre diese nicht vorhanden würde der Spieler den Vorgang als Railroading empfinden.
Dir geht es ja nun in erster Linie um dem Begriff der Spielleiterwillkür.
Um nun den Bogen zur Spielleiterwillkür zu spannen, ist neben der Massivität (s.o.) auch die Frequenz solcher Eingriffe nach meiner Ansicht bedeutend und muß insofern verknüpft werden.
Du möchtest die Spielleiterwillkür über Railroading definieren. Die einfachste Möglichkeit wäre es zu sagen: Spielleiterwillkür ist Railroading des SL gegenüber einem oder allen Spielern.
Du möchtest nun ein Maß für die Willkür entwickeln. Das finde ich aber sehr schwierig. Dabei geht es um das empfundene Maß der Einflussnahme. Erstens können wir das nicht feststellen (es ist möglicherweise auch gar nicht sinnvoll zu objektivieren) und zweitens ist mir wieder nicht klar wozu man das braucht.
Da ein ungerechtfertigter Einfluss generell zu vermeiden ist, sollte dieser völlig ausgeschlossen werden. Das einzige von dem was du definierst was mir dabei helfen würde wäre die Frequenz der Einsprüche. Diese gilt es auf 0 zu reduzieren. Wobei es keinen großen qualitativen Unterschied machen muss ob es 1 oder 20 Einsprüche gibt, aber es kann einen sehr großen Unterschied machen ob 1 oder 0 Einsprüche vorhanden sind.
Die Massivität des Einspruchs auf einer reellen Skala irgendwie sinnvoll zu bewerten, ist ungefähr so aussichtsreich wie eine utilitaristische Universalethik zu schaffen.
Was man eventuell machen könnte ist die Massivität des Einspruchs an ihrer direkten Wirkung auf das Spiel zu klassifizieren. Man könnte etwa prüfen ob ein Einspruch so massiv ist, dass er stört, aber im Gesamtbild eines Spiels von anderen Faktoren ausgeglichen werden kann, ob er nicht ausgeglichen werden kann, oder ob er sogar zu einem Abbruch des Spiels führt.
Auch hier gilt, lieber klassifizieren als quantifizieren. Letzteres bringt uns meist nicht so viel. Das ist hier keine Experimentalwissenschaft.