Vielen Dank!
Nun also zur Klärung einiger der aufgeworfenen Fragen.
Was meinst Du eigentlich mit Regeln? Einzelne Regelmechanismen oder das Regelbuch in seiner Gesamtheit?
Mir geht es um die Regeln, die eine Spielrunde zugrunde legt. Ob diese Regeln in einem Regelwerk drinstehen oder ob die Spieler sich Regeln aus verschiedenen Systemen zusammen suchen oder ihre Regeln sonst woher nehmen, ist für die Fragestellung im Prinzip egal. Das Wichtige ist, dass ein Set von Regeln existiert, auf das sich die Spieler geeinigt haben. Dies wird häufig (zumindest am Anfang) ein Regelbuch in seiner Gesamtheit sein.
Welchen Sinn verfolgst Du mit der Auflistung von (I) und (II)?
Sind diese beiden Punkte nicht ein und dasselbe? (Wenn ich etwas definiere, dann hat es doch auch eine Wahrscheinlichkeit.)
Möglicherweise hast Du Recht und die beiden Punkte lassen sich letztlich auf einer gemeinsamen Skala abtragen. Aber intuitiv sehe ich einen Unterschied zwischen Fall (i), demzufolge sowohl das eine wie auch das andere von zwei sich wechselseitig ausschließenden Ereignissen eintreten kann (stirbt vs. überlebt; klettert die Wand hoch vs. stürzt unterwegs ab etc.), und Fall (ii), durch den bestimmte Ereignisse von vornherein ausgeschlossen werden (Ein Roter Drache, der durch Feuerschaden stirbt) oder durch den bestimmte Zustände als konstant gesetzt werden (Alle Paladine sind rechtschaffen gut). Im ersten Fall kann ich mir im Einklang mit den Regeln das Eintreten beider Ereignisse vorstellen. Im zweiten Fall wird für alle Situationen vorgegeben, was notwendigerweise der Fall ist oder unmöglich der Fall sein kann. Ich stelle mir das derzeit probeweise als modalen Unterschied von Möglichkeit und Notwendigkeit (Unmöglichkeit) vor. Aber ob das eine gute Unterscheidung ist, weiß ich noch nicht so genau. Vielleicht erklärst Du einfach noch einmal, wieso Du meinst, dass es sich hier letztlich um ein und dasselbe handelt.
[...]Ich seh aber kein Problem darin, dass Schaden Behinderungen in der Fiktion erzeugen.
[...]Für die Charaktere siind die Gegner eben stark verletzt und ihren Aktionen eingeschränkt, die Spieler wissen aber, dass das nur Show ist.
Wenn Du unter Behinderungen irgendetwas Handlungsrelevantes meinst, stimmt dies nicht. Natürlich kann man sich den NPC blutend, schreiend oder sonst wie vorstellen. Aber alles das ändert nichts daran, dass er zu 100 % handlungsfähig ist. Wenn dies der Fall ist, wäre es inkonsistent, wenn der NPC nicht entsprechend aus dem Vollen schöpft. Und da die Welt genau so beschaffen ist, wäre es auch Unsinn, wenn die SC ständig mit falschen Vorstellungen über die Effektivität ihrer Angriffe und die Konsequenzen für den Gegner durch die Gegend laufen. Deswegen stimme ich auch mit Maarzan überein, wenn er schreibt:
Spätestens, wenn jemand diesen Aspekt für eine weitere Handlung nutzen will (Fluff wird zu handlungsrelevantem Setting) ist die Show vorbei.
Und Dein Hinweis:
Ja, hab ich auch nie anders gesagt. Wenn man als Spieler eben möchte, das der eigene Charakter glaubt die Gegner wären wirklich in ihren Aktionen eingeschränkt und darauf basierend handeln läßt, dann erlebt der Charater eben sein blaues Wunder. Dem Spieler ist das aber vorher klar, der kennt ja die DND Regeln.
führt dann irgendwie in die falsche Richtung. Denn warum sollten die Spieler konsequent wollen, dass ihre SC die Situation falsch einschätzen? Mir geht es nicht darum, dass sich jeder Charakter den absurdesten Illusionen hingeben kann – das werden die wenigsten Regelsets ausschließen. Es geht darum, was tatsächlich in der Fiktion der Fall ist oder der Fall sein kann.
Die Frage die mich grad beschäftigt ist, nach welchen Regeln formen die Spieler ihre Beiträge zur Fiktion? Wenn man diese erstmal festhalten kann, dann könnten Spieler auch gezielt die Art von Beiträge zum Spiel beisteuern, die ihren Vorstellungen bzw. den Vorgaben der Spielregeln entsprechen.
Sorry, aber ich weiß nicht, ob ich Deinen Punkt vollständig verstanden habe. Schlägst Du zunächst ein induktives Vorgehen vor (Beobachte die Spieler und entscheide, nach welchen Regeln sie ihre Beiträge zur Fiktion formen)? Um dann, wenn man die de facto verwendeten Regeln klar hat, bewusst darauf zugreifen zu können? Wenn man so will: zunächst ein Aufklärungsprozess, durch den die Spieler ihre implizit verwendeten Regeln explizieren, um dann in der Folge die Gestaltung der Fiktion an den nun expliziten Regeln zu orientieren? Einfacher gesagt: der Spieler soll die Regeln kennen, um seine Gestaltungsspielräume zu kennen.
[...] "Was"-Regeln greifen eigentlich immer stark in den Vorstellungsraum ein, weil sie Dinge aus ihm wegnehmen / verbieten können. Die "wie" Regeln wiederum sind selten so konkret, dass sie mir nicht meine eigene Interpretation erlauben. [...]
Ich kann noch nicht ganz abschätzen, wie ich die Unterscheidung von Was-Regeln und Wie-Regeln im Detail interpretieren würde, aber auf jeden Fall hast Du Recht, dass Was-Regeln einen starken Einfluss auf die Vorstellungswelt haben, indem sie bestimmte Dinge von vornherein ausschließen. Aber auch Wie-Regeln legen doch fest, auf Welche Art und Weise man etwas erreichen kann und auf welche Weise nicht, oder? Zumindest frage ich mich gerade, ob das, was Du Wie-Regeln nennst, nicht einfach eine bestimmte Unterart der Was-Regeln sind, nämlich solche, die sich auf die Mittel zu bestimmten Zwecken beziehen. Eine Wie-Regel schließt von vornherein bestimmte Wege zur Zielerreichung aus. Dementsprechend sagt auch eine Wie-Regel, dass bestimmte Ereignisse nicht eintreten können. Was meinst Du? Ist klar, worauf ich hinaus will?
Der Abstraktionsgrad bzw. die Konkretheit der Regeln ist sicherlich ein entscheidender Faktor, um zu bestimmen, wie die Fiktion inhaltlich von den Regeln abhängig ist.
Stimmt du hast Recht. Man muss also von Spielern ausgehen, die sich By the Book an die Regeln halten. Eine Herrangehensweise, die ich sogar bevorzuge (meine Willkürrunde leider nicht).
Um das klar zu stellen: Mir geht es nicht darum zu bewerten, ob man nun Regeln ändern sollte oder nicht. Wenn es den Leuten gefällt, sollen sie machen was sie wollen.
Entweder also man bezieht auch andere Herrangehensweisen an Regeln mit ein oder das Thema ist im Grunde geklärt, oder nicht?
Mir geht es ja im Wesentlichen darum zu überlegen,
wie die Fiktion von Regeln abhängig ist. Dazu habe ich eingangs versucht, einige Überlegungen anzustellen (Rund um die Punkte (i) und (ii) ). Killedcat hat ebenfalls versucht, ausgehend von der Prämisse, dass Regeln Einfluss haben, unterschiedliche Arten des Einflusses zu unterscheiden. Es bleibt also noch Raum für Fragen.