Autor Thema: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln  (Gelesen 13493 mal)

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Offline Gaukelmeister

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Die gemeinsame Fiktion, die den Gegenstand des Rollenspiels bildet, wird durch Regeln inhaltlich mitbestimmt.

Das heißt, die Spieler besitzen keine uneingeschränkte Freiheit bei der Gestaltung der gemeinsamen Fiktion, solange sie ihrem Spiel ein Regelwerk zugrunde legen.

Ein Beispiel: Die Spieler spielen D&D 3.5. Sie fügen einem Gegner massiven Schaden zu. Doch egal wie hoch der akkumulierte Schaden ist: Solange der Gegner-NPC noch Hit Points besitzt, ist er in seinen Aktionen nicht eingeschränkt. Das heißt: Die Spieler besitzen nicht die Freiheit, sich einen schwerverletzten NPC als gehandicapt vorzustellen, wenn sie auf der Grundlage des Regelwerks bleiben möchten. (bitte keine Regeldebatte – tauscht das Beispiel im Zweifelsfall gegen eines aus, das Ihr besser findet)

(Ich glaube, dass es keine guten Gründe gibt, die gegen diese These sprechen. Allerdings hört man ab und an (häufig?), dass die Geschichte, die man gemeinsam erzählt (bzw. die man gemeinsam erschafft/in der man sich gemeinsam bewegt), völlig unabhängig vom Regelwerk ist. Insofern bin ich selbstverständlich dankbar für Argumente, die dagegen sprechen, dass mit der Festlegung auf ein Regelwerk der inhaltliche Gestaltungsspielraum eingeschränkt wird.)

Ich frage mich nun, wie Regeln im Einzelnen inhaltlich bedeutsam werden können. Dies würde ich gerne gemeinsam mit Euch überlegen.

Vorab schon einmal einige kursorische Gedanken:

(i) Regeln können ein Mechanismus zur Entscheidungsfindung sein. Dabei legt die Regel die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Ausgangs fest.
(ii) Regeln können bestimmte Bereiche, bspw. Eigenschaften oder Fähigkeiten (z.B. Stärke oder Zaubern), definieren oder konstituieren.

Wenn Regeln ein Mechanismus zur Entscheidungsfindung sind, scheinen mir die inhaltlichen Beschränkungen weniger strikt zu sein, als im Falle der konstitutiven/definierenden Regeln. Denn solange die Regeln nicht die Möglichkeit, sondern nur die Wahrscheinlichkeit bestimmen, kann die entsprechende Sache im Prinzip Teil der gemeinsamen Fiktion werden. Natürlich kommt auch die Festlegung der Wahrscheinlichkeit, mit der ein bestimmtes Ereignis eintritt, hinsichtlich des Aufbaus einer fiktiven Welt einer inhaltlichen Vorgabe gleich. Aber zumindest in einer bestimmten Situation bleibt stets offen, was passiert. Dies ist bei Regeln, die einen bestimmten Bereich definieren, anders. Solange die Regel gilt, ist eine bestimmte Sache notwendigerweise so und nicht anders (der verwundete Gegner-NPC ist voll handlungsfähig; mit einer Stärke von 18 kann man 200 kg anheben etc.).

Folgendes möchte ich noch anmerken:
Mir ist natürlich klar, dass Spieler sich immer darauf verständigen können, bestimmte Regeln wegzulassen oder zu modifizieren. Deswegen gehe ich davon aus, dass bestimmte Regeln gelten und frage mich, was dies für die Gestaltung der gemeinsamen Vorstellungswelt bedeutet.

Da ich gemerkt habe, dass sich hier einige Leute mit Designinteressen tummeln, will darauf hinweisen, dass es, sofern die Ausgangsüberlegung richtig, selbstverständlich unabdingbar ist, sich als Designer zu überlegen, auf welche Weise die Regeln inhaltlich relevant sind. Das mag ein Allgemeinplatz sein (keine Ahnung, ich kenne mich zu wenig in den einschlägigen „Tipps und Tricks für Designer“-Foren aus), der aber, soweit ich das überblicken kann, noch nicht in alle Regelwerke Einzug gefunden hat. Mir scheint, dass es eine Tendenz gibt zu suggerieren, dass man mit dem Regelnwerk letztlich jede Geschichte gleichermaßen erzählen könnte. Möglicherweise kann eine Klärung der Arten und Weisen, wie die Fiktion inhaltlich von den Regeln abhängig ist, für Designer hilfreich sein (darauf können wir ja in der Diskussion noch näher eingehen).

Für die „Konsumentenseite“ folgt, dass man sich über Art und Inhalt der gemeinsamen Fiktion im Voraus einigermaßen klar sein sollte, um ein angemessenes Regelwerk zugrunde zu legen. Wenn man sich eine Fantasywelt vorstellt, in der massive Verletzungen mit eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten verbunden sind, dann sollte es in den Regeln besser eine feinkörnigere Skala geben als „bewusstlos – voll einsatzfähig“.

Wie gesagt, falls jemand die Ausgangsüberlegung unplausibel findet, freue ich mich über kritische Einwände. Was mich aber insbesondere interessiert, ist die Abhängigkeit der Fiktion von zugrunde gelegten Regeln.

(Übrigens gehörte ich bis vor kurzem zur Fraktion derer, die davon ausgegangen sind, dass man im Prinzip mit jedem Regelwerk alles machen kann – um es etwas überspitzt zu sagen.)
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Offline Stefan G.

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #1 am: 12.12.2007 | 18:17 »
Die gemeinsame Fiktion, die den Gegenstand des Rollenspiels bildet, wird durch Regeln inhaltlich mitbestimmt.

Das heißt, die Spieler besitzen keine uneingeschränkte Freiheit bei der Gestaltung der gemeinsamen Fiktion, solange sie ihrem Spiel ein Regelwerk zugrunde legen.


Dem stimme ich 100% zu.

Deinem Beispiel und deiner implizite Annahme, dass jede Regel einen Einfluß auf die Fiktion hat jedoch nicht.

In DND 3.5 ist klar festegelegt, wieviel Schaden man nehmen kann bis man stirbt oder kampfunfähig wird. Durch erlittenen Schaden wird man jedoch nicht behindert (zumindest fällt mir nicht ein wo sowas in den Corerules stehen würde). Soweit ist das richtig.
Ich seh aber kein Problem darin, dass Schaden Behinderungen in der Fiktion erzeugen.
Mcclane wird ja auch in Diehard im laufe der Filme immer mehr verwundet, trotzdem gelingen ihm immernoch genug seiner Aktionen.

So kann man sich das meiner Ansischt nach auch bei DND vorstellen. Für die Charaktere siind die Gegner eben stark verletzt und ihren Aktionen eingeschränkt, die Spieler wissen aber, dass das nur Show ist.

Von daher gibt es eben Bereiche der Fiktion, auf den die Regeln Einfluß haben(Es gibt Magier, Schiffe mit Hyperantrieb sind so und so schnell, ein Sturz aus 10m Höhe ist so und so gefährlich, Ein Gespräch kann die und die Auswirkungen haben, etc.) und Andere die von den Regeln unberührt sind(Die Auswirkungen von Schaden außerhalb bestimmer, kritischer Bereiche bei DND, Die Form einer "magic missile" bei DND, etc.).
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Offline Maarzan

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #2 am: 12.12.2007 | 18:34 »
So kann man sich das meiner Ansischt nach auch bei DND vorstellen. Für die Charaktere siind die Gegner eben stark verletzt und ihren Aktionen eingeschränkt, die Spieler wissen aber, dass das nur Show ist.

Spätestens, wenn jemand diesen Aspekt für eine weitere Handlung nutzen will (Fluff wird zu handlungsrelevantem Setting) ist die Show vorbei.
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Offline Stefan G.

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #3 am: 12.12.2007 | 18:38 »
Spätestens, wenn jemand diesen Aspekt für eine weitere Handlung nutzen will (Fluff wird zu handlungsrelevantem Setting) ist die Show vorbei.

Ja, hab ich auch nie anders gesagt. Wenn man als Spieler eben möchte, das der eigene Charakter glaubt die Gegner wären wirklich in ihren Aktionen eingeschränkt und darauf basierend handeln läßt, dann erlebt der Charater eben sein blaues Wunder. Dem Spieler ist das aber vorher klar, der kennt ja die DND Regeln.
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Offline Maarzan

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #4 am: 12.12.2007 | 18:47 »
Die Charaktere haben aber ihre Lebenserfahrung in der Welt, kennen also zumindest in Grundzügen die Regeln auch.
Das passt also so oder so nicht und kann nur über ein bewußtes Ignorieren durch den Spieler auf allen Ebenen dann zu lösen versucht werden. Gamistisch mag das hinhauen, aber wer dann mehr Wert auf die Fiktion/die Welt und deren Behandlung legt, wird da wohl unzufrieden mit sein.
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Offline Stefan G.

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #5 am: 12.12.2007 | 19:49 »
Nehmen wir an der riesige Drache hatte zu Beginn des Kampfes 900 HP, er hat mit bösartiger Intelligenz agiert und durch gezielte, einzelne Atacken versucht die Charaktere zu töten. Nun hat er nurnoch 100 HP und schlägt wie ein wildes Tier um sich, versucht verzweifelt noch den Sieg davonzutragen, auf Regelebene schlägt er aber noch genausoviel Atacken wie vorher auch und hat keine Abzüge.

Ich seh kein Problem damit, wenn man das so handhabt, Fiktion und Regeln sind in diesem Fall eben getrennt, und berühren sich dann wieder, wenn der Drache kampfunfähig wird, stirbt oder regeneriert.

@Turning: Danke für die Blumen.

@Gaukelmeister: Tut mir leid, wenn das Ganze durch meine Anregungen vom Thema abkommt.
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Joe Dizzy

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #6 am: 12.12.2007 | 19:52 »
@Gaukelmeister:

Erstmal Zustimmung.

Die Frage die mich grad beschäftigt ist, nach welchen Regeln formen die Spieler ihre Beiträge zur Fiktion? Wenn man diese erstmal festhalten kann, dann könnten Spieler auch gezielt die Art von Beiträge zum Spiel beisteuern, die ihren Vorstellungen bzw. den Vorgaben der Spielregeln entsprechen.

killedcat

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #7 am: 12.12.2007 | 19:59 »
Hmmm... interessantes Thema.

Ich finde auch, dass die Regeln (im Sinne von "Mechanismen") Spiel und Fiktion beeinflussen. Sie werden zwar nur selten Dinge unmöglich machen, aber ihren Einfluss auf die Welt haben sie schon. Interessant dabei ist, wie subjektiv und von den Regeln unbeeinflusst die Fiktion dennoch bleiben kann. Sprich: es geht um das Ausmaß.


Extrembeispiel: nehmen wir ein System an, das explizit sagt, dass Magie nicht erlaubt ist. Es ist also ohne Ignorieren der Regeln schlicht nicht nicht möglich, einen Magier zu spielen und wenn diese Regel den Spielern bekannt ist, dürfte auch keine Magie in den Vorstellungsraum der einzelnen Spieler gelangen. Damit wäre bewiesen, dass Regeln Einfluss auf den Vorstellungsraum haben, sofern sie bekannt sind und beachtet werden. Das war einfach. Doch in welchem Maße beeinflussen Regeln die Vorstellung?

Naja, da ich hauptsächlich klassische Systeme spiele, die nicht "fokusiert" sind, hatte ich bisher mit wenigen Regeln zu kämpfen, die in meinen Vorstellungsraum eingreifen. Die meisten klassischen Systeme erlauben ziemlich viel und die Regeln beschränken sich mehr auf das "wie" als das "was". Also nicht "was geht / passiert?" sondern "wie geht das / wie kann ich das erreichen?". Das ist meines Erachtens nach einer der Knackpunkte. "Was"-Regeln greifen eigentlich immer stark in den Vorstellungsraum ein, weil sie Dinge aus ihm wegnehmen / verbieten können. Die "wie" Regeln wiederum sind selten so konkret, dass sie mir nicht meine eigene Interpretation erlauben. Es gibt natürlich auch Mischformen. Eine Tabelle, die angibt wie weit man springen kann, wird bei einem Fantasysystem Sprünge über 100m wohl nicht erlauben. Es kommt nur sehr selten zu Situationen, in denen das von Bedeutung ist.

Ein weiterer Punkt ist der Abstraktionsgrad. Ein "konkretes" System, wie z.B. Rolemaster im Kampf, lässt wenig Spielraum zur Interpretation. Das führt zu einem meist übereinstimmenden gemeinsamen Vorstellungsraum und hat großen Einfluss auf die Fiktion im allgemeinen. Hier schreiben die Regeln die Ereignisse zum großen Teil mit. Es wird nicht nur getroffen, sondern auch gesagt, welche Arterie gerade in Mitleidenschaft gezogen wurde. Das ist sehr konkret. Auch in Spacemaster sagen die Regeln z.B. beim Konstruieren von Geräten recht genau, was hinterher rauskommt. Die Regeln fließen hier stark in den Vorstellungsraum ein.

Im Gegensatz dazu sind "abstrakte" Systeme wie z.B. nWod wenig im Vorstellungsraum zu finden. Hier muss der Spieler selbst die Lücken füllen. Was im Kampf bei Rolemaster recht genau beschrieben wird (von den Regeln!) muss hier interpretiert werden. Wo habe ich getroffen? Wie sieht der Schaden aus? Welche Konsequenzen hat das? Dies kann von Spieler / Spielleiter übernommen oder schlicht ignoriert werden, nach dem Motto, was nicht in den Regeln steht brauch ich nicht berücksichtigen oder in den Vorstellungsraum einbringen. Meine Gruppe füllt diese Lücken mit Beschreibungen des Spielleiters aus, welche auch dann Konsequenzen haben, wenn nichts davon in den Regeln steht.

Wie stark die Regeln in den Vorstellungsraum eingreifen / die Fiktion beeinflussen hängt also imho vom jeweiligen System ab. Sehr stark sogar. Es reicht vom Unbedingten und ständigen Eingreifen eines Rolemaster bis zum kaum Vorhandensein. Maßgeblich ist dabei wie viele "Was"-Regeln ein System hat und wie konkret die Regeln evtl. Ergebnisse regeln. So sehe ich das derzeit.

Offline Falcon

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #8 am: 12.12.2007 | 20:06 »
Ich stimme Gaukelmeister auch zu. Die Rollenspieler, die meinen, daß Regelwerk hätte keine Auswirkungen auf den Spielstil werden glücklicherweise immer weniger.

aber trotzdem, zu dem Beispiel:

Bleiben wir bei dem angeschlagenen Ork. Natürlich weiss der Spieler, daß der Ork nicht eingeschränkt ist aber es gibt eben Spieler denen das für die Atmosphäre reicht. Wenn die Atmosphäre stimmt, stimmt auch die Immersion.
Zudem kann der SL so etwas ja trotzdem nutzen. Der Ork könnte auf den Charakter aufmerksam werden, der ihn getroffen hat oder Angst kriegen oder oder.
Alles Dinge, die in D&D nicht Regegelt sind und vom Spielleiter Willkürlich festgelegt werden müssen.
Bei uns begründet sich der ganze Spielstil auf das herumbiegen und umdeuteln der Regeln oder regellosen Entscheidungen und daher kommt auch das Argument, daß Regelsystem, egal wie schlecht, störe nicht beim Rollenspiel.
Es ist also so, was der SL als Auswirkunge bestimmt, HAT auch Auswirkung, obs dazu nun eine Regel gibt oder nicht.

Bei Savage Worlds ist es sogar so extrem, daß das System die 300HP vom Drachen direkt überspringt, insofern daß solche Treffer, die ihn nicht töten überhaupt keine Auswirkungen haben (so wie in D&D ein Dolchstoss mit 4Schaden gegen Drachen eben auch nicht). Dies beschreibt das Regelwerk als Treffer, die unter dem Toughnesswert gewürfelt werden (der Trefferschwelle). Der SL wird im Regelwerk dann angehalten die Treffer trotzdem zu beschreiben damit die Spieler das Gefühl haben, daß ihr Hieb etwas bewirkt (was er Regeltechnisch nicht tut)!!
« Letzte Änderung: 12.12.2007 | 20:12 von Falcon »
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killedcat

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #9 am: 12.12.2007 | 20:21 »
Jep: ich sage mal, was keine regeltechnischen Auswirkungen hat kann dennoch Auswirkungen auf die Fiktion haben. Dazu gehört ja schließlich auch jeder Unterhaltung der Figuren untereinander oder die schlicht die Beschreibungen des Spielleiters. So eben auch die Dinge im Kampf, die nicht geregelt sind. Aber umgekehrt gibt es eben Regelwerke, die solche Dinge eben NICHT der Interpretation überlassen und somit recht konkret in den Vorstellungsraum eingreifen. Ein System wie eben Rolemaster z.B., tut dies recht direkt und oft.

@Falcon:
Ich würde dies aber vom Spielstil trennen, schließlich geht es hier um den Einfluss der Regeln auf die Fiktion, nicht auf den Spielstil. Da bin ich zwar der gleichen Meinung, müsste aber anders argumentieren.  ;)

Offline Falcon

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #10 am: 12.12.2007 | 20:25 »
Stimmt du hast Recht. Man muss also von Spielern ausgehen, die sich By the Book an die Regeln halten. Eine Herrangehensweise, die ich sogar bevorzuge (meine Willkürrunde leider nicht). Bei dem richtigen Regelwerk kann damit ne Menge Settingflair aufkommen.

In diesem Fall würde ich sagen das System hat ganz erhebliche Auswirkungen darauf, wie sollte es auch anders sein?
Die einzige Kritik gegen System does Matter (ich verstehe "system" anders als viele das Zitat interpretieren) bezieht sich schliesslich auch auf das Herumbiegen von Regeln. Ansonsten wüsste ich kein vernünftiges Argument was dagegen spricht.
Wie du schon sagtest: "das war ja einfach".

Entweder also man bezieht auch andere Herrangehensweisen an Regeln mit ein oder das Thema ist im Grunde geklärt, oder nicht?

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Offline Maarzan

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #11 am: 12.12.2007 | 22:26 »
Jep: ich sage mal, was keine regeltechnischen Auswirkungen hat kann dennoch Auswirkungen auf die Fiktion haben. Dazu gehört ja schließlich auch jeder Unterhaltung der Figuren untereinander oder die schlicht die Beschreibungen des Spielleiters. So eben auch die Dinge im Kampf, die nicht geregelt sind. Aber umgekehrt gibt es eben Regelwerke, die solche Dinge eben NICHT der Interpretation überlassen und somit recht konkret in den Vorstellungsraum eingreifen. Ein System wie eben Rolemaster z.B., tut dies recht direkt und oft.


In die Fiktion einfließen kann erst einmal viel. Ein Problem wird es nur, wenn dieses neue Konstrukt dann belastet werden soll, indem jemand es eben nicht nur als Color nimmt, sondern eine Handlung darauf aufbaut und nun genauer hingeschaut werden muss.
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Offline Gaukelmeister

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #12 am: 13.12.2007 | 00:21 »
Vielen Dank!

Nun also zur Klärung einiger der aufgeworfenen Fragen.


Was meinst Du eigentlich mit Regeln? Einzelne Regelmechanismen oder das Regelbuch in seiner Gesamtheit?

Mir geht es um die Regeln, die eine Spielrunde zugrunde legt. Ob diese Regeln in einem Regelwerk drinstehen oder ob die Spieler sich Regeln aus verschiedenen Systemen zusammen suchen oder ihre Regeln sonst woher nehmen, ist für die Fragestellung im Prinzip egal. Das Wichtige ist, dass ein Set von Regeln existiert, auf das sich die Spieler geeinigt haben. Dies wird häufig (zumindest am Anfang) ein Regelbuch in seiner Gesamtheit sein.

Welchen Sinn verfolgst Du mit der Auflistung von (I) und (II)?
Sind diese beiden Punkte nicht ein und dasselbe? (Wenn ich etwas definiere, dann hat es doch auch eine Wahrscheinlichkeit.)

Möglicherweise hast Du Recht und die beiden Punkte lassen sich letztlich auf einer gemeinsamen Skala abtragen. Aber intuitiv sehe ich einen Unterschied zwischen Fall (i), demzufolge sowohl das eine wie auch das andere von zwei sich wechselseitig ausschließenden Ereignissen eintreten kann (stirbt vs. überlebt; klettert die Wand hoch vs. stürzt unterwegs ab etc.), und Fall (ii), durch den bestimmte Ereignisse von vornherein ausgeschlossen werden (Ein Roter Drache, der durch Feuerschaden stirbt) oder durch den bestimmte Zustände als konstant gesetzt werden (Alle Paladine sind rechtschaffen gut). Im ersten Fall kann ich mir im Einklang mit den Regeln das Eintreten beider Ereignisse vorstellen. Im zweiten Fall wird für alle Situationen vorgegeben, was notwendigerweise der Fall ist oder unmöglich der Fall sein kann. Ich stelle mir das derzeit probeweise als modalen Unterschied von Möglichkeit und Notwendigkeit (Unmöglichkeit) vor. Aber ob das eine gute Unterscheidung ist, weiß ich noch nicht so genau. Vielleicht erklärst Du einfach noch einmal, wieso Du meinst, dass es sich hier letztlich um ein und dasselbe handelt.

[...]Ich seh aber kein Problem darin, dass Schaden Behinderungen in der Fiktion erzeugen.
[...]Für die Charaktere siind die Gegner eben stark verletzt und ihren Aktionen eingeschränkt, die Spieler wissen aber, dass das nur Show ist.

Wenn Du unter Behinderungen irgendetwas Handlungsrelevantes meinst, stimmt dies nicht. Natürlich kann man sich den NPC blutend, schreiend oder sonst wie vorstellen. Aber alles das ändert nichts daran, dass er zu 100 % handlungsfähig ist. Wenn dies der Fall ist, wäre es inkonsistent, wenn der NPC nicht entsprechend aus dem Vollen schöpft. Und da die Welt genau so beschaffen ist, wäre es auch Unsinn, wenn die SC ständig mit falschen Vorstellungen über die Effektivität ihrer Angriffe und die Konsequenzen für den Gegner durch die Gegend laufen. Deswegen stimme ich auch mit Maarzan überein, wenn er schreibt:

Spätestens, wenn jemand diesen Aspekt für eine weitere Handlung nutzen will (Fluff wird zu handlungsrelevantem Setting) ist die Show vorbei.

Und Dein Hinweis:

Ja, hab ich auch nie anders gesagt. Wenn man als Spieler eben möchte, das der eigene Charakter glaubt die Gegner wären wirklich in ihren Aktionen eingeschränkt und darauf basierend handeln läßt, dann erlebt der Charater eben sein blaues Wunder. Dem Spieler ist das aber vorher klar, der kennt ja die DND Regeln.

führt dann irgendwie in die falsche Richtung. Denn warum sollten die Spieler konsequent wollen, dass ihre SC die Situation falsch einschätzen? Mir geht es nicht darum, dass sich jeder Charakter den absurdesten Illusionen hingeben kann – das werden die wenigsten Regelsets ausschließen. Es geht darum, was tatsächlich in der Fiktion der Fall ist oder der Fall sein kann.

Die Frage die mich grad beschäftigt ist, nach welchen Regeln formen die Spieler ihre Beiträge zur Fiktion? Wenn man diese erstmal festhalten kann, dann könnten Spieler auch gezielt die Art von Beiträge zum Spiel beisteuern, die ihren Vorstellungen bzw. den Vorgaben der Spielregeln entsprechen.

Sorry, aber ich weiß nicht, ob ich Deinen Punkt vollständig verstanden habe. Schlägst Du zunächst ein induktives Vorgehen vor (Beobachte die Spieler und entscheide, nach welchen Regeln sie ihre Beiträge zur Fiktion formen)? Um dann, wenn man die de facto verwendeten Regeln klar hat, bewusst darauf zugreifen zu können? Wenn man so will: zunächst ein Aufklärungsprozess, durch den die Spieler ihre implizit verwendeten Regeln explizieren, um dann in der Folge die Gestaltung der Fiktion an den nun expliziten Regeln zu orientieren? Einfacher gesagt: der Spieler soll die Regeln kennen, um seine Gestaltungsspielräume zu kennen.

[...] "Was"-Regeln greifen eigentlich immer stark in den Vorstellungsraum ein, weil sie Dinge aus ihm wegnehmen / verbieten können. Die "wie" Regeln wiederum sind selten so konkret, dass sie mir nicht meine eigene Interpretation erlauben. [...]

Ich kann noch nicht ganz abschätzen, wie ich die Unterscheidung von Was-Regeln und Wie-Regeln im Detail interpretieren würde, aber auf jeden Fall hast Du Recht, dass Was-Regeln einen starken Einfluss auf die Vorstellungswelt haben, indem sie bestimmte Dinge von vornherein ausschließen. Aber auch Wie-Regeln legen doch fest, auf Welche Art und Weise man etwas erreichen kann und auf welche Weise nicht, oder? Zumindest frage ich mich gerade, ob das, was Du Wie-Regeln nennst, nicht einfach eine bestimmte Unterart der Was-Regeln sind, nämlich solche, die sich auf die Mittel zu bestimmten Zwecken beziehen. Eine Wie-Regel schließt von vornherein bestimmte Wege zur Zielerreichung aus. Dementsprechend sagt auch eine Wie-Regel, dass bestimmte Ereignisse nicht eintreten können. Was meinst Du? Ist klar, worauf ich hinaus will?

Der Abstraktionsgrad bzw. die Konkretheit der Regeln ist sicherlich ein entscheidender Faktor, um zu bestimmen, wie die Fiktion inhaltlich von den Regeln abhängig ist.

Stimmt du hast Recht. Man muss also von Spielern ausgehen, die sich By the Book an die Regeln halten. Eine Herrangehensweise, die ich sogar bevorzuge (meine Willkürrunde leider nicht).

Um das klar zu stellen: Mir geht es nicht darum zu bewerten, ob man nun Regeln ändern sollte oder nicht. Wenn es den Leuten gefällt, sollen sie machen was sie wollen.

Entweder also man bezieht auch andere Herrangehensweisen an Regeln mit ein oder das Thema ist im Grunde geklärt, oder nicht?

Mir geht es ja im Wesentlichen darum zu überlegen, wie die Fiktion von Regeln abhängig ist. Dazu habe ich eingangs versucht, einige Überlegungen anzustellen (Rund um die Punkte (i) und (ii) ). Killedcat hat ebenfalls versucht, ausgehend von der Prämisse, dass Regeln Einfluss haben, unterschiedliche Arten des Einflusses zu unterscheiden. Es bleibt also noch Raum für Fragen.
« Letzte Änderung: 13.12.2007 | 00:26 von Gaukelmeister »
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« Antwort #13 am: 13.12.2007 | 01:07 »
Zitat
Mir geht es ja im Wesentlichen darum zu überlegen, wie die Fiktion von Regeln abhängig ist. Dazu habe ich eingangs versucht, einige Überlegungen anzustellen (Rund um die Punkte (i) und (ii) ). Killedcat hat ebenfalls versucht, ausgehend von der Prämisse, dass Regeln Einfluss haben, unterschiedliche Arten des Einflusses zu unterscheiden. Es bleibt also noch Raum für Fragen.
Ja gut, aber wenn man  Regeln einfach ignoriert und die Auswirkungen so bestimmt, dann gilt das doch alles nicht mehr.
Dann lässt sich das doch immer auf "Ja, Regeln können Einfluss haben, muss aber nicht unbedingt".

Wenn man das Herumbiegen der Regeln explizit zulässt, sind die Regeln nicht viel mehr als ein Wegweiser für das Ergebnis, an das man sich halten muss oder nicht. Also nur Vorschläge für die Fiktion aber nicht bestimmend. Das wäre Punkt i).
Insofern würde ich dem Punkt zustimmen.
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killedcat

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #14 am: 13.12.2007 | 07:48 »
Ich kann noch nicht ganz abschätzen, wie ich die Unterscheidung von Was-Regeln und Wie-Regeln im Detail interpretieren würde, aber auf jeden Fall hast Du Recht, dass Was-Regeln einen starken Einfluss auf die Vorstellungswelt haben, indem sie bestimmte Dinge von vornherein ausschließen. Aber auch Wie-Regeln legen doch fest, auf Welche Art und Weise man etwas erreichen kann und auf welche Weise nicht, oder? Zumindest frage ich mich gerade, ob das, was Du Wie-Regeln nennst, nicht einfach eine bestimmte Unterart der Was-Regeln sind, nämlich solche, die sich auf die Mittel zu bestimmten Zwecken beziehen. Eine Wie-Regel schließt von vornherein bestimmte Wege zur Zielerreichung aus. Dementsprechend sagt auch eine Wie-Regel, dass bestimmte Ereignisse nicht eintreten können. Was meinst Du? Ist klar, worauf ich hinaus will?

Dazu habe ich geschrieben:
Es gibt natürlich auch Mischformen. Eine Tabelle, die angibt wie weit man springen kann, wird bei einem Fantasysystem Sprünge über 100m wohl nicht erlauben. Es kommt nur sehr selten zu Situationen, in denen das von Bedeutung ist.
Heißt, dass natürlich auch Wie-Regeln zu Einschränkungen im Vorstellungsraum führen können, dass dies im Normalfall aber deutlich sanfter passieren wird, als bei Was-Regeln. Ein Extrembeispiel wäre, wenn eine Gruppe ein Superheldenrollenspiel mit einem bodenständigen und konkreten System wie Midgard spielen wollte. Hier bilden die Regeln eine deutliche Grenze im Vorstellungsraum. Der Normalfall ist das aber nicht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass - zumindest in klassischen Systemen - die Wie-Regeln wenig in den Vorstellungsraum eingreifen, weil die gebotenen Grenzen selten erreicht werden. Aber sie können eingreifen. Um beim Sprung-Beispiel zu bleiben: solange ich realistische Sprünge versuche, wird die Regel selten von elementarer Bedeutung sein.

Regeln greifen aber natürlich grundsätzlich IMMER in den Vorstellungsraum ein. Es gibt keine Situation, in der auf Regeln zurückgegriffen wird, in der das nicht der Fall ist. Denn die Regel wird in diesem Falle etwas REGELN und das heißt ja, dass sie das tut. Wenn ich den Regeln überlasse, ob ich über eine Mauer klettern kann, ob ich einen Kampf gewinne, etc. dann pausiert quasi die Fiktion, wartet ab bis die Regeln ihren input in den Vorstellungsraum eingebracht haben und dann macht die eigene kreative Fiktion weiter. Es geht hier aber nicht um das Ob, denn das haben wir ja geklärt. Es geht um das Ausmaß des Eingreifens. Und eine Regel, die nichts ver- oder gebieten, sondern regeln will, tut das imho weniger stark. Was- und Wie-Regeln ist natürlich doof formuliert. Mir fällt nur gerade nichts besseres ein. Vielleicht ist das auch nur ein Unterfall der Konkretisierung.

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #15 am: 13.12.2007 | 10:25 »
Na ganz einfach, definierte Konstanten (Paladin-rechtschaffen) haben einfach die Wahrscheinlichkeit 1. Ich frage mich aber wo bei der Skala der Wahrscheinlichkeiten der Qualitative Unterschied sein soll, der auf die Fiktion Einfluss hat. Ob etwas nur zu 50% oder zu 100% Einfluss hat ist doch nur eine quantitative Unterscheidung.

Ob Du 50 % Chance zu überleben hast oder zu 100 % sterben wirst, mag sich beides auf derselben Wahrscheinlichkeitsskala abtragen lassen – aber einen qualitativen Unterschied macht es schon. Ob einige Paladine neutral oder chaotisch sind oder ob alle Paladine rechtschaffen sind, ist ebenfalls ein qualitativer Unterschied.

Vielleicht knüpfe ich auch noch einmal an meinen Eingangspost an. Ich sehe einen Unterschied zwischen einer Regel, die besagt, was ich würfeln muss, um meinen Gegner zu treffen, und einer Regel, die besagt, dass alle Paladine rechtschaffen sind. Leider bekomme ich den Unterschied noch nicht ganz astrein zu fassen. Aber die zweite Art von Regeln bestimmt unmittelbar die bestehenden Zustände in der Fiktion (insofern ist es eine Was-Regel), wohingegen die erste Regel den Spielern einen Entscheidungsmechanismus für eine bestimmte Situation an die Hand gibt.

Man könnte hier auch die Frage anschließen, welche Art der Regelveränderung mit welchen Konsequenzen für den Inhalt der Fiktion verbunden wäre. Stellen wir uns vor, dass Spieler sich im laufenden Spielprozess darauf einigen, dass man nicht erst bei einer 10 einen Erfolg hat, sondern bereits bei einer 9. Eine solche Regeländerung würde die gemeinsame Fiktion in ihrem Aussehen unberührt lassen. Anders wäre dies, wenn die Spieler sich darauf einigen, dass es keine Möglichkeit gibt, Tote wiederzubeleben. Hier müsste man die Fiktion rückwirkend verändern.

Viel wichtiger ist doch für Deine Frage, ob sich die Regel überhaupt auf spielerische Fiktion oder Inhalt bezieht. [...]

Gut, dass Du mir die Gelegenheit gibst, das noch einmal klar zustellen. Mir geht es um die Regeln, die unmittelbar etwas mit dem Inhalt der Fiktion zu tun haben. Eine Regel wie bspw. „Der jüngste Spieler darf zuerst erzählen“ oder „Alle Spieler einigen sich gemeinsam darauf, wer SL ist“ gehört dementsprechend nicht in das Regelset, das mich interessiert. Damit will ich natürlich nicht sagen, dass solche Regeln unwichtig wären. Aber sie betreffen, soweit ich das sehen kann, nicht unmittelbar den Inhalt der Fiktion, sondern die Organisation des Spielprozesses.

Ja gut, aber wenn man  Regeln einfach ignoriert und die Auswirkungen so bestimmt, dann gilt das doch alles nicht mehr.

Wie gesagt: ich setze voraus, dass ein bestimmtes Regelset zugrunde liegt (ob das nun im Regelbuch steht oder als Set von Hausregeln oder als Mischung etc. ist dafür egal – solange es ein festgelegtes Regelset gibt).

Es geht um das Ausmaß des Eingreifens. Und eine Regel, die nichts ver- oder gebieten, sondern regeln will, tut das imho weniger stark. Was- und Wie-Regeln ist natürlich doof formuliert. Mir fällt nur gerade nichts besseres ein. Vielleicht ist das auch nur ein Unterfall der Konkretisierung.

Die Formulierung ist gar nicht so doof, finde ich. – Aber inwiefern lässt sich beides als Unterfall der Konkretisierung verstehen?
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Offline Stefan G.

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #16 am: 13.12.2007 | 13:06 »

Wenn Du unter Behinderungen irgendetwas Handlungsrelevantes meinst, stimmt dies nicht. Natürlich kann man sich den NPC blutend, schreiend oder sonst wie vorstellen. Aber alles das ändert nichts daran, dass er zu 100 % handlungsfähig ist. Wenn dies der Fall ist, wäre es inkonsistent, wenn der NPC nicht entsprechend aus dem Vollen schöpft. Und da die Welt genau so beschaffen ist, wäre es auch Unsinn, wenn die SC ständig mit falschen Vorstellungen über die Effektivität ihrer Angriffe und die Konsequenzen für den Gegner durch die Gegend laufen. Deswegen stimme ich auch mit Maarzan überein, wenn er schreibt:

Und Dein Hinweis:

führt dann irgendwie in die falsche Richtung. Denn warum sollten die Spieler konsequent wollen, dass ihre SC die Situation falsch einschätzen? Mir geht es nicht darum, dass sich jeder Charakter den absurdesten Illusionen hingeben kann – das werden die wenigsten Regelsets ausschließen. Es geht darum, was tatsächlich in der Fiktion der Fall ist oder der Fall sein kann.


Ich empfehle allen die mir nicht Glauben wollten mal Wushu zur Lektüre. In kaum einem Spiel werden Regelebene und Fiktion so klar getrennt wie hier und dort ist es auch ganz klar ersichtlich wie es funktioniert, dass Jemand der Schaden hat keine Abzüge auf Regelebene erhält, aber in der Fiktion trotzdem an Konsequenzen leidet.
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Offline Gaukelmeister

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #17 am: 13.12.2007 | 14:07 »
@ Stefan G.
Ich würde Dich bitten, nicht auf irgendwelche Regelwerke zu verweisen, sondern konkret zu sagen, wie die Regelebene und die Fiktion auseinander fallen können. Leider gehst Du nicht auf die Einwände ein, die Maarzan bereits reingeworfen hat und die von mir dann noch einmal aufgegriffen worden sind. Wenn ich mir als Spieler vorstelle, dass ich dem Gegner gerade ein Bein abgeschlagen habe, obwohl ich laut Kampfregeln noch nicht einmal Schaden verursacht habe, dann bewege ich mich in meiner Vorstellung nicht mehr auf der Grundlage der Regeln. Du hattest ja selbst am Anfang noch darauf hingewiesen, dass die Spieler genau Bescheid wissen, was läuft. Deswegen weiß ich jetzt mit Deinem Hinweis nichts anzufangen. - Aber wenn Du es erklärst, lasse ich mich vielleicht überzeugen.
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Offline Wolfenburg

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #18 am: 13.12.2007 | 14:20 »
Es ist eine gemeinsame festlegung der Gruppe, wie weit sie Regeln und Fiktion trennen. Ich denke, das jeder Spieler erstmal seine eigene Vorstellung hat, wie der SIS aussehen sollte. Diese Vorstellung ist aber schon stark durch die Regeln gepraegt, spetiell was das Bild des eigenen Charakters angeht. So wird man nicht die Vorstellung eines schier unbesiegbaren Kaempfers haben, wenn man kaum eine hoehere Warscheinlichkeit hat einen Kampf zu gewinnen als ein Bauernjunge, oder man ist eben doch der grosse Krieger, weil man fast alles umhauen kann....

Die Gruppe entscheidet aber auch darueber ob Gewuenschter und Regeldicktierter Unt tatsaechlicher SIS auseinanderliegen. Dieses geschieht durch aendern der Regeln, aendern der Vorstellung und durch "ignorieren der Tatsache, das die Regeln ein andres Ergebnis warscheinlicher machen".

Als Regeln verstehe ich hir den Mechanismus (Algo... schreib ich nimmer) der fuer die Gruppe entscheidet was im SIS passiert, wenn ein Spieler eine Absicht aeussert.

Joe Dizzy

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #19 am: 13.12.2007 | 14:22 »
Einfacher gesagt: der Spieler soll die Regeln kennen, um seine Gestaltungsspielräume zu kennen.

So ungefähr. Als Spieler weiß ich ja, dass meine Beiträge zur Fiktion auch bestimmten Regeln folgen. Diese lassen sich ändern und anpassen und zwar daran, was ich oder wir gemeinsam am Tisch von der Fiktion erwarten. Wenn ich also eine gruselige Rollenspielrunde spielen will, dann kann ich meinen Beitrag nach bestimmten Regeln formen, die dabei helfen die Fiktion (und damit hoffentlich auch das Spielerlebnis) "gruselig" zu machen. Um einer Verwirrung vorzubeugen habe ich diese anderen Regeln mal Axiome genannt.

In einzelnen Fällen kommt sogar hinzu, dass bestimmte Regelwerke so konzipiert sind, dass die Spieler als Gruppe Beiträge ins Spiel bringen, die nach bestimmten Axiomen erdacht wurden. Wenn die Spieler diese nicht erkennen oder sich nicht daran halten, dann entsteht nicht das Spielerlebnis, für das das Regelwerk geschrieben wurde.

Bei einigen Forge-Spielen kann das sehr extrem auftreten. Ich erinnere mich da vor allem an einzelne Spielrunden mit Primetime Adventures, Dogs in the Vineyard oder Shab-al-hiri Roach in denen genau das passierte. Mittlerweile fühle ich mich etwas sicherer darin neuen Spielern genauer zu vermitteln, worauf sie beim Spielen dieser Spiele achten sollten. Kurz: wie man diese "anderen Rollenspiele" anders spielt. Denn von alleine geht das nicht.

Offline Maarzan

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #20 am: 13.12.2007 | 16:12 »
...
So wird man nicht die Vorstellung eines schier unbesiegbaren Kaempfers haben, wenn man kaum eine hoehere Warscheinlichkeit hat einen Kampf zu gewinnen als ein Bauernjunge, oder man ist eben doch der grosse Krieger, weil man fast alles umhauen kann....

...

Das ist leider gar nicht so selten. Dummerweise geht es nur solange gut, bis man in einen ernsthaften Kampf kommt und die Widersprüche offenbar werden.
Ursache sind dafür Leute, die sich gar nicht erst groß mit den Regeln auseinandergesetzt haben, von falschem Fluff und Beispielen in die Irre geführt wurden, das Regelsystem die Spielwelt anders interpretiert als der Leser oder jemand gehofft hat das Problem und die Regeln wegdiskutieren zu können und bei dem Rest auf Granit gebissen hat.
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Offline Gaukelmeister

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #21 am: 13.12.2007 | 16:14 »
@ Maarzan
Zustimmung!

Was dieses Thema sagen soll ist, dass aus Regeln immer eine Fiktion folgt, aber es soll nicht sagen, dass alle Fiktion aus Regeln folgt. Stimmt das?

Stimmt genau! Selbstverständlich haben Spieler Gestaltungsspielräume, die erheblich sind. Nur sind diese Gestaltungsspielräume nicht unbegrenzt. Das ist der Punkt.

Daraus folgt aber trotzdem, dass man nicht mit allen Regeln alles spielen kann, denn ein großer Teil möglicher Fiktionen wird nunmal immer durch die Regeln ausgeschlossen...

Das ist genau das Fundament, auf dem ich zurzeit nachdenke. Den meisten bisher scheint das trivialer Weise richtig zu sein.

...und dabei ist es eigentlich egal, ob die Fiktion zu 100% oder zu 1% von den Regeln beeinflusst werden, denn in dem Moment wo die Fiktion entsteht, steht doch das Würfelergebnis bereits fest.

Ja, da hast Du Recht. Sobald etwas festgelegt ist, ist es egal, wo es herkommt. Nun kann man aber auch in die Zukunft schauen und sich fragen, wie wohl die zukünftige Geschichte aussehen wird. Oder man fragt sich einfach, welche Fiktionen auf der Grundlage eines Regelsets möglich sind. In diesen Fällen werden die unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten (Notwendigkeit eingeschlossen) interessant.

Es ist eine gemeinsame festlegung der Gruppe, wie weit sie Regeln und Fiktion trennen.

Ich kann mir – ganz ehrlich – im Augenblick nicht vorstellen, was das sein soll: eine Trennung von Regeln und Fiktion. Kann diese Trennung erfolgen, obwohl die Regeln akzeptiert sind und angewendet werden? Ich sehe nicht, wie das der Fall sein könnte. Natürlich kann man die Fiktion von den Regeln trennen – indem man die Regeln ganz oder teilweise ignoriert. Aber wie gesagt: ich setze voraus, dass Regeln festgelegt sind und frage mich, wie Regeln die Fiktion inhaltlich mitbestimmen.

Als Spieler weiß ich ja, dass meine Beiträge zur Fiktion auch bestimmten Regeln folgen. Diese lassen sich ändern und anpassen und zwar daran, was ich oder wir gemeinsam am Tisch von der Fiktion erwarten.
[...]
In einzelnen Fällen kommt sogar hinzu, dass bestimmte Regelwerke so konzipiert sind, dass die Spieler als Gruppe Beiträge ins Spiel bringen, die nach bestimmten Axiomen erdacht wurden. Wenn die Spieler diese nicht erkennen oder sich nicht daran halten, dann entsteht nicht das Spielerlebnis, für das das Regelwerk geschrieben wurde.

Ich stimme Dir voll zu. Würdest Du denn sagen, dass es unterschiedliche Arten von Regeln gibt oder das es irgendwie möglich ist, Regelparameter zu identifizieren, an denen man sich orientieren kann, damit man die Art von Fiktion erschaffen kann, die man erschaffen möchte. Ich fände es bspw. ausgesprochen interessant, wenn man erläutern könnte, wie ein Regelset strukturell beschaffen sein muss, um Effekt x oder y zu erzeugen.
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Offline Maarzan

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #22 am: 13.12.2007 | 17:07 »
...

Ich kann mir – ganz ehrlich – im Augenblick nicht vorstellen, was das sein soll: eine Trennung von Regeln und Fiktion. Kann diese Trennung erfolgen, obwohl die Regeln akzeptiert sind und angewendet werden? Ich sehe nicht, wie das der Fall sein könnte. Natürlich kann man die Fiktion von den Regeln trennen – indem man die Regeln ganz oder teilweise ignoriert. Aber wie gesagt: ich setze voraus, dass Regeln festgelegt sind und frage mich, wie Regeln die Fiktion inhaltlich mitbestimmen.
...

Es geht schon, die Frage ist nur ob man damit dann zufrieden ist. Das Ganze wirkt dann als eine Selbstzensur innerhalb der Fiktion - gewisse Dinge gibt es eben nicht, kann man nicht, versucht man erst gar nicht, auch wenn die Welt selber es eigentlich hergeben würde und im Off wo die Chars nicht direkt involviert sind auch praktiziert.
Kein Spieler oder Gegenspieler wird sich je das Bein brechen, aber der Bote, der vertreten werden soll, hat es sich eben gebrochen.
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Offline Wolfenburg

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #23 am: 13.12.2007 | 19:13 »
Zur trennung von Fiktion und (Spiel)Regeln:

Ein Beispiel waere, dass die Gruppe den Maechtig tollen Krieger im Spiel immer als maechtig tollen Krieger ansieht, egal ob er eigentlich nicht besser gekaempft hat als der Dieb. Andersrum hat ein Gluecklicher Wurf auch schon dazu gefuehrt, dass ein maessiger Kaempfer zum Superkrieger wurde.  Aehnliches gilt auch fuer NSC's oder sonstige gegebenheiten.

Joe Dizzy

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Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #24 am: 14.12.2007 | 00:06 »
Würdest Du denn sagen, dass es unterschiedliche Arten von Regeln gibt oder das es irgendwie möglich ist, Regelparameter zu identifizieren, an denen man sich orientieren kann, damit man die Art von Fiktion erschaffen kann, die man erschaffen möchte. Ich fände es bspw. ausgesprochen interessant, wenn man erläutern könnte, wie ein Regelset strukturell beschaffen sein muss, um Effekt x oder y zu erzeugen.

Kann man machen. Muss man aber wie ich finde nicht. Was das Rollenspiel meiner Meinung nach auszeichnet und von anderen Gesellschaftsspielen unterscheidet, ist die Tatsache das vieles was das Spielerlebnis ausmacht erst am Tisch entsteht.

Daher sollte man bei der Frage wie Fiktion entsteht und beeinflußt wird, sich nicht nur auf Regelwerk oder Spielerbeitrag beschränken. Es ist das Zusammenspiel der beiden Elemente die das Spielerlebnis ausmachen. Regeln, die sich direkt auf die Fiktion auswirken, gibt es denke ich sehr viele. Da fällt es mir nicht schwer, schnell ein paar grobe Kategorien zu finden. Bei den Richtlinien nach denen Spieler ihre Beiträge wählen, komme ich eher ins Stocken. Aber vielleicht geht das auch nur mir so.