also ich persönlich würde das buch kaufen, wenn der platz für das würfelsystem durch mehr setting ersetzt werden würde.
ich meine, das einzige wozu das system mich bringt, ist das würfeln zu vermeiden. was natürlich irgendwo die kreativität fördert, aber dafür muss dann nicht soviel platz im buch geopfert werden. und das kann man auch ruhig zugeben im regelwerk.
was mir grad einfällt, die einzige schwäche des settings ist für mich die schwarzgefärbtheit der welt. nur das böse zu zeigen, ohne guten gegenpol (und sei dieser auch noch so klein), ist zu wenig. motivation funktioniert nur, wo es etwas zu holen, oder zu beschützen gibt.
Von 300 Seiten nehmen die Regeln gerade mal ca. 50 ein. Meines Wissens ist das hart an der Obergrenze der Setting/System-Ratio von Grundregelwerken.
Generell: Wer uns Style-over-Substance vorwirft, der tut Zeichnern und Autoren Unrecht. Die Zeichnungen sind tatsächlich mehr als reiner Stylefaktor oder generisches Artwork, sondern tragen einen entscheidenden Teil dazu bei, die degenesis-Welt zu formen. Zeichner und Autoren inspirieren sich gegenseitig, und sind quasi gleichwertig in den Entwicklungsprozess involviert, was dem Artwork einen substanziellen Stellenwert verleiht, den es in anderen Rollenspielen nicht hat. Andererseits aber die Leistung der Autoren zu marginalisieren, ist genauso Unfug.
Was die Welt angeht: Ja, ist nicht schwarzweiß, es gibt keine objektiv Bösen oder Guten. Es gibt aber sehr wohl Standpunkte, die die Grenzziehung zulassen. Wer klare Verhältnisse will, ist bei degenesis eher nicht aufgehoben. Dennoch: Das Grundthema ist eben nicht Verfall wie in Mad Max oder Endland (Auswürfeln des endgültigen Untergangsdatums vor Spielbeginn...), sondern der Wiederaufbau, das Ringen um Zivilisation. Und es geht um die alte Geschichte dass es die Menschen sind, die ihr Schicksal in der Hand haben. Nicht das nackte Überleben des Einzelnen steht im Vordergrund, es geht um die übliche Kiste mit der Menschheit , nur halt zugespitzter: feindliche Umwelt, Unfreiheit, Identitätsverlust und wie man alles überwinden kann. Trotzdem gibt es die Lichtblicke: Unter den Spitaliern sind auch genügend Altruisten, die Sporen sind nicht unbesiegbar, die Schläfer scheinen aufhaltbar zu sein, usw. Jeder Kult handelt nicht aus Verzweiflung, es geht eher darum, die zerstörte Erde zurückzuerobern. Und Lichtblicke gibt es wirklich zuhauf, man muss sie halt sehen wollen. Aber ist natürlich viel einfacher, den "German Endzeit"-Holzhammer aus der Schublade zu holen...
Weils oben von Scorpio kam: Apo, Spit, Jehammedaner und Chronist in einer Gruppe ist wirklich kein Problem, da gibts wesentlich kniffligere Konstellationen. Geh ich in nem separaten Thread gern drauf ein, wenn's gewünscht wird.. Ja, man muss sich tatsächlich etwas mehr Gedanken machen, um ne Gruppe zu formen, als das bei z.B. D&D der Fall ist. Nicht umsonst steht die Entwicklung eines gemeinsamen Gruppenkonzepts auf die die Einzelinteressen der SC abgestimmt sein sollten im GRW noch vor der Erstellung der einzelnen Chars. Dafür hat man meistens aber allein durch die Konstellation ne Reihe von Plothooks parat, mit denen man die ersten Abenteuer bestreiten kann. Wer trotzdem damit Probleme hat, dem lege ich die Con-Workshops bzw. dessen Mitschnitt auf rpgradio.de ans Herz, die zu genau diesem Thema Hilfestellung geben und Mißverständnisse aus dem Weg räumen.
Jepp, das System von degenesis folgt eher nem subsidiären Ansatz als dem forge-Prinzip, das alle Bereiche regeltechnisch zu durchdringen versucht und die Spieler durch extrinsische Anreize in bestimmten Spielhandlungen belohnt. Damit funktioniert es auch ohne eng gefasste Core Story und macht viele verschiedene Spielansätze möglich - halt mit dem, was man hier dann als freeform oder etwas abfälliger Vanilla gaming bezeichnet. Da wird nicht jeder Forgianer oder ARSler glücklich werden, aber damit müssen wir leben, genauso wie mit der Tatsache, dass es Leute gibt, die KatharSys modifizieren oder bestehendes Fanwok wie GURPS-degenesis oder TSOY-degenesis aufgreifen. Die vielverschriene Inkompetenz der Chars bei KatharSys hat aber meiner Erfahrung nach öfter was damit zu tun, dass Charaktere als Hans-Dampfs-in-allen-Gassen erstellt worden sind und/oder die SLs zu viele Würfe verlangen. Wenn ich Geschichten höre über SLs, die sich beschweren, dass die halbe Gruppe bei der Überquerung eines glitschigen Simses abstürzt, dann weiß ich, dass da was nicht ganz verstanden wurde.
Ich seh auch nicht, wo die Illus einem Buttkicker-Chars vorgaukeln würden. Mir fällt spontan keine ein, in der Kampf als cool und erstrebenswert vermittelt wird. Viele der Kulte sind auch schlichtweg und ergreifend nicht auf kämpfende Mitglieder ausgelegt. Wer gleich mit erfahreneren Chars einsteigen will, der bekommt die Gelegenheit dazu in den Kultbüchern (jaa, die Publikationsfrequenz soll gesteigert werden...)
Wenn man einen Hammer hat, sieht jedes Problem wie ein Nagel aus. Dummes Sprichwort, weil schiefe Metapher, aber manchmal kommt es mir hier im Forum so vor: Das Ding passt nicht ins Forge-Schema, betont so was nebensächliches wie "Color" viel zu sehr, und lässt sich schwer in GNS einordnen, oder wenn, dann eher in die Restekategorie, die eh keiner so recht kapiert, oder bestenfalls noch als Vanilla-Nar. Dann kann es ja nix gescheites sein.
Ich hab nix gegen die Forge oder will euch jetzt davon überzeugen, dass ihr degenesis alle genial finden müsst, bzw. erwarte auch nicht, dass mir das mit diesem Posting gelingt. Aber etwas differenziertere (und konstruktivere) Kritik als "zu viele Proben gehen schief", "das ist von der Welt her eh nicht spielbar" oder "die Autoren waren da wohl bekifft" würde es uns einfacher machen, dazu Stellung zu beziehen und sie anzunehmen.