Autor Thema: Gebräuche & Tägliches Leben  (Gelesen 2126 mal)

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Offline 1of3

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Gebräuche & Tägliches Leben
« am: 15.12.2007 | 00:42 »
Hi.

Verschiedene Rollenspiele enthalten ja Regeln oder Schemata zum Erstellen von Hintergrundwelten. Da wird dann häufig auf Geographie und Historie eingegangen und bei Fantasy oft auf Metaphysik. Ich kenne kein Spiel, dass solche Tricks gezielt benutzt, um Gebräuche und das tägliche Leben der Bevölkerung zu generieren. (Und ich gehe mal davon aus, dass es sowas nicht gibt. Falls doch bin ich ganz Auge.)

Wie also könnte ein solche - natürlich kollektive - Methode aussehen um gezielt diese Elemente zu generieren?

Offline AE

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Re: Gebräuche & Tägliches Leben
« Antwort #1 am: 15.12.2007 | 01:46 »
Meinst mehr oder weniger zufällig und spontan in-game generieren, oder eine art Designschema als Hilfestellung beim Spieldesign?

Auf jeden Fall enstpringt ja jedes Brauchtum einem Usrprung, diese zu sortieren könnte ein erster Schritt sein.
Ursprünglich hat ja solch ein Brauchtum einen Sinn wie, das eigene Leben zu bewahren, geeigntete Geschlechtspartner zu finden, Rangordnungen zu etablieren oder zu festigen etc.
Abhängig von den natürlichen und un-natürlichen Gegebenheiten manifestieren sich diese Probleme unterschiedlich und noch unterschiedlicher können die Bewohner der Welt darauf reagieren.
Durch Zeit, Vergessen und Missverständnisse können diese Bräuche dann verzerrt werden und kaum oder gar nichts mehr mit ihrem Ursprung zu tun haben.

Ich denke man könnte versuchen das sowohl von Enstehung zu Ende als auch von Ende zu Enstehung zu konzipieren und die einzel Schritte jeweils von anderen Spielern bestimmen zu lassen.

Ist zwar nicht wirklich was du willst aber hast du mal in Schock reingeschaut? http://glyphpress.com/shock/

Offline 1of3

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Re: Gebräuche & Tägliches Leben
« Antwort #2 am: 15.12.2007 | 10:17 »
Shock wollte ich mir immer nochmal angucken, weil das so gehyped wird, bin ich aber noch nicht zu gekommen. Davon gibts nicht zufällig ne .pdf-Version?


Zitat
Meinst mehr oder weniger zufällig und spontan in-game generieren, oder eine art Designschema als Hilfestellung beim Spieldesign?

Vielleicht zur Kampagnenvorbereitung und dann mit Ausbau während des Spiels.


Sonst schon mal keine schlechten Vorschläge. Auf so eine Sortierung wäre ich gar nicht gekommen:

Zitat
das eigene Leben zu bewahren, geeigntete Geschlechtspartner zu finden, Rangordnungen zu etablieren oder zu festigen etc.

killedcat

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Re: Gebräuche & Tägliches Leben
« Antwort #3 am: 15.12.2007 | 11:56 »
Ich habe mal ein Büchlein mit der Bevölkerung verschiedener Länder in einer Kampagne erstellt. Lang, lang ist's her. Da spielten z.B. auch die Ressourcen und Bedrohungen der Umgebung mit einer Rolle. So habe ich für jedes Volk (u.a.) folgende Punkte festgelegt:
- historischer Abriss
- worin liegt die Macht / der Einfluss des Volkes begründet? Was macht es so besonders? Ein Volk ist z.B. ein Reitervolk mit besten Pferden. Ein anderes lebt von Bergbau und Gold. Das sagt viel über das tägliche Leben aus.
- Welche Ressourcen stehen zur Verfügung und viel wichtiger: welche fehlen? Ein Volk mit wenig Eisen wird sich anders behelfen müssen. So habe ich dann auch festgelegt, was besonders teuer und besonders billig ist.
- Glaube (selbstredend)
- Wer hat einen hohes, wer niedriges Ansehen? In einem Volk gelten die Gerber als wichtiger Teil der Gesellschaft, in einem anderen sind sie "schmutzig".
- grundlegender Stand der Politik

Daraus habe ich dann die Bräuche und Feiertage abgeleitet.

Offline 1of3

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Re: Gebräuche & Tägliches Leben
« Antwort #4 am: 15.12.2007 | 12:09 »
Zitat
Daraus habe ich dann die Bräuche und Feiertage abgeleitet.

Wie, wenn ich fragen darf? Ich vermute mal, du meinst "ableiten" nicht im strengen Sinne, also im Sinne von "einen Algorithmus haben".

Ein

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Re: Gebräuche & Tägliches Leben
« Antwort #5 am: 15.12.2007 | 12:29 »
Wenn man da einmal anfängt, dann kommt man sehr schnell ins Detail. Ich halte es auch für unmöglich, da eine Systematik aufzustellen. Zumindest hat das in der Geschichte der Ethnologie noch keiner geschafft, obwohl man es schon öfters probiert versucht hat.

Anfangen sollte man mE bei der gesellschaftlichen Organisation, da gibt es eine Vielzahl von Formen (Lineages, Altersgruppen, Egalitarismus, Kaste/Stände etc), die immer in entsprechende soziale Riten münden. Davon gibt es eine Vielzahl verschiedener Kategorien. Die bekannteste Kategorie sind Übergangsriten (zB Initiationsriten, Hochzeitsriten), ausführlich besprochen in Rites de passage von Gennep. Versöhnungsriten. Staatsriten. Fallen mir gerade so ein.

ZB gibt es viele Gesellschaften, die in Altersgruppen organisiert sind, wo also immer zB fünf Geburtsjahrgänge für eine bestimmte Zeit eine bestimmte Aufgabe übernehmen. Erst zB Hirten, dann Krieger, dann Bauern und schließlich Alte. Beim Überwechsel von eine Aufgabe in die nächste wird dann ein Übergangsritus durchgeführt.

Danaben gibt es religiöse Riten. Die sind extrem vielfältig und besonders herausstechend (man denke nur an den Gebetszyklus der Muslime, der uns weit deutlicher ins Auge fällt, als das Muslime auch Heiraten), aber da verlässt man dann auch das Terrain der rationalen Erklärbarkeit, denn weiß Gott ist nicht jeder Ritus rational erklärbar. Das wird besonders bei großen Traditionsfesten deutlich, va solche bei denen große Menge von Gütern vernichtet werden. Besonders bekannt das Potlatch der Nordwestküsten-Indianer.

Wichtig ist auch die Mythologie. In vielen Kulturen sind die sterbenden Götter wichtiger als die lebenden (im Christentum ja auch), daher wird immer wieder dieser Tod nachgespielt, mit unter auch mit äußerst blutigen Opfern.

Offline AE

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Re: Gebräuche & Tägliches Leben
« Antwort #6 am: 15.12.2007 | 13:45 »
Die gesellschaftliche Organisation ist auf jeden Fall ein wichtiger Punkt allerding würde ich sagen das sie irgendwo in der Mitte der Entwicklung stehen. Sicherlich beinflussen sie Riten und schaffen neue allerdings sind sind sie ja selbst ein Ritus der irgendwo heraus entstanden ist und einen bestimmten zweck dient oder früher mal gedient hat.
Die gesellschaftliche Organisation ist natürlich sehr ausschlaggebend für das Bild das im Rollenspiel von der Kultur entseht und deswegen würde ich zustimmen, dass dies einen guten Anfang darstellen könnte.

Die Religiösen Riten sind auf jeden Fall ein Endpunkt der Entwicklung. Da ja gerade dort oft einfache "Lebensratschläge" so institutionlisiert wurden bis sie kaum oder keinen bezug zu ihrem ursprünglichen Sinn mehr haben. Wie zum Beispiel aus hygenischen Gründen und bestimmte Lebensmittel zu meiden.
Und das Verschmelzen verschiedener Kulturen ob durch Assimilation oder Eroberung hinterlässt natürlich auch in den Religionen deutliche Spuren die neue Riten einbringen und alte verzerren können.

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Re: Gebräuche & Tägliches Leben
« Antwort #7 am: 15.12.2007 | 14:01 »
Ich würde wirklich nicht die technologische Komponente so stark in den Mittelpunkt rücken, auch wenn ich durchaus der Wirtschaftsethnologie zu geneigt sind. In der Realität kann man solche Entwicklungen nicht isolieren, genau genommen ist der Ansatz, der eine Spielart des Evolutionismus ist, durchaus anzuzweifeln, da solche Entwicklungsstränge bisher nicht beobachtet wurden. Jede Gesellschaft der Welt ist extrem komplex.

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Re: Gebräuche & Tägliches Leben
« Antwort #8 am: 15.12.2007 | 15:55 »
Aria macht in seinem Weltbuch zuminmdest einen detailierten Versuch die verschiedenen Facetten von Gesellscahften und diverse Grundlagen und Eigenschaften zu beleuchten. Ob es etwas taugt, müßte man sehen, aber wegen des eher umständlichen Stils ist es etwas ermüdend zu lesen.
Dafür gabs ein Exemplar heute morgen auf Ebay.
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Re: Gebräuche & Tägliches Leben
« Antwort #9 am: 15.12.2007 | 16:53 »
Ein Ansatzpunkt wären vielleicht auch de Buffons Volktableau aus der Naturgeschichte, Band VI (afair).

Das ist dann aber natürlich klischeesiert und arg eurozentrisch. Aber zumindest systematisch und mit hübschen Bildern.

Offline 1of3

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Re: Gebräuche & Tägliches Leben
« Antwort #10 am: 15.12.2007 | 17:14 »
Wir kommen, glaube ich, etwas vom Thema ab. Es geht hier nicht darum, welche Rollenspiele interessant ausgearbeitete Kulturen haben, sondern darum, wie man eine Gruppe dazu bringt, interessante Kulturen selbst zu machen.

Und das bitte ohne all zu viel Aufwand. Wir sind hier nicht in einer Ethnologie-Vorlesung.

Und dazu ein Verfahren bereitstellen, dass man in einem Rollenspil (denn wir sind hier im Rollenspielbau) auch noch in Gänze präsentieren kann.

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Re: Gebräuche & Tägliches Leben
« Antwort #11 am: 15.12.2007 | 17:30 »
Wir kommen, glaube ich, etwas vom Thema ab. Es geht hier nicht darum, welche Rollenspiele interessant ausgearbeitete Kulturen haben, sondern darum, wie man eine Gruppe dazu bringt, interessante Kulturen selbst zu machen.


Ebend. In Aria werden keine Kulturen beisspielhaft beschrieben, sondern es wird versucht die einzelnen Bausteine aufzuführen, damit sich Leute Gedanken beim Bauen von Kulturen machen. Theoretisch stand auch irgendwo, das man soziale Institutionen auch wie Charaktere spielen können soll, bzw. im Wechsel zwischen Charakterfokus und Gesellschafstfokus, aber ich glaube das haben sie nicht ganz hinbekommen.
Dabei fällt mir ein, das Reign sich ganz ähnliches auf die Fahnen geschrieben hat, aber meins ist noch in der Post.
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Offline AE

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Re: Gebräuche & Tägliches Leben
« Antwort #12 am: 16.12.2007 | 00:41 »
Kannst du mal nen Beispiel geben wie das in Aria funktioniert. Vieleicht nen paar bausteine bennennen und so.

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Re: Gebräuche & Tägliches Leben
« Antwort #13 am: 16.12.2007 | 07:57 »
Ob es wirklich funktioniert, weis ich nicht genau. Da gerade auch das Charakterbuch dazu sehr umständlich ist, hab ich es nie ausprobiert. Es scheint aber einige Anstöße zu bieten, was man zu einer Gesellschaftserschaffung so alles berücksichtigen kann/sollte.
Im Anhang einmal das Inhaltsverzeichnis.

 

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killedcat

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Re: Gebräuche & Tägliches Leben
« Antwort #14 am: 16.12.2007 | 22:46 »
Wie, wenn ich fragen darf? Ich vermute mal, du meinst "ableiten" nicht im strengen Sinne, also im Sinne von "einen Algorithmus haben".
Genau. Eine Nation, die traditionell nomadisch ist und von der Pferdezucht lebt wird z.B. entsprechende Sprichworte benutzen, wie "ein Pferd von hinten aufzäumen", "immer langsam mit den jungen Pferden" oder so. Ebenso würde ich regelmäßige Reitwettbewerbe einführen, Kleidung anpassen (keine Röcke bei den Damen). Es würde Sinn machen vielleicht eine Feier zu absolvieren, wenn der Stamm ein Gebiet verlässt und zu einem anderen reitet. Halt einfach überlegen, welche Konsequenzen das haben könnte. Das kann durchaus auch ganz abstrus werden, so dass ich auch nicht glaube, dass man einen Algorythmus finden könnte.