Autor Thema: Charakterspiel  (Gelesen 10856 mal)

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Offline Drudenfusz

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Charakterspiel
« am: 17.12.2007 | 16:14 »
Bin mit DSA recht unglücklich (siehe Hier), aber mir kamm da so eine Idee. Da die Fertigabenteuer ja normalerweise davon ausgehen das man seine Spielrunde Railroaded, warum also nicht gleich die Spieler die Abenteuer vorher lesen lassen?
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Offline Feuersänger

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Re: Charakterspiel
« Antwort #1 am: 17.12.2007 | 16:47 »
Provokante Frage. ^^ Aber nicht ganz unberechtigt. Immerhin hat ja auch manch ein Rollenspieler ein beliebiges Abenteuer schon mehrmals gespielt, vielleicht sogar schonmal selber geleitet -- Kenntnis des Abenteuers muss also dem Spielspaß nicht im Wege stehen.

Du denkst aber nicht weit genug: wenn die Spieler das Abenteurer schon gelesen haben, warum dann überhaupt noch spielen? Gerade bei DSA, wo die Spieler ja sowieso nicht den geringsten Einfluss auf den Ausgang haben. Man kann sich doch auch gleich gemütlich zusammensetzen, das Abenteuer miteinander durchlesen, und am Ende geht jeder nach Hause und stellt sich vor, sein Charakter wäre dabei gewesen. Wieso auch nicht, die Entscheidungsfreiheit bleibt ja die gleiche.

Wenn dir das aber zu weit geht, wie wäre es damit: du (als SL) erklärst den Spielern vor Spielbeginn, was sie so ungefähr erwartet, und was du wiederum von ihnen erwartest. So haben die Spieler zwar noch den einen oder anderen Aha-Effekt im Spiel, aber tun sich vielleicht leichter, die vorgelegten Schienen zu finden. Sodass du keine Verrenkungen machen musst, um die tölpelhaft durch die Gegend stolpernden Figuren endlich auf die Gleise zu setzen.
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Offline Jens

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Re: Charakterspiel
« Antwort #2 am: 17.12.2007 | 18:59 »
Naja DSA läuft sehr über "triggered Events". Da kann man nicht so viel ändern ohne die Abenteuerglaubwürdigkeit zu realiseren, denn irgendwie reagiert die Welt oft auf Spieleraktionen. Das Problem ist: DIE sind festgelegt. Es ist im Grunde so, wie "Metal Gear Solid": du kannst ne Menge tun und entdecken, aber die Story wird durchgehauen, dein Charakter folgt an manchen Stellen einfach dem Skript. Knackpunkt bei DSA: die Abenteuer haben nicht so viele Easter-Eggs und dann meist auch nur für langjährige Aventurien-Kenner...
Soweit die Basisvorraussetzungen.

Offline Jens

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Re: Charakterspiel
« Antwort #3 am: 17.12.2007 | 19:00 »
Ich persönlich kenne zumindest zwei Menschen die das Abenteuer immer schon vorher kennen und sich dann soweit drauf einlassen, dass sie dem SL in die Hand spielen. Überlege, ob ich das bei der Simyalakampagne auch machen sollte, schrecke aber noch davor zurück. Man kann dann viel besser "in" der Story spielen und seine Spotlights herausgreifen. Es ist aber (vor allem bei gut improvisierenden SL) nicht der Variabilität zuträglich (denn dort kann sich ein Abenteuer durchaus mal anders entwickeln und solche SL gibt es auch für DSA), was dann wieder den Abenteuerverlauf einschient und die überraschenden Ergebnisse (dass sind dann die Szenen, an die sich die Spieler im Nachhinein noch lange erinnern) stark reduziert...

(Sorry fürs Doppelposting aber das Posting als komplettes geht einfach nicht... ich bin gleich im Support zu finden..)

Offline Maarzan

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Re: Charakterspiel
« Antwort #4 am: 17.12.2007 | 21:09 »
Provokante Frage. ^^ Aber nicht ganz unberechtigt. Immerhin hat ja auch manch ein Rollenspieler ein beliebiges Abenteuer schon mehrmals gespielt, vielleicht sogar schonmal selber geleitet -- Kenntnis des Abenteuers muss also dem Spielspaß nicht im Wege stehen.

Du denkst aber nicht weit genug: wenn die Spieler das Abenteurer schon gelesen haben, warum dann überhaupt noch spielen? Gerade bei DSA, wo die Spieler ja sowieso nicht den geringsten Einfluss auf den Ausgang haben. Man kann sich doch auch gleich gemütlich zusammensetzen, das Abenteuer miteinander durchlesen, und am Ende geht jeder nach Hause und stellt sich vor, sein Charakter wäre dabei gewesen. Wieso auch nicht, die Entscheidungsfreiheit bleibt ja die gleiche.

Wenn dir das aber zu weit geht, wie wäre es damit: du (als SL) erklärst den Spielern vor Spielbeginn, was sie so ungefähr erwartet, und was du wiederum von ihnen erwartest. So haben die Spieler zwar noch den einen oder anderen Aha-Effekt im Spiel, aber tun sich vielleicht leichter, die vorgelegten Schienen zu finden. Sodass du keine Verrenkungen machen musst, um die tölpelhaft durch die Gegend stolpernden Figuren endlich auf die Gleise zu setzen.

Ist das nicht ungefähr Primetimeadventures, nur das das noch Klassen hat, d.h. Spotlightnischen nach reihum?
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

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Re: Charakterspiel
« Antwort #5 am: 17.12.2007 | 21:16 »
Ich denke das ist einfach eine Frage, was man will. Charakterspiel oder Storyspiel.

Wenn man Charakterspiel will, ja, dann sollte man es vorherleben, weil man dann das Abenteuer auf hohem Niveau nachspielen kann.

Wenn man aber Storyspiel will, nein, dann sollte man vorher die Finger davon lassen, da man sich sonst der ganzen Überraschungen, die die Story hoffentlich bereit hält, beraubt.

Kinshasa Beatboy

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Re: Charakterspiel
« Antwort #6 am: 17.12.2007 | 21:45 »
Also ich denke, dass es sich bei diesem Post entweder um eine freundlich formulierte Satire handelt oder eine beeindruckende Übertreibung. Weiss noch nicht so recht und freue mich auf Eure weiteren Beiträge  ;D

Offline Feuersänger

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Re: Charakterspiel
« Antwort #7 am: 17.12.2007 | 21:55 »
Also ich denke, dass es sich bei diesem Post entweder um eine freundlich formulierte Satire handelt oder eine beeindruckende Übertreibung. Weiss noch nicht so recht und freue mich auf Eure weiteren Beiträge  ;D

Wenn du damit meinen obigen Beitrag von wegen "Abenteuer vorlesen" meinst, so habe ich den zweiten Absatz übertrieben-satirisch gemeint, der letzte Absatz jedoch war wieder ein ernstgemeinter Gedanke, mit dem ich schon des Öfteren gespielt habe (bislang jedoch nicht durchgeführt).

Mag sein, dass es in PTA auch so ist, das kenne ich nur vom hörensagen.
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Offline Jens

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Re: Charakterspiel
« Antwort #8 am: 18.12.2007 | 00:52 »
Nein der Fokus bei PtA ist ein anderer: die Charaktere haben "ihre" Szenen aber keiner weiß wo es hingeht (und keiner, nicht mal der SL kann es zwingend beeinflussen) und daher ist der Spaß eher "die dynamische Story entdecken" und "Charakterdarstellen" nur in zweitem Range. Fokus liegt in der Tat auf der Serie und den Ereignissen, denn diese bestimmt man mit dem Resolutionsverfahren.
Das ist eine gute Mischung zwischen Charakter- und Storyspiel, die in DSA so nicht möglich ist.

Offline Drudenfusz

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Re: Charakterspiel
« Antwort #9 am: 2.01.2008 | 13:07 »
Ich persönlich kenne zumindest zwei Menschen die das Abenteuer immer schon vorher kennen und sich dann soweit drauf einlassen, dass sie dem SL in die Hand spielen. Überlege, ob ich das bei der Simyalakampagne auch machen sollte, schrecke aber noch davor zurück. Man kann dann viel besser "in" der Story spielen und seine Spotlights herausgreifen. Es ist aber (vor allem bei gut improvisierenden SL) nicht der Variabilität zuträglich (denn dort kann sich ein Abenteuer durchaus mal anders entwickeln und solche SL gibt es auch für DSA), was dann wieder den Abenteuerverlauf einschient und die überraschenden Ergebnisse (dass sind dann die Szenen, an die sich die Spieler im Nachhinein noch lange erinnern) stark reduziert...

(Sorry fürs Doppelposting aber das Posting als komplettes geht einfach nicht... ich bin gleich im Support zu finden..)
Jens, dir verzeiht meine Wenigkeit jedes Doppelposting.

Aber zu Thema: Das vorher einlesen ins Abenteuer, ermöglicht nicht nur bessere Spotlight nutzung sondern auch garantiert passende Charaktere. Die Spieler können sich völlig aufs Charakterspiel konzentrieren (was ja DSA-Spieler immer so unglaublich wichtig ist). Insgesamt ist es so wie wenn man sich einen Film ansieht den man schon kennt, man kann ihm hoffentlich wieder etwas abgewinnen.

Ich denke das ist einfach eine Frage, was man will. Charakterspiel oder Storyspiel.

Wenn man Charakterspiel will, ja, dann sollte man es vorherleben, weil man dann das Abenteuer auf hohem Niveau nachspielen kann.

Wenn man aber Storyspiel will, nein, dann sollte man vorher die Finger davon lassen, da man sich sonst der ganzen Überraschungen, die die Story hoffentlich bereit hält, beraubt.

Wenn mir nach Storyspiel ist, dann kommt mir DSA nicht in die Tüte, da das einfach nicht geht, zu mindest solange man Fertigabenteuer nutzt

Also ich denke, dass es sich bei diesem Post entweder um eine freundlich formulierte Satire handelt oder eine beeindruckende Übertreibung. Weiss noch nicht so recht und freue mich auf Eure weiteren Beiträge  ;D
Also zumindest ist mein Beitag nicht als Satire gemeint (obwohl das irgentwie nahe liegt). Bin halt Rollenspieltheoretiker, und frage mich was man mit DSA (und seinen Spielern) machen soll.
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Offline Rasumichin

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Re: Charakterspiel
« Antwort #10 am: 2.01.2008 | 16:46 »
Ich habs schon auf Deinen gleichlautenden Beitrag bei Ulisses geschrieben, wiederhole mich aber gerne :
Die Gruppen, die bei DSA railroadende Kaufabenteuer wollen, erwarten auch den Überraschungseffekt im bombastischen Finale.

Die wollen vorher nicht wissen, dass Hal ne Frau ist oder Brin das Herz rausgerissen wird.
Darum wird doch in DSA-Foren so viel mit Spoilertags gearbeitet.

Darüber hinaus sind alle Gruppen, in denen Railroading funktioniert, dadurch gekennzeichnet, dass die Spieler Lenkungsversuche seitens des SL (nicht mal bewusst-reflektierend, unter Einbeziehung dramaturgischer Metaüberlegungen, sondern auf einer un- oder halbbewussten Ebene) erkennen und aufgreifen.
Quasi der SL als Souffleur der Spieler.

Wenn eine Gruppe Railroading tatsächlich will, funktioniert es auch, dafür braucht es keine neuen Ansätze, sondern einfach nur eine Kombination aus einem allgemein akzeptierten Gruppenvertrag und einem Minimum an sozialer Kompetenz (was bei Railroading gegen den Willen der Spieler freilich beides bezweifelt werden darf).

Wenn es dagegen nicht funktioniert, kann man natürlich immer an Symptomen rumdoktern, aber ich würde doch eher dazu raten, mal einfach das Verkehrsmittel zu wechseln, wenn der Zug dauernd entgleist.
Wenn die Spieler anständige, plotsprengende Ideen haben, brauchen sie vernünftiges, herausforderungsbasiertes RPG nach der Vorväter Art, wie es sich hunderttausendfach an Spieltischen in aller Welt bewährt hat und kein einstudiertes Laientheater mit Charakterdatenblättern als Tischdekoration.

Die von Dir vorgeschlagene Lösung bedeutet jedenfalls nur eine geringfügige Stärkung des Charakterspiels auf Kosten der Metaplotpornographie, kann also dem typischen Klischee-DSAler, der ja eine menage a trois aus Metaplotbombast, Atmo-Meditation und StereotypenCharakterspiel will, nicht als Allheilmittel empfohlen werden.

Zitat
Bin halt Rollenspieltheoretiker, und frage mich was man mit DSA (und seinen Spielern) machen soll.

Mit DSA?
Auf die 5. Edititon warten und hoffen, dass sie besser wird, bis dahin DSA 1 oder Aventurien d20 spielen.

Mit den Spielern?
Denen, die zuhören, sagen, was sonst so geht, dem Hardcore-Rest seinen geliebten Schrebergarten lassen.

Ranor

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Re: Charakterspiel
« Antwort #11 am: 2.01.2008 | 17:08 »
Gehen Fertigabenteuer nicht prinzipiell, also nicht nur bei DSA, davon aus, das der SL ein gewisses Railroading betreibt? Sonst bräuchte man doch auch keine Fertigabenteuer...
Wer als Spielleiter ganz und gar auf die Impulse aus der Spielerschaft setzt, braucht doch maximal eine Anregung und kein ganzes Abenteuer.

Offline Myrmidon

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Re: Charakterspiel
« Antwort #12 am: 2.01.2008 | 19:12 »
Gehen Fertigabenteuer nicht prinzipiell, also nicht nur bei DSA, davon aus, das der SL ein gewisses Railroading betreibt?
Nein

Kinshasa Beatboy

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Re: Charakterspiel
« Antwort #13 am: 2.01.2008 | 19:35 »
Gehen Fertigabenteuer nicht prinzipiell, also nicht nur bei DSA, davon aus, das der SL ein gewisses Railroading betreibt?
Ja, meistens. Ausnahmen bilden vielleicht bei Dungeon Crawls. Aber bei Abenteuern mit gewissem Storygerüst ist in den allermeisten Fällen Railroading mehr oder weniger stark ausgeprägt. DSA steht dabei aber zweifelsohne am oberen Ende der Skala.

Ranor

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Re: Charakterspiel
« Antwort #14 am: 2.01.2008 | 20:36 »
Nein
Vielleicht könntest du deine klare Antwort mit ein paar Beispielen ausschmücken?
DSA steht dabei aber zweifelsohne am oberen Ende der Skala.
Hmm, ich sehe ehrlich gesagt keinen großen Unterschied zwischen den Abenteuern von, sagen wir mal D&D, Shadowrun und DSA. Ohne Railroading läuft da nirgendwo was. Überall steht ein Anfang, verschiedene Trigger im Laufe des Abenteuer und ein festes Ende.

Kinshasa Beatboy

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Re: Charakterspiel
« Antwort #15 am: 2.01.2008 | 21:05 »
Hmm, ich sehe ehrlich gesagt keinen großen Unterschied zwischen den Abenteuern von, sagen wir mal D&D, Shadowrun und DSA. Ohne Railroading läuft da nirgendwo was.

Shadowrun finde ich in den meisten Fällen deutlich offener. Wenn ich mir beispielsweise als Abenteuerpublikation von SR das unfassbar gute "Portfolio of a Dragon´s Secrets" anschaue, dann bekommt man da im Rahmen eines extrem ungewöhnlichen und innovativen Hefts erst am Schluß Abenteuerideen mit Railroadinggehalt (der aber angesichts flexiblerer Plots geringer ausfällt als beim generischen DSA, sagen wir mal 7G).

Zu D&D habe ich keinen guten Abenteuerüberblick. Kenne eher die Kampagnenwelten.

Als Gegenbeispiel zu DSA und insbesondere der 7G wird gerne Der Innere Feind von Warhammer genannt. Das finde ich nachvollziehbar. Besonders gelungen finde ich, dass die Abenteuer mit fortschreitender Erfahrung der Charaktere immer weniger Railroading beinhalten. Wenn man sich das ursprüngliche Abschlußabenteuer in Middenheim anschaut, gibts da eine extrem komplexe Story quasi komplett ohne Railroading. Das ist schon sehr cool.

Kurz zum Hintergrund: Habe Der Innere Feind das erste Mal vor zehn Jahren und das zweite Mal vor gar nicht allzu langer Zeit begonnen. Auf Aventurien leite ich momentan 2 Runden. Die eine Runde ist mitten in der 7G, die andere spielt quasi am Rande von 7G entlang. Lasse die beiden Runden immer mal wieder einander begegnen (es sind andere Spieler und vollkommen andere Powerlevel). Mit der zweiten (kleinen) Gruppe spiele ich gerade Der Innere Feind. In meiner Planung handelt es sich bei dem Plot um eine Vorbereitung der Schergen Borbarads für die Invasion Tobriens. Die Modifikationen sind überschaubar und lokal begrenzt (Bögenhafen=Perainefurten, Reik=Tobimora, Middenheim=Warunk, nen bissel Chaos rausnehmen, Bedeutung der Indiviuen "regionalisieren" etc., also nix wirklich Schlimmes).

Nun muss ich regelmäßig vorbereiten und habe mit 7G erheblich mehr Aufwand. Das liegt insbesondere an den massiven Railroadinganteilen, aber ein Stück auch an den vielen in meinen Augen vollkommen abwegigen bis lächerlichen Storyeinfällen bei DSA. Sowas gibts bei Warhammer in der Form beides nicht (obwohl ich natürlich bei den Namen schreiend wegrennen könnte..."Zahnarzt rises again").

Könnte noch mehr Beispiele und Systeme nennen, die in meinen Augen erheblich weniger Railroadingelemente aufweisen als DSA. Vor diesem Hintergrund kann man aus meiner Sicht klar feststellen, dass DSA da weit vorne liegt. Dennoch: spiele trotzdem in gerne 7G und auf Aventurien und könnte ne Menge Gründe dafür liefern. Aber das ist nen anderer Thread  ;D

Offline Myrmidon

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Re: Charakterspiel
« Antwort #16 am: 2.01.2008 | 21:10 »
Vielleicht könntest du deine klare Antwort mit ein paar Beispielen ausschmücken?

z.B. die Plot-Point Kampagnen von Savage-Worlds, wie "50 Fathoms".


Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Charakterspiel
« Antwort #17 am: 2.01.2008 | 23:22 »
z.B. die Plot-Point Kampagnen von Savage-Worlds, wie "50 Fathoms".


oder die Toten des Winters von Harnmaster oder verschiedene Midgard Abenteuer und die Siege of Tolkeen Serie
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

Offline Rasumichin

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Re: Charakterspiel
« Antwort #18 am: 2.01.2008 | 23:38 »
Gehen Fertigabenteuer nicht prinzipiell, also nicht nur bei DSA, davon aus, das der SL ein gewisses Railroading betreibt? Sonst bräuchte man doch auch keine Fertigabenteuer...
Wer als Spielleiter ganz und gar auf die Impulse aus der Spielerschaft setzt, braucht doch maximal eine Anregung und kein ganzes Abenteuer.

Auch bei einem Abenteuer, das komplett offen strukturiert worden ist, kann man genug brauchbares Material liefern, um einen kompletten Kampagnenband zu füllen.

NSC-Beschreibungen, R-Maps und Handlungsmaschinen (also Flussdiagramme, die Beziehungen der NSC zueinander und zu bestimmten Gegebenheiten zeigen), Zeitleisten, die darstellen, was ohne das Eingreifen der SC passieren würde und wo sich durch ihr Verhalten Veränderungen ergeben können, Beschreibungen wichtiger Entscheidungsmöglichkeiten und alternativer Abläufe, Zufallstabellen, Grundrisse und Beschreibungen des Abenteuersettings.

Improvisation kann man unterstützen, mit solchem Material wird freies Improvisieren am Abenteuerschauplatz mindestens so einfach wie das Vorlesen gescripteter Szenen.

Bei Gruppen, die sehr viel Eigeninitiative zeigen, ist es sogar die bei Weitem einfachste Variante.


Man erhält dann eben keine chronologisch ablaufende Geschichte, sondern Material, mit dem man die Spielwelt dynamisch und handlungsfördernd reagieren lassen kann.

Offline Der Nârr

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Re: Charakterspiel
« Antwort #19 am: 3.01.2008 | 09:47 »
Wir müssen uns immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass es auch unter den DSA-Abenteuern gute und schlechte Abenteuer gibt und welche mit mehr oder weniger Railroading. Aber hier soll es ja um schlechte Abenteuer mit viel Railroading gehen.

Das Problem entsteht aus meiner Sicht aus zwei Dingen:

- Das Railroading ist nicht verlässlich. In zwei Abenteuern können zwei sehr ähnliche Situationen auftreten (z.B. Kontakt mit bestimmten Völkern usw.), aber völlig unterschiedliche Reaktionen der Helden ganz selbstverständlich erwartet werden, meinetwegen ganz platt: In zwei Abenteuern kommen Orks vor. Im einen Abenteuer geht der Autor davon aus, dass die Helden angreifen, im anderen Abenteuer geht ein anderer Autor davon aus, dass die Helden sich ihnen friedlich nähern. Gerade in Bezug auf Feindbilder kann das sehr irritierend sein, vor allem wenn auf einmal alte Feindbilder zu Opfern werden. Das führt jedenfalls dazu, dass es den Spielern schwer folgt, den Schienen zu folgen, weil sie an den Weichen nicht mehr erkennen können, wo ihre Strecke weiterführt.

- Die Abenteuer suggerieren dem SL, dass es nur auf diesem einen Weg geht. DSA-Abenteuer geben gelegentlich nicht nur das Ziel vor, dass erreicht werden soll, sondern auch den Weg dahin. Dies geht soweit, dass andere Wege sogar behindert werden (Troll vor die falsche Tür im Dungeon -> Dämonen im Luftraum, damit keine Hexenbesen genutzt werden, fiese Tricks, wie Hellsichtzauber für die Magierspieler viele viele Abenteuerpunkte ausgegeben haben in entscheidenden Situationen nutzlos werden usw.). Gleichzeitig wird beim SL aber auch die Erwartungshaltung aufgebaut, dass die Spieler auf bestimmte Szenen so oder so reagieren, ja, ich habe es erlebt, dass in DSA-Abenteuern dem SL praktisch versprochen wird, dass die Spieler Feuer und Flamme, Angst und Bange etc etc werden. Wenn die Spieler dann aber nicht so reagieren (weil die ganze Konstellation nunmal anders war, als beim Autoren in seiner Testrunde, und die Szene eben anders rüberkam und die Spieler damit anders umgingen), führt dies beim SL zu Verwirrung, Frust, dem Eindruck: Irgendwas stimmt da nicht. Typisches Abblockverhalten ist dann selbstverständlich, den Spielern die Schuld zu geben: Die machen mein Abenteuer kaputt, warum halten die sich denn nicht an den Plan.

Mein Lösungsvorschlag: Das Abenteuer gut durcharbeiten, um die Orte zu kennen, die Eskalationsstufen, die Motivationen und Möglichkeiten der NSCs. Dann die Schienen ignorieren und bei Spielbeginn die Helden in keinen Zug setzen, sondern sie zu Fuß losschicken. Ein gutes Abenteuer wird es vertragen, wenn die Spieler mal vom Weg abkommen.
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Spielleitet aktuell gar nix
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Samael

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Re: Charakterspiel
« Antwort #20 am: 3.01.2008 | 09:52 »
@Rasumichin
Sehr schön ausgedrückt! Leider sind solche Abenteuer recht spärlich gesät, selbst welcher in denen diese Elemente nur teilweise verwendet werden. Und für DSA gibt es sowas natürlich gar nicht.

Offline Lord Verminaard

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Re: Charakterspiel
« Antwort #21 am: 3.01.2008 | 10:10 »
Mit einem hat Rasumichin recht: Der Spieler, der den bombastischen SL-Plot erleben will, der will sich auch von ihm überraschen lassen. Das geht mit dem Charakterspiel Hand in Hand, ja greift sogar ineinander: Über das Charakterspiel wird die Reaktion des Spielers auf das Erlebte direkt in die Spielwelt transportiert. Quasi wie ein Audiokommentar. Also: Nicht Storyspiel oder Charakterspiel, sondern Storyspiel und Charakterspiel.

[Kishwaheli]
Eine verbreitete Railroading-Definition definiert dieses übrigens als „gegen den Willen der Spieler“, demnach wäre es also kein Railroading, wenn die Spieler freiwillig dabei mitmachen. Aber was soll’s, wir verstehen ja alle, was gemeint ist.
[/Kishwaheli]
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Ranor

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Re: Charakterspiel
« Antwort #22 am: 3.01.2008 | 11:13 »
Shadowrun finde ich in den meisten Fällen deutlich offener. Wenn ich mir beispielsweise als Abenteuerpublikation von SR das unfassbar gute "Portfolio of a Dragon´s Secrets" anschaue, dann bekommt man da im Rahmen eines extrem ungewöhnlichen und innovativen Hefts erst am Schluß Abenteuerideen mit Railroadinggehalt (der aber angesichts flexiblerer Plots geringer ausfällt als beim generischen DSA, sagen wir mal 7G).
Da hast du dir aber auch ein gutes Beispiel rausgesucht, wobei man beim PoaD auch sagen muss, dass das ganze eher ein Sourcebook und kein klassischer Abenteuerband ist. In eine ähnliche Kategorie fällt auch "Renraku Arcology Shutdown". Es gibt aber auch so viele schlechte Abenteuer wie "Brainscan", "Corporate Punishment", alle dt. Veröffentlichungen usw. und diese sind massivst "gerailroadet".

Also: Nicht Storyspiel oder Charakterspiel, sondern Storyspiel und Charakterspiel.
Ständig liest man hier solche und ähnliche Aussagen. Kann man denn die beiden Sachen überhaupt trennen? Ist Rollenspiel nicht automatisch ein Charakterspiel bei dem man eine mehr oder weniger ausgearbeitete Story erlebt?

Offline Lord Verminaard

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Re: Charakterspiel
« Antwort #23 am: 3.01.2008 | 11:35 »
@ Ranor: Natürlich sind im Rollenspiel immer irgendwie Charaktere vorhanden und es gibt immer irgendwie eine Handlung. Aber bei dieser Erkenntnis muss man ja nicht Halt machen. Sondern man kann sich fragen: Wie sehen die Charaktere aus? Wie sieht die Handlung aus? Und welchen Stellenwert nehmen bestimmte Eigenheiten der Handlung bzw. des Charakters im Spiel einer bestimmten Gruppe ein?

Wenn du das vertiefen möchtest, wäre es wahrscheinlich einen eigenen Thread wert.
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Kinshasa Beatboy

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Re: Charakterspiel
« Antwort #24 am: 3.01.2008 | 11:38 »
@ Ranor & Vermi: Aber sicher ist das nen eigenen Thread wert!