Autor Thema: Die Schreibe...  (Gelesen 2977 mal)

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Offline 1of3

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Die Schreibe...
« am: 1.01.2008 | 19:48 »
Hi.

Es begab sich vor vielen Jahren, dass auf einer Jugendfreizeit jemand ein sehr dickes A4-Buch dabei hatte, dass den mir unverständlichen Titel Earthdawn trug. Ich fragte, was das für ein Buch sei, und erfuhr, dass es sich um eine Spielanleitung handele. Das verwunderte mich sehr, denn welche Spiele brauchen so lange Anleitungen? Rollenspiele kannte ich noch nicht.

Nun, ja ich hab grad mal angefange ED zu lesen. Zweite Edition, Deutsch. Und meine Güte ist da ein Gelaber drin!

Beispiele gefällig? Ich schlag mal zufällig eine Seite auf:

S. 270
Zitat
Grundhaltungen
Wie alle anderen Charaktere haben auch Spielleitercharaktere ihre eigene Persönlichkeit. Jeder hat eine einzigartige Ansicht über die Welt und die Spielercharaktere. Der Spielleiter kann jedem seiner Charaktere eine detaillierte Persölichkeit geben, er kann das damit verbundene Ziel aber auch durch eine Art "Abkürzung" erreichen, die "Grundhaltung" genannt wird.

Was soll uns dieser Absatz sagen? Ich denke etwa Folgendes:

Der Spielleiter legt die Persönlichkeit all seiner Charaktere fest. Er kann dies detailliert tun oder - gerade für unwichtigere Charaktere - nur eine sog. Grundhaltung auswählen, um Arbeit zu sparen.

Damit ist eigentlich mehr gesagt als bei dem Schwampf aus dem Buch. In weniger Worten ist nämlich schon eine konkrete Anweisung enthalten und auch begründet.

Nicht nur, dass das im Buch eher selten passiert, oft werden dann auch noch Regeln etwa auf folgende Weise wortreich "begründet" (S. 239):

Zitat
Ersticken
Manchmal gibt es im Verlauf eines Abenteuers einen unglückseeligen Moment, an dem sich ein unerschrockener Abenteurer ohne atembare Luft wiederfindet. I voller Rüstungen in den sChlangefluss geworfen zu werden, einen alten Keaer zu öffnen, dessen Luftreserven längst verseucht oder verbraucht sind, oder mit dem Gesicht nadch unten im Matsch zu liegen, sind solche Fälle unglückseeliger Begebenheiten, die dazu neigen, ausgerechnet den Abenteurern Earthdawns zuzustoßen.

Das sind in der Tat wichtige Informationen: Abenteurer kommen gelegentlich in Situationen, wo sie ersticken können, und zwar weil sie sich beispielsweise in alte Kaers begeben.

Abgesehen davon, dass man die Autoren vielleicht noch einmal daran erinnern sollte, dass Adjektive besser sparsam eingesetzt werden, ist der Informationsgehalt null! Denn dass es hier um gefährliche Situationen geht, in die Abenteurer kommen können, wurde schon am Anfang des Kapitels erklärt.

Schlimmer noch, die einzige Begründung dafür, dass Abenteurer gelegentlich in solche Situationen kommen, ist nicht dass es Kaers mit abgestandener Luft gibt, sondern dass das Spiel sonst eher langweilig wäre.


Wenn man noch dazu nimmt, dass bei Talenten und Fertigkeiten ganze Absätze redundant sind, weiß ich jetzt endlich, warum dieses Buch so dick ist.
« Letzte Änderung: 1.01.2008 | 19:55 von 1of3 »

Ein

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Re: Die Schreibe...
« Antwort #1 am: 1.01.2008 | 20:07 »
Sowas nennt sich Stimmungstext.

Bei Spielen ist es stets wichtig eine Stimmung zu etablieren, um die Konsumenten emotional einzubinden. Bei Brettspielen und Computerspielen geschieht dies vornehmlich durch die graphische Gestaltung, bei Rollenspielen über Bilder und Stimmungstexte.

Offline Bluerps

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Re: Die Schreibe...
« Antwort #2 am: 1.01.2008 | 20:10 »
... und was willst du uns jetzt damit sagen? Oder hast du das "RANT" im Titel vergessen?


Bluerps
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Offline Der Nârr

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Re: Die Schreibe...
« Antwort #3 am: 2.01.2008 | 10:29 »
Ich muss 1of3 zustimmen. Earthdawn ist grausig geschrieben. Ich kann mir auch nur immer wieder an den Kopf fassen, wenn ich darin lese. Vor allem, wenn so viel Geblubber drin steht, dann aber essentielle Fragen zur konkreten Anwendung einer Regel und ihrer Umsetzung im Spiel unter den Tisch fallen.

Mit Stimmungstexten hat das auch nichts mehr zu tun, weil bei Earthdawn "Flairtext" und "Regeltext" gerne so richtig gut miteinander durchgemischt werden und der Regeltext dann gerne etwas anderes behauptet als der Flairtext oder, nachdem man nach dem Lesen der Flair-Einleitung denkt "wow, das muss ja rocken", die große Enttäuschung kommt, wenn dann der Regeltext kommt.

Also unter dem Gesichtspunkt "Schreibe" würde ich dem Earthdawn-Grundregelwerk eine glatte 5 geben.
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Ein

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Re: Die Schreibe...
« Antwort #4 am: 2.01.2008 | 11:29 »
Hatte ich bisher nicht, das Problem.
Vielleicht liegt mein Erwartungshorizont einfach anders?

Ich finde es dabei auch wieder mal lustig, dass gerne über fehlende Spielanleitung gejammert wird, aber wenn dann konkrete Beispiele gemacht werden, was man damit treibt (s. Ersticken), dass dann auch wieder nicht gut ist. :gaga:

Offline Der Nârr

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Re: Die Schreibe...
« Antwort #5 am: 2.01.2008 | 12:15 »
Die "konkreten Beispiele" helfen aber nicht dabei, die Regel zu verstehen. Gegen Beispiele, die die Anwendung einer Regel erläutern, habe ich auch nichts. Aber um die geht es hier ja nicht.
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Offline grasi

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Re: Die Schreibe...
« Antwort #6 am: 2.01.2008 | 12:39 »
Rollenspielautoren sind in den seltensten Fällen auch noch begabte Schreiberlinge.
Das sollte aber auch nicht verwundern, wenn man sieht wie mies Autoren und Übersetzer in der RSP-Branche bezahlt werden. ;)

Offline Boba Fett

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Re: Die Schreibe...
« Antwort #7 am: 2.01.2008 | 13:09 »
Man sollte nicht vergessen,
von wann Earthdawn ist...  ...von 1993
von wem Earthdawn ist...  ...FASA - da mag man mal in die Shadowrun Regeln von damals blicken

soll nicht verteidigen oder entschuldigen, nur erklären!
« Letzte Änderung: 2.01.2008 | 13:12 von Boba Fett »
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Kinshasa Beatboy

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Re: Die Schreibe...
« Antwort #8 am: 2.01.2008 | 13:12 »
Rollenspielautoren sind in den seltensten Fällen auch noch begabte Schreiberlinge.
Da wär ich mir gar nicht mal so sicher. Der entscheidende Punkt ist wohl eher Dein nächster:
Das sollte aber auch nicht verwundern, wenn man sieht wie mies Autoren und Übersetzer in der RSP-Branche bezahlt werden. ;)
Es gibt weltweit nur sehr wenige Leute, die hauptberuflich vom Rollenspiel leben (können). In Deutschland würde ich vermuten, dass es weniger als 25 sind (ohne die Händler). Da bleibt dann halt entsprechend wenig Zeit, um Aufgaben nachzukommen, die in anderen Branchen Standard sind:

- Professionelles Lektorat
- Durchgehend hohe Druckqualität
- Regeln werden von Spezialisten entwickelt
- Regeln werden von Spezialisten geschrieben (übrigens ein Punkt, der aus meiner Sicht eklatant unterschätzt wird; schaut Euch zum Vergleich beispielsweise mal die Entwicklung der Museumspädagogik an)
- usw.

Vor diesem Hintergrund finde ich die Qualität global überraschend hoch, obwohl es natürlich immer mal wieder Ausreißer nach unten [Beispielliste zur Vermeidung von Flamewars gelöscht] gibt. Dafür sind die Ausreißer nach oben umso bemerkenswerter [Beispielliste zur Vermeidung von Flamewars gelöscht].

Offline grasi

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Re: Die Schreibe...
« Antwort #9 am: 2.01.2008 | 13:25 »
Zitat
- Regeln werden von Spezialisten entwickelt
- Regeln werden von Spezialisten geschrieben (übrigens ein Punkt, der aus meiner Sicht eklatant unterschätzt wird; schaut Euch zum Vergleich beispielsweise mal die Entwicklung der Museumspädagogik an)
Ne, auf Museumspädagogik habe ich jetzt mal keine Lust. ;)
Aber ich gebe dir trotzdem recht.
Leute die gute Regeln entwickeln, müssen nicht unbedingt auch gut schreiben können (oder ihre Regeln gut erklären können) und das gilt natürlich auch anders rum.

Dammi

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Re: Die Schreibe...
« Antwort #10 am: 2.01.2008 | 14:20 »
Moin!

Earthdawn ist ziemlich "wortreich", das stimmt--man könnte sehr vieles einfacher und effizienter ausdrücken. Im englischen funktioniert das noch ganz gut (zieht sich durch alle Bände und ist ein absichtliches Stilelement). Die Original-Autoren sind auch fast durchweg ziemlich gut und in der Szene bekannt.

In der Übersetzung wirkt es allerdings übermässig schwulstig und manchmal komisch, funktioniert meiner Ansicht nach gar nicht. Das ist aber natürlich ein Problem der Übersetzung, das geht nicht so einfach--man hätte es neu schreiben müssen damit es passabel bzw. eleganter ist (und das steht bei einer Übersetzung ja meist komplett ausser Frage).


Gruß,

Dammi
« Letzte Änderung: 2.01.2008 | 14:24 von Dammi »

Ein

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Re: Die Schreibe...
« Antwort #11 am: 2.01.2008 | 15:07 »
@Hanf
Hier wurde ja nicht einmal eine Regel zitiert, sondern der Flavortext vor der Regel.
Im Grunde hat FASA da aber stets sehr systematisch gearbeitet.

Flavortext > Beispiele für Ingame-Anwendung > Regel > Ausnahmen > Beispiele für Anwendung

Ich kann Dammi daher recht geben, gerade im Englischen liest es sich sehr gut. Im Deutschen ist Problem, dass man hier Regelkenntnisse und Kenntnisse im Schreiben von Spielanleitungen mitbringen müsste, um es richtig übersetzen zu können. Ist leider oft nicht gegeben.

Und davon ab, muss ein Regelautor, der auch die Flavortexte schreiben soll, gleich zwei anspruchsvolle Schreibstile beherrschen. Das das nicht jedem gegeben ist, sollte wohl klar sein.

Dass derweil der Verzicht auf Flavortexte nicht zwangsläufig das Verständnis verbessert, dafür reicht schon ein Blick in ein D&D-Regelwerk.

Offline Greifenklaue

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Re: Die Schreibe...
« Antwort #12 am: 2.01.2008 | 19:58 »
Ich finde zwar schon, dass auch Flavourtext zu einer trockenen Regelanweisung gehört (z.B. schön gelöst im DnD Zauberkompendium), im konkreten Beispiel hier ist der Flavour aber irgendwo verloren gegangen... Ob bei Übersetzung oder von vornerein weiß ich allerdings nicht.
"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
Schwarzauge wird büssen."

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