Autor Thema: [offen] Entscheidungen, Entscheidungen nichts als Entscheidungen  (Gelesen 6266 mal)

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Offline AE

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Ich stell mal folgende These auf. Eines der wichtigsten Elemente beim Rollenspiel, sowohl beim Spieldesign wie auch beim Spielleiten ist es Möglichkeiten für Entscheidungen zu schaffen. Sowohl für narratives Drama als auch für den crunchigen Part der Regeln.
Gerade die Möglichkeit Entscheidungen zu treffen unterscheidet Rollenspiel als Medium von Literatur oder Film und verdient deswegen besondere Beachtung weil es etwas ist was Rollenspiel ausmacht.

Damit eine Entscheidung den Namen verdient hat muss sie aber von Bedeutung sein und auch Konsequenzen haben, leider wird dies von Spieldesignern (inkl. Brett und Computerspiele) noch recht gerne ignoriert. Deswegen hier kurz was ich NICHT unter Entscheidungen verstehe.

Entscheidungen ohne Wahl
Damit eine Entscheidungsmöglichkeit entsteht muss es mehr als eine sinnvolle Option geben. "Willst du Leben oder Sterben?", "Willst du Geld, Liebe oder beides?", "Willst du ein +1 oder ein +5 Schwert haben?". All das sind unter normalen Umständen keine Möglichkeiten für Entscheidungen da es nur eine sinnvolle Antwort gibt.
In der Narration treten solche "Entscheidungen" oft an Schlüsselpunkten in Abenteuern auf. Um die Story in eine vom Author gewünschte Richtung zu lenken. Oft wird hier nichtmal in Erwägung gezogen was passieren würde wenn sich die Spieler anders entscheiden würden.
Beim Crunchigen Part findet man solche "Entscheidungen" häufig in der Form von Must-have Ausrüstung, Spezialfertigkeiten oder Vorteilen. Sicherlich hat man die Wahl auf solch ein Must-have zu verzichten, Spieltechnich gesehen wäre es jedoch dumm. Weil besagtes Must-have erhältlich, besser als jede anderen Optionen und außerdem ohne relevante Nachteile ist.
Dies kommt besonders oft bei Computerrpgs vor. Irgendwann findet man eine Waffe die besser ist als alle Waffen zuvor und es gibt keinen Grund eine andere zu benutzen. Eine wirkliche Entscheidung wird vom Spieler also nicht verlangt.

Entscheidungen ohne Konsequenz
Entscheidungen ohne Konsequenz sind einfach nur lästig und umso Aufweniger sie werden umso größere Designfehler stellen sie dar.
in der Narration werden sie häufig durch "Illusionismus" oder auch "Participationism" kaschiert. Im letzteren Fall ist dies natürlich vertetbarer da die "Entscheidung" bedeutend schneller von statten geht wenn man weiß dass sie keine Rolle spielt.
Merken die Spieler jedoch das die Entscheidung über der sie die letzten Stunde gebrühtet haben vollkommen ohne Konseqenz ist, dann ist das durchaus ärgerlich.
Wenn von vornerein klar ist das die Entscheidung konseqenzlos ist, dann schadet sie zwar nicht, trägt aber auch nicht unbedingt zum Spielspass bei, denn wem macht es schon Spass zu entscheiden in welche Richtung ein Sack Reis in China fällt.
Beim Crunch kann es zu sochen Konsequenzlosen Entscheidungsmöglichkeiten kommen wenn unnötig viel Color ungeschickt in dir Regeln eingebunden wird. Wenn es zum Beispiel dutzende von Pistolen mit weitern dutzenden von Munitionarten zu Wahl gibt die zwar alle einen Wust an eigenen Werten haben sich aber im Endeffekt nicht wirklich unterscheiden. Die bloße Auflistung von Namen und Bildchen hätte es dann wohl sicher auch getan.

Ok, soviel zu den schlechten Entscheidungsmöglichkeiten, ich hoffe daraus ging schon etwas hervor für wie wichtig ich Entscheidungsmöglichkeiten halte.

Entscheidungsmöglichkeit > Konflikt
Die landläufige Meinung das eine gute Geschite auf Konfilkten beruht halte ich nicht für falsch, aber Rollenspiele sind doch keine einfachen Geschichten und unterscheiden sich deshalb von anderen Medien.
Zwar ist auch der Konflikt der Basisbaustein einer guten Rollenspielerzählung, jedoch nur wenn er eine bedeutsamme Entscheidungsmöglichkeit hervorbringt.
Als Beispiel der Grundkonflikt eines gekidnappten Helden der in einer unmenschlichen TVSpielshow um sein leben kämpfen muss, ist sicherlich spannend als Buch oder auch als Film.
Im Rollenspiel wird das Medium jedoch damit nicht ganz ausgereizt und solch ein Konflikt kann schnell zu einem langweiligen Railroadinging führen. Der Konflikt alleine schafft also im Rollenspiel noch nicht unbedingt ein gutes Drama.
Interesant wird es hier erst wenn besagter Held irgendwann vor der Wahl steht den Sadistischen Moderator zu töten und dadurch vieleicht die Show zu beenden oder als hervorragend bezahlter Gladiator und TV-Star teil der blutrünstigen Show zu werden. Also eine eigene bedeutsamme Entscheidung zu treffen.

Achtung! Entscheidungsmöglichkeiten produziern Komplexität
Da ich ja auch für die taktischen Elemente des Rollenspiels eine Lanze für bedeutsamme Entscheidungen brechen möchte will ich das nicht ohne eine Warnung zu tun. Zu viele gleichzeitige Entscheidungsmöglichkeiten können die taktischen Elemente unnötig kompliziert machen. Dazu ein Link zu einem älteren aber ich finde sehr guten Artikel von Shannon Appelcline http://www.rpg.net/news+reviews/columns/virtually07feb03.html
Das trifft natürlich auch für narrative Entscheidungsmöglichkeiten zu, jedoch ist dort eine Flut von Entscheidungsmöglichkeiten eher selten und wenn dann doch nur einmalig und nicht immer wiederkehrend.

SIM = versteckte Bedeutsamkeit der Entscheidungen
Die bedeutsamkeit von Entscheidungen ist in stark simulativen Spiel manchmal nur schwer zu erkennen. Es gibt unendlich viele Faktoren und unendlich viele Konsequenzen. Im SIM lastigen Spiel sollte das Augenmerk also eher nicht darauf liegen bedeutsamme Entscheidungen zu schaffen sondern solche zu Erkennen wenn oder bevor sie getroffen werden. Das gilt sowohl für narrative als auch für crunchige Entscheidungen. Denn gerade im SIM lastigen Spiel gilt das ein Gegenstand oder eine Eigenschaft mehr sein sollte als das was in den Regeln steht.

Fazit
Ich glaube das der Gedanke bedeutsamme Entscheidungsmöglichkeiten zu produzieren jeden Versuch des Designs von Rollenspielen wie auch das Vorbereiten und Schreiben von Abenteuern durchziehen sollte.

Ein besonderheit scheint mir jedoch cinemastische Rollenspiele zu sein. Sie scheinen einfach von der Lust des Erzählens und Würfelns allein geprägt zu sein und keinerlei bedeutsamme Entscheidungen zu erfordern um zu funktionieren. Ganz ähnlich einem Actionfilms oder Digitalen Actiongames. Insofern eine wunderbare Designleistung.


Offline Maarzan

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Im Prinzip kann ich das so unterschreiben - bis auf den SIM-Abschnitt wo ich nicht ganz sicher bin die Aussage verstanden zu haben.

Noch zwei Anmerkungen:

Zu einer funktionalen udn damit bedeutsamen Entscheidung gehört eine Informationsbasis, die zumindest eine grobe Abschätzung der Alternativen erlaubt. Wer keine Unterschiede in den Konsequenzen erkennen kann, dem hilft das WIssen, das es solche geben wird auch nicht weiter.


Viele Leute sind aber auch gar nicht an wirklichen Entscheidungen interessiert:
- Entscheidungen erfordern "Arbeit" vorher und können zu Streß führen. (entsprechend Entscheidungen erzeugen Komplexität, bzw bei dem Erwerb und der Auswertung der Informationen)
- Entscheidungen gehen mit Verantwortung für ihre Ergebnisse einher. Man kann sich irren oder sonstwie versagen, was von manchen als inakzeptabel angesehen wird.
- manche Entscheidungen sprechen sich gegen die Erstellung von gewissen Fiktionen aus.


Eine Menge Leute verzichten daher lieber auf eigenständige echte Entscheidungen für ein gesichertes Ergebnis und sind zufrieden mit dem Ergebnis eines abgekarteten Spiels.
Echte Entscheidungen sind daher nur eine (von mir allerdings auch bevorzugte) Seite dessen, was momentan als Rollenspiel bezeichnet wird und damit in ihrer Priorisierung Geschmackssache.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Joe Dizzy

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Ich stimme dir zu, das "Entscheidungen" eine zentrale Funktion des Spielens darstellen.

Lediglich die Gleichstellung bestimmter Entscheidungsmöglichkeiten mit Designfehlern halte ich für unangebracht. Auch Entscheidungen mit geringen Konsequenzen fürs Spiel oder mit wenigen Wahlmöglichkeiten sind für ein Rollenspiel legitim. Das Spiel besitzt dann zwar weniger Spieltiefe, aber dass muss nicht immer schlecht sein.

Es spricht nichts dagegen Rollenspiele zu entwerfen, die weniger Einsatz und Aufwand vom Spieler fordern. Der Reiz an der Art von "Illusionismus" (die von einigen hier so gelobt wird) ist doch, dass man als Spieler wirklich wenig nachdenken muss. Der SL/die Regeln werden's schon richten. Kein Aufwand und wenig Einsatz, aber dafür trotzdem lustig gespielt.

Mehr Entscheidungsmöglichkeiten und vor allem bedeutsamere Entscheidungsmöglichkeiten und das Spiel wird immer fordernder und für die Spieler anstrengender. Das kann gefallen, muss es aber nicht. Wie fordernd das Spiel sein muss, um richtig Spaß zu machen... dafür gibt es keine Richtlinie. Im Extremfall landet man bei einem fordernden Spiel bei der "Analysis Paralysis" (wie sie bei Brettspielen manchmal auftaucht), in der man als Spieler den Überblick verliert und sich keine "sinnvolle Entscheidung" mehr zutraut.

(Argh.. Maarzan war schneller! ;) )

Offline AE

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@ Georgios
was ich nur als Designfehler bezeichnen wollte sind Entscheidungen ohne Relevanz und Konsequenz die aber trotzdem viel Zeit für sich Anspruch nehmen. Entscheidungen ohne nennenswerte Relevanz die schnell zu treffen und abzuhandeln sind, finde ich vollkommen legitim, ich würde nur sagen das sie für sie sich genommen das spiel sonderlich nicht bereichern.

@ Maarzan
Danke für die Anmerkungen, sehe ich auch so - habs nur nich geschrieben

Offline Etelka

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Hallo AE,

also ich finde auch Entscheidungen treffen zu können, und zwar Entscheidungen die Konsequenzen haben, sehr wichtig für mich als Spielerin. Und am besten ist es, wenn es der SL schafft, die Konsequenzen auch je nach Entscheidung anders aussehen zu lassen, und wenn es auch nur so scheint.

Ich will sagen, ich finde es zwar super, wenn die Welt so wirkt als wär´s eine SIM, ich es aber besser finde, wenn die Konsequenzen öfter cineastisch bleiben. Da darf man zwar mal hart getroffen werden, und auch mal sterben, aber es sollte irgendwie cool sein. Der beiläufige Tod eines Ned Stark á la G.R. Martin ist zwar im Buch cool, ich bezweifele allerdings, dass das im Rollenspiel wirklich noch genauso gut rüberkommt.

Das ist natürlich schwierig zu schaffen, und stellt höchste Anforderung an den SL. Ich beschreibe grad nur, wie ich es perfekt finden würde, was aber nicht heisst, dass ich das immer erwarte. UND ich habe da ja zum Glück meistens auch noch einen gewissen Einfluss drauf, und kann z.B. eine Verletzung veredeln, meine zertrümmerte Hand je nach setting durch eine mechanische Hand ersetzen.

Ist aber nur meine Meinung, und ich kenne einige, die zwar gerne cineastisch dafür aber auch gerailroadet sehr gerne spielen. Für mich ist das nichts.

Liebe Grüße

Etelka

« Letzte Änderung: 3.01.2008 | 13:33 von Etelka »
Eine Lüge ist, ganz gleich, wie gut sie auch gemeint sein mag, immer schlechter als die bescheidenste Wahrheit.
-- Che Guevara
"Du bist hier um zu verhandeln, he? Du kleine schleimige Qualle! Sie mal was ich hier hab: Ich hab n Glas voll Dreeeck! Ich hab n Glas voll Dreeeck - und rat mal was da drin ist?"  -- Fluch der Karibik II

Offline 1of3

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Da sind ein paar ganz gute Gedanken drin.


Entscheidungen ohne Wahl: Sind in der Tat keine Entscheidungs-, sondern Ableitungsprobleme. Die kann man in der Tat benutzen, wenn sie etwas komplizierter sind. D&D macht das bis zum Exzess. Der Witz ist nicht, sich zwischen zwei Klassen zu entscheiden, sondern herauszufinden, welche besser ist.

Ob das ne feine Sache ist, lass ich mal dahingestellt.


Entscheidungen ohne Konsequenz: Seh ich ähnlich wie Georgios. Man kann sich auch mal entscheiden, ob der Charakter im Restaurant Tee oder Kaffe möchte. Im großen Ganzen ist einmal auf die Konsequenzen zu schauen, bestimmt ein guter Tipp.



Den Abschnitt zum SIM hab ich nicht verstanden.

Offline Ayas

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Ich schreibe einfach mal hier rein, weil ich denke das es passt und nicht unbedingt einen eigenen Thread dafür aufmachen will und ich gerade Bock drauf habe. Es ist nicht ganz das was der Threadersteller beschreibt und es könnte etwas länger werden. Dafür schon mal sorry.

Seit ich Entscheidungstheorie in meinem Studium behandelt habe, gehen meine Überlegungen ebenfalls in eine ähnliche Richtung wie sie hier dargestellt werden, auch wenn es sich mehr um eine Anwendung der Entscheidunggstheorie auf Rollenspiele handelt.

Erst einmal stimme ich mit einer Aussage vollkommen zu. Auch ich denke, das der Hauptunterschied zwischen Rollenspiel und anderen Arten von Fiktion wie Romanen oder Filmen eben in der Möglichkeit liegt, handlungsbeeinflussende Entscheidungen zu treffen.

Bereits hier kann man eine Übertragung der Entscheidungstheorie übernehmen. Wenn kein Problem vorliegt, benötigt man die Methoden zur Findung einer Entscheidung nicht, da man keine Entscheidung treffen muss.
Auf das Rollenspiel übertragen wäre es der Bereich der hier als Entscheidungen ohne Konsequenzen beschrieben wird.
Es liegt kein Problem vor, das Konsequenzen nach sich zieht, was bedeutet, das es nicht relevant für die Handlung ist und damit nicht abgehandelt werden braucht.
In diesen Bereich fallen so tolle Dinge wie der tägliche Stuhlgang. Es mag ein Problem für einen Helden darstellen, ist aber in den meisten Fällen einfach nicht wichtig, als das es behandelt gehört.

Damit ist der Rahmen geschaffen, wann Entscheidungen Spielern abverlangt werden müssen. Eben nur dann, wenn es handlungsrelevant ist.

Auch im Railroading und bei Illusionismus werden von Spielern Entscheidungen abverlangt. Aber dazu komme ich gleich.
Erst noch ein wenig zur Strukturierung von Entscheidungsproblemen.

Aus der Entscheidungstheorie gibt es mehrere Bereich in welche so ein Problem aufgeteilt wird.
Die wichtigsten dabei sind Umweltzustände, Handlungsalternativen, Ergebnisse und Ziele.
Ich gehe kurz auf diese ein, damit es verständlicher wird und bringe das klassische Beispiel bei dem man entscheiden soll, ob man einen Regenschirm mitnehmen sollte oder nicht.

Handlungsalternativen sind Begebenheiten die der Entscheider beeinflussen kann. So kann er sich dafür entscheiden einen Regenschirm mitzunehmen, oder nicht.
Bei einer Entscheidungsfindung sollte man möglichst alle Handlungsalternativen betrachten, was aber sehr oft einfach nicht möglich ist.

Als Umweltzustände bezeichnet man Bedingungen die der Entscheider zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht beeinflussen kann, auch wenn diese Umweltzustände indirekt Einfluss auf die Handlungsalternativen haben.
In dem Regenschirmbeispiel kann der Entscheider nicht beeinflussen, ob es regnen wird oder nicht.
Umweltzustände können sicher oder unsicher sein. Sichere Umweltzustände sind Umweltzustände die auf jeden Fall eintreten werden.
Unsichere Umweltzustände können noch weiter unterteilt werden in Ungewissheit und Risiko, wobei für uns nur Risiko wichtig ist, denn hier kann man zumindest noch eine Wahrscheinlichkeit angeben, mit der ein Umweltzustand eintritt, während man das bei ungewissen nicht mehr kann und eine Entscheidungsfindung kaum noch möglich ist (das ist sehr sehr wichtig, denn wenn man das auf Rollenspiel überträgt, resultiert hier eine der beiden Hauptbegründungen für die Simulation anhand von Regelsystemen).

Ergebnisse sind Kombinationen aus Umweltzuständen und Handlungsalternativen.
Wenn in unserem Beispiel der Entscheidungträger keinen Regenschirm mitnimmt (Handlungsalternative) und es regnet (Umweltzustand) so wird er nass (Ergebnis). Nimmt er einen Schirm mit, so wird er nicht nass, wenn es regnet. Regnet es dagegen nicht, wird er zwar nicht nass, muss aber den Schirm mit sich schleppen usw. usw..

Ziele sind wohl das wichtigste bei einer Entscheidung. Ohne ein Ziel ist keine Entscheidung möglich. Hier stellt sich in der Enthscheidungstheorie die Frage nach den Präferenzen der Entscheider. In der Rollenspieltheorie käme hier wohl GNS der Präferenzenbetrachtung wohl am nähsten.
In unserem Beispiel könnte, trocken zu bleiben, das Ziel des Entscheiders sein.
Dementsprechend wird er sich dafür entscheiden einen Schirm mitzunehmen, weil er damit auf jeden Fall trocken bleiben wird.
Das kann man natürlich noch erweitern. Wenn das Ziel nicht nur darin besteht trocken zu bleiben, sondern auch noch so wenig Aufwand wie möglich dabei zu haben, wird die Entscheidung schon schnell nicht mehr so einfach und zeigt, das Entscheidungsfindung oft sehr kompliziert werden kann und ab und an sehr bunte Blüten hervorbringt (Spieltheorie setzt gerne bei solchen Fällen an und es gibt viele interessante Fallbeispiele, wie das wohl sehr bekannte Gefangenendillema, oder das Battle of the Sexes).

So viel zur Entscheidungstheorie. Hoffe ich langweile damit niemanden.

So wenn man das nun auf Rollenspiel überträgt, kann man für klassisches SL + Spieler Rollenspiel folgendes schlussfolgern.

Die Umweltzustände werden vom SL vorgegeben. Der SL beschreibt wie die Szenerie (Umwelt) aussieht. Um den Spielern die Entscheiden zu erleichtern sollte diese Beschreibung möglichst "komplett" sein (andere sprechen hier von Übereinstimmenden Fiktionsraum, oder so ähnlich). Natürlich gilt auch hier, das man alle relevanten Umweltzustände erwähnen sollte.
Wie viel man das dann noch Atmosphärisch auskleidet ist jedem selbst überlassen.
Aber wenn es z.B. für eine Entscheidungsfindung der Spieler nicht wichtig ist, ob der Raum nun 4x4 oder 6x6 Schritt ist, dann braucht man sie damit nicht zu langweilen (wie es z.B. in manchen DSA-Publikationen so manches Mal zur Qual verkommt).

Die Spieler sollten dann bemüht sein ihre Handlungsalternativen, die von den Umweltzuständen beeinflusst werden (wenn es keine Brücke über einen Fluss gibt, können die Spieler, so sie denn nicht eine selber bauen, nicht per Brücke den Fluss überqueren) möglichst durchzugehen (oder auch mal zu finden) und dann so wählen, das das erwartete Ergebnis sich mit ihrem Ziel (oder dem Ziel des Spiels) möglichst deckt.

Hier komme ich nun nach langem Anlauf zu Railroading und Illusionismus(Entscheidung ohne Wahl).

Überträgt man das obige Konstrukt auf Railroading, so stellt es eine besondere Form dar.
Und zwar betrachtet man beim Railroading nur eine Handlungsalternative und nur einen (sicheren) Umweltzustand und spart es sich, wegen zu hohem Aufwand, die anderen Ergebnisse zu betrachten (man fährt sozusagen nur auf einer Schiene).

Damit das funktioniert, müssen aber 3 Bedingungen vorliegen. Erstens die Umweltsituation muss sicher sein, was sie aber oft nicht ist (komme noch dazu).
Für die zweite Bedingung muss ich den Fall der Dominanz herbeiziehen. Eine Handlungsalternative dominiert eine andere, wenn sie in allen Kriterien (niedrigere Kosten höherer Nutzen usw.) "bessere" Ausprägungen annimmt. Die zweite Bedingung ist somit, das es eine Handlungsalternative gibt, die alle anderen dominiert.
Und die dritte ist recht einfach. Die Spieler müssen diese eine dominante Handlungsalternative auch finden.

Wenn das alles zusammen kommt, dann ist Railroading wie vorgesehen möglich. Die Situation ist sicher und somit sind die Ergebnisse sicher abschätzbar. Wenn die Spieler die dominante Strategie gefunden haben, werden sie dieser Schiene folgen und entsprechend so handeln, wie vorgesehen.

Ich denke das Problem an Railroading und die damit einhergehenden Fehler die am meisten gemacht werden sind auch so schon ersichtlich.
Nur selten sind Situationen im Rollenspiel sicher, so das die Ergebnisse nicht sicher sind und damit man auch nur unter bestimmten Wahrscheinlichkeiten sagen kann, das eine Handlungsalternative die anderen dominiert (was bedeutet, das es auch ganz anders kommen kann und schon folgen die Spieler nicht mehr der Schiene).
Desweiteren, selbst wenn man als SL eine sichere Situation erzeugt hat ist noch lange nicht sicher, das Spieler auch genau die eine, alles dominierende Handlungsalternative finden und damit von sich aus der Schiene folgen, so das der SL nachhelfen muss.
Da die Entscheidungsfindung und die handlungsrelevante Entscheidung aber das Kriterium ist, was Rollenspiel ausmacht, mögen viele Rollenspieler Railroading einfach nicht, da man ihnen eben das wegnimmt, was Rollenspiel (zumindest nach dieser Theorie) ausmacht, in dem der SL nachhilft. (oder die Entscheidungsfindung zu kompliziert gestaltet...hier sind wir aber wieder bei Zielen).
So viel zu Railroading.

So nun zum Illusionismus(Entscheidung ohne Wahl):

Illusionismus stellt ebenfalls eine besondere Art des oben abgebildeten Komplexes. Dafür schauen wir uns die Ergebnisse einmal genauer an.
Ergebnisse sind mögliche Kombinationen aus Umweltzuständen und Handlungsalternativen. So ist es aber sicherlich auch gang und gebe, das es ein und das selbe Ergebnisse für mehrere solche Kombinationen gibt.
Illusionismus liegt nun dann vor, wenn der SL die Umweltzustände so verändert, das das gewünschte Ergebnis zustande kommt.
Nehmen wir wieder das Beispiel mit dem Regenschirm.
Der SL gibt vor, das es entweder regnen, oder nicht regnen könnte. Er will, das die SCs nicht nass werden.
Wenn die Spieler sich nun entscheiden keinen Regenschirm mitzunehmen, dann entscheidet der SL, das es nicht regnen wird.
Wenn die Spieler sich entscheiden einen Regenschirm mitzunehmen, dann entscheidet der SL, das es regnen wird.
Egal wie sich die Spieler entscheiden, es kommt zum selben Ergebnis und die Illusion der "freien Entscheidung" entsteht.
Das ist so weit in Ordnung, nur gibt es auch hier einen Hacken.
Der SL muss die Umweltzustände entsprechend so wählen, das nicht sofort auffällt, das immer das selbe Ergebnis rauskommt.
Im besten Fall tut er das ex ante, also bevor die Entscheidung getroffen wird.
Da das aber sehr schwer ist, greifen viele SLs in die Trickkiste und ändern die Umweltzustände ex post.
Das ist jedoch oft nicht ohne weitere Probleme möglich. Gerade bei sicheren Umweltzuständen wird das problematisch, aber auch bei unsicheren, was oft noch problematischer ist (siehe unten).

So und nun komme ich auch endlich zu den unsicheren Umweltzuständen, die mMn mit das wichtigste dieser kompletten Einteilung sind und für Rollenspiel nicht mehr wegzudenken sind.

Man hat es im Rollenspiel sehr oft mit unsicheren Situationen zu tun und gerade diese machen oft den Reiz aus. Schafft es mein kleiner Beutelschneider dem reichen Händler im Getümmel das Gold abzulupfen, oder besiegt mein Krieger den Oger, verzaubert mein Magier die hübsche Prinzessin usw. Das sind alles "klassische" Situationen, die unsicher sind. Weder SL noch die Spieler sind so ohne weiteres in der Lage zu bestimmen ob das der Fall ist und selbst wenn sie denken es wäre so, gibt es oft unterschiedliche Meinungen dazu, welches Ergebnis nun eintritt, weil eben nicht sicher ist, welcher Umweltzustand nun eintritt.

Und genau aus diesem Grund benutzt man Bewertungen von Fähigkeiten und abstrakte Algorithmen um entsprechende Situationen zu simulieren und dann anhand der Simulation eine Entscheidung zu treffen.
Oder kurz gesagt, weil es oft zu schwer ist so ohne weiteres in einer unsicheren Situation eine Entscheidung zu treffen, würfelt man.
Dabei gehe ich mal nicht auf Spiele ein die Erzählrechte verteilen (im Prinzip sind diese damit aber auch abzubilden).

Hier liegt aber auch das Problem von Illusionismus. Wenn ich mich als SL entschieden habe, die Entscheidung einer Simulation zu überlassen, weil ich selber nicht in der Lage bin eine zu finden, kann ich die Umweltzustände nicht mehr ex post anpassen und muss das Ergebnis der Simulation akzeptieren.
Die Umweltzustände ex ante so zu wählen, das immer gas gleiche Ergebnis raus kommt, ist aber oft schier unmöglich, da wir uns je in einer unsicheren Situation befinden und gerade deswegen ja eine Simulation gemacht haben und wir drehen uns im Kreis.
Als Lösung bieten hier mehrere Regelsysteme verschiedene Absicherungen, wie z.B. Schicksalpunkte, die eben Bestandteil der Simulation zwar zum Illusionismus beitragen können, aber sicherlich nochmal deutlich schwerer vorherzusehen sind, weil sie eben wiederum eigene Entscheidungsprobleme darstellen.

Das Fazit hierbei wäre, das Rollenspiel sich vor allem durch die Möglichkeit die Handlung durch Entscheidungen der Spieler zu beeinflussen auszeichnen und das der Kernpunkt dieser Art von Spielen ist (ob nun DnD, DSA, SR oder wie auch immer sie heißen mögen). Es ist nicht das Ziel Leuten Entscheidungen abzuringen, es ist das Kernthema. Rollenspiel dreht sich im Prinzip um Entscheidungen und ohne diese funktioniert es einfach nicht (SL: Ihr sitzt in einer Taverne in Gareth. Was wollt ihr tun?).
Darüberhinaus sind sowohl Railroading als auch Illusionismus besondere Ausprägungen einer Entscheidungssituation und unter bestimmten Bedingen (für Railroading sichere Umweltzustände, eine alles Dominierende Handlungsalternative und das die Spieler diese finden und für Illusionismus, das man in der Lage ist ex ante die Umweltzustände so zu wählen und damit die Handlungsalternativen so zu beeinflussen, das alle Ergebnisse gleich sind) herbeiführbar, jedoch sicherlich nicht gerade einfache Instrumente des Rollenspiels sind, wenn sie denn funktionieren sollen.
Darüberhinaus leitet sich eben aus dem Anspruch Entscheidungen auch in unsicheren Situationen treffen zu können, die Begründung für die Benutzung von Regelsystemen, weil das die Entscheidungsfindung erleichtert.

So zum Schluss nochmal ein paar Worte zu stark simulativen Spielen.

Wie aus obigen Aussagen hervorgehend werden Simulationen benutzt um Entscheidungen zu finden, wenn SL und Spieler nicht mehr ohne weiteres in der Lage sind.
Simulationen habe es so an sich, das sie, eben schnell ausarten können, je genauere Ergebnisse man haben will.
Daher ist ja auch der Fokus auf hanldungsrelevante Vorgänge wichtig. Was nun handlungsrelevan ist, ist stark von den Präferenzen der Spieler abhängig.
Ein Simlastiges Spiel richtet sich (oder sollte es zumindest) an Spieler, die genaue Ergebnisse bei Einbeziehung vieler Variablen bevorzugen.
Entsprechend der Entscheidungstheorie hieße das nicht, das Entscheidung bei Simlastigem Spiel nicht besonders bedeutend wären.
Ganz im Gegenteil. rein theoretisch müssten Entscheidungen sehr bedeutend sein, wenn man sich so viel Mühe macht eine besonders ausführliche Simulation durchzuführen.

« Letzte Änderung: 3.01.2008 | 20:15 von Ayas »
...DSA 4: viele Regeln für wenig Effekt

Joe Dizzy

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Ayas, ich finde eine Ausführungen nicht uninteressant. Aber mich beschleicht das Gefühl dass die Dinge die du mit "Railroading" und "Illusionismus" bezeichnest nicht ganz treffend sind. Also, die Phänomene die du beschreibst gibt es zweifelsfrei, aber ich denke nicht dass man sie als "Railroading" oder "Illusionismus" bezeichnen sollte.

Dafür sind sie entweder zu speziell umschrieben oder gehen am Kern dieser Begriffe vorbei. Ich konnte deinem Text weit besser folgen und auch zustimmen, wenn ich beim Lesen diese Bezeichnungen mit "Spielvorgang ABC" oder so ausgewechselt habe. Vielleicht kann man so einige Einwände zu deinem Post vorwegnehmen.

Offline AE

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@ Ayas
Danke für deinen ausführlichen Post. Ich hab mich selbst etwas darum gedrückt meine Überlegungen in Bezug auf Railroading weiter zu denken und mir gefällt deine Analyse dazu.

@ 1of3
Entscheidungen ohne Konsequenz: Seh ich ähnlich wie Georgios. Man kann sich auch mal entscheiden, ob der Charakter im Restaurant Tee oder Kaffe möchte. Im großen Ganzen ist einmal auf die Konsequenzen zu schauen, bestimmt ein guter Tipp.
3
Natürlich muss nicht jede Entscheidung mit schwerwiegenden Konsequenzen belastet sein, aber Entscheidungen wie Tee oder Kaffee erfordern keinerlei Aufmerksamkeit im Design. Weder ist es hilfreich in einem Abenteuer eine Szene einzuplanen die nur daraus besteht das der Wirt den Charaktere Tee oder Kaffe anbietet, noch ist es wirklich sinnvol im Regelwerk festzuhalten das Kaffe 5€ kostet und die Müdigkeit um 7% reduziert während Tee 4€ kostet und Müdigkeit um 5.5% abmildert.
Entscheidungen die im Grunde nur die Color bestimmen, erfordern vom Design eigentlich höchstens, dass geregelt ist wer sie zu Entscheiden hat.

Ja mit Abschnitt über SIM war ich etwas schluderig, weil ich keine Lust mehr zum Tippen hatte. Im Grunde gilt das gleiche auch zum Teil generell für pro-aktive Spielsstile. Was ich damit eigentlich sagen wollte ist eigentlich nur das es bei dem Versuch einer kompletteren Simulation schwieriger ist Entscheidungsmöglichkeiten im Design zu verankern. In einer Simulation könnte es einfach Dominante Entscheidungen geben (Danke Ayas für die Bezeichnung). In einer Simulation könnte es, zumindest dem Anschein nach, eine Waffe geben die besser als ist alle Anderen oder einen Weg Reichtum und Liebe gleichzeitig zu bekommen.
Da sich das Designziel des Dramas und der spielerischen Herausforderung der Simulation einer Welt unterordnet.
Außerdem gibt es eine schwer zu überschauber Menge an Variabeln die zwar eine große Menge an Konsequenzen nach sich ziehen können aber teilweise schwer im Vorhinein abschätzbar sind. Und wie Maarzan so schön ergänzt hat gehöhren zu einer funktionalen und damit bedeutsamen Entscheidung eine Informationsbasis, die zumindest eine grobe Abschätzung der Alternativen erlaubt.
In einer Simulation können also Aufgrund der festgelegten Prioritäten nur schwer bedeutsamme und als solche erkennbare Entscheidungen im Design verankert werden. Diese Entscheidungen müssen bei genügender Relevanz in dem Moment wo sie gertroffen werden, oder auch erst zu einem späteren Zeitpunkt nach ihrer Bedeutsamkeit untersucht werden. Wobei mMn auch ein sehr SIM lastiges Spiel dvon profitiert wenn ein gewisser Fokus auf der Bedeutsamkeit der getroffenen Entscheidung liegt weil so die Imersion erhöht wird das es sich um eine lebende und reagiernde Welt handelt.

@Alle
Ich finde besonders gelunge Umsetzung von Ilusionismus und scheinabr bedeutsammen Entscheidungen auf der narrativen Ebene findet sich in einigen der Computerrollenspielen von Bioware. Namentlich: Knight of the old Republic 1+2, Mass Effekt und Jade Empire. Ein sehr schlechtes Beispiel dafür liefert zum Beispiel mMn Neverwinter Nights 2. Aber das nur am Rande.
Ob und wie Pen&Paper Rpgs etwas von Computer RPgs lernen können oder welches Spiel jetzt das gut oder schlecht war soll nicht zum Thema dieses Threads werden.

Offline Ayas

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@ Georgius:

Zitat
Dafür sind sie entweder zu speziell umschrieben oder gehen am Kern dieser Begriffe vorbei. Ich konnte deinem Text weit besser folgen und auch zustimmen, wenn ich beim Lesen diese Bezeichnungen mit "Spielvorgang ABC" oder so ausgewechselt habe. Vielleicht kann man so einige Einwände zu deinem Post vorwegnehmen.

Sollte ich mich bei Illusionismus und Railroading mit den Begriffen vertan haben, so entschuldige ich mich natürlich und bitte um eine andere passende Bezeichnung, so es das denn gibt.

Ich will aber anmerken, das ich mir bei meinen Ausführungen es ebenfalls etwas einfach gemacht habe.
Natürlich gelten die Aussagen, vor allem zum Railroading nicht nur für ganz bestimmte Situationen, sondern für mehrere.

Man kann ein so eine Spielsession (Abenteuer, Run, wie auch immer man es nennen mag) im Prinzip als eine dauernde Aufeinanderfolge von Situationen ansehen, die alle mit Einscheidungsfindung zu tun haben.
So gesehen ist ein Abenteuer an sich nichts anderes als eine Ansammlung von hintereinander geschalteten und von einander abhängigen Entscheidungen und kann mit einem Entscheidungsbaum dargestellt werden.
Hier mal einer zum berühmten Ziegenproblem um es etwas bildlich zu gestalten, auch wenn er etwas bunt ist: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Entscheidungsbaum_Ziegenproblem.svg (manchmal ist die Wiki doch nützlich).

Railroading habe ich nun so verstanden, das der SL einen bestimmten Ast (er fährt eben nur eine Schiene) eines solchen Entscheidungsbaumes bevorzugt und diesen im Spiel krampfhaft durchzusetzen versucht, bzw. die Session so aufgebaut hat.
Da die Entscheidungen von einander abhängig sind, kann das nur klappen, wenn die oben von mir erwähnten 3 Bedingungen erfüllt sind.

Sollte ich Railroading also falsch verstanden haben, so bitte ich den Fehler zu entschuldigen.

Illusionismus habe ich so verstanden, das der SL den Spielern vorgaukelt sie könnten selbst entscheiden.
Klassisches Beispiel wären die 2 Türen mit Wächter am Ende des Dungeons.
Der Wächter erzählt den Spielern, das hinter einer Tür der Tod lauert und hinter der anderen der Ausgang. Egal wie die Spieler sich entscheiden, der Spielleiter beschreibt das sie den Ausgang gefunden haben.
Oft habe ich auch die Meinung angetroffen, das das Manipulieren von Würfelergebnissen Illusionismus sei.
Zitat
Die Spieler wissen ja nicht das das der Endgegner gerade einen kritischen gewürfelt hat, wenn ich hinter dem Meisterschirm die Proben würfle und ich schummele ja zu ihren Gunsten...oder manchmal auch nicht...

Insofern tut der Spielleiter so, als würde die Entscheidung der Spieler etwas ändern, hat aber schon von vorneherein festgelegt, das alle Ergebnisse gleich sind. (Probleme dieses Falls habe ich weiter oben geschrieben.

Aber wie schon gesagt, sollte das nicht dem entsprechen, was mit Illusionismus gemeint ist bitte ich darum mich nicht dumm sterben zu lassen.  ;)

@ AE:

Zitat
Danke für deinen ausführlichen Post. Ich hab mich selbst etwas darum gedrückt meine Überlegungen in Bezug auf Railroading weiter zu denken und mir gefällt deine Analyse dazu.

Danke für die Blumen.  :)

Zu Sim versuche ich aber morgen was zu schreiben, so ich denn die Zeit finde. Jetzt ist mir das doch wieder mal etwas zu spät. Gn8




« Letzte Änderung: 4.01.2008 | 01:55 von Ayas »
...DSA 4: viele Regeln für wenig Effekt

Offline Merlin Emrys

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Ich stell mal folgende These auf. Eines der wichtigsten Elemente beim Rollenspiel, sowohl beim Spieldesign wie auch beim Spielleiten ist es Möglichkeiten für Entscheidungen zu schaffen.
Ich würde nicht alles anzweifeln, was hier noch zu dieser These gesagt worden ist... aber ob es wirklich "eins der wichtigsten Elemente" ist, scheint mir wirklich eine Spielfrage zu sein. Ayas hat ja schon geschrieben:
Zitat
So gesehen ist ein Abenteuer an sich nichts anderes als eine Ansammlung von hintereinander geschalteten und von einander abhängigen Entscheidungen...
Entscheidungen im Rollenspiel waren in den Runden, in denen ich gespielt habe, demzufolge wirklich noch nie Magelware :-) . Andererseits finde ich es offen gestanden langweilig, wenn ich mich dann auf für irgendwas technisches "relevante" Entscheidungen einschränken sollte und alles andere unter "ach, laß mal, darum geht's ja nicht" fallen lassen sollte. Da in den Gruppen, in denen ich spiele, die Gestaltung der Charaktere einen wesentlichen Raum einnimmt, sind Entscheidungen der Charaktere eigentlich immer wichtig, egal ob sie das laut Regelwerk und Handlungskonzeption nun sein sollten oder nicht. Nicht unbedingt wichtig für den Ausgang der Handlung, aber desto wichtiger für die Gemeinschaft - indem sich die Charaktere besser kennenlernen, besser gegenseitig einzuschätzen lernen, gegenseitig schätzen lernen, gerade mit den Besonderheiten, die darin zum Ausdruck kommen, welche Entscheidungen getroffen werden und mit welchem Gesichtsausdruck... Irgendwie ist da einfach kein Platz für "unwichtige Entscheidungen", auch ganz unabhängig davon, inwieweit solche Entscheidungen letztendlich Konsequenzen haben: Man kann schließlich Railroading usw. vermeiden und trotzdem an Interaktion als solcher Gefallen finden.

Oder, andersherum gefragt: Was, wenn die Interaktion selbst relevante Handlung des Rollenspiels als solchem ist, gleichberechtigt neben der Lösung einer Aufgabe usw.? Muß dann der Spielleiter ständig darin herumfuddeln und Regeln anwenden, weil die Entscheidungen ja relevant sind?

Edit: Ich glaube, die Unterscheidung von Entscheidungen nach Relevanz würde für meinen Geschmack schon allein durch die Vorgabe, daß "von oben herab" entschieden wird, was "wichtig" und was "unwichtig" sein soll, Streß vermitteln und das Vergnügen, den ich mir von Rollenspiel erhoffe, einschränken. Es spielt sich mE entspannter, wenn man diese Frage gar nicht erst stellt und damit die Perspektive der Wichtigkeit mal für eine Weile hintenanstellt.
« Letzte Änderung: 4.01.2008 | 11:44 von Merlin Emrys »

Kinshasa Beatboy

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Hm, das ist irgendwie nicht so mein Thema, da ich die Nützlichkeit der Entscheidungsklassifikation und -analyse fürs Rollenspiel noch nicht so richtig verstehe.

Deshalb nur ganz kurz: Wenn man Entscheidungstheorie übertragen möchte, sollten nach meiner Auffassung auf keinen Fall Entscheidungsprozesse unter Unsicherheit vergessen. Dafür gabs immerhin noch 2002 den Wirtschafts-Nobelpreis. Das ganze Gebiet nennt sich Verhaltensökonomik.

In Kürze: Menschen treffen Entscheidungen nicht rational. Das Modell des reinen Nutzenmaximierers (Homo Oeconomicus, in den entsprechenden Aufsätzen wird lustigerweise häufig Mr. Spock als Beispiel genannt) trifft die Realität nicht, sondern muss um den Aspekt der Irrationalität in mehrfacher Hinsicht erweitert werden.

1. Die Gewinn- und Verlusterwartung bei einer Entscheidung beeinflusst systematisch das Handeln. Anhand einer ganze Reihe (teil irrationaler) Kriterien werden Entscheidungsprobleme im Hinblick auf Gewinn- und Verlusterwartung beurteilt ("Framing"). Entscheider werden systematisch stärker durch Verluste motiviert als durch Gewinne und verhalten sich bei Verlusterwartung irrational risikovermeidend. Das alles zusammen ist die Prospect Theory und dafür gabs auch den Preis.

2. Entscheidungen werden häufig aufgrund irgendwelcher Daumenregeln (Heuristiken) getroffen, die haarsträubend "vernünftiger" Problemanalyse abweichen können.

3. Es gibt eine ganze Reihe von Marktanomalien mit systematischen Fehlern insbesondere beim Gewinn und der Produktbepreisung. Ist fürs Rollenspiel irrelevant.

4. Es gibt eine Art "Herdentrieb", manchmal Gruppendenken genannt, der systematisch rationale Entscheidung verzerrt.

Meine 5 Cent zur Entscheidungstheorie, vielleicht hilfts ja.


Offline Ayas

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@ Kinshasa:

Zitat
Hm, das ist irgendwie nicht so mein Thema, da ich die Nützlichkeit der Entscheidungsklassifikation und -analyse fürs Rollenspiel noch nicht so richtig verstehe.

Nun ja, wenn es gelingt die Enthscheidungstheorie auf Rollenspieltheorie zu übertragen, kann man auch einige der Methoden zur Entscheidungsfindung übertragen (wobei wenn wir ehrlich sind, werden ja z.B. mit Simulation schon entsprechende Methoden intuitiv verwendet ;)).

So könnte man aber auch z.B. den oben genannten Entscheidungsbaum dazu nutzen um ein Abenteuer im voraus zu strukturieren.
Anhand dieser kann ein SL sich orientieren, was er den Spielern vermitteln sollte und was "unwichtig" (nochmal angemerkt, unwichtig hängt vom Ziel ab) ist.
Oder er kann in einer kurzen Pause (z.B. beim Pizza futtern) den bisherigen Verlauf des Abenteuers noch mal überblicken und schauen wie es eventuell weiter geht.
Klar sollte er sich nicht an so etwas festklammern, dazu gibt es einfach zu viele mögliche Ergebnisse von Entscheidungen, so das er nicht alle im voraus bedenken kann, aber ich denke als kleine Stütze kann so etwas, vor allem für SLs die nicht jahrzehnte Erfahrung im Improvisieren haben und mal eben in 20 min. ein AB aus dem Boden stampfen, recht hilfreich sein.
Das ist jetzt nur ein Beispiel. Es sind sicherlich noch weitere denkbar.

Darüberhinaus gebe ich gut und gerne zu, das ich einiges an wichtigen Details ausgelassen habe. Vor allem Informationen und präzise Darstellung der Annahmen (was um ehrlich zu sein die meisten dann aber wirklich langweilen würde) müssten noch mit in die Strukturierung rein. Aber um ehrlich zu sein, habe ich es zuerst einfach vergessen und als der erste Post "fertig" war, hatte ich auch kein Bock mehr diesen noch länger werden zu lassen.
Natürlich fehlt bei obigen Darstellungen noch eine große Menge. Für eine kleine Verdeutlichung fand ich es aber ausreichend. ;)

...DSA 4: viele Regeln für wenig Effekt

Offline Maarzan

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@ Merlin Emrys

Die Sache mit der Relevanz ist in dem  Zug hereingekommnen, dass es eben Tendenzen gibt, welche den Spieleinfluss und damit den Sinn vieler Entscheidungen zu minimieren gedenken.
Entscheidungen müssen also nicht nach irgendeiner externen Qualifikation relevant sein, zunächst einmal nur für den entsprechenden Spieler.
Wenn der sich aber in seiner Entscheidungsfreiheit kastriert wird/fühlt, gibt es ein Problem. 
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Merlin Emrys

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Entscheidungen müssen also nicht nach irgendeiner externen Qualifikation relevant sein, zunächst einmal nur für den entsprechenden Spieler.
Die Worte vom "Designfehler" klangen mir anders. Eben so, als ob alles, was nicht "greifbar zielführend" ist, abqualifziert wird: "trägt nicht zum Spielspaß bei, muß weg". Und genau das würde meinen "Spielspaß" eher vernichten als befördern - grundsätzlich. Ich mag mich auch entscheiden, wenn es nur Spaß macht :-)  - und zwar nicht "dann mach halt, aber mach mal hin", sondern... genüßlich, zum Beispiel.

Offline Mulep

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Ich schließe mich Maarzan an. Ich spiele gerne auch mal aus welches Schwert ich kaufe und es muss nicht das beste sein - ich suche eine edel verzierte Waffe. Oder ich entscheide mich ob ich Kaffee oder Tee trinke. In unseren Spielrunden nehmen solche Entscheidungen einen festen und regelmäßigen Platz ein. Natürlich sind sie nur ein Bruchteil des eigentlichen Spielabends aber bei uns wollte keiner darauf verzichten.

@Railroading
Railroading ansich sehe ich nicht als Designfehler. Wenn der Spielleiter ein solches Abenteuer mit uns spielt, ohne dass ich es merke, ist es mir vollkommen recht. Railroading ist dann ein Designfehler, wenn man es bemerkt unabhängig von der Auswirkung der Entscheidungen.

Offline Dr.Boomslang

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Ich weiß auch nicht ob das hier zum Thema beiträgt, aber dazu möchte ich noch etwas hinzufügen:

Menschen treffen Entscheidungen nicht rational. Das Modell des reinen Nutzenmaximierers[...]trifft die Realität nicht, sondern muss um den Aspekt der Irrationalität in mehrfacher Hinsicht erweitert werden.
Um das "Irrationale" hier besser zu verstehen und von "verrückt" oder solchen Assoziationen abzubringen: Irrational ist in diesem Sinne bereits alles was nicht unmittelbar so entschieden wird, wie es die verfügbare Information scheinbar vorgibt. Ich sage scheinbar, weil der Normalfall der Entscheidungen in komplexen Systemen unter unvollständiger und unsicherer Information stattfindet (so auch bei Menschen). Für rationale Entscheidungen geht man aber immer von eine Vollständigkeit der Information aus, eine rationale Entscheidung unter unvollständiger und unsicherer Information ist so gar nicht möglich, es sei denn man setzt diese wiederum als vollständig voraus.

Rationalität ist also eine Frage des Blickwinkels. Eine Heuristik (oder meinetwegen ein Herdentrieb) kann rational sein aufgrund eines statistischen Verhaltens. Setzt man die vollständige Information voraus, die man theoretisch haben könnte oder die es irgendwo gibt, dann wird das selbe Verhalten plötzlich Irrational, weil diese Information (absichtlich oder unabsichtlich) nicht beachtet wird.
Dann besteht auch immer die Möglichkeit eines Bewertungsfehlers. Setzt man mehr, weniger oder andere Informationen voraus als der Entscheider, bewertet man seine Handlungen bezüglich Rationalität ganz schnell falsch.

Offline AE

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@ Mulep
Railroading was man nicht als solches erkennt wird mMn meistens "Illusionismus" genannt. Und findet es im Einverständnis mit den Spielern statt dann wird auch von "Participationism" gesprochen.

Das mit dem Schwert ist ja auch ein gutes Beispiel für eine, wenn auch kleine aber sinnvolle Entscheidung.
Entweder du nimmst das stärkste Schwert oder das Schönste.
Dies bedeutet aber das entweder der Spieldesigner oder der Spielleiter neben der Variabel für den Schaden noch eine fürs Aussehen eingeführt hat.
So gibt die die Entscheidung dir eine die Möglichkeit eine Aussage über deinen Charakter zu treffen.
Wenn der Spielleiter jedoch nur auf ein einfache Waffenliste verweisen würde und zu verstehen geben das die alle gleich gut aussehen oder es doch egal ist weil ihr eh nur ins Dungeon geht,
dann würde sich natürlich die effektivste Waffe als Dominante Entscheidung aufzwingen.
Es sei denn du ergänzt die dir fehlende Variabel selbst, wobei das dann eher eine Einfärbung als eine Entscheidung ist.
Ebenso ungünstig wäre es, wenn das schönste Schwert gleichzeitig das Beste und Billigste wäre.

@Merlin Emrys
Es tut mir leid leider habe ich mich wohl mißverständlich ausgedrückt. Scheinbar scheint das mit den Entscheidungen bei dir
nicht so angekommen zu sein wie ich mir das Vorstellte. Es ging mir dabie nicht ausschließ um Entscheidungen die den Plot voranbringen. Und schon gar nicht um Entscheidungen die ein Problem lösen sollen. Denn gerade bei letzteren ist die Suche einer Dominanten Entscheidung oft lästig.
Ich meinte jede Entscheidung die ein Spieler trifft egal ob klein oder groß. Wie zb. Greife ich an oder verteige ich diese Runde, kauf ich ein Kettenhemd oder Plattenpanzer,werde ich Jedi oder Sith.
Wie du selbst gesagt hast waren Entscheidungen in eurer Spielrunde keine Mangelware, umso mehr verwundert mich das du anzweifelst
das Entscheidungen ein wesentlicher Bestandteil von Rollenspielen sind. Ohne Entscheidungen wäre ein Rollenspiel ja nur eine Märchstunde in der man ab zu mal Würfeln mus um zu sehen ob man die Geschichte zuende erzählt bekommt oder nicht.
Natürlich ist wie du angemerkt hast bei charakterzentriertem Spiel jede Entscheidung irgendwie wichtig,
Weil sie eine Aussage über den Charakter trifft. Aber schöner wäre es doch noch wenn die Welt auch auf die Entscheidung reagiert, die Entscheidung also Konsequenz hat.
Außerdem könnte der Spielleiter oder Designer dir hin und wieder auch gezielt Möglichkeiten gibt durch Entscheidungen aussagekräftige Aussagen über deine Charakter zu treffen.
Mir ging es nur unteranderem darum eine Aussage dazu zu treffen wie solche Möglichkeiten für Entscheidungen geschaffen sein sollten damit sie dem Spiel, in all seinen Facetten bestmöglich dienen.

Offline Merlin Emrys

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Wie du selbst gesagt hast waren Entscheidungen in eurer Spielrunde keine Mangelware, umso mehr verwundert mich das du anzweifelst
das Entscheidungen ein wesentlicher Bestandteil von Rollenspielen sind.
Sie sind omnipräsent... aber ansonsten nicht besonderer Beachtung wert. So ein bißchen wie Atmen :-) : Wichtig zum Leben, läuft aber auch ohne Beachtung ganz gut ;-) .

Mir ging es nur unteranderem darum eine Aussage dazu zu treffen wie solche Möglichkeiten für Entscheidungen geschaffen sein sollten damit sie dem Spiel, in all seinen Facetten bestmöglich dienen.
Ja, aber dies "bestmöglich" zielt nicht auf das, was ich mir wünsche. Es ist sicher gut, wenn man schnell fertig werden will; dann muß man sehen,  entsprechend jeweils gewichten, was wesentlich ist und was man alles (wegen Zeitvergeudung) weglassen kann. Aber wenn man es nicht eilig hat, verkehrt sich das "einfach nur lästige" in ein wesentliches Spielelement. Rollenspiele, die nur für das "Wesentliche" Zeit verlangen, können die Facette, für das Unwesentliche nicht weniger Zeit aufzubringen, aus systematischen Gründen nicht bedienen.

Offline Maarzan

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Sie sind omnipräsent... aber ansonsten nicht besonderer Beachtung wert. So ein bißchen wie Atmen :-) : Wichtig zum Leben, läuft aber auch ohne Beachtung ganz gut ;-) .

Aber auch da meckern die Leute (oder eher ihre Angehörigen) wenn man das mal auch nur ein paar Minütchen unterdrückt... ;)
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Joe Dizzy

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[Semantische Spalterei=on]

Railroading ist, wenn einem eine Spiel-Entscheidung genommen wird, die einem eigentlich zusteht. Bsp.: Der SL entscheidet, ob mein Charakter angreift oder nicht; ob er den Banditen folgt oder nicht. Wichtig ist hierbei, dass ich diese Entscheidung eigentlich fällen will und auch fallen darf/sollte, mir diese Möglichkeit jedoch von einem anderen genommen wird. Insbesondere wenn dabei vorgehende Absprachen unter den Spielteilnehmern oder schlicht Regeln des Spiels gebrochen werden.

Wenn ich den SL etwas entscheiden lasse, was mich betrifft, aber worüber ich nicht entscheiden will; dann ist das kein Railroading. Ein SL der entscheidet, dass die Gruppe bei normaler Reisegeschwindigkeit 1 Tag zu spät ins Dorf kommt oder dass es in diesem Dorf keinen Heiler gibt betreibt kein Railroading.

Illusionismus ist, wenn der SL mich im Glauben lässt, dass ich bedeutsame Entscheidungen im Spiel fälle, in Wirklichkeit aber nur der SL diese Dinge in der Hand hält. Bsp.: Der SL stellt mich vor die Wahl den Banditen zu helfen oder sie zu bekämpfen (und damit den Fortgang des Abenteuers nachhaltig zu verändern); wenn der SL jedoch die Banditen zu meinen Feinden macht, egal was ich auch tue... dann betreibt der SL Illusionismus.

Illusionismus ist das Vortäuschen einer bedeutsamen Entscheidung für die Spieler durch den SL ohne dass die Spieler das bemerken. Vor allem dann anzutreffen, wenn der SL versucht "die Geschichte" voranzutreiben und die Spieler lieber ihre eigene spielen wollen.

Participationism kann man als implizite Abmachung verstehen, in der die Spieler akzeptieren, dass der SL ihnen bedeutungslose Entscheidungen vorsetzt um "die Geschichte" am Laufen zu halten.

[/sematische Spalterei=off]

Offline Merlin Emrys

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Aber auch da meckern die Leute (oder eher ihre Angehörigen) wenn man das mal auch nur ein paar Minütchen unterdrückt... ;)
Aber wer macht das schon? :-o :-( Außer Apnoetauchern... :-) Und deren Angehörige scheinen mir teilweise gar nicht so abgeneigt, da auch noch stolz drauf zu sein.

Auf das Spiel übertragen stellt sich das Problem auch eher in der Form, daß jemand (der gerade aktive Mitspieler) einem anderen Mitspieler eine Entscheidungsmöglichkeit / einen Atemzug vorenthält. Wenn das nur das eine oder andere Mal ist... ach ja. Wenn es zu viel wird, wird es wirklich zum Problem; aber da bei uns keiner eingeschlossen oder angekettet ist, kann jeder gehen, wann er will.
Und da bei uns noch dazu jeder atmen darf, so viel er will, ist es halt keine Sache. Es muß nicht thematisiert werden und ist insofern auch nicht so "wichtig" (jedenfalls nicht im Vordergrund).

Offline Ayas

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@ Georgios:

Zitat
Railroading ist, wenn einem eine Spiel-Entscheidung genommen wird, die einem eigentlich zusteht. Bsp.: Der SL entscheidet, ob mein Charakter angreift oder nicht; ob er den Banditen folgt oder nicht. Wichtig ist hierbei, dass ich diese Entscheidung eigentlich fällen will und auch fallen darf/sollte, mir diese Möglichkeit jedoch von einem anderen genommen wird. Insbesondere wenn dabei vorgehende Absprachen unter den Spielteilnehmern oder schlicht Regeln des Spiels gebrochen werden.

Wenn ich den SL etwas entscheiden lasse, was mich betrifft, aber worüber ich nicht entscheiden will; dann ist das kein Railroading. Ein SL der entscheidet, dass die Gruppe bei normaler Reisegeschwindigkeit 1 Tag zu spät ins Dorf kommt oder dass es in diesem Dorf keinen Heiler gibt betreibt kein Railroading.

Wie du es schon selbst nennst, ist das nur semantische Spalterei, denn ich habe im Prinzip doch das gleiche geschrieben.

Ich sprach davon, das der SL eben nur einen Ast bereit hält und nur diesen auch bespielen will.
Das kann halt auf die Problematische Art und Weise passieren, in dem er den Spielern wie du ja sagst, die Entscheidung abnimmt.
Das kann aber auch ein wenig verschleiert werden, in dem der SL die anderen Alternativen den Spielern so madig macht, das sie seinen Ast entlang laufen müssen. Damit das funktioniert habe ich 3 Bedingungen angegeben.

Zitat
Illusionismus ist, wenn der SL mich im Glauben lässt, dass ich bedeutsame Entscheidungen im Spiel fälle, in Wirklichkeit aber nur der SL diese Dinge in der Hand hält. Bsp.: Der SL stellt mich vor die Wahl den Banditen zu helfen oder sie zu bekämpfen (und damit den Fortgang des Abenteuers nachhaltig zu verändern); wenn der SL jedoch die Banditen zu meinen Feinden macht, egal was ich auch tue... dann betreibt der SL Illusionismus.

Illusionismus ist das Vortäuschen einer bedeutsamen Entscheidung für die Spieler durch den SL ohne dass die Spieler das bemerken. Vor allem dann anzutreffen, wenn der SL versucht "die Geschichte" voranzutreiben und die Spieler lieber ihre eigene spielen wollen.

Auch hier habe ich im Prinzip das gleiche geschrieben.
Der SL gibt den Spielern verschiedene Handlungsalternativen. Es ist aber schon festgelegt, das es vollkommen egal ist welche die Spieler wählen, weil alle Ergebnisse gleich sind, bzw. immer das Ergebnis rauskommt, das der Spielleiter vorgesehen hat.
Somit täuscht der SL die Spieler darüber, das die Entscheidung die sie Fällen von Bedeutung ist, da es völlig egal ist.

Zitat
Participationism kann man als implizite Abmachung verstehen, in der die Spieler akzeptieren, dass der SL ihnen bedeutungslose Entscheidungen vorsetzt um "die Geschichte" am Laufen zu halten.

Gut, habe ich jetzt nicht beschrieben gehabt, aber läuft ja dann darauf hinaus, ob die Spieler das Vorgehen des SLs akzeptieren, oder nicht.
Was schon sehr wichtig sein kann, bei der Frage ob man nun illusionistisch arbeiten sollte, oder nicht.
...DSA 4: viele Regeln für wenig Effekt

Pyromancer

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Ich stell mal folgende These auf. Eines der wichtigsten Elemente beim Rollenspiel, sowohl beim Spieldesign wie auch beim Spielleiten ist es Möglichkeiten für Entscheidungen zu schaffen. Sowohl für narratives Drama als auch für den crunchigen Part der Regeln.
Gerade die Möglichkeit Entscheidungen zu treffen unterscheidet Rollenspiel als Medium von Literatur oder Film und verdient deswegen besondere Beachtung weil es etwas ist was Rollenspiel ausmacht.

Damit triffst du zu 100% den Kern dessen, was ich im Rollenspiel will.
Und deswegen finde ich auch Spiele wie "Dogs in the Vineyard" oder "With Great Power..." so interessant, weil hier bewusst das komplette Design darauf ausgerichtet ist, dass die Spieler am laufenden Band bedeutsame, wichtige Entscheidungen mit potentiell üblen Konsequenzen treffen müssen. Das ist zum Teil richtig anstrengend, auf eine angenehm erschöpfende Art und Weise.  :)

Zitat
Ein besonderheit scheint mir jedoch cinemastische Rollenspiele zu sein. Sie scheinen einfach von der Lust des Erzählens und Würfelns allein geprägt zu sein und keinerlei bedeutsamme Entscheidungen zu erfordern um zu funktionieren. Ganz ähnlich einem Actionfilms oder Digitalen Actiongames. Insofern eine wunderbare Designleistung.

Ich hab zwar nur eine grobe Ahnung, was du mit "cinemastisch" meinst, aber es lässt sich ohne Probleme mit vielen Entscheidungsmöglichkeiten kombinieren.

Joe Dizzy

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Wie du es schon selbst nennst, ist das nur semantische Spalterei, denn ich habe im Prinzip doch das gleiche geschrieben.

"Im Prinzip" ist auch alles die gleiche Soße, die unter "Force" lief, d.h. Manipulation des Spielgeschehens über nicht für alle einsehbare Wege. Die Aufteilung solcher Manipulation in Railroading, Illusionismus usw. hat den Sinn klare Grenzen zu ziehen um einzelne Fälle voneinander zu unterscheiden.

Railroading ist ein spezieller Fall, in dem (meist) der SL das Spielgeschehen dreht und den Spielern eine Entscheidung nimmt. Also Entscheidungen für sie fällt. Den Spielern eine faule Entscheidung anzudrehen ("reich und mächtig oder arm und schwach?") ist nicht direkt Railroading. Die Spieler können immer noch frei entscheiden, auch wenn die Entscheidung sehr wenig abverlangt oder sonstwie interessant ist. Erst wenn die Spieler in eine Situation kommen, in der sie nur eine Sache wählen können, kann man von Railroading sprechen. Wo die Grenze liegt zwischen "naheliegende Wahl" und "einzige Wahl" kann man aber nur von Fall zu Fall sagen.

Illusionismus ist eine Vorgehensweise bei der der SL ebenfalls das Spielgeschehen manipuliert aber die Spieler im Glauben sind, dass ihre Entscheidungen bedeutsamer sind als es der Fall ist. Entscheidungen, die etwa nur eine sinnvolle Wahl zulassen, fallen unter Illusionismus. Der SL nimmt den Spielern die Entscheidung nicht ab, sondern gibt ihnen lediglich eine sehr triviale.

"Im Prinzip" könnte man jede Art der SL-Manipulation irgendwie als Railroading bezeichnen, aber das nimmt dem Begriff jeglichen Nutzwert. Darum unter anderem auch mein Einwand.