Autor Thema: [SF: Redshift] Schiffsdesign und Technologie  (Gelesen 90342 mal)

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Offline Yerho

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Re: [SF: Redshift] Schiffsdesign und Technologie
« Antwort #425 am: 27.03.2013 | 19:05 »
Zum Thema Wassertransport eine Anregung: Man könnte bestimmte Segmente von Raumschiffen, zum Beispiel den Antikollisions-Frontschild, modular gestalten und wann immer passend bei einem solwärtigen Trip durch ein Modul aus Eis ersetzen. Damit hätte man ohnehin notwendige, aber wertlose Masse durch Wertmasse ersetzt. Dabei kommt pro Trip nicht viel mit, aber in der Summe läppert sich das schon und bereitet einen nur geringfügigen Mehraufwand.

Piraten -- "komplette Prise" kannst du vergessen, weil die Zivilisten überhaupt keinen Anreiz haben, den Piraten ihr Schiff zu überlassen. Wenn sie so oder so draufgehen würden, können sie sich auch genausogut selber in die Luft sprengen.

Stimmt, die Opfer von Piratenüberfällen haben in jüngster Zeit immer bis aufs letzte Brotmesser gewehrt und den heroischen Freitod gewählt, statt sich zu ergeben und von ihrer Reederei ausgelöst zu werden. ;)

Mal wieder ernsthaft: Das Ganze steht und fällt doch damit, wie die Erfahrungen in solchen Fällen aussehen. Wenn die Frachtercrews wissen, dass sie für die Piraten den Wert eines Lösegelds besitzen und daher üblicherweise nicht über die Planke durch die Luftschleuse hinaus geschickt werden, sehen sie nicht dem sicheren Tod ins Auge. Sie nicht dem sicheren Tod ins Auge sehen zu lassen ist - aus den von Dir genannten Gründen - im Interesse der Piraten, weshalb sie entschlossen, aber nicht unnötig brutal vorgehen werden.

Dann ist zu berücksichtigen, dass Space-Age-Piraten nicht die verrohten Analphabeten früherer Jahrhunderte sind, selbst wenn Geiselnahme nicht integraler Bestandteil des Geschäfts ist und auf die im Falle der Festnahme nicht ohnehin nur der Galgen wartet, die also nichts zu verlieren haben, egal wie schonend oder brutal sie vorgehen. Das sind vielmehr Leute, die ein Raumschiff führen und unter widrigen Umständen in Schuss halten können - also schon eher intellektuelle Kriminelle, eventuell angereichert um ein paar technisch weniger qualifizierte Gasten für's Grobe, wenn doch mal wer den Helden spielen will. Geht man zu brutal vor, werden die Forderungen nach sofortigem Handeln der offiziellen Stellen so laut, dass eine ernsthafte Piratenhatz losgeht, mit null Toleranz und Standgerichten, weshalb es auch im Interesse von Piraten liegt, die Eskalation zu minimieren.

Wenn Du Piraten zutraust, dass sie zur Wahrung eines gepflegten Umgangs mit ihren Opfern Umstände in Kauf nehmen, auf Beute verzichten und die Besatzung am Leben lassen, warum traust Du ihnen dann nicht zu, einfach nur die Besatzung am Leben zu lassen? Die Optionen sind doch:

  • 1.) Nimm Fracht, nimm Schiff, nimm Crew --> höchster Gewinnaussichten, mittlere Eskalation.
  • 2.) Nimm Fracht, nimm Schiff, setze Crew in Beiboot oder Rettungsmodul aus --> etwas geringere Gewinnaussichten, geringe Eskalation.
  • 3.) Nimm Fracht, nimm Schiff, töte Crew --> etwas geringere Gewinnaussichten, maximale Eskalation.
  • 4.) Nimm Fracht, lasse Schiff, lasse Crew. --> sehr viel geringere Gewinnaussichten, geringste Eskalation.

Wenn wir jetzt mal davon ausgehen, dass Piraten maximalen Gewinn erzielen wollen, aber nicht zwingend sadistische Psychopathen sind, kommen am ehesten die Varianten 1 und 2 in Frage.

Zitat
Kurze Anmerkung noch zu den Coilguns, ich habe jetzt mal das Standardmodell auf 10mm umdefiniert -- bzw eigentlich war das Rohr sowieso auf 10mm ausgelegt, aber ich hatte die vorher als Sabotgeschosse definiert, da ich Penetration für wünschenswert hielt. Unter Umständen will man vielleicht auch noch deutlich größere Kaliber bei umso kürzeren Projektilen haben, aber das kommt mir komisch vor.

Ich halte es für richtig. Penetration ist schon wichtig, um die Hülle zu durchschlagen, aber ab einem bestimmten Punkt bringt es nichts mehr, die Penetrationsstärke zu maximieren, wenn die Penetration nicht das ist, was den eigentlichen Schaden verursacht. Geschossgeschwindigkeit, -querschnitt und -masse müssen ausgewogen sein. Was Du willst/brauchst ist HEIAP, wobei Du den Aufbau prinzipbedingt bei Verwendung von Coilguns spiegeln, also die Brandladung hinter den Wuchtkern legen müsstest. Durch das Mehrkomponentengeschoss steigt allerdings der Querschnitt um das Doppelte und das Gewicht etwa um das 20fache. Ich habe das jetzt nur überschlagen, aber wenn Du die Lauflänge der Coilgun um einen Meter erhöhst, sollten trotzdem noch etwa 6 km/s drin sein und wenn das Ding trifft, geht auch ordentlich was kaputt.
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Re: [SF: Redshift] Schiffsdesign und Technologie
« Antwort #426 am: 27.03.2013 | 19:35 »
@Roman: hervorragend, werd ich mir eins schießen.

@DK:
nicht zwingend, meine ich. Ich bin jetzt nicht der Experte für Flüge aus der Ekliptik heraus, aber prinzipiell müsste man auch direkt drauf zuhalten können.
Man muss ja generell nur in Ausnahmefällen zum Sprungpunkt hinfliegen - es ist ja im Allgemeinen nur der Ankunftspunkt; abfliegen kann man von überall.

@Yerho:
das Problem mit den bzw für die Piraten ist, dass im Unterschied zu heute - aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen in mehreren Nationen - ein gut Teil der Frachter / Kauffahrer nicht großen Reedereien gehört, sondern genossenschaftliches Eigentum der Besatzungen selbst (freilich auf Pump finanziert). Das ist also nicht ihr unterbezahlter Job mangels besserer Alternative (wie das bei heutigen Seeleuten der Fall ist), sondern ihre unersetzliche Existenz. Da würde ich mich wirklich nicht drauf verlassen, dass diese Klientel beim ersten Anzeichen eines Piraten sich freiwillig in die Beiboote setzt.

Das ließe sich einzig durch Existenz entsprechender Versicherungen auflösen -- aber mal ehrlich, würdest du wirklich ein Rollenspiel zocken wollen, in dem es um _Versicherungsprämien_ geht?
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Re: [SF: Redshift] Schiffsdesign und Technologie
« Antwort #427 am: 27.03.2013 | 22:12 »

Ich antworte hier mal auf Feuersängers Beitrag aus dem Nachbarthread, da die Antwort dort doch recht off topic wäre.
Zitat
Das ist genau son Punkt, an der Autor von heute die Computertechnologie verflucht. =D Hatten wir ja im anderen Thread.

Ob es heute schon eine Software bzw Autopiloten geben könnte, die ein Schiff spontan (ohne langwierige Planung) von hier zum Jupiter bringen könnte, quasi auf Knopfdruck und idiotensicher, sei mal dahingestellt.
Aber wenn Computer allein in den nächsten 2 Jahrzehnten nochmal 1000x stärker werden, dürfte das wohl wirklich kein Problem mehr darstellen.

Ihr kennt ja vielleicht die Simulation "Orbiter". Dafür gibt es ein sehr realistisch anmutendes Plugin namens TransX, welches ein Programm zur Durchführung von interplanetaren Missionen darstellt. Da es über das Cockpit-MFD gesteuert wird, ist es wahnsinnig unkommod zu bedienen. Prinzipiell lässt es sich in, sagen wir mal: wenigen Stunden erlernen, damit umzugehen.
Technisch würde ich sagen, ist es etwa auf dem Stand von 1990 oder früher. Wenn ich mich recht entsinne (kann grad nicht nachschauen), ist es etwa 500K groß.

Wie dem auch sei: ein simulierter Flug von der Erde zum Mars ist immer noch kein Pappenstiel. Ich weiß, wie man TransX bedient, ich kann den Kurs plotten, ich kann sogar die Mid-Flight Kurskorrekturen vornehmen. Und dennoch: oft geht mir auf den letzten "Metern" etwas schief, wenn ich Mars schon in Sichtweite habe und nur noch ein seinen Orbit einschwenken müsste.
Teilweise liegt das glaub ich daran, dass TransX einige Vereinfachungen vornimmt, die man als Pilot von Hand bzw nach Gefühl ausgleichen muss: es nimmt vielleicht an, dass die delta-V augenblicklich eintritt (statt über mehrere Minuten), und es rechnet per der Kursprojektion nicht die Schwerkraft der Planeten mit ein.

Was ich damit sagen will: mit einem Programm wie TransX verlangt der interplanetare Flug durchaus noch einiges an Skill, Übung und ein gewisses Maß an Intuition. Wäre die Technik auf diesem Maß eingefroren, hätte man Pilotenraumschiffe.
Aber wie gesagt, vermutlich wären da heute schon ganz andere Kaliber möglich, nicht auszudenken was man da in 200 Jahren machen kann.
Einen optimalen Kurs zu berechnen ist aber auch nicht gerade trivial.
Es sind ja zwei paar Schuhe eine Simulation zu machen, die sich als Spiel echt anfühlt (wie TransX) und eine Simulation zu machen, die tatsächlich die Realität hinreichend genau darstellt.

Die Bewegungen des Raumschiffes werden ja jetztentlich durch ein System von partiellen Differentialgleichungen bestimmt. Für diese Gleichungen lassen sich auch im allgemeinen keine analytischen Lösungen finden, man ist also tatsächlich von Computern abhängig.
Den optimalen Kurs zu bestimmen ist dann ja ein Optimierungsproblem mit diesen Differentialgleichungen als Randbedingen.
Das ist schon anspruchsvoll, aber eben lösbar und man kann ja davon ausgehen, dass eine Gesellschaft, die zivile Raumfahrt im großen Stil betreibt, diese mathematischen Probleme hinreichend gut lösen kann.

Der Mensch ist als Raumfahrer jetztendlich nur dazu da, Entscheidungen zu treffen, wenn Dinge nicht nach Plan laufen.
Man kann sicherlich postulieren, dass in der interplanetaren Raumfahrt eigentlich keine Probleme auftreten, die von einem Mensch, aber nicht von einem Computer gelöst werden können. Allerdings kann man meiner Meinung nach auch plausibel das Gegenteil annehmen.
Menschen können durchaus ihre Rechtfertigung auf realitischen Raumschiffen haben, allerdings sollte diese nicht in Dingen bestehen, die Computer einfach besser können, wie z.b. Kurse berechnen.
Der 08/15 Raumfahrer wird einen recht langweiligen Job haben, aber Rollenspieler tendieren ja dazu in Situationen zu kommen, die nicht nach Plan laufen.

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Re: [SF: Redshift] Schiffsdesign und Technologie
« Antwort #428 am: 28.03.2013 | 01:49 »
Hinweis auf einen neuen Thread im SwoF-Bereich zum Thema Hohmann-Transfers:
http://tanelorn.net/index.php/topic,83158.msg1675919.html#msg1675919
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Re: [SF: Redshift] Schiffsdesign und Technologie
« Antwort #429 am: 28.03.2013 | 03:29 »
Achja, den Beitrag hätt ich fast aus den Augen verloren.

Was die Waffentechnologie angeht: Für später mal mit professionellen Waffen wären vielleicht auch fusionsgetriebene Lenkwaffen denkbar, je nachdem wie man die Machbarkeit einschätzt dann eben noch mit nuklear-gepumpten Gammalasern als Gefechtskopf (also quasi eine Atomexplosion, die ein paar % oder Promille ihrer Leistung in einem direktionalen Gammapuls abgibt).

Fusionsgetriebene Lenkwaffen halte ich innerhalb dieses Settings für nicht praktikabel, aus verschiedenen Gründen. Erstens würde ich mal schätzen, dass sich ein Fusionsreaktor nicht beliebig miniaturisieren lässt. Und viel wichtiger noch, der Grund den du selber schon vermutest: die Dinger sind viel zu teuer, um sie für solche Späße zu verheizen.
Was eher im Bereich des Möglichen läge, wäre etwas, das in Richtung des klassischen Einmannjägers ginge, oder eher plausibel ein automatisch gesteuerter Raketenbus wie du ja auch vorschlägst. Das hatten wir auch schonmal in einem anderen Thread (von Grey, wenn ich mich recht entsinne). Problem: Burnsides' Nulltes Gesetz, das da grob gesagt lautet: vollautomatische Waffensysteme sind langweilig.

Die bombengepulsten Gammalaser hingegen sind komplett außen vor. Das darf ich im Sinne der Hard SF bestimmen, weil nicht raus ist, dass man so eine Waffe tatsächlich bauen könnte, und das muss ich, weil eine solche Waffe im Falle ihrer Existenz so dermaßen unausweichlich und absolut tödlich wäre, dass sie einem jedes Setting schrottet, das nicht von vornherein "Armageddon" heisst. Ein Gammalaser könnte auf mehrere Licht_minuten_ einen fokussierten Strahl liefern, gegen den keine Panzerung hilft und der alles grillen würde was er trifft. Das hat nichts mehr mit "ordentlicher Wirksamkeit" zu tun, das ist der Todesstern auf Steroiden.

Anderes Thema:
http://www.mps.mpg.de/dokumente/publikationen/pa/pa_9907_sonnenatmosphaere.pdf
Ist so ein ganz altes Blatt. Aber man sieht auf Seite 4, dass der Sonnenwind in Pol(winkel)nähe wesentlich schneller weht als am Äquator. Beziehen sich die 632m^2 auf die Region über den Polen oder überm Äquator?

Oh, dieses Statitensegel war ausschließlich als Photonensegel gedacht. Zum Auffangen des Sonnenwindes wäre es gänzlich ungeeignet, da die Teilchen die Folie einfach durchschlagen würden ohne nennenswert Impuls abzugeben.
Für den Sonnenwind bräuchte man ein Magnetsegel. Die Magnetschleifen wiederum müssten von Supraleitern erzeugt werden, und diese müssen kühl gehalten werden, und das wiederum dürfte in Sonnennähe unmöglich sein (bzw. nur mit sehr großen Aufwand an Isolierung und Kühlen, was wieder irrsinnig Masse frisst).

Hier ist ein Artikel zu dem Thema, den ich recht fundiert geschrieben finde:
http://www.drg-gss.org/typo3/html/index.php?id=100
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Re: [SF: Redshift] Schiffsdesign und Technologie
« Antwort #430 am: 28.03.2013 | 09:54 »
das Problem mit den bzw für die Piraten ist, dass im Unterschied zu heute - aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen in mehreren Nationen - ein gut Teil der Frachter / Kauffahrer nicht großen Reedereien gehört, sondern genossenschaftliches Eigentum der Besatzungen selbst (freilich auf Pump finanziert). Das ist also nicht ihr unterbezahlter Job mangels besserer Alternative (wie das bei heutigen Seeleuten der Fall ist), sondern ihre unersetzliche Existenz. Da würde ich mich wirklich nicht drauf verlassen, dass diese Klientel beim ersten Anzeichen eines Piraten sich freiwillig in die Beiboote setzt.

Angesichts der hohen Investitionen und laufender Kredite wäre selbst der Verlust einer einzigen Ladung bereits so verheerend, dass es aus Sicht der Crew keinen Unterschied macht, ob die Piraten nur die Ladung oder die Ladung und das Schiff haben wollen.

Auch aus Sicht der Piraten ist das egal, denn sowohl zum Entladen des Schiffes als auch zu dessen kompletter Übernahme müsste der Widerstand der Besatzung gebrochen werden.

Geiselnahme als Geschäftsmodell wäre natürlich vom Tisch, weil hinter dem Schiffsverkehr nichts genug freies Kapital steht. Aber mal anders gefragt, wie kommt's denn, dass ausgerechnet die mit ordentlich Kohle nicht in dem Bereich investieren und der Markt komplett Genossenschaften überlassen wird? Und müssten nicht auch massiv staatliche Gelder drinstecken, wenn es bei den Transporten darum geht, Gewinne aus den Kolonien zu ziehen?

Zitat
Das ließe sich einzig durch Existenz entsprechender Versicherungen auflösen -- aber mal ehrlich, würdest du wirklich ein Rollenspiel zocken wollen, in dem es um _Versicherungsprämien_ geht?

Nun ja, es geht ja auch schon massiv um Kredite, damit es überhaupt - weil vom Look&Feel her so gewollt - kleine Skipper gibt. Da macht die unvermeidliche Notwendigkeit von Versicherungen den Kohl auch nicht mehr fett.

Die Frage ist dann eher, ob sich jeder freie Skipper bei den geringen Margen überhaupt eine Versicherung leisten kann oder ob er es sich leisten kann, immer die Bedingungen zu erfüllen, die für die Police gelten. Zur Hochzeit des irdischen Piratenunwesens lautete eine der Hauptbedingungen für die Gültigkeit einer Police "Segeln unter Bedeckung", sprich man musste die Überfahrt mit Eskorte antreten. Selbst wenn dieser Schutz von staatlicher Seite erfolgt und wenig bis gar nichts kostet, stellt er doch eine zeitliche Bindung dar. Wenn gerade kein eskortierter Konvoi von A nach B abgeht, kann das nicht immer maßgeblich für kleine Skipper sein, bei denen jede Sekunde Geld kostet.
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Re: [SF: Redshift] Schiffsdesign und Technologie
« Antwort #431 am: 28.03.2013 | 11:17 »
Angesichts der hohen Investitionen und laufender Kredite wäre selbst der Verlust einer einzigen Ladung bereits so verheerend, dass es aus Sicht der Crew keinen Unterschied macht, ob die Piraten nur die Ladung oder die Ladung und das Schiff haben wollen.

Das ist nicht so. Ein neues Schiff ist ausgelegt auf 30 bis 40 Jahre Abschreibung. Zwischen zwei Fahrten ist immer ein Layover zur Wartung des Schiffs und Erholung der Crew eingeplant [das ist die Zeit, in der Abenteuer auf Planeten stattfinden können]. Wenn man einmal eine Ladung verliert, kann man das wieder aufholen; insbesondere wenn es nur konsolidierte Fracht ist (d.h. sie gehört nicht der Crew, sondern wird nur gegen Entgelt befördert). Natürlich werden die Spacer trotzdem nicht scharf darauf sein, ihre Ladung abzuwerfen, aber sie werden dazu ungefähr hundertfünfzigmal eher bereit sein, als ihr Schiff aufzugeben.

Zitat
Aber mal anders gefragt, wie kommt's denn, dass ausgerechnet die mit ordentlich Kohle nicht in dem Bereich investieren und der Markt komplett Genossenschaften überlassen wird? Und müssten nicht auch massiv staatliche Gelder drinstecken, wenn es bei den Transporten darum geht, Gewinne aus den Kolonien zu ziehen?

Dafür gibt es je nach Modell X Gründe, die sich auch von Nation zu Nation unterscheiden können. Das gehört aber alles mehr in den Setting- als in den Technologiethread. Um es kurz zusammenzufassen: Konzerne und Banken wurden entmachtet, und stehen in den meisten Nationen unter staatlicher Kontrolle. Es gibt noch Zinsen, aber keine Zinseszinsen mehr, weil man endlich eingesehen hat, dass diese in regelmäßigen Abständen zum Kollaps des Systems führen. Nebenbei ist aufgrund des hohen Automatisierungsgrads der Arbeitsmarkt stark geschrumpft; die meisten Menschen arbeiten maximal Teilzeit. Viele Staaten sehen es als ihre Hauptaufgabe - auch in Analogdemokratien - die Bürger mit einem gewissen Lebensstandard zu versorgen, um Revolten zu vermeiden, aber es wird auch großer Wert auf Konformität gelegt. Wer nicht in dieses Schema passt, wird wenn irgend möglich ins Weltall entsorgt. Dann stiftet er auf der Erde keine Unruhe mehr und bringt obendrein noch Kohle ins Haus.
Schließlich: es gibt nach wie vor Logistikkonzerne à la DHL, Mærsk etc., die einen Großteil des Linienbetriebes abdecken. Aber es gibt eben auch viele unregelmäßige Fahrten, für die die Konzerne nicht flexibel genug sind, und dieser Bereich wird eben von Trampfrachtern bedient.
Der Markt im Weltenverkehr ist sehr prekär: einerseits darf der Transport nicht viel kosten, weil sich sonst niemand die Fracht leisten kann, und die Kolonien verkümmern. Andererseits bedingen die Kosten für Raumschiffe eine hohe Investition, die niemand mehr tätigen würde wenn es sich nicht rentiert. Auf die Weise sind die Frachtraten und Preise nicht beliebig in die eine oder andere Richtung verschiebbar.

Der typische Werdegang einer Schiffsgenossenschaft ist, dass man erstmal ein altes, bereits abgeschriebenes Schiff für relativ wenig Geld (also notfalls ein kleiner Kredit) kauft. Nach einigen Jahren hat man dann genug Eigenkapital, um ein neues Schiff anzuschaffen. Neue Schiffe sind effizienter und natürlich zuverlässiger als alte.

Zitat
Die Frage ist dann eher, ob sich jeder freie Skipper bei den geringen Margen überhaupt eine Versicherung leisten kann oder ob er es sich leisten kann, immer die Bedingungen zu erfüllen, die für die Police gelten. Zur Hochzeit des irdischen Piratenunwesens lautete eine der Hauptbedingungen für die Gültigkeit einer Police "Segeln unter Bedeckung", sprich man musste die Überfahrt mit Eskorte antreten.

Das ist eine schöne Idee, warum Versicherungen nicht die universelle Lösung darstellen.
In eine ähnliche Kerbe könnte die Paranoia der Versicherungen hauen, dass ja womöglich Piraten und Crews unter einer Decke stecken, und den Überfall nur fingiert haben um die Versicherung abzuzocken.

Im Wesentlichen geht es hier um die Perspektiven für die Protagonaisten und Stories, die sich abspielen sollen:
- wenn du von Piraten überfallen wirst und die dir dein Schiff wegnehmen: Game Over --> bescheuert
- wenn du von Piraten überfallen wirst und sie dir nur die Ladung wegnehmen, und du gehst pleite: --> langweilig
- wenn du von Piraten überfallen wirst und die Versicherung bezahlt: --> langweilig
--> die Piratenbedrohung muss so austariert werden, dass es einen Grund gibt, um die Ladung zu kämpfen, ohne im Falle einer Niederlage sofort game over zu sein.
Nebenbei sollen Piraten ja sowieso nicht das Hauptthema sein. Aber man erwartet sie halt irgendwie in so einem Setting.
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Zitat von: ErikErikson
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Re: [SF: Redshift] Schiffsdesign und Technologie
« Antwort #432 am: 28.03.2013 | 15:17 »
Wenn man einmal eine Ladung verliert, kann man das wieder aufholen; insbesondere wenn es nur konsolidierte Fracht ist (d.h. sie gehört nicht der Crew, sondern wird nur gegen Entgelt befördert). Natürlich werden die Spacer trotzdem nicht scharf darauf sein, ihre Ladung abzuwerfen, aber sie werden dazu ungefähr hundertfünfzigmal eher bereit sein, als ihr Schiff aufzugeben.

Okay, unter dem Gesichtspunkt haut das hin. Darauf basierend fällt mir direkt eine Szenario ein: Manche Auftraggeber bestehen womöglich darauf, ihrer wertvollen Fracht Sicherheitspersonal beizugeben. Da sind Konflikte vorprogrammiert, wenn die Crew im Angesicht einer Gefahr längst die Aufgabe der Ladung erwägt.

Zitat
Der typische Werdegang einer Schiffsgenossenschaft ist, dass man erstmal ein altes, bereits abgeschriebenes Schiff für relativ wenig Geld (also notfalls ein kleiner Kredit) kauft. Nach einigen Jahren hat man dann genug Eigenkapital, um ein neues Schiff anzuschaffen. Neue Schiffe sind effizienter und natürlich zuverlässiger als alte.

Dennoch solltest Du die Option berücksichtigen, dass nicht die komplette Crew aus Miteignern besteht. Je mehr Geld jemand in so ein Schiff stecken kann, desto besser ist er gestellt und desto weniger wird er bereit sein, den ungemütlichen und manchmal gefährlichen Job selbst zu machen. Ein paar angestellte Crewmen dürfte es also schon geben, schon allein damit man die Option auf Meutereien und das Shangaien nicht verliert, worasu sich auch schöne Szenarien basteln lassen.

Zitat
In eine ähnliche Kerbe könnte die Paranoia der Versicherungen hauen, dass ja womöglich Piraten und Crews unter einer Decke stecken, und den Überfall nur fingiert haben um die Versicherung abzuzocken.

Da hättest Du womöglich gleich noch eine weitere Gruppe von Leuten, die sich noch im Weltraum herumtreiben, obwohl es auf Planeten gemütlicher ist: Agenten der Versicherungen oder der Investoren, die ihre Versicherten kontrollieren bzw. ihre Investition im Auge behalten möchten.

Zitat
--> die Piratenbedrohung muss so austariert werden, dass es einen Grund gibt, um die Ladung zu kämpfen, ohne im Falle einer Niederlage sofort game over zu sein.

Wobei das auch ein starker Anreiz sein kann, nach der Ladung zu forschen. Es ist ja nicht so, dass die mal eben beim Hehler um die Ecke unterm Thresen verschwindet. Die Ware muss erst einmal "gewaschen", also irgendwo aufbewahrt, neu verpackt, mit gefälschten Herkunfts- und Eigentumsnachweisen versehen werden, bevor man sie unbemerkt wieder in Umlauf bringen darf. Da Piraten in Deinem Setting eher Einzeltäter sind, werden sie das vermutlich irgendwo dort tun, wo auch legale Waren umgeschlagen werden.

Zitat
Nebenbei sollen Piraten ja sowieso nicht das Hauptthema sein. Aber man erwartet sie halt irgendwie in so einem Setting.

Ich könnte mir überdies vorstellen, dass die meisten Piraten dies nicht hauptberuflich machen, sondern eigentlich nur glücklose Skipper sind, die sich nicht anders zu helfen wissen und die nach einem geglückten Coup die Finanzspritze erhalten haben, um wieder den regulären Frachtbetrieb aufzunehmen. Generell dürften für Quertreiber, wie sie die Spacer ja sind, die Übergange zwischen Frachtführer, Schmuggler und Pirat ziemlich fließend sein. Insbesondere dann, wenn die Zeiten schlecht sind.
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Re: [SF: Redshift] Schiffsdesign und Technologie
« Antwort #433 am: 28.03.2013 | 17:52 »
Dennoch solltest Du die Option berücksichtigen, dass nicht die komplette Crew aus Miteignern besteht. Je mehr Geld jemand in so ein Schiff stecken kann, desto besser ist er gestellt und desto weniger wird er bereit sein, den ungemütlichen und manchmal gefährlichen Job selbst zu machen. Ein paar angestellte Crewmen dürfte es also schon geben, schon allein damit man die Option auf Meutereien und das Shangaien nicht verliert, worasu sich auch schöne Szenarien basteln lassen.

Diese Optionen müssen wir wohl auf ein Rocketpunk-Paralleluniversum verlagern. Aufgrund des konsequenten Techlevels mit weit entwickelten Computern und hohem Automatisierungsgrad sind die Crews moderner Schiffe in Redshift sowieso schon sehr überschaubar -- nämlich üblicherweise 4 bis 6 Mann. [Die typische Spielrunde eben.] Da ist schlicht kein Platz für Angestellte oder Zwangsverpflichtete. Das spielt ja auch mit rein, warum die Schiffe so leicht sein und entsprechend viel Nutzlast aufladen können.

Das wäre bei einer Kriegsmarine auch wieder ganz anders: da will man eine große Besatzung haben, zwecks Redundanz und schlicht mehr Manpower zur Schadenskontrolle. Ganz abgesehen von den Espatiers für den Enterkampf. Deswegen müssten Kriegsschiffe auch viel größere Habitate und entsprechende Lebenserhaltungssysteme besitzen.

Zitat
Wobei das auch ein starker Anreiz sein kann, nach der Ladung zu forschen. Es ist ja nicht so, dass die mal eben beim Hehler um die Ecke unterm Thresen verschwindet. Die Ware muss erst einmal "gewaschen", also irgendwo aufbewahrt, neu verpackt, mit gefälschten Herkunfts- und Eigentumsnachweisen versehen werden, bevor man sie unbemerkt wieder in Umlauf bringen darf.

Kommt darauf an, ob die Piraten die Ladung wirklich wieder verkaufen oder sie einfach zur eigenen Verwendung behalten. Hängt natürlich davon ab, was man jetzt gefangen hat. Aber generell hätte ich auch so den Verdacht, dass es den Handelsagenten der indischen Kolonie relativ egal ist, ob die Proteinriegel und Computerchips mit dem Logo des British Empire gebrandet sind. [Indien ist eine Macht für sich und steht nicht unter Fuchtel der Briten]

Zitat
Ich könnte mir überdies vorstellen, dass die meisten Piraten dies nicht hauptberuflich machen, sondern eigentlich nur glücklose Skipper sind, die sich nicht anders zu helfen wissen und die nach einem geglückten Coup die Finanzspritze erhalten haben, um wieder den regulären Frachtbetrieb aufzunehmen. Generell dürften für Quertreiber, wie sie die Spacer ja sind, die Übergange zwischen Frachtführer, Schmuggler und Pirat ziemlich fließend sein. Insbesondere dann, wenn die Zeiten schlecht sind.

Das ist sehr gut möglich. Und die Zeiten sind immer schlecht. ;)
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