Schau dir diese "Verhandlungs-Szene" bitte nochmal an. Jemand, der mehr Geld bezahen will, als eigenlich verlangt wird, scheint mir nicht besonders arm zu sein.
Er bezahlt ja nicht mit seinem Geld, sondern mit dem Geld von Leia. ("Sie ist reich. Sie kann dir soviel bezahlen, wie du dir vorstellen kannst." - "Ich kann mir eine ganze Menge vorstellen.")
Weil Luke durch das Fehlen von Geld keine Handlungsmöglichkeit verbaut wird.
Doch: Er kann die Sturmtruppen nicht bestechen, sondern muss sie erschießen.
Er kann keine Söldner anheuern, sondern muss Leia selber befreien. (Ein reicher Kerl hätte Boba Fett oder einen ähnlichen Spezialisten angeheuert.)
Oder nehmen wir als Beispiel "Die Orks": Orktrupp zieht aus, ein paart Artefakte zu bergen, findet dabei etwas über das Geheimnis der Welt hinaus und verändern die Welt. (OK, die Schreibstil ist schrecklich. Aber die Hintergrundgeschichte ist durchaus episch, obwohl die Chars eher arme Schweine sind.)
Oder wenn man den Spartakusaufstand oder das Leben von Martin Luther King bzw. Jesus Christus nachspielen möchte: Alle Drei würde ich als episch bezeichnen. Und bei allen Dreien hat die Hauptperson wenig Geld.
Da findest du an keiner Stelle ein "Ach kack, das können wir uns nicht leisten".
Naja, die Hobbits können sich keine Pferde leisten. Aber anstatt darüber zu meckern, gehen sie einfach zu Fuß weiter.
Weil man entweder a) Selbstversorger ist und kein Geld braucht (Aragorn), oder b) geerbt hat (Frodo, nachdem Onkel Bilbo nur um des Mammons willen auf Drachenschatzjagd gegangen ist)
oder c) Bilbo heißt und wegen dem Geld auf Drachenjagd geht oder d) Sam heißt und als Diener mehr Recht als schlecht überlebt.
(Frodo ist zwar der reiche Schnösel, während Bilbo und Sam in ihrer Abenteuerzeit eher ärmlich waren. Trotzdem sehe ich in diesen beiden die größeren Helden als in dem reichen Frodo.)
Bei epischem Rollenspiel braucht man eben eine derartige Device, die einem lästige Geldprobleme vom Hals hält. Du kannst keine epische Kampagne mit Helden aufziehen, für die jeder durchgewetzte Schnürsenkel ein finanzielles Problem darstellt. Geht einfach nicht.
Warum nicht?
Man darf natürlich nicht hartwurstig spielen. Wenn man zuviel Hartwurst hineinbringt, dann lenkt das von der Epik ab. Aber da ist es egal, ob du nun Hartwurst für Reiche oder Hartwurst für Arme ins Spiel bringst: Beides lenkt gleichermaßen ab. (Ob ich nun ausspiele, wie ich mir meine Schuhe selber flicke, oder ob ich ausspiele, wie ich mir neue Schuhe kaufe, ist in einer epischen Kampagne beides gleichermaßen langweilig.)
(Bei epischen Kampagnen bietet es sich sogar an, komplett ohne Geld zu spielen und nur mittels Lebensschicht wie z.B. in WoD zu handeln. - Aber ich hatte noch nie Probleme, in WoD eine epische Kampagne mit einem armen Char (Ressourcen 0) zu spielen.)
Es gibt natürlich auch andere Möglichkeiten, andere Maßstäbe. Da kann Geld direkt oder indirekt eine Rolle spielen. Klar hat auch das seinen Reiz, wenn sich z.B. der Held entscheiden muss, ob er von seinen paar Kröten eine neue Waffe kauft oder doch eher Medizin für eine bedürftige Person. Aber das sind keine epischen Geschichten, und ein Vergleich zwischen diesen Charakteren ist so widersinnig wie zwischen Gitarren und Glühbirnen.
Aber auch diese Charaktere können Spaß machen. Und ich sehe nichts Schlechtes darin, wenn ein Knauser-SL die moralische Frage aufwirft, ob man jetzt eine neue Waffe oder eine Medizin für die bedürftige Person kauft.
aber idR geht es darum, dass die richtigen Leute zur richtigen Zeit, das richtige Tun, und dafür in irgendeiner Form belohnt werden (das muss nicht monetär sein, meist ist es spirituell oder emotional). Wenn nun der Knauserich mir (bzw. meinem Charakter) als Dank noch einen reinwürgt, muss man sich stellen, inwieweit das Held (z.B. bei DSA oder ED) noch legitim ist.
Ob der Begriff Held gerechtfertigt ist, oder ob man lieber SC dazu sagen sollte, ist halt eine Frage dessen, was man unter Held versteht.
Bei Spawn zum Beispiel wird dem Protagonisten erst von der Hölle etwas reingewürgt und anschließend bescheißt ihn sogar der Himmel. Geld besitzt er auch nicht und sein Körper wird von Maden zerfressen.
Trotzdem sehen viele in Spawn einen Helden. (Ich nicht. In meinen Augen ist Spawn ein alter Wichser, der nichts besseres verdient hat und ruhig noch ein bisschen leiden darf.)
Aber das zeigt, dass viele Leute Spaß daran haben, arme Gestalten wie Spawn zu spielen. (Und wenn man es richtig aufzieht, dann kann die Story sogar richtig episch werden.)
Oder nehmen wir Peter Parker alias Spiderman: Auch er ist eher arm und verdient seinen Lebensunterhalt damit, dass er getürkte Fotos von Spiderman macht und sie an die Presse verkauft.
Trotzdem hilft er der Menschheit. Und was ist der Dank: Die Leute bestrafen ihn mit Hass. (Man kann natürlich sagen, dass er als ausgleich wenigstens die ewige Liebe gefunden hat. Doch auch hier gilt, dass er sich seiner wahren Liebe nicht offenbaren kann, sondern sie abweisen muss (im Fernsehfilm).)
Im Übrigen ist mir deine dekadente Sichtweise auf die Welt zwar durchaus sympathisch (du solltest The Roo spielen), aber ich glaube nicht, dass es ein Naturgesetz ist. Ich bin mir nicht einmal sicher, dass es eine kulturelle Regel ist.
Das ist es auch nicht.
Ich habe auch durchaus Spaß daran, reiche Millionäre (Ressourcen 5 in WoD) zu spielen. Aber ebenso kann es Spaß machen, arme Chars (Ressourcen 0-1 bei WoD) zu spielen, die jeden Stein einzeln umdrehen.
Und das gilt nicht nur für Ressourcen Systeme: Auch bei DSA hatte ich schon sowohl sehr reiche Adlige als auch arme Diebe gespielt und beide haben Spaß gemacht. (Und dass mein Dieb arm wahr, hat mich nicht daran gehindert, epische Kampagnen zu erleben.)