Bei "The Roo" fällt mir als erstes die sehr gute Präsentation ins Auge. Die Fluff-Texte sind nicht überflüssig, sondern vermitteln genau die richtige Stimmung (des Wahnsinns), sie sind auch nicht zu lang oder -weilig.
Die Struktur des Werkes ist gut und durchdacht und das meiste wird an der richtigen Stelle und mit den richtigen Worten präsentiert. Man sieht dass da Übung im Texte schreiben vorhanden ist.
Das Konzept ist einerseits stringent und klar durchgezogen, nur wird mir leider nicht 100% klar was man damit anfangen soll. Man spielt Wahnsinnige die wahnsinniger werden und nebenbei Leute umbringen. Ist das eine gute Core-Story? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, klingt für mich aber wenig verlockend.
Das selbst gesteckte Ziel nachdenklich werden zu lassen erreicht das Werk. Die vermittelte Stimmung ist trost- und ausweglos. Das blöde ist, sowas will ich nicht wirklich spielen, grade da es keine weiteren Mittel gibt um zumindest für die Spieler aus diesen Grundlagen eine dramaturgisch interessante Geschichte werden zu lassen. Ungebremste Eskalation ist für mich keine Geschichte.
Mechanisch wird diese Eskalation durch Karma und den Guru-Level unterstützt.
Hier frage ich mich was es für einen Sinn hat Karma umso schneller wachsen zu lassen je mehr Macht eingesetzt wird, je höher also die Erfolgswahrscheinlichkeit ist.
Ein interessanter Punkt ist dass einfache, normale Tätigkeiten schwerer sind als unmögliche (wahnsinnige). Das stellt das Thema gut heraus und sorgt im Spiel sicher für amüsante Probleme bei alltäglichen Aktionen. Es könnte aber auch sein, dass die Spieler sofort bereitwillig in die Wahnsinnstaten abdriften, weil sie da wenigstens was erreichen können. Generell gibt es eigentlich nichts was diese Eskalation aufhält und deshalb ist das ganze vielleicht auch ein wenig eindimensional.
Was das Rad der Farben für einen Sinn hat verstehe ich auch nicht wirklich. Es sorgt dafür dass Spieler jeweils zyklisch mal mächtig und mal eher weniger mächtig werden. Was soll das? Was bringt das dem Spiel? Phasen von Wahnsinn und Normalität? Warum sollte ein Spieler versuchen "normal" zu bleiben?
Außerdem sorgt das Verwundungssystem dafür dass starke Chakren stark bleiben (wegen hoher Macht; Wahrscheinlichkeit der Niederlage in Konflikten geringer) und schwache noch schwächer werden (Konflikt verloren-> Chakra beschädigt-> Macht auf 0).
Ich sehe nicht wirklich wie dass alles das Spiel zusätzlich unterstützt.
Außerdem bleibt tatsächlich etwas offen was die Spieler überhaupt zusammen (oder gegeneinander) machen. Warum spielt jeder Spieler einen Charakter und was bringt es, dass man eine Gruppe von Wahnsinnigen hat anstatt einen?
Das Rad der Farben sorgt dafür das jeweils ein Charakter schwach ist wenn ein anderer stark ist, aber ist das irgendwie sinnvoll?
Zu den Stichwörtern: Vorsehung ist wohl gut eingebaut, auch wenn ich die eigentliche Vorsehung etwas vermisse. Gut, die Charaktere halten sich für Auserwählte, dass sie "Vorgesehende" genannt werden, sorgt eigentlich eher für sprachliche Verwirrung.
Die Farbe... naja. Es gibt ein Rad der Farben und die Chakras haben Farben... schön. Ist wohl eingebaut.
Fazit: Ich kann "The Roo" leider nicht allzuviel abgewinnen. Entweder sehe ich es als ein Spiel das ein interessantes Konzept mit einer abgefahrenen Idee hat, die aber unzureichend umgesetzt wurde, so dass die entscheidende Struktur fehlt, die den Spielern ermöglicht die Eskalation des Wahnsinns so darzustellen dass es auch Spaß macht (dies würde ich auch für eine Weiterentwicklung empfehlen).
Oder ich sehe es als eine perfekte Umsetzung des Konzepts Sinnlosigkeit und Wahnsinn zu vermitteln. Dann muss ich allerdings sagen dass mich dieses Konzept, so gut es dann auch umgesetzt sein mag, absolut nicht für ein Spiel begeistert.
Die Stichwörter sind auch nicht so wahnsinnig (
) gut umgesetzt. Farbe und Vorsehung kann man eigentlich rausnehmen ohne was am Spielprinzip zu ändern, wenn man ein paar Sachen umbenennt.
Von mir gibt es also für "The Roo" keine Nominierung.