Tja, was soll ich dazu sagen? Ich habs nun halbwegs gelesen und bin etwas ratlos. Hier meine Kommentare:
1. Sprache. Die einzelnen Sätze sind nicht schwierig zu verstehen – ihr Zusammenhang teilweise schon. Manchmal versteht man erst ein paar Absätze später, wie irgendwas gemeint ist. Mit einem ordentliches Lektorat wären solche aber schnell aus der Welt zu schaffen.
2. Hintergrund. Der Konflikt zwischen Vorsehung und Verlangen ist gut im Hintergrund verankert. Ansonsten wirkt das Ganze auf mich etwas uninspiriert bzw. unvollständig, was ja auch im Ausblick deutlich wird. Hier fehlt eindeutig noch ein bisschen was.
3. Spielkonzept. Aus dem Text geht für mich nicht klar hervor, was man überhaupt spielt. Gut, ich habe die Auserwählten, die plötzlich Besuch von einem Engel haben. Aber was dann? Was tun die Charaktere? Wie sind die Regeln mit dem Hintergrund verknüpft? All das wird offen gelassen ("Es gibt keine klaren Aufgaben für Auserwählte. Sie leben weiter in der ihnen vertrauten Umgebung, sind aber plötzlich erkennbar für alle Wesen, die nicht irdischen Ursprungs sind, und können selbst Kräfte entwickeln, deren Tarnung zu durchschauen.") Ein paar Beispiele, um was es überhaupt gehen soll, wären hier nicht schlecht. Vielleicht auch eine Art "Beispielabenteuer", am besten mit vorgefertigten Charakteren.
4. Ausgereiftheit. Die Regeln scheinen mir gut durchdacht zu sein. Hier muss ich auch sagen: Das will ich mal probieren. Echt cool, was du dir mit den Karten überlegt hast. Die Beschreibung von den Sonderkarten und dem Veto lassen zwar lange auf sich warten, wirken aber (wenn man sich die Abschnitte zusammengesucht hat) sehr brauchbar. Ein Testspiel könnte hier sicherlich mehr sagen, aber zunächst mal: Hut ab! Was mir hier allerdings etwas fehlt, ist der Konflikt, die Entscheidung zwischen Vorsehung und Verlangen. Irgendwie weiß ich nicht so genau, wo für mich als Spieler das Entscheidungsproblem liegt, insbesondere, da beide Seiten eben explizit keine moralische Entscheidung darstellen (so nach dem Motto: Tausche netten Schwächling gegen starkes Arschloch). Nehmen wir beispielsweise "Kirche unterstützen" und "Genuss". Das berührt mich als Spieler wenig, ich muss eigentlich kaum eine Entscheidung treffen. Ok, wenn ich mich für eine Seite entscheide, bekomme ich Vorteile im Spiel – jedoch ist mir als Spieler praktisch egal, auf welche Seite sich mein Charakter schlägt.
5. Präsentation. Es ist ja schon angeklungen, dass ich die Präsentation des Spieles mittelmäßig finde. Schlecht kann man nicht sagen, richtig gelungen ist sie aber auch nicht. Da gibt es zu viele Verweise Richtung Textende, die Regeln kommen nicht sehr klar raus. Besser wäre es mMn gewesen, mit dem Grundprinzip "Karten+Wert vs. Karten+Wert" zu beginnen, inklusive der Beschreibung der Sonderkarten. Darauf aufbauend hätte ich dann Proben, vergleichende Proben und das Veto erklärt.
6. Umsetzung der Vorgaben. Die beiden Stichwörter sind gut verankert. Im Spiel kommt man nicht drum herum, ganz klar. Man findet sie sowohl im Hintergrund als auch in der Mechanik. Zu einem sehr gut fehlt mir allerdings noch, dass die Stichwörter mich als Spieler auch stärker berühren.
7. Fazit. Die Mechanik will ich unbedingt mal testen – ich bin vor allem gespannt, wieviel Glück/Pech man mit Karten auf der Hand hat und wie lange es dauert, bis man die "Sonderfälle" drauf hat (hier bedeutet eine schwarze Karte eine Verdopplung des einen Wertes, dort muss die Farbe der nachfolgenden Karte mit der des Buben übereinstimmen und auch vom Wert her das doppelte sein, wie die Macht, die ich erschaffen will). Der Hintergrund ist etwas lahm und unvollständig, der reizt mich von daher nicht so wirklich. Aber mit etwas mehr Arbeit wäre auch der nach meinem Geschmack. Wenn du jetzt noch eine Möglichkeit findest, den Gegensatz Vorsehung vs. Verlangen auch für mich als Spieler interessant zu machen, wäre es ein richtig gutes Spiel. So ist es leider unvollständig.
PS: Das bildschirmfreundliche Layout finde ich gut