Autor Thema: Storytellers, Method-Actors - sie alle liegen falsch!  (Gelesen 13135 mal)

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Tybalt

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Re:Storytellers, Method-Actors - sie alle liegen falsch!
« Antwort #25 am: 24.02.2003 | 23:06 »
ps: Eine gute, glaubhafte Story ist natürlich genauso wichtig, sonst tun sich die Spieler schwer, in die Stimmung einzutauchen.

[Al] Das glaube ich nicht, Tim [/Al]

Ich habe so gut wie immer diesen "Atmosphäre"-Ansatz. Wenn ich mir einen Plot bastele habe ich meist ein paar Szenen im Kopf, die einen gewissen Coolness-Faktor haben. Um diese Szene webe ich dann den Plot, der meist recht simpel und unfertig ist. Im Spiel improvisiere ich sehr viel, wobei ich mir mehr die Frage stelle "Wäre es nicht cool, wenn jetzt...?" als das ich mich frage, was zur Story passt. Außerdem versuche ich den einzelnen Spielern immer wieder die Möglichkeit zu geben, mit ihren SC's zu glänzen. Ich gebe ihnen die Möglichkeiten, die Stärken und Schwächen ihrer SC's bis zum Anschlag auszuspielen.

Es reicht IMHO also völlig aus, einen extrem simplen Plot zu haben. Glaubwürdigkeit ist je nach System und Spielstil optional. Wichtig ist die Ausschmückung, durch die Atmosphäre entsteht (entstehen sollte). Allerdings: Ich bin in dieser stark Beziehung von Feng Shui beeinflußt.

Style over Substance! Atmosphäre ist wichtiger als Story.


Tybalt

Hakon

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Re:Storytellers, Method-Actors - sie alle liegen falsch!
« Antwort #26 am: 25.02.2003 | 10:02 »
@Tybalt:
Das ist Geschmackssache. Mir ist Glaubwürdigkeit beinahe am wichtigsten, und ich kenne genügens SLs und Spieler, denen das genauso geht. Hierzu ist übrigens ein Artikel eines Freundes in der aktuellen Ausgabe der Anduin zu finden. Kann man sich unter http://www.anduin.de herunterladen.

Gerade die von Dir angesprochene "Coolness" ist oft eine Art Schwanzersatz (<= man beachte das Wort "oft", ich will Dir das nicht nachsagen. Es soll auch Ausnahmen geben, aber nur sehr wenige). Das habe ich in 15 Jahren Rollenspiel leider immer wieder feststellen müssen.

Gerade bei Cthulhu ist "Coolness" der Spieler das letzte, das ich will (und das erste, das den Spielerfiguren zum Verhängnis wird).

Doch ich will hier keinen Glaubendkrieg anzetteln. Jedem gefällt ein anderer Spielstil. Dem einen gefallen meterlange Mündungsfeuer und Laufdurchmesser im Dezimeterbereich, dem anderen die Hilflosigkeit und Ausweglosigkeit in gehirnzerfressenden Situationen. Geschmackssache...

Gruß,
Matthias

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Re:Storytellers, Method-Actors - sie alle liegen falsch!
« Antwort #27 am: 25.02.2003 | 11:41 »
Zitat
[Al] Das glaube ich nicht, Tim [/Al]
:D :D :D

Was den Coolness-Faktor angeht, so finde ich ihn ab und zu nett (okay, ob man unbedingt die Tarantino-Variante von "Schatten über Innsmouth / Texas" spielen möchte, sei dahingestellt...) Aber "cool-stylish" ist ja nur eine von vielen möglichen Stimmungen, mit denen man das Spiel versehen kann.

Ich lege übrigens auch wert auf Glaubwürdigkeit meines Plots und des Verhaltens meiner NSCs. Man könnte jetzt sagen: sonst ist es keine gute Geschichte. Nachdem ich aber ja nun einen anderen Ansatz vertrete, sage ich: Unglaubwürdigkeit stört die Atmosphäre! ;D
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Re:Storytellers, Method-Actors - sie alle liegen falsch!
« Antwort #28 am: 25.02.2003 | 12:02 »
Das bedeutet aber auch, dass die Spieler-Charaktere sich entsprechend der Athmosphäre verhalten müssen. Wenn Du CoC spielst, dann kannst Du keinen Arnold Schwarzenegger gebrauchen, der seine Schrotflinte in das Maul eines tiefen Wesens steckt und mit einem "Asta La Vista Bäbe" die Schrotflinte abdrückt. Danach bekommst Du die Schreckens-Athmosphäre nicht mehr hin (egal was mit Mister Schwarzenegger passiert). Wir hatten in unserer Runde jemanden, der alle Nase lang auf alle verdächtigen Geräusche seine Schrotflinte entlud. Das war vielleicht athmosphärehemmend.  >:(
Das heisst, Du must Deine Spieler dazu bringen mit ihren Charakteren auf die angestrebte Athmosphäre einzugehen. Das bedeutet meistens, dass die Schwächen des Charakters sehr wichtig sind. (z.B: Horror-> Paranoia und Neugier, Tragödie -> Starrsinn und fehlende Kommunikation)
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Re:Storytellers, Method-Actors - sie alle liegen falsch!
« Antwort #29 am: 25.02.2003 | 12:35 »
Ich würde den Schwarzenegger-Spieler einfach mal ein kleines Kind totschießen lassen, das sich in einem Schrank versteckt hielt. Das hemmt ungemein. Wenn er das dann auch noch cool findet, würde ich ihn von der Gruppe extrahieren.
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Re:Storytellers, Method-Actors - sie alle liegen falsch!
« Antwort #30 am: 25.02.2003 | 12:58 »
Boba Fett: Das Problem hat sich anderweitig gelöst. Ich spiele schon lange nicht mehr in der entsprechenden Runde. ;) Als SL war die entsprechende Person seltsamerweise sehr gut gewesen. Nur als Spieler...  :-X

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Tybalt

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Re:Storytellers, Method-Actors - sie alle liegen falsch!
« Antwort #31 am: 25.02.2003 | 15:47 »
@Tybalt:
Das ist Geschmackssache. Mir ist Glaubwürdigkeit beinahe am wichtigsten, und ich kenne genügens SLs und Spieler, denen das genauso geht.

Ich habe mich vieleicht zu extrem ausgerückt. Glaubwürdigkeit ist nicht grundsätzlich unwichtig, aber ich denke daß man, wenn man voll auf Atmosphäre setzt, eine gute Spielsession hinbekommt, ohne daß man eine guten, ausgefeilten Plot hat und auch wenn einige Dinge unglaubwürdig sind.

Zitat
Gerade die von Dir angesprochene "Coolness" ist oft eine Art Schwanzersatz (<= man beachte das Wort "oft", ich will Dir das nicht nachsagen. Es soll auch Ausnahmen geben, aber nur sehr wenige). Das habe ich in 15 Jahren Rollenspiel leider immer wieder feststellen müssen.

Ich wußte in dem Moment, indem ich Coolness geschrieben habe, daß es in den falschen Hals kommt. Ich hätte auf meine Instinkte hören sollen...

Ich meine damit nicht die Macho-Coolness, diese Ich-bin-zu-cool-für-diese-Welt, sondern atmosphärisch passende Beschreibungen, sowohl von den Spielern als auch vom SL. Dummerweise fehlte mir der passende Begriff, aber das Thema hatten wir ja schon am Anfang des Threads ("Wozu brauchst du für alles einen Begriff?" - "Damit man ohne Mißverständisse und Unklarheiten darüber reden kann...")

Zitat
Gerade bei Cthulhu ist "Coolness" der Spieler das letzte, das ich will (und das erste, das den Spielerfiguren zum Verhängnis wird).

Ich bleibe bei meiner These, daß man auch bei CoC (wobei, ich mag das System nicht, insbesondere wegen dem Mechanismus für Wahnsinn) mit "Style over Substance" gute Sessions hinbekommt.


Tybalt

Offline Lord Verminaard

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Re:Storytellers, Method-Actors - sie alle liegen falsch!
« Antwort #32 am: 25.02.2003 | 20:24 »
Ich hab nichts gegen Schwanzersätze, oder würdet Ihr nein sagen, wenn Euch einer 'n Porsche schenkt? Also bitte, alle die John-Woo-Filme mögen, Finger hoch! Stylishe Coolness (und im Übrigen auch Macho-Coolness) hat ihren Platz im Rollenspiel, und das zu Recht! 8)

Ich kenne übrigens auch Spielerinnen, die auf so was beizeiten abfahren. Hmm, Schwanzersatz? Ich glaube, ich muss mich mal ernsthaft mit den Mädels unterhalten! ;D
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Re:Storytellers, Method-Actors - sie alle liegen falsch!
« Antwort #33 am: 26.02.2003 | 13:44 »
(okay, ob man unbedingt die Tarantino-Variante von "Schatten über Innsmouth / Texas" spielen möchte, sei dahingestellt...)

Aber falls man es denn möchte, findet man unter http://www.shootingiron.com/fengshui/home.htm
Anregungen dafür.


Tybalt

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Re:Storytellers, Method-Actors - sie alle liegen falsch!
« Antwort #34 am: 26.02.2003 | 15:26 »
Geht auch mit dem Original-CoC-Regelwerk, wenn man beim Auswürfeln der Charaktere ein bisschen schummelt - vertrau mir, ich weiß, wovon ich rede! 8)
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Re:Storytellers, Method-Actors - sie alle liegen falsch!
« Antwort #35 am: 1.03.2003 | 18:01 »
@Lord Verminaard: Dein Ansatz, Szenen nur aus Athmosphäregründen einzusetzen, gefällt mir.
Wenn Du solche Szenen auf Deine Spieler losgelassen hast, dann schreib doch mal wie es gelaufen ist, und wie Du solche Szenen aufgebaut hast. Das würde mich sehr interessieren. :D
Dein Wunsch ist mir Befehl! Gestern haben wir eine neue DSA4-Runde begonnen. Als Kennenlern-Abenteuer sollten die Charaktere durch die Schwarze Sichel reisen, ein rauhes nordisches Schieffergebirge voller Geheimnisse. Um sie auf das Setting einzustimmen, ließ ich sie am Fuße der Berge in einer Herberge einkehren, deren Wirt früher Kundschafter gewesen war und die Schwarze Sichel oft durchwandert hatte.

Ich hatte ein paar kleine Geschichten vorbereitet, die dieser Wirt farbenprächtig zum Besten gab, etwa von seinen Begegnungen mit feinseligen Waldelfensippen in den tiefen, verborgenen Tälern im Herzen des Gebirges. Vor allem aber von seiner Entdeckung der Ruinen einer uralten Trollfeste, in denen er von einem Drachen angegriffen, von einem Troll gerettet und über einen der legendären und magischen Trollpfade fortgebracht wurde. Hunderte von Meilen legten sie binnen Augenblicken zurück, und kamen in einer noch intakten und bewohnten Trollfeste fernab der Schwarzen Sichel heraus. Nachdem er die Festung verlassen hatte und zurückblickte, war sie auf mysteriöse Weise verschwunden.

Die Spieler lauschten diesen Geschichten sehr aufmerksam, weil sie natürlich dachten, es hätte etwas mit dem Abenteuer zu tun. Das war aber gar nicht so, in dem Abenteuer ging es um eine Bande von menschlichen Räubern und Barbaren und die Reisegesellschaft eines Barons.

In der nächsten Herberge begegneten die SCs einem Zwerg, der berichtete, am hellichten Tag von einer Bande Goblins überfallen worden zu sein. Es war ein Brillantzwerg, ein eitler Kunsthandwerker, der für sich genommen schon eine verwunderliche Gestalt ist. Er rühmte die Schönheit der SC-Elfe und schilderte farbenfroh, was für eine Art Schmuck er anfertigen würde, um ihre Schönheit noch zu unterstreichen (aventurische Elfen sind ja immer wild, schön und faszinierend... das sollte diese Szene unterstreichen.)

Durch die genannten Szenen, und natürlich ausführliche Beschreibungen der Landschaft, gelang es trotz anfänglicher Albernheit der Spieler recht gut, eine geheimnisvolle, leicht märchenhafte, aber auch bedrohliche Stimmung aufzubauen. Dazu trugen dann auch Ereignisse wie ein heftiges Gewitter oder das Niedergehen einer Gerölllawine bei. Aufgrund des Gewitters erreichten die Charaktere die nächste Herberge nicht bei Tag, sondern erst in der Dunkelheit, während in der Ferne die Wölfe heulten. Sie mussten den Wirt durch lautes Klopfen wecken, der erst nach einigem Zögern die Türe öffnete und sie mit Grabesstimme warnte, es in jedem Fall zu vermeiden, nachts auf dem Sichelstieg zu wandern.

Manche dieser Details hätte ich früher weggelassen, vor allem natürlich die Geschichte von dem Trollpfad, die mit dem Abenteuer überhaupt nichts zu tun hatte. Aber meinem Empfinden nach hat gerade diese Geschichte am Anfang dazu geführt, alle Spieler aus ihren OT-Gedanken zu reissen, auf das Spiel zu fokussieren und in die richtige Stimmung zu versetzen. Kann ich nur weiterempfehlen!
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Re:Storytellers, Method-Actors - sie alle liegen falsch!
« Antwort #36 am: 7.03.2003 | 19:03 »
Atmosphäre finde ich sehr wichtig... meist fängt bei mir die Abenteuerplanung mit einer gewissen Stimmung an, die ich einfangen möchte. Das kann allerdings alles mögliche von grenzenloser Albernheit (die Vampire-Charaktere werden ins Buffyversum gebeamt  ;D) über märchenhafte Verträumheit (Reisen am Nebelfluß zum Turm der Elf Schwestern) bis zu knallharter Action (Eindringen in die unterirdische Stadt) sein. Ich überlege mir, welche Stimmung ich haben will und natürlich auch, welche Spieler auf was gut reagieren... Atmosphäre zu erzeugen ist mit Spielern, die man kennt, deutlich einfacher als auf einem Con.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Tybalt

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Re:Storytellers, Method-Actors - sie alle liegen falsch!
« Antwort #37 am: 8.03.2003 | 01:49 »

Durch die genannten Szenen, und natürlich ausführliche Beschreibungen der Landschaft, gelang es trotz anfänglicher Albernheit der Spieler...

EIn bißchen OT, aber: haßt ihr es auch, wenn ihr versucht, durch Beschreibung Stimmung aufkommen zu lassen, und ein Spieler fängt an rumzualbern und macht alles zunichte?

Tybalt

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Re:Storytellers, Method-Actors - sie alle liegen falsch!
« Antwort #38 am: 8.03.2003 | 10:34 »
@Tybalt: Ja!

Die erzeugte Atmosphäre hängt ja schliesslich auch von den Spieleren ab und wenn die nicht atmosphärich veranlagt sind hilft alles beschreiben und erklären nix, dann kommt keine auf.
Es gibt drei Arten etwas zu tun. Die richtige Art, die falsche Art und die Dash Bannon Art.