Also der Name Gentlemen Edition und dieser englische Gesichtsdildo, den sie als Maskottchen angepriesn haben klingt für mich eher wie ne Geschwindigkeitsbremse. Da fehlt mir das Wilde, das Abgefahrene. Irgendwie kann ich SW nicht mit einem zurückhaltenden Gentleman assoziieren, der sich an die Etikette hält, 4 Uhr nachmittags seinen Tee trinkt und sonst nichts anderes tut. Das hat bei mir nen *gähn* Faktor.
Nachdem es sowieso schon ein verbreitetes MISSVERSTÄNDNIS ist, daß Savage Worlds ein "Pulp-Rollenspiel" sei (im Sinne von HEX, SotC, Thrilling Tales, usw.), wäre es gut gewesen, dieses Mißverständnis nicht auch noch durch eine pulpige "Gallionsfigur" zu verstärken.
Wenn ich mir Settings wie Sundered Skies oder Necropolis anschaue, dann sind das nicht gerade die "two-fisted Pulp-Adventures" für "unkaputtbare" Heldenfiguren, sondern knüppelharte Settings mit viel Blut, Schweiß und Tränen. - Pulp-Settings für Savage Worlds gibt es aktuell genau zwei: Daring Tales of Adventure und The Ravaged Earth Society. (Das 1925er Takanak City Setting aus der Savage Tale "On the Rocks" wurde ja nicht weiter ausgearbeitet, auch wenn angekündigt wurde: "The plan is for Takanak City Tales to be a full Savage Setting from Great White Games in 2004.").
Für Savage Worlds existiert am meisten Material in Richtung Fantasy. Meist Fantasy mit irgendwelchen "Einkreuzungen". (Und ich zähle hier auch Solomon Kane als Sword&Sorcery-Setting zum weiten Bereich der Fantasy hinzu.)
Wo es bei Savage Worlds ein wenig dünn aussieht, ist der Sektor MODERNE Settings (da gibt es zwar Material von 12toMidnight und ein paar Savage Tales und auch was von Legion und Reality Blurs dazu, aber kein dediziertes modernes Setting), und der Bereich Science-Fiction (Necropolis ist mehr Weird Wars als Sci-Fi, und Slipstream ist Pulp-Sci-Fi mit sehr klein geschriebener Science darin - eher Space Fantasy). Zu Science Fiction wird es ja von TAG eine Reihe im Stile der DTA und DTC Abenteuerreihen geben, die diese Lücke hoffentlich füllt. Mit 12toMidnights ETU-Setting wird es dann auch ein "richtiges" modernes Setting geben. Und Realms of Cthulhu erschließen dann die weniger überkandidelt-pulpigen 20er und 30er Jahre.
Insgesamt wäre es in meinen Augen schöner gewesen, wenn das Savage-Worlds-Grundregelwerk auf Deutsch schon auf dem Umschlag als DEUTSCHE AUSGABE erkennbar gewesen wäre, und wenn es sich dort als GENERISCHES, d.h. für VERSCHIEDENE Genres, statt "nur Pulp", gedachtes und geeignetes Grundregelwerk auf den ersten Blick zu erkennen geben würde.
Wenn ich die bittere metallisch-blutig Necropolis-Atmosphäre schaffen möchte, dann finde ich ein Regelwerk mit einem Umschlagbild "Pulp-Opa und seine Morlock-Zauseln" irgendwie nicht so geschickt.
Die aktuelle Titelgestaltung wird nicht so sehr stören, und bei der "Tradition" von Savage Worlds für GRÄSSLICHE Titelaufmachungen ist die deutsche Ausgabe noch die Ansehnlichste überhaupt. - Jedoch kommt hier nicht die Gewalt des Solomon Kane Titels rüber und auch nicht der "Baukasten"-Charakter.
Mich würde durchaus interessieren, WARUM es denn bei der deutschen Ausgabe gerade eine "Gentlemen's Edition" sein mußte?
Savage Worlds ist ziemlich wenig "elitär", sondern kommt eher hemdsärmelig, verschwitzt und blutverschmiert daher. - Eine (wenn schon englisch, dann richtig) "Grim&Gritty"-Ausgabe oder eine "Überlebenshandbuch"-Ausgabe wäre hier eher den Savage Settings angemessener gewesen.
Mal nach meinem Sprachgefühl dargelegt:
- Ein SAVAGE ist ein Ungezähmter, Barbarischer, Zügelloser Wilder.
- Ein Gentleman ist ein zurückhaltender, zivilisierter, sich wohlverhaltender Ehrenmann.
Wie das nun zusammengehen soll, das frage ich mich schon.
Ich könnte mir ein Settingbuch, z.B. Rippers, in einer "Gentlemen's Edition" vorstellen. - Aber NIE UND NIMMER z.B. Deadlands:Reloaded (Was man bei uns im Westen so'nem feinen Pinkel aus Übersee zur 'Begrüßung' macht, brauch ich Euch ja wohl nich' zu sagen. Oder gehört Ihr etwa zu diesem Stutzer?).
Eine Titel- und Buchgestaltung WIRD NICHT JEDEM gefallen können. Das ist klar.
MIR hätte das SW-Grundregelwerk als "Werkzeugkoffer" oder "Überlebenshandbuch" besser gefallen.