Du verwechselst Taktik mit Regel-Kung Fu, oder auch "Taktik im Rollenspiel" =/= "Taktik im Brettspiel".
Nö, ich würde das eine Fluff-Taktik und das andere Crunch-Taktik nennen. (Im Idealfall gehen diese beiden Taktiken in einem guten RPG aber Hand in Hand.)
Wovon du redest, ist die Taktik bei Siedler von Catan, Backgammon oder Monopoly. Die Entscheidung zwischen Tauschen, Bauen oder Kaufen oder die Frage wohin man seinen Stein setzt, um die Gefahr zu verhindern, dass man rausgeschmissen wird oder das Abwägen zwischen dem Kaufen der Schloßstrasse oder sie zur Versteigerung frei geben. Alles taktische Entscheidungen.
Richtig. Und genau diese Taktik hat man auch in einem D&D Kampf und bei Skill Challenges.
Alles nicht das was im Rollenspiel Taktik darstellt.
Leider doch.
Ich bin nicht froh darüber. Ich bin eher traurig darüber. Aber doch: Diese Form der Taktik macht den Großteil von RPG-Taktik im Kampf aus. (Und halt auch bei Skill Challenges.) - Außerhalb des Kampfes mag es je nach Rollenspielsystem auch Fluff-Taktik geben. - Aber innerhalb des Kampfes gibt es größtenteils "Rollenspieltaktik" oder "Crunch-Taktik".
Wovon ich rede, ist die Taktik, die sich ausdrückt, wenn der Magier von zwei Goblins mit Krummsäbeln in einer Scheune gestellt wird und der Magier das Heu in der Hütte brennen lässt, um die Goblins abzulenken und zu entkommen.
Das ist ein Taktikbeispiel, wo ausnahmsweise Crunch und Fluff Hand in Hand gehen.
Aber eher sieht es doch so aus: Der Magier überlegt sich, ob er einen Flächenzauber opfert, um beide Goblins gleichzeitig anzugreifen oder ob er lieber einen "At Will" Zauber nutzt und einen einzelnen Goblin angreift.
Und wenn er sich doch für einen Flächenzauber entscheiden hat, überlegt er sich, ob er einen Zauber nimmt, der den Goblins direkt Schaden zufügt (in der Hoffnung, sie zu töten) oder ob er lieber einen Zauber nimmt, der ihre Aktionen behindert.
Oder wenn der Dieb den Käufer eines Diadems ausfindig machen will und seine Kontakte in der Stadt aufsucht, um sich auf dem Schwarzmarkt umzuhören. Oder wenn der Kleriker mit Hilfe einer clever gewählten Passage aus einer heiligen Schrift den Priester davon zu überzeugen versucht, dass auch Waisenkinder in den heiligen Hallen nächtigen dürfen.
Ja, das ist Fluff-Taktik.
Diese kommt aber nur zum Tragen, wenn du
keine Skill Challenge verwendest.
Sobald du aber eine Skill-Challenge verwendest, ist es egal, ob der Kleriker mit einer Passage aus einer heiligen Schrift den Priester überzeugen will oder mit seiner Autorität oder mit einem heiligen Symbol oder mit der Erzählung von seinen großartigen Taten, oder indem er versucht an das Gewissen des Klerikers zu appellieren.
In allen Fällen machst du (bei einer Skill Challenge) die gleiche Probe gegen den gleichen Mindestwert. Daher hast du hier auch keine Taktik. Es hat schließlich immer die gleichen Auswirkungen.
Wenn du D&D statt als Rollenspiel, lieber wie ein Brettspiel spielen willst, dann tu das. Aber dann meckere nicht, dass es sich wie ein Brettspiel spielt, nur weil du zu faul bist dich mal am Riemen zu reissen und der Fiktion die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie für ein Rollenspiel braucht.
Wieso? Ich meckere doch gar nicht. Ich habe doch klipp und klar gesagt: "Ich habe keine Lust auf diese Brettspielartigen Skill Challenges und spiele deswegen weniger Brettspiel Challenge und mehr Rollenspiel (also ohne Challenge)."
Das war also weniger meckern, sondern mehr eine Feststellung:
mit Skill Challenge --> viel Brettspiel
ohne Skill Challenge --> kein Brettspiel
Skill Challanges führen einen Faktor des fortgeschrittenen "Spiels" (also verschiedene Entscheidungsmöglichkeiten und die Suche nach dem optimalen Vorgehen) in den Bereich der sonst mechanisch langweiligen und/oder rollenspielgeprägten Skillproben ein. Darin liegt einer ihrer Vorteile gegenüber dem "klassischen" Vorgehen.
Das ist ja die Sache: Imho sorgen die Skill Challenges dafür, dass du keine echten Auswirkungen hast.
Die stimmt m.E. nur zum Teil. Die Beschreibung des Vorgehens hat in der Regel Einfluss auf die vom Meister zu vergebenden circumstance boni.
OK, wie würdest du das in diesen drei Fällen sehen:
1. Möglichkeit: "Ich bestehle in einem reichen Viertel, da haben die Leute viel Geld.
2. Möglichkeit: "Ich bestehle die Leute in einem Armenviertel/Hafenviertel, wo möglichst wenige Stadtwachen sind.
3. Möglichkeit: "Ich hocke vor einer Kneipe und bestehle die Betrunkenen, die rauskommen."
In allen drei Fällen würde ich eine Probe auf Streetwise machen. Wie würdest du jetzt innerhalb einer Skill Challenge die Umstandsboni verteilen um den Unterschied zwischen diesen drei Entscheidungen deutlich zu machen. (Wohlgemerkt: Sie entscheiden sich nicht zu Beginn einer Skill Challenge dazu, sondern während der Skill Challenge will ein Charakter eine Straßenkundenprobe einbringen und entscheidet sich für einen dieser drei Möglichkeiten.)
Nicht umsonst sind Skill Challanges mechanisch so ausgelegt (DC's), dass sie die Zusammenarbeit mehrerer und den Einsatz von circumstance boni notwendig machen um verlässlich einen Erfolg zu erzielen.
Also das ist bei Brettspielen genau so.
"Man muss zusammenarbeiten" ist nicht wirklich ein Unterscheidungskriterium von Brettspielen und Rollenspielen.
Nicht unbedingt, denn die Art der im Skill Challenge verwendeten (und vergeigten ) Proben hat in der Regel einen Einfluss auf das Ergebnis des Challange im Erfolgs- oder Mißerfolgsfall (Mehr/weniger Geld, Kerker oder Kneipenschlägerei etc.).
Wiegesagt: In meinem Beispiel ist es in allen drei Fällen eine Straßenkundenprobe, auf die geprobt wird. Der Skill, auf den geprobt wurde, ändert sich überhaupt nicht.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass einerseits die Skillproben verschiedene DC's (oder eine "Einbringungs"begrenzung) haben können.
Das verstehe ich jetzt nicht: Eine Straßenkundeprobe auf "Ich suche nach einem Hafenviertel, wo wir die Leute beklauen können, ohne dass die Wachen auf uns aufmerksam werden." ist erlaubt.
Aber eine Straßenkundeprobe auf "Ich suche nach einem Ort/Kneipe, wo viele Betrunkene rumlaufen, die es nicht bemerken, wenn wir sie beklauen.", ist plötzlich nicht erlaubt?
Oder wo liegt der Unterschied zwischen diesen beiden Entscheidungen?