Ich weiß nicht, ob Rollenpiel Rückkopplung haben muss. Gib mal ein Beispiel für eine erforderliche Rückkopplung.
SL: "Am Tor stehen Wachen."
Spieler 1: "Ich schreie laut um Hilfe und lock so die Wachen vom Tor weg."
Spieler 2: "Während die Wachen weg sind, schleiche ich ins Haus."
SL: "OK, mach eine Schleichenprobe, die um 5 Punkte erleichtert ist, weil die Wachen nicht mehr vor der Tür stehen."
Die ersten drei Sätze sind da, um den SIS zu beschreiben. Der SL erklärt die Situation und die beiden Spieler beschreiben, was sie tun. Dies ist alles ein Teil des SIS, ohne dass bisher eine Rückkopplung aufgetreten ist.
Im letzten Satz vom SL taucht jetzt aber eine Rückkopplung von SIS zur Regelebene auf:
Die Wachen sind nicht mehr da. (Teil des SIS)
--> Die Schleichenprobe ist erleichtert (Teil des Regelwerkes)
Der SIS hat also direkte Auswirkung darauf, ob die Probe erleichtert oder erschwert ist. (In anderen Situationen hat der SIS sogar eine Auswirkung darauf, was für eine Probe verlangt wird.)
Diese Rückkopplung muss sich nicht nur darauf auswirken, dass sich die Regeln durch den SIS verändern. Man kann so eine Rückkopplung auch in Systemen finden, die kein Regelsystem verwenden.
Beispiel:
Spieler 1: "Ich schreie laut um Hilfe und lock so die Wachen vom Tor weg."
SL: "Eine Wache kommt nachschauen, woher die Hilfeschreie kommen. Die andere bleibt aber am Tor stehen und schaut jetzt erst recht aufmerksam in die Dunkelheit.
Spieler 2: "Verdammt, ich wollte eigentlich hineinschleichen. Naja, muss ich mir jetzt etwas anderes einfallen lassen."
Auch hier hat der SIS einen Einfluss darauf, was Spieler 2 tut:
- Würden beide Wachen weggehen, würde er hineinschleichen.
- Wäre es eine dunkle Gasse und Neumond, würde er vielleicht über die Mauer klettern.
- Wäre es tagsüber, würde er vielleicht zur Wache gehen und sie bestechen.
- Würde er die Schritte der Ablösung hören, wie sie zum Tor kommt, würde er vielleicht das vorhaben auch abblasen und es irgendwann später nochmal probieren.
Auf alle Fälle beeinflusst der SIS, wie das Spiel jetzt weiter verläuft.
Aber wenn die Dreieckspeilung der Gegner durch eigene Verluste eine kreative Idee ist, die nicht durch die Regeln vorgefertigt wurde, dann würde ich in diesem Moment eine kreative Charakterhandlung - und damit Rollenspielerische Aktivität - sehen.
1) Also Kreativität kann man auch beim Schach, bei KoSims, und bei zig anderen Sachen finden.
Ob etwas ein kreativer Akt ist oder nicht, hat imho nichts damit zu tun, ob es nun Rollenspiel ist oder nicht. (Ich kann auch Rollenspiel betreiben, ohne großartig kreativ tätig zu werden und ich kann kreative Höchstleistungen erbringen, ohne Rollenspiel zu spielen.)
2) Was du vielleicht meinst, ist, dass eine Rückkopplung stattfindet:
Wir haben im SIS einen Mesonenbeschuss und der SIS sagt, dass man eine Kreuzpeilung durchführen kann.
Also haben wir die Rückkopplung auf die weitere Handlung, die dazu führt, dass ich den Gegner orten kann.
Aber die Frage ist, ob das ohne Rollenverteilung ein Rollenspiel ist.
Spieler: "Die 45. Gravpanzerdivision greift hier *deut* im Morgengrauen wie dargelegt an."
Leiter: *öttel-öttel* *blätter* "Sie gerät unter starken Mesonenkanonenbeschuß"
Spieler: "Triangulierung möglich?"
Leiter: "Ja, Kräfteansatz? Im Endeffekt nutzt man ja die Verluste als Datenpunkte!"
Spieler: "Mmmm. Wenn ich mir die Werte des Divisionskommandeurs angucke...er setzt 1/3 der verbleibenden Kräfte ein."
Leiter: "OK, die verbleibenden Kräfte sind darüber nicht sehr erfreut, aber machen sich murrend auf den Weg."
Spieler: "Der Feind ahnt bestimmt schon, dass der Divisionskommandeur seine Leute losschickt und wechselt den Ort.
Leiter: "Ja, allerdings ist so eine Mesonenkanone ein sehr schweres Gerät und sehr schwer zu transportieren.
Spieler: "Die Leute bringen eine Sprengladung an dem Gerät an und ziehen sich zurück. Sobald der Feind auftaucht und die Mesonenkanone angreifen, erleben sie einen riesigen Knall."
Das klingt schon weniger nach Rollenspiel und mehr nach Geschichtenerzählen, weil der Spieler seine Rolle verlassen hat: Er hatte am Anfang die Steuerung der Divisionseinheiten und am Ende hat er die Mesonenkanoneneinheiten gesteuert.
Und selbst hier kann man sagen, dass der Spieler zumindest zeitweise immer in einer Rolle war:
Am Anfang des Gefechtes hatte er die Rolle des Divisionskommandeurs und seiner Einheiten inne.
Nach dem Angriff hat er die Rolle gewechselt und hatte die Rolle der Mesonenkanonen-Kompanie inne.
Er wechselte zwar seine Rolle, blieb kurzfristig aber immer in einer Rolle stecken.
Jetzt stell dir vor, dass der Spieler nichtmal die Rolle zwischen den beiden verfeindeten Einheiten wechselt, sondern ihre Handlungen beide gleichzeitig beschreibt.
Irgend ein Spiel kann sein: Sir Archibald schlägt jetzt auf Sir Wilhelm.
Ein Rollenspiel ist: Sir Archibald schlägt in blinder Eifersucht auf Sir Wilhelm ein, weil er sah wie dieser sich seiner Liebsten unzüchtig näherte. Die Kreativität, die ich hier sehe ist die emotionale Motivation.
1) Unterschied "Geschichte erzählen" vs. Rollenspiel:
Das, was du beschreibst, kann man auch als Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Roman werten. Es hilft nicht, den Unterschied zwischen einem Roman und einem Rollenspiel zu fassen.
2) Unterschied Brettspiel vs. Rollenspiel:
Wie gesagt: Dass er in blinder Eifersucht zuschlägt, kann man in jedem Spiel (sogar Schach) haben. Dafür braucht man kein Rollenspiel.
Ein Rollenspiel zeichnet sich (unter anderem) dadurch aus, dass es eine Rückkopplung gibt. Also etwas in dem Maßen:
"OK, weil du blind vor Eifersucht auf Sir Wilhelm einschlägst, kannst du ihn ohne Probleme übermannen. Aber du bemerkst auch nicht die beiden Gardisten, die beiden Polizisten, die durch Wilhelms Hilfeschreie alarmiert wurden und sich dir nähern."