@merlin: PIS ist sicher nicht selten, vermutlich genauso häufig wie SIS (in der Regel vermutlich sogar viel größer vom Inhalt), aber ich sehe das als unerwünschtes Nebenprodukt im gemeinschaftlichen RPG und sicher nicht als tolle Sache und zeigt eigentlich die Ineffektivität von RPG.
Hm, da scheiden sich dann wohl mal wieder die Geister. Ich meine, so Dinge wie die Erlaubnis an Spieler, Dinge in den gemeinsamen Vorstellungsraum einzubringen (sogenanntes "Player Empowerment") kann es doch nur geben, wenn jeder Spieler einen persönlichen Vorstellungsraum hat, aus dem er sie nehmen und in den gemeinsamen Vorstellungsraum einbringen kann.
Wenn ich mich wirklich auf die paar Worte beschränken sollte, die ein Spielleiter sagt... ja, was sagt er denn?
"Da kommt jemand." Okay, das sagt nun gar nichts, dieser Jemand kann ein Riese oder ein Zwerg sein. Aber wenn ich mitten in Gareth stehe, ist es wohl ein Mensch, alles andere wäre nämlich erwähnungsbedürftig. Und schwupps habe ich einen menschlichen Jemand vor Augen. Der hat zwei Arme, zwei Beine, Haare usw. Nichts davon hat der Spielleiter gesagt. Aber wie sollte ich mir denn einen Menschen ohne Arme, Beine und Haare vorstellen? Einen Torso mit Glatzkopf, der sich bewegt? Das Problem ist doch, daß Kommunikation Zeit kostet und das die Phantasie der Hörer all das ergänzt, wozu die Zeit zur Beschreibung zu kostspielig wäre. Die Phantasie der Hörer löst dies Problem. In Deinen Augen offenbar unzureichend... aber ich kann mir wirklich nicht vorstellen, wie eine Kommunikation aussehen sollte, die wirklich alle Elemente des Vorstellungsraums zu benennen hätte.
Wenn der Char ein NPC Kind trösten muss (die Info hat er in der SIS) kann er sich zwar vorstellen Amok zu laufen (wir tun jetzt mal so als wäre das eine unpassende Handlung) aber in der Regel passt er die Handlung und die Motivation des Charakters an die Situation im SIS an und nicht anders herum. Alle Gedankengänge, die nicht zum SIS passen stören doch auch die persönliche Spielatmosphäre. Der SIS füttert also die PIS (hier sei nochmal angemerkt, daß alles gesagt vom SL per se schonmal die SIS ist).
Beide Vorstellungsräume tauschen sich pausenlos aus, das ist richtig. Aber wenn der Char ein Kinderhasser ist, wird er anders handeln, als wenn er nachts wachliegt und sehnsüchtig an seine Kinder denkt. Keins von beidem muß bis dahin kommuniziert worden sein, vielleicht kommt es grad dann heraus. Ich stimme Dir zwar zu, daß die Handlungen an den gemeinsamen Vorstellungsraum angepasst werden, bei den Motivationen stimme ich nicht zu. Die Grundmotivation meiner Charaktere festzulegen, ist für mich ein Teil der Charaktererschaffung und damit später nur noch schwer zu "überschreiben" oder zu modifizieren.
Ich denke auch nicht, daß der persönliche Vorstellungsraum den gemeinsamen "stört". Wie gesagt, ergänzt er ihn und erlaubt damit skizzenhafte Beschreibungen, die, würde man sie auf ihren Wortlaut beschränken, weniger bildhaft wären als ein beliebiger Comic. Was stört, ist nur die Haltung der Spieler, den persönlichen Vorstellungsraum für "bindender" zu halten als den gemeinsamen. Wo das nicht geschieht, sondern die Spieler bereitwillig den gemeinsamen Vorstellungsraum übernehmen, wenn er ihren persönlichen Vorstellungen widerspricht, sehe ich das beschriebene Problem nicht mehr.
In dieser Weise betrachtet, zeigt es auch die Grenze auf, die zuweilen berühert wird: Wenn nämlich der Teil des gemeinsamen Vorstellungsraum verändert werden soll, der direkt den Charakter betrifft. Der Spielleiter hat nicht das Recht zu sagen: "Du freust Dich." Das zu entscheiden ist das Recht des Spielers. Und genau dann kann er - so denke ich zumindest - mit Fug und Recht beanspruchen, das in den gemeinsamen Vorstellungsraum aufgenommen wird, was er entscheidet.
Edit:Man kann nur die Informationen ausmalen die nicht gesagt wurden, also die, die sich direkt auf das Gesagte (die Pferde) beziehen aber auch alles andere (stehen sie auf dem Mond?). Aber allein das dort Pferde existieren und keine Elefanten schränkt den PIS ein.
Oder es erweitert ihn - um alle Assoziationen zum Thema Pferde, die einem Spieler so einfallen können, die ihm aber zu "unterwegs sein zwischen..." nicht eingefallen sind. Und so kann jeder Schlüsselbegriff eine Kaskade von Erweiterungen für den persönlichen Vorstellungsraum sein. Voraussetzung ist eine "anregbare" Phantasie... aber die scheint mir bei doch einer ganzen Reihe von Spielern gegeben.
Damit wächst der individuelle Vorstellungsraum mit jedem Element des gemeinsamen um viele Elemente... und jede neue Idee im gemeinsamen Vorstellungsraum macht den persönlichen um ein Vielfaches größer - bis er eine ganze "Welt" abdecken kann.
(Wenn es so ist, verstehe ich auch problemlos, warum der erwähnte Mensch Rollenspiel braucht, um einen für ihn angenehmen persönlichen Vorstellungsraum zu entwickeln - weil er ständig Anregungen bekommt, die Assoziationsketten explodieren lassen, die er aber in anderen Spielen so vielleicht noch nie bekommen hat, weil keiner aus seinem persönlichen Vorstellungsraum plaudert.)