Vielen Dank für die spannenden Beiträge. Fredis hat die Probleme aus meiner Sicht gut kategorisiert und benannt. Inhaltlich sehe ich die Punkte aber (vermutlich wenig überraschend) teilweise anders. Hier meine Anmerkungen:
Ergebnisorientierung... find ich mittlerweile auch scheisse. Kann auch aus meiner Sicht ein Haken dran. Bitte vergesst bei der ganzen Diskussion nicht, dass ich auf Blake & Mouton nicht gekommen bin, weil ich primär einen SL-Test entwickeln wollte, sondern weil mir die Selbstbild-Fremdbild-Differenz von SL aufgefallen war und ich an B&M denken musste. Daraufhin hab ich die Idee ein wenig weitergesponnen. Und Personenorientierung lässt sich vielleicht aufs Rollenspiel konvertieren, Ergebnisorientierung finde ich aber auch zu unpassend. Weg damit.
Zu wenig Fragen pro Rolle:Üblicherweise werden Konstrukte durch Skalen mit mehr als zwei Items erhoben. Stimmt. Im Falle des Modells von Quinn haben sich jedoch zwei Fragen pro Rolle durchgesetzt und als recht reliabel und valide entpuppt. Die weltweit führenden Fachjournals akzeptieren diese Form der Messung jedenfalls und ich meine, dass wir da nicht kritischer sein sollten
Beispielartikel:
Denison, D., Hooijberg R. et R. Quinn (1996), Paradox and Performance: Toward a Theory of Behavioural Complexity in Managerial Leadership, Organization Science, 5: 5, 3-22.
Vom Ende her gedacht:Es geht zumindest mir und nach meiner Wahrnehmung auch niemand anderem darum, die SL-Qualität zu messen oder einen spezifischen Spielstil zu propagieren. So etwas halte ich ebenfalls für vollkommenen Quark. Mit dem Fragebogen verbinde ich aber zwei interessante und nach meiner Ansicht auch hilfreiche Informationen.
Erstens können sich SL mit Hilfe der Fragen hinsichtlich einiger Aspekte des Spielleitens selbst einordnen und mit anderen SL vergleichen. Das hat weniger mit Qualität und mehr mit einem systematische Blick über den Tellerrand zu tun. Wenn hinreichend viele Leute mitmachen, können wir noch nen paar Zusatzinfos rausziehen, z.B. die empirisch begründete Segmentierung von SL in verschiedene Typen oder die Identifikation bestimmter, besonders häufiger Rollenmuster.
Zweitens können SL ihre eigene Wahrnehmung mit der ihrer Spieler vergleichen. So bekommt ein SL Feedback darüber, wie er sich selbst im Vergleich zur Wahrnehmung der Spieler seiner Gruppe sieht. Über die Aggregation dieser Daten kann man wiederum spannende, generalisierende Schlußfolgerungen ableiten.
Ansonsten liegt vielleicht im Anspruch noch ein kleines Missverständnis verborgen. Ich habe keineswegs vor, einen professionellen Test zu entwickeln. Vielmehr reicht mir ein "seichtes" und vorwissenschaftliches Niveau vollkommen aus. Für mehr kann ich ansonsten täglich Kollegen, Mitarbeiter und Diplomanden quälen. Mir schwebt quasi ein gehobener Brigitte-Test fürs Tanelorn vor. Welches SL-Profil hast Du? Vergleich Dich mit Deinen Spielern! Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Mehr ist besserWenn wir Blake & Mouton zugunsten von Quinn verwerfen, entschärft sich das Problem des "Mehr ist besser" bereits erheblich. Es macht auch aus meiner Sicht wenig Sinn macht, den Leistungsgedanken des Modells auf einen Rollenspieltest zu übertragen. Dem Modell von Quinn liegen im Kern zwar auch Überlegungen zur organisationalen Effizienz zugrunde, aber es steht uns doch vollkommen frei, diesen Aspekt auszuklammern. Das Problem existiert also nur begrenzt.
SL als FührungskraftDie Ablehnung der Analogie des SL als Führungskraft halte ich für kurzsichtig. Ich möchte darüber hier keine Fachdiskussion vom Zaun brechen, aber wenn man sich beispielsweise mal die Rollen von Quinn anschaut, lassen sich schnell Ähnlichkeiten ausmachen:
Der Innovator ist kreativ und begrüßt, erleichtert und skizziert Verände¬rungen.
Der Broker ist politisch klug, übt Einfluss nach außen aus, akquiriert Ressourcen und erhält die externale Legitimation des Teams durch die Ent¬wicklung, Erkundung und Pflege eines Netzwerks externer Kontakte aufrecht.
Der Facilitator ermuntert zu Teamwork, strebt Konsens und Kohäsion an, handelt Kompromisse aus und moderiert Konflikte.
Der Mentor ist sich individueller Bedürfnisse bewusst, hört aktiv zu, ist fair, unterstützt legitime Wünsche und versucht die persönliche Entwicklung des einzelnen zu unterstüt¬zen.
Der Producer ist aufgabenorientiert und arbeitsfokussiert. Er ringt um Ergebnisse und motiviert gezielt Verhalten, welches sich direkt in Arbeitsergeb¬nissen des Teams niederschlägt.
Der Director plant, definiert die Aufgabentei¬lung, setzt Ziele und formuliert klare Erwartungen.
Der Coordinator pflegt Strukturen, erstellt Zeitpläne, koor¬diniert, löst Probleme und achtet darauf, dass Regeln und Standards eingehal¬ten werden.
Der Monitor sammelt und verteilt Informationen, prüft Leistung. sorgt für Kontinuität und Stabilität und bearbeitet schriftliche Vorgaben.
Natürlich besteht da Modifikationsbedarf. Und die SL-Rolle des Brokers gibt es aus meiner Sicht im Rollenspiel eher gar nicht. Trotzdem halte ich den Ansatz einer Testentwicklung über Führungstheorien schon allein deshalb für sinnvoll, weil er uns der quälenden Theorieentwicklung entbindet. Das alles genügt natürlich keinen wissenschaftlichen Kriterien. Das brauche und erwarte ich andererseits aber auch gar nicht.
Ich fänd es aber schlicht spannend, mein SL-Profil anhand der Rollen dargestellt zu sehen, mich mit anderen SL zu vergleichen und insbesondere auch zu erfahren, wie mich die Spieler wahrnehmen.
Hm... meine Tochter schreit und ich muss den Sermon ohne Korrekturlesen online stellen. Bitte seht es mir nach, habe das Ding hier gerade schnell durchgetippt. Mehr die Tage, haut rein!