Autor Thema: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen  (Gelesen 5446 mal)

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Travian Norfold

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[PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« am: 26.09.2008 | 21:49 »
Hallo zusammen,

ich - Primetime Adventures-Neuling - möchte gern demnächst mit Freunden, die von diesem Spiel noch weniger Ahnung haben als ich, eine erste Runde ausprobieren. Nach der Lektüre des Buches sind mir aber noch ein paar Sachen unklar:


++ Das Buch sagt zu "How to Play Your Protagonist", dass man die Aktionen des eigenen Protagonisten sowohl aus der Ich-Perspektive mit entsprechenden schauspielerischen Zutaten beschreiben kann ("to 'get in character' and act out the part of a character") als auch "to describe the action in more of a narrator stance", so wie man die Handlungen des Charakters in einem Buch erzählen würde. Soweit so gut, beides kenne ich aus den 'klassischen' Rollenspielen. (Und wenn ich mich nicht irre, ist das Erste in etwa "Actor Stance", das Zweite "Author Stance. Falls das mit den Stances alles Unsinn ist, vergesst es einfach - ich hoffe, es wird auch so klar, worauf ich hinaus will.)

Nun weiß ich allerdings nicht, wann man in PtA überhaupt mal Charaktere spielt (egal ob mit Actor oder Author Stance). Denn das eigentliche Spiel läuft ja dann so ab (?): Die Szene und die Stakes werden definiert, Producer und Spieler können Budget bzw. Traits und Fanmail einbringen, dann werden die Karten aufgedeckt und der eigentliche Hergang des Konfliktes wird erzählt (Narration). Zu Letzerem gibt das Buch schöne Beispiele, die alle sehr deutlich machen: Diese Narration läuft im Prinzip im Director Stance ab. Laut den Beispielen im Buch erzählen öfter andere SpielerInnen als ich selbst, was mein Protagonist macht (weil die Chance, dass ich die höchste Karte bekomme, fast immer niedriger ist, als dass irgendjemand außer mir sie bekommt).

Ein Beispiel aus dem Buch: "John describes Brea [Charakter einer anderen Spielerin] calmly delivering a brutal insult that has Brea's rival nearly respond in violence, then lose his nerve and storm out of the pub, humiliated, while the pub regulars cheer für Brea."

Wo aber bleibt jetzt hier das "to 'get in character' and act out the part of a character"? Geschweige denn tatsächliche ingame-Dialoge, wo nicht nur ich, sondern auch noch mindestens ein weiterer Spieler seinen Protagonisten (oder der Producer einen der Supporter oder Nemesis) im Actor Stance ausspielt? (Im obigen Beispiel kann man sich z.B. sehr gut vorstellen, wie die Szene zwischen der Protagonistin (Brea) und dem Rivalen in-character aussehen könnte. Nur hätte John, der Erzähler, darin nichts mehr zu suchen - und ich kann mir gerade auch nicht vorstellen, wie das überhaupt mit dem PtA-conflict-resolution-System funktionieren soll.)

Dass aber in-character-Spiel in PtA anscheinend doch irgendwie vorgesehen ist, entnehme ich wieder dem "How to Play ..."-Abschnitt: "... you may find that some players who really like to play up the 'acting' side of things will feel down or distracted by player who do not ... You might want to ... make sure everybody understands everybody else's preferences before play begins."

Könnte mir jemand dazu mal ein Beispiel geben, das eine Vorstellung darüber vermittelt, wie das im Spiel in etwa ablaufen könnte? Im Moment verstehe ich das Buch so, dass alle am Tisch im Wesentlichen Drehbuch-AutorInnen sind, von denen die meisten jeweils für einen der Hauptcharaktere eine besondere Verantwortung haben (sie bestimmen über deren Anteil an der Konflikt-Austragungs-Mechnik), aber eigentlich niemand "RollenspielerIn" im engen Sinne ist. (Ich bin überhaupt nicht auf einen Actor Stance festgelegt, falls das so klingen sollte. Ich würde nur gern eine ungefähre Vorstellung davon haben, wie sich das Spiel in dieser Hinsicht spielt bzw. was das Spiel by the book hier vorsieht, bevor ich es mit anderen ausprobiere, die noch weniger Ahnung haben. Und ich möchte vermeiden, dass uns Newbies das Spiel aufgrund von Missverständnissen weniger Spaß macht als es eigentlich könnte.)


++ Wer bestimmt, welche ProtagonistInnen an einer Szene teilnehmen, und wann müssen ihre SpielerInnen für die Teilnahme mit Fanmail bezahlen? Dazu habe ich verschiedene mehr oder weniger erhellende Aussagen gefunden:

Matt Wilson sagt: "A player who wants his or her protagonist to be in the conflict must pay a point of fan mail to have the protagonist enter the scene". (61)

Lord Verminaard sagt: "nur das nachträgliche Auftauchen kostet Fan Mail".

KillerOfDeath sagt: "SC, die im Framing nicht erwähnt wurden, können sich per Fanmail einkaufen." Aber ist das Framing hier jetzt das, was der Producer macht oder das, was derjenige Spieler macht, der gerade mit der Etablierung der Szene dran ist?

Fredi sagt: "Oft vergessenes Feature: der Producer framed die Szene! Und er entscheidet auch über sonstige anwesende Charaktere."

Ich hab nun nochmal nachgeguckt und keine Stelle gefunden, in der explizit gesagt wird, wer festlegt, welche Protagonisten an einer Szene teilnehmen. Wie ist es also nun genau? Okay, bei der Scene Request werden Focus, Agenda und Location festgelegt - die ProtagonistInnen sind hier dem Buchstaben nach noch nicht dabei, aber sicher doch dem Sinn nach - die Agenda kann man ja wahrscheinlich nicht ohne die zugehörigen ProtagonistInnen festlegen. Laut Fredi kann ich davon ausgehen, dass der Producer bei seinem darauf folgenden Scene Framing noch weitere ProtagonistInnen einbringen kann. Und alle, die entweder zusätzlich dazu mitmachen oder nach dem Beginn der Szene noch einsteigen wollen, müssen Fanmail bezahlen - stimmt das so in etwa?

Außerdem: Kann man mit dem Bezahlen eigener Fanmail auch andere als die eigenen ProtagonistInnen nachträglich (was auch immer das nun genau heißt) reinbringen?


++ Mir ist an manchen Stellen, wo das Buch vom 'player' spricht, nicht ganz klar, ob das den Producer einschließt oder nicht. Z.B. bei der Erschaffung einer Szene sagt das Buch: "Scene creation starts with a request from a player. In play, everyone takes turns requesting a scene ..." 'Everyone' klingt nach Spieler inklusive Producer. Kurz darauf heißt es dann aber: "The producer takes the three pieces of information from the player and establishes the scene ..." Das klingt nun, als gehörte der Producer nicht zu denen, die der Reihe nach Focus, Agenda und Location der Szene beschreiben. Was gilt nun?


++ Next-Week-On: Wie funktioniert das, dass diese kurzen Ausblicke dann in der nächsten Folge auch wirklich vorkommen? (Zumindest in einer echten Serie wäre das ja Sinn und Zweck der Sache ...) Ich stelle mir das schwierig bis krampfig vor, das erstens überhaupt im Auge zu behalten, dass man diesen 'Ballast' aus der letzten Sitzung mitnehmen muss und es dann auch noch so umzusetzen, dass es sich nicht total konstruiert anfühlt (gelegentliche spontane Geistesblitze vielleicht mal außen vor).


++ Gibt es eigentlich einen Grund dafür, warum beim Gleichstand von roten Karten die niedrigere gewinnt? Das ist ja eigentlich unintuitiv, und sich eine unintuitive Regel zu merken ist schwerer als eine intuitive - deshalb wüsste ich gern, ob das willkürlich gesetzt ist oder einen mechanischen Hintergrund hat.


++ Kann man davon ausgehen, dass es normalerweise (genau) einen Konflikt pro Szene gibt bzw. dass jede Szene sich um (genau) einen Konflikt dreht?


++ Wie viele Punkte Fanmail darf ein Spieler pro Konflikt ausgeben, um selbst zusätzliche Karten zu bekommen oder um anderen SpielerInnen zu helfen? Einen oder mehrere?


Soweit. Manche meiner Fragen mögen vielleicht kleinkariert klingen - ich möchte aber gern PtA möglichst 'by the book' spielen - nur ist das Buch in manchen Belangen leider nicht ganz so deutlich, wie ich von DSA4 in den Regel(un)verständniswahnsinn getriebener Noob es mir wünschen würde :-). Vor allem möchte ich vermeiden, dass ich meine potenziellen Mitspieler durch eigene Unkenntnis abschrecke. Ich hab den Text zwar gründlich gelesen, aber nicht auswendig gelernt - ich hoffe, ihr seht es mir nach, wenn manche Antworten auf meine Fragen vielleicht da schon drinstehen und ich sie nur übersehen habe.

Liebe Grüße, Travian

alexandro

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Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #1 am: 26.09.2008 | 22:01 »
Uff, das sind viele Fragen:

Erstmal: geframet wird abwechselnd (ohne besondere Reihenfolge) und der framende Spieler entscheidet wer in der Szene anwesend ist. Will ein Spieler seinen Charakter gegen den Wunsch des Fremen...ähhh...Framenden in der Szene haben, so muss er Fan Mail ausgeben.

Offline Tele-Chinese

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Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #2 am: 26.09.2008 | 22:52 »
Denn das eigentliche Spiel läuft ja dann so ab (?): Die Szene und die Stakes werden definiert, Producer und Spieler können Budget bzw. Traits und Fanmail einbringen, dann werden die Karten aufgedeckt und der eigentliche Hergang des Konfliktes wird erzählt (Narration).

Nö! Im Prinzip hast du zwar Recht, aber man definiert nicht einfach die Stakes schon beim Scene-Framing. Zuerst werden Agenda, Location und Focus festgelegt. Und nur das! (Ok auch die Anwesenden Personen sollte man mal kurz erwähnen)
Wichtig ist, dass man drauf achtet nicht zu sehr ins Detail zu gehen und somit die Szene vordefiniert. Also nicht "Amy und Allan streiten sich, weil Amy Allan betrügt und Allan will es Amy heimzahlen", sondern "Amy und Allan streiten sich". (Ok zugegeben ist kein grandioses Beispiel, aber mit etwas Anstrengung versteht man was ich meine).

Wir spielen im Anschluss daran einfach drauf los. Das heißt es ist geklärt, wer alles an der Szene teilnimmt (Chars und NSCs, die werden dann auch unter den Spielern aufgeteilt) sowie Location und Agenda (und Focus).
Danach fängt man als Charakter an, erzählt, dialogisiert mit den anderen rum und irgendwann kommt der Punkt an dem man auf einen Konflikt hinsteuert. Wir wechseln dann immer auf die Meta Ebene (bzw. Author Stance) und sprechen uns ab, was wir jetzt als Konflikt gut finden würden. Konkret sieht das so aus, dass zwar derjenige der den Charakter spielt einen Vorschlag macht, die anderen Mitspieler aber durchaus mit brainstormen können (dürfen - ja sogar sollen!). Gemeinsam kann man schönere Konflikte erschaffen. Das ist zumindest die Erfahrung die ich gemacht habe.

Zur Frage des Einkaufens: Ist doch recht klar! Jeder der nicht beim Framen erwähnt wurde, ist nicht dabei und muss sich in die Szene einkaufen (wenn er das möchte).
Framen funktioniert bei uns so (und ich weiß nicht ob das by the book ist, bin auch gerade zu faul nachzuschauen), dass die erste Szene der Producer framed. Danach gehts reih um (bzw. erst der mit der höchsten Screen Pressence und danach im Uhrzeigersinn weiter...so oder so ähnlich ist by the book).
Beim framen wird festgelegt: Focus (Plott oder Charakter), Location und Agenda (die recht Allgemein gehalten, damit man noch Freiraum zum Spielen hat!). Dabei sollte man zumindest alle Anwesenden Personen erwähnen. Wobei das bei uns nicht ausdrücklich gemacht wird, sondern das was in der Szene einfach am meisten Sinn ergibt. Hat man eine Szene mit einer Aussprache unter vier Augen, sollten auch nicht mehr als zwei Personen anwesend sein (logisch, oder?).

Tipp von mir zu den Next Week Ones: Lass die weg!!! Meiner Erfahrung nach funktionieren die einfach nicht gut. Aber das mag auch mit meinem Spielstil zusammenhängen (kaum bis gar keine Plot Szenen, überwiegend Charakter Szenen). Und man engt sich mit NWOs nur ein! Zumindest finde ich, dass sich NWOs immer irgendwie künstlich in die Episode reingequetscht anfühlen. Die repräsentieren den kreativen Spirit vom letzten Spielabend, den man nur sehr schwer für den aktuellen einfangen kann bzw. da reinpasst.

niedrigere rote Karte: Hatten wir bis jetzt glaube ich zwei mal. Wir mussten da zwar schnell ins Regelbuch schauen, aber es fühlte sich nicht falsch an. Mag sein, dass es unintuitiv ist, aber da PTA so wenig harte Regeln hat, kann man die sich auch einfach merken. Spätestens, wenn man einmal drüber gestolpert ist, weiß man es.

Szenen müssen sich nicht zwangsläufig um einen Konflikt drehen. Es gibt auch schöne Color-Szenen womit man Plot vorantreiben kann. Außerdem kann man auch mehrere Konflikte in einer Szene haben. Wir hatten beim letzten Spielabend (@meine Gruppe: jaja, Diary kommt noch, Versprochen Leute) drei Konflikte in einer Szene. Das sind dann natürlich Highlights  und entsprechend hoch der Einsatz auf allen Seiten.
Fanmail darfst du soviel einsetzen wie du zur Verfügung hast. Du darfst lediglich pro Szene nur einmal Fanmail verteilen. Wobei ich bei dieser Regel nicht so streng wäre, manchmal staut sich Fanmail im Pott und da ist es besser auch mal etwas mehr verteilen zu lassen. Ansonsten legt man den Produzenten trocken und spielt gegen das System...Animier deine Spieler dazu Fanmail zu verteilen. Nicht nur für gute Ideen, sondern auf für Blödeleien, für ne gut ausgespielte Szene etc.
Ich mache das als Produzent immer mit den Worten "Wenn ich jetzt Fanmail verteilen könnte, dann...". Gerade am Anfang ist das ein ungewohnter - aber schöner - Mechanismus. Manchmal muss man seine Spieler regelrecht drängen Fanmail zu verteilen. Das ist aber wichtig, mach ihnen das klar.

Zu guter letzt: PTA ist toll. Wichtig ist, dass alle Mitspieler verstanden haben, dass sie Gleichberechtigt sind und eine Story erschaffen. Spass daran, den eigenen Protagonisten so richtig in die Scheiße zu reiten, ist förderlich.
Issue bei Konflikten einbeziehen hilft ungemein weiter. Da entstehen erst die richtig spannenden Konflikte.
Mitspieler dürfen auch Fanmail gegen jemanden setzen d. h. Partei ergreifen für die Seite des Producers ("Ich möchte dass er den Konflikt verliert, weil da könnte man noch was draus machen...").
Nicht nur sich selbst fragen "was würde mein Charakter jetzt tun" sondern öfter mal fragen "was möchte ich denn jetzt als Zuschauer sehen".

Und das wichtigste: Komm zum großen Wintertreffen und spiel einfach in einer Runde PTA mit. So wie der Gaukelmeister das letztes Jahr getan hat. Denn auf dem Großen gibt es einige die mit PTA Erfahrung haben und wo man mal eine funktionierende Runde sehen bzw. dran teilnehmen kann. Da klären sich die meisten Fragen wie von selbst ("Ach so macht ihr das").
Oder aber du wohnst in Hessen und Frankfurt oder Marburg ist dir nicht zu weit entfernt, dann könntest du einfach mal bei uns reinschauen: hessische Indie Gruppe (bin zu faul den Link rauszusuchen, findest uns aber bestimmt.)
« Letzte Änderung: 26.09.2008 | 22:59 von Starb Otto/Zerkauten Po »
Toastbrot (von englisch toast, „rösten“ aus lateinisch tostus, „getrocknet“) oder Röstbrot ist ein spezielles, feinporiges Kastenweißbrot mit dünner Kruste, das vor dem Verzehr scheibenweise geröstet wird, heute üblicherweise mit einem Toaster.

Brot kann schimmeln, was kannst du?

Joe Dizzy

  • Gast
Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #3 am: 27.09.2008 | 01:46 »
Nun weiß ich allerdings nicht, wann man in PtA überhaupt mal Charaktere spielt (egal ob mit Actor oder Author Stance).

Wenn du Lust drauf hast. Es gibt keinen durch die Regeln benannten Zeitpunkt an dem man das eine oder das andere tut. Mach einfach das, was dir in dem Moment gefällt.

Denn das eigentliche Spiel läuft ja dann so ab (?): Die Szene und die Stakes werden definiert, Producer und Spieler können Budget bzw. Traits und Fanmail einbringen, dann werden die Karten aufgedeckt und der eigentliche Hergang des Konfliktes wird erzählt (Narration). Wo aber bleibt jetzt hier das "to 'get in character' and act out the part of a character"?

So trocken aufbröseln würde ich das gar nicht. Das "eigentliche" Spiel ergibt sich aus den Erzählungen und Ideen aller. Erzählt das was "passt", sucht den Konsens mit den anderen Spielern und versucht die Story so voranzubringen wie sie euch gefällt. Die Regeln steuern da nichts. Die verteilten Erzählrechte sind eigentlich nur dann wichtig, wenn jemand mal eine Entscheidung fällen muss, damit das Spiel weitergehen kann.

In-character Dialoge oder distanzierte Beschreibungen kommen immer dann, wenn es angemessen wirkt. Die Unterscheidung dazwischen ist nicht regel-relevant, sondern allein eine Frage der persönlichen Vorliebe und des Spielstils.

Könnte mir jemand dazu mal ein Beispiel geben, das eine Vorstellung darüber vermittelt, wie das im Spiel in etwa ablaufen könnte? Im Moment verstehe ich das Buch so, dass alle am Tisch im Wesentlichen Drehbuch-AutorInnen sind, von denen die meisten jeweils für einen der Hauptcharaktere eine besondere Verantwortung haben (sie bestimmen über deren Anteil an der Konflikt-Austragungs-Mechnik), aber eigentlich niemand "RollenspielerIn" im engen Sinne ist.

Kann man so machen, muss man aber nicht. Ich habe sowohl PtA-Runden erlebt in denen fast nur "in-character" gespielt wurde und nur gelegentlich mal jemand heraustritt um eine Situation zu verdeutlichen (z.B. um zu erklären was das konkrete Ziel des eigenen Charakters ist oder was der Charakter mit seinen ominösen Worten
andeuten will) aber auch Runden die mehr Distanz zu den Charakteren gesucht haben und viel Zeit über die Charkatere sprachen statt durch sie. Es geht beides. Nichts ist zwingend und erlaubt ist was gefällt.

Wer bestimmt, welche ProtagonistInnen an einer Szene teilnehmen, und wann müssen ihre SpielerInnen für die Teilnahme mit Fanmail bezahlen? Dazu habe ich verschiedene mehr oder weniger erhellende Aussagen gefunden:

Ich kann dir noch eine weitere mehr oder weniger erhellende Aussage liefern: der bisher gespielte Plot. Je weniger offensichtlich die Anwesenheit eines bestimmten Charakters in einer Szene ist, desto eher muss der Spieler Fan Mail bezahlen um ihn ins Spiel zu bringen.

Sollte sich so keine Einigung finden lassen, kann man wieder auf die Regeln zurückgreifen um eine Entscheidung in dieser Frage zu finden. Vor der Szene hat der Producer das letzte Wort (!), nach dem Konflikt der Spieler mit der höchsten Karte. Damit bin ich bisher ziemlich gut gefahren.

++ Mir ist an manchen Stellen, wo das Buch vom 'player' spricht, nicht ganz klar, ob das den Producer einschließt oder nicht. Z.B. bei der Erschaffung einer Szene sagt das Buch: "Scene creation starts with a request from a player. In play, everyone takes turns requesting a scene ..." 'Everyone' klingt nach Spieler inklusive Producer. Kurz darauf heißt es dann aber: "The producer takes the three pieces of information from the player and establishes the scene ..." Das klingt nun, als gehörte der Producer nicht zu denen, die der Reihe nach Focus, Agenda und Location der Szene beschreiben. Was gilt nun?

Jeder darf mal. Also auch der Producer. Sei aber bereit entweder jeden Spieler nach Szenen auch für jeden anderen Charakter zu fragen oder die Reihenfolge schon mal über den Haufen zu werfen. Oft haben gerade Neulinge ein gewisses Lampenfieber und schieben die Aufmerksamkeit lieber auf andere Spieler, statt selbst was zu tun. Als Producer (oder einfach nur die Person die sich am besten mit dem Spiel auskennt) musst du selbst entscheiden, wie du es schaffst alle aktiv, d.h. mit ihren Charakteren, in das Spiel zu bringen. Mich selbst frustriert nichts mehr als Leute, die erst mal "nur zuschauen wollen". Gerade PtA fällt vollkommen in sich zusammen, wenn nicht genug Leute dabei sind die die Story mit ihren Charakteren vorantreiben.

++ Next-Week-On: Wie funktioniert das, dass diese kurzen Ausblicke dann in der nächsten Folge auch wirklich vorkommen? (Zumindest in einer echten Serie wäre das ja Sinn und Zweck der Sache ...) Ich stelle mir das schwierig bis krampfig vor, das erstens überhaupt im Auge zu behalten, dass man diesen 'Ballast' aus der letzten Sitzung mitnehmen muss und es dann auch noch so umzusetzen, dass es sich nicht total konstruiert anfühlt (gelegentliche spontane Geistesblitze vielleicht mal außen vor).

So funktionieren sie nicht, da stimme ich dir zu. Aber als Vorgeschmack auf die nächste Runde, als indirekte Ansage was man gerne sehen will helfen sie ungemein. Man darf NWO nicht zu wörtlich nehmen. Es geht nicht darum die NWOs wortgetreu und inhaltlich korrekt bei der nächsten Runde einzubringen. Damit haut man sich ja nur Knüppel zwischen die Beine. Es ist eher ein Ausblick auf das worauf man sich das nächste Mal freut. Eine Möglichkeit den anderen Spielern zu vermitteln worauf sie nach dieser eben gespielten Runde total Lust haben.

Vielleicht eine geile Actionszene. Oder mehr sarkastischen Humor. Oder vielleicht eine Möglichkeit mit seinem Charakter markige Sprüche abzulassen. Oder vielleicht einen Charakter so richtig durch die Mangel zu nehmen. Oder dem Bösewicht endlich die Abreibung verpassen, die sich seit drei Folgen anbahnt.

Next Week Ons sind keine Punktmarkierungen auf denen man mit seiner nächsten Spielrunde zu landen hat. NWOs sind Ideen mit denen man spielen soll, von denen man sich inspirieren lassen soll und die einem ermöglichen in der nächsten Folge nicht beim kreativen Nullpunkt anzufangen.

++ Kann man davon ausgehen, dass es normalerweise (genau) einen Konflikt pro Szene gibt bzw. dass jede Szene sich um (genau) einen Konflikt dreht?

Das kommt auf deine Gruppe an und wie sie die Story jede Folge vorantreibt und entwickelt. Es ist wichtiger eine Story zu entwickeln, die natürlich und überzeugend auf euch wirkt, als auf Gedeih und Verderb einen Konflikt in eine Szene zu peitschen in der eigentlich nur zwei Charaktere bei einem Bier über sich erzählen. Als Producer solltest du aber darauf achten, dass sich die Spieler nicht zu sehr in "Stimmungsszenen" verzetteln und zerfahren. Viele Rollenspieler neigen dazu selbst dann noch "in-character" über Belanglosigkeiten und Nichtigkeiten zu reden, wenn jeder andere schon die Stimmung und den Inhalt der Szene begriffen hat. Als Producer musst du gelegentlich mal eine Szene straffen. Das bedeutet auch mal gelegentlich auszusprechen was andere vielleicht nur denken: "Das ist genug. Alles wichtige ist gesagt."

++ Wie viele Punkte Fanmail darf ein Spieler pro Konflikt ausgeben, um selbst zusätzliche Karten zu bekommen oder um anderen SpielerInnen zu helfen? Einen oder mehrere?

Soviel er will. PtA ist kein Spiel das seine Spannung irgendwie aus dem Ressourcenmanagement bezieht.

Es gibt eigentlich nur einen Punkt, den ich ganz wichtig finde: im Zweifelsfall ist die Story wichtiger als die Regeln. Die Folge ist nicht dann zu Ende, wenn kein Budget mehr da ist, sondern wenn der Plot der Episode an sein logisches Ende gebracht wurde. (Wenn das zur Folge hat, dass eine Folge nach vier Szenen vorbei ist, dann ist das halt so. Vielleicht sollte man wenn man das Erzählrecht bekommen hat, nicht gleich übers Ziel hinaus schießen. Manche Fehler müssen Leute halt erst selbst machen, bevor sie verstehen worum es geht. ;) )

Wenn es keinen Sinn ergibt, dass Bob seinen Edge "sibirischer Nachtpförtner" in eine Szene einbringt, dann bekommt der Spieler auch keine zusätzliche Karte dafür. Es geht hier nicht darum die anderen Mitspieler zu überzeugen, sondern den erzählerischen Zusammenhalt und die "Logik" der Serie zu bewahren.

Wenn es keinen Grund gibt, warum Butch nach dem die Karten gelegt wurden, plötzlich mit einer Bazooka bewaffnet die bolivianische Armee über den Haufen schießt, dann geht das nicht. Egal wer die höchste Karte hat und egal wie "lustig" oder "wie im Fernsehen" das doch wäre.

Travian Norfold

  • Gast
Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #4 am: 28.09.2008 | 20:53 »
Vielen lieben Dank für die ausführlichen Antworten!

Zitat
Wir spielen im Anschluss daran einfach drauf los. Das heißt es ist geklärt, wer alles an der Szene teilnimmt (Chars und NSCs, die werden dann auch unter den Spielern aufgeteilt) sowie Location und Agenda (und Focus). Danach fängt man als Charakter an, erzählt, dialogisiert mit den anderen rum und irgendwann kommt der Punkt an dem man auf einen Konflikt hinsteuert.

Ok, ja, so kann ich mir das vorstellen. Habe mich da wohl etwas vom Buch irreleiten lassen, wo direkt das erste Beispiel nach dem Motto läuft: Agenda, Location, Einbringen eines weiteren Protagonisten durch Fanmail, Festlegung des Konflikts, "let me grab the cards". Aber nach dem Scene Framing erstmal in-character loszuspielen und nicht direkt einen Konflikt festzulegen, klingt sinnvoll.

Den Thread "[PtA] Wintertreffen 2008/Die tätowierten Amazonen" habe ich mir mal zu Gemüte geführt. Klingt sehr, ähm ... abgefahren ;-)).

Bei einer eingespielten PtA-Runde mitmachen würde ich gerne, habe dazu allerdings in meinem Umfeld keine Gelegenheit. Deshalb ja auch die Idee, das Ganze einfach mal selber in der Hand zu nehmen.

Ansonsten: Auch alle anderen Antworten machen mir vieles klarer, vielen Dank dafür!
« Letzte Änderung: 29.09.2008 | 11:20 von Travian Norfold »

Offline Nocturama

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Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #5 am: 28.09.2008 | 22:14 »
Zitat
++ Gibt es eigentlich einen Grund dafür, warum beim Gleichstand von roten Karten die niedrigere gewinnt? Das ist ja eigentlich unintuitiv, und sich eine unintuitive Regel zu merken ist schwerer als eine intuitive - deshalb wüsste ich gern, ob das willkürlich gesetzt ist oder einen mechanischen Hintergrund hat.

Das hat tatsächlich einen mechanischen Grund. Es ist ja sowohl wichtig, welcher Protagonist den Konflikt gewinnt, wie auch, wer die höchste Karte hat. Damit soll die Wahrscheinlichkeit erhöht werden, dass nicht der Gewinner des Konflikts auch den Ausgang erzählt.
Jedenfalls denke ich mir das so  ;)

Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Spaß! PtA kann echt super sein. Mein Tipp wäre, den Mitspielern von Anfang an klar zu sagen, dass hier jeder die gleichen Rechte hat und dass der Producer kein SL ist. Damit verhindert man, dass die Spieler dasitzen und auf Input des Producers warten.
Es gibt ja auch eine Menge Diaries hier im Forum (auch unser SMASH 101-Diary  ;)), die vor dem spielen zu lesen, lohnt sich. Ich habe vor dem ersten Versuch auch einiges im Forge-PtA-Unterforum gelesen, das macht einiges klarer.
You're here for two things: to fucking ruin someone's shit, and to play a friendly game of make-believe.

AND YOU'RE ALL OUT OF IMAGINATION.

Crazee

  • Gast
Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #6 am: 29.09.2008 | 08:37 »
*in den Thread schielt*

Travian Norfold

  • Gast
Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #7 am: 7.10.2008 | 15:21 »
So, wir haben den angekündigten ersten Versuch Primetime Adventures hinter uns und die Erfahrungen waren ... durchwachsen.

Mit dem Spielziel von PtA - eine coole Serie zu erfinden und zu spielen - hatten wir überhaupt keine Probleme. Es fiel allen leicht, in den filmischen Kategorien von Serienstories zu denken, nach dem R-Map-Prinzip interessante und konfliktträchtige Beziehungen zu basteln, passende Szenen zu etablieren und überhaupt tolle Ideen zu produzieren.

Trotzdem haben wir nicht im eigentlichen Sinne PtA gespielt. Denn je klarer und schematischer die Systemelemente waren, die wir einsetzen sollten, umso weniger hatten wir das Gefühl, unserem Spielziel nachzukommen. Z.B. zu Beginn einer neuen Szene: Der Spieler, der mit der Scene Request an der Reihe war, fing begeistert an, die erste Einstellung der Szene zu beschreiben, bis hin zu Details wie Regen, Lichtspiegelungen in Pfützen, Gesichtsausdruck des Protagonisten etc. Sobald ich dann darauf hinwies, dass er ja eigentlich erstmal Focus, Agenda und Location beschreiben soll, war die Lust am Erfinden der Szene dahin.

Das größte Problem hatten wir mit der conflict-resolution-Mechanik. Sobald wir angefangen hatten, Grundideen für die Serie zu entwickeln, hatten wir alle auch schon konkrete Szenen im Kopf, in denen die Konflikte wunderbar eskalieren können, und wir hatten eigentlich immer schon schöne Vorstellungen davon, wie es jetzt am besten und interessantesten weitergehen könnte. Wir hatten das Gefühl, dafür überhaupt keine Mechanik zu brauchen. Immer dann, wenn ich darauf gedrängt habe, in einer (durchaus konfliktreichen) Szene die Stakes des Konfliktes festzulegen und die Karten zu verteilen, hat uns das aus der Szene rausgeworfen, aus dem, was wir eigentlich erzählen und spielen wollten. Wir hatten das Gefühl, dass uns die Mechanik von unserem Spielziel abhält - wobei PtA ja eigentlich das genaue Gegenteil leisten soll.

Ich habe zwei Spielnachmittage darauf beharrt, dass wir dem System nur so buchgetreu wie möglich eine Chance geben müssen, damit es funktioniert. Das hat es aber letztlich leider nicht. Einer der Spieler brachte das Problem irgendwann so auf den Punkt: "Schreiben wir hier ein Drehbuch oder spielen wir ein Spiel? Das Drehbuchschreiben ist super, aber wie die Spielmechanismen es noch besser machen können sollten, das weiß ich wirklich nicht."

Fazit: Wir haben uns eine tolle Serie mit interessanten Charakteren, spannenden Konflikten, coolen und Szenen und überraschenden Wendungen ausgedacht, aber ich war trotzdem frustriert, weil ich glaube, dass wir eben nicht PtA gespielt haben. Ob das vielleicht daran liegen kann, dass uns das Drehbuchschreiben als Spiel einfach nicht liegt, weiß ich nicht, aber ich bin mir zumindest ziemlich sicher, dass wir das Potential der PtA-conflict-resolution entweder gar nicht verstanden oder zumindest noch nicht ausgereizt haben. Hat von euch jemand vielleicht schonmal ähnliche Erfahrungen mit PtA gemacht oder hat sonst eine Idee, woran es bei uns gemangelt haben könnte?

Liebe Grüße, Travian

oliof

  • Gast
Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #8 am: 7.10.2008 | 16:15 »
Häufig wird schlichtweg zuviel geplant. Du sagst selbst:

Zitat
Sobald wir angefangen hatten,, Grundideen für die Serie zu entwickeln, hatten wir alle auch schon konkrete Szenen im Kopf, in denen die Konflikte wunderbar eskalieren können, und wir hatten eigentlich immer schon schöne Vorstellungen davon, wie es jetzt am besten und interessantesten weitergehen könnte. Wir hatten das Gefühl, dafür überhaupt keine Mechanik zu brauchen.

Ja – so kann man auch spielen. Da gibts sogar eine Anleitung zu. Macht auch Spass.

Es ist aber genau nicht PtA, das hast Du richtig erkannt.

Stellt sich natürlich die Frage: Was können die PtA-Regeln leisten, was man selbst nicht hinbekommt?

Einige Leute sehen das Karten Ziehen als kreative Zuspitzung an, die genau nicht dazu führt, dass man erzählt, was man so im Kopf hat, sondern eine für alle überraschende Wendung zur Folge hat.

Der Ressourcenstrom Budget->Fanmail->Mehr Protagonisten-Karten kann helfen, die dramatische Struktur zu stützen: Die Protagonisten bekommen erstmal aufs Maul, bevor sie nur mit blutverschmiertem Unterhemd und zerissener Jeans den Schurken stellen.

Die Charakter-Deskriptoren (Issue, Edges, Connections, Personal Set, evtl. Nemesis) stellen sicher, dass über einige wenige Merkmale das Profil der Figuren geschärft wird und aus der Beliebigkeit eines "ich hab aber auch …" herausgehoben werden.

Vieles davon kann wegfallen, wenn die Gruppe sehr gute Vorstellungen vom Genre und den Protagonisten hat, ohne dass man etwas verliert.

Ich habe gerade dieses Wochenende ein bißchen Pta ShadowRun (ich sollte einen Spielbericht schreiben…) gespielt und die Anwendung der Regeln hat gut funktioniert.

Joe Dizzy

  • Gast
Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #9 am: 7.10.2008 | 19:04 »
Das mit dem Drehbuchschreiben als PTA-Umschreibung höre ich häufig, aber mit meinen Erfahrungen deckt es sich überhaupt nicht. Im Gegenteil, die Eingriffe ins Spielgeschehen sind in meiner Runde meist dezenter und organischer als es etwa bei klassischen Rollenspielen wie D&D der Fall ist.

Allerdings habe ich in meinen allerersten PTA-Spielrunden ähnliches erlebt. Die Spieler waren so stark im freien, unstrukturierten Erzählen versunken, dass sie jede Art der Eingrenzung ihrer Erzählwut als störend und immersions-schädigend empfanden. Mittlerweile würde ich in solchen Situationen das gesamte PTA-Regelwerk beiseite legen und die Spieler lieber frei erzählen lassen. Offensichtlich ist Begeisterung für die Charaktere und die Welt da, aber keine Begeisterung für das Spielen von PTA. Warum sich also mit Regeln rumplagen, an denen man eh kein Interesse hat?

Das PTA-Regelwerk sollte man wirklich erst wieder auskramen, wenn bzw. falls man sich am freien und offenen Erzählen sattgespielt hat. Denn die Regeln funktionieren sehr dezent und unterhaltsam um der Erzählung eine gewisse Form und Qualität zu verleihen. In diesem Fall eine Serie, in der Charaktere im Vordergrund stehen und deren Entwicklung und Veränderung den Schwerpunkt der Serie ausmacht. Vor allem aber wird durch die Issue-Verknüpfung an einen Konflikt das Innenleben des Charakters ein klein wenig aus der Hand des Spielers genommen, so dass man im Spiel erst die Charaktere kennen und verstehen lernt. Das ist etwas was mich an PTA immer sehr begeistert. Aber es ist sicherlich nicht jedermanns Sache.

Ich habe gerade dieses Wochenende ein bißchen Pta ShadowRun (ich sollte einen Spielbericht schreiben…) gespielt und die Anwendung der Regeln hat gut funktioniert.

Das ist ja ulkig. Wir haben vor 2 Wochen auch eine PTA-Shadowrun Serie entworfen, sind aber bisher nicht zum spielen gekommen, da die letzten Male zu viele Spieler kurzfristig absagen mussten.

Ich bin ja sehr gespannt, wie eure Serie so aussieht.

wjassula

  • Gast
Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #10 am: 7.10.2008 | 19:16 »
Hier hab ich schon mal was über meine Erfahrungen geschrieben:

http://tanelorn.net/index.php/topic,39644.msg740426.html#msg740426


oliof

  • Gast
Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #11 am: 8.10.2008 | 11:17 »
Hier ist ein ausführlicher Bericht über die von mir erwähnte PtA-Runde. Der richtige Artikel ist hier! Danke, Martin.
« Letzte Änderung: 9.10.2008 | 00:14 von oliof »

Travian Norfold

  • Gast
Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #12 am: 8.10.2008 | 13:45 »
Zitat
Häufig wird schlichtweg zuviel geplant.

Ja, das haben wir gemacht, und das war uns auch bewusst. Ich bin quasi ständig eingeschritten und habe meinen Spielern den Mund verboten, um das zu verhindern, weil mir bewusst war, dass das nicht Sinn des Spiels ist. Ich habe damit aber meine Spieler mehr frustriert als alles andere und sie eben - aus ihrer Sicht - von ihrem Spielziel abgehalten - nämlich eine coole Serie zu erschaffen. Zitat eines meiner Spieler dazu: "Ich hab einfach so viele Ideen, ich kann überhaupt nicht verhindern, darüber nachzudenken, wie es weitergehen könnte. Wenn ich das nicht mehr darf, macht es mir keinen Spaß."


Zitat
Einige Leute sehen das Karten Ziehen als kreative Zuspitzung an, die genau nicht dazu führt, dass man erzählt, was man so im Kopf hat, sondern eine für alle überraschende Wendung zur Folge hat.

Das ist mir nicht ganz klar: Denn man entscheidet ja vor dem Konflikt, was die Stakes sind. D.h. alle am Tisch wissen bereits, welche zwei möglichen Konflikergebnisse es geben wird. Wo ist denn da die Überraschung? (Und wenn man vorher sogar noch die Action (S. 62) festgelegt, also bestimmt hat, wie der Charakter seinen Konflikt zu gewinnen versucht, hält sich selbst die Überraschung über den konkreten Hergang des Konfliktes ziemlich in Grenzen.)


Zitat
Denn die Regeln funktionieren sehr dezent und unterhaltsam um der Erzählung eine gewisse Form und Qualität zu verleihen.

Dass die Regeln dezent sind, fand ich nun gar nicht. Gerade das Definieren von Stakes empfanden wir als starke 'Störung' des Spielgeschehens. Wahrscheinlich ist das auch alles eine Frage der Übung. Aber obwohl wir alle immer ziemlich genau wussten, worum es im gerade laufenden Konflikt geht, fanden wir es schwierig bis nervig, dazu die Stakes klar zu formulieren. Wir mussten fast jedes Mal diskutieren, ob das denn jetzt wirklich 'gültige' (also im Sinne des Systems sinnvolle) Stakes sind oder nicht und wussten es oft auch einfach nicht.

Zitat
In diesem Fall eine Serie, in der Charaktere im Vordergrund stehen und deren Entwicklung und Veränderung den Schwerpunkt der Serie ausmacht.

Genau das hatten wir aber auch.


Ich beschreibe mal kurz, wie unsere Serie aussah:

New York in der nicht allzu fernen Zukunft. Manhatten steht dank der Erderwärmung zum großen Teil unter Wasser, saurer Regen, Chemieunfälle etc. zerstören weiter die Lebensumwelt der Menschen. Unsere ProtagonistInnen sind eine kleine Gruppe von Ökoterroristen, die gegen einen übermächtigen Chemiekonzern kämpfen. Dieser ist allerdings nur der Feind im Hintergrund, konkrete Antagonistin ist die SOKO, die für die Jagd auf die Gruppe zuständig ist.

Personen: Nick Parker, hat Biochemie studiert und arbeitet zu Beginn des Piloten als Laborant in der großen bösen Chemiefirma. Sein Vater, Ron Parker, ist Leiter der SOKO, was Nick aber nicht weiß, er glaubt, dass sein Vater einen langweiligen Bürojob hat. Nicks Issue: Ausbruch aus der Normalität. Nick sucht nach einer Möglichkeit, aus seinem langweiligen Leben auszubrechen und seine Vorstellung von einer Veränderung der Welt umzusetzen, da er in seinem Job langsam mitkriegt, was die fiesen Chemikalien, die in der Firma hergestellt werden, mit der Umwelt anstellen. Er lernt Flower (siehe unten) übers Internet kennen und verabredet sich mit ihr. Während des ersten Treffens ruft Max  (siehe unten) Flower an, weil die Polizei seinen Unterschlupf aufgespürt hat. Nick wird die Sache zu heiß und er will abhauen, als Flower ihn mit einer Knarre bedroht und ihn zwingt, in ihren Van einzusteigen. Als Flower Max und das Equipment aufgabeln will, kommt zu einer Verfolgungsjagd mit der SOKO (unter der Leitung von Nicks Vater), bei der Nick auf Anweisung von Flower mit einer Pumpgun auf die Verfolger schießt und es Tote gibt. Nick steckt nun mittendrin.

Flower, punkige, knallharte Ökoterroristin, die vor nichts zurückschreckt. Ihre Eltern wurden von Ron Parker getötet, der es wie einen Unfall hat aussehen lassen, Flower kennt allerdings die Wahrheit. Sie versucht zu Beginn des Piloten, Nick, den sie über ein Internetforum kennt, zu 'rekrutieren' (ohne zu wissen, dass er Ron Parkers Sohn ist, da sie ihn nur unter seinem Internet-Nickname kennt). Später verlieben sich Nick und Flower. Issue: Rache für den Tod ihrer Eltern. Nemesis: Ron Parker.

Max Baudelaire, der Techniker der Gruppe, ist fürs Equipment verantwortlich und später für den Sprengstoff. Ist in Flower verliebt und tut alles eigentlich nur ihr zuliebe. Issue: Flowers Liebe gewinnen. Ist zunehmend eifersüchtig auf Nick.

Samantha Green, medikamentenabhängige ehemalige Greenpeace-Aktivistin. Alte Freundin von Flowers Mutter. Sam ist durch die Umweltverschmutzung gesundheitlich stark beeinträchtigt und hat ihre Ideale eigentlich schon lange aufgegeben, hat aber immer noch an ihrem Scheitern zu knapsen. Sie versucht zunächst, Flower ihre radikalen Pläne auszureden. Ihr Häuschen wird zum Headquarter der Gruppe, sie verfügt außerdem über einige hilfreiche Beziehungen. Issue: der Verwirklichung ihrer Ideale eine zweite Chance geben.

J./Jay, mysteriöser Fremder, der irgendwann auftaucht und der Gruppe seine Unterstützung anbietet (vor allem durch seine umfangreichen Ressourcen), wobei seine eigentlichen Ziele aber im Unklaren bleiben. Issue: Verführung der Gruppe zu seinen Zielen.

Wir haben zu Beginn die ganze Gruppe nach der R-Map-Methode erstellt, dann haben sich die beiden Spieler für Nick und Flower als Spieler-ProtagonistInnen entschieden.

oliof

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Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #13 am: 8.10.2008 | 14:00 »
Das ist mir nicht ganz klar: Denn man entscheidet ja vor dem Konflikt, was die Stakes sind. D.h. alle am Tisch wissen bereits, welche zwei möglichen Konflikergebnisse es geben wird. Wo ist denn da die Überraschung? (Und wenn man vorher sogar noch die Action (S. 62) festgelegt, also bestimmt hat, wie der Charakter seinen Konflikt zu gewinnen versucht, hält sich selbst die Überraschung über den konkreten Hergang des Konfliktes ziemlich in Grenzen.)

Ihr habt keine Stakes gesetzt, Ihr habt vor dem Kartenspielen weitergespielt… Die Stakes sind doch: Sind die Auswirkungen der Aktion im Sinne des Protagonisten oder nicht? Und zwar im jedem Konflikt. Wenn der Producer gewinnt, sind die Auswirkungen nicht im Sinne des Protagonisten, wenn der Producer verliert, eben doch. Beispiel aus unserer Runde: Rock, der Rigger-Troll spricht mit Susan, seiner Tochter (das ist übrigens erst in dieser Szene rausgekommen, dass Susan seine Tochter ist und dass Susans Mutter Rock nach der Goblinisierung rausgeschmissen hat). Rock will Susan beruhigen, während der Rattenschamane sich um die Deckerin, die von Insect-Spirit-Tech verseucht ist, kümmert. Die "action" ist also Susan beruhigen. In unserem Fall haben die Karten ergeben, dass sich die Situation zu Gunsten Rocks entscheidet, Susan läßt sich von Rock trösten… wir wissen aber nicht, was passiert wäre, wenn das nicht geklappt hätte.

Nebenbei hat der Producer durch den massiven Einsatz von Budget gezeigt "das hier ist eine wichtige Szene!", und ich habe durch den massiven Gegeneinsatz von Fanmail gezeigt "ja, find ich auch!".

Der eigentliche Knackpunkt kam in der Nachfolge-Szene, nachdem der Schamane die Deckerin gerettet hat und die nach ihrer Tochter fragt… ich hatte kaum noch Fanmail, aber immer noch Scene Presence 3… wieder war nicht klar, was tatsächlich passiert, wenn es gut oder schlecht für Rock ausgeht. Das hängt nämlich vom Erzählrecht ab!




Joe Dizzy

  • Gast
Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #14 am: 8.10.2008 | 14:31 »
Dass die Regeln dezent sind, fand ich nun gar nicht. Gerade das Definieren von Stakes empfanden wir als starke 'Störung' des Spielgeschehens. Wahrscheinlich ist das auch alles eine Frage der Übung. Aber obwohl wir alle immer ziemlich genau wussten, worum es im gerade laufenden Konflikt geht, fanden wir es schwierig bis nervig, dazu die Stakes klar zu formulieren. Wir mussten fast jedes Mal diskutieren, ob das denn jetzt wirklich 'gültige' (also im Sinne des Systems sinnvolle) Stakes sind oder nicht und wussten es oft auch einfach nicht.

Stakes bei PTA ergeben sich aus einer wie ich finde sehr einfachen Formel:
Was will der Charakter? + Wie ist die Issue damit verbunden?

Wobei der zweite Teil nicht zwingend ist, aber wenn man mal ein paar Konflikte ohne Issue hatte, merkt man recht schnell warum es einfach mehr Spaß macht wenn die Issue dabei ist. (Zumindest ging es mir so.)

Dieses Stakes-setzen ist daher dezent, weil es - wenn man etwas geübter darin ist die Absicht des Charakters in Worte zu fassen ohne dabei gleich einen Rattenschwanz an Folgen und Konsequenzen aufzulisten - aus dem Spiel heraus entsteht. Teilweise muss man noch nicht mal viel Worte über die Stakes verlieren, weil jeder durch das Rollenspiel auf den Konflikt hin verstanden hat, was der Charakter eigentlich will.

Holprig ist es zu Beginn meist, weil man in vielen anderen Rollenspielen nicht den Charakter ausspielt um seine Absicht offenzulegen, sondern um ein bestimmtes Ereignis eintreten zu lassen (z.B. der Safe ist geknackt, die Verfolger sind abgehängt, der Wachmann ist überzeugt, etc.). Sobald man diese Umstellung geschafft hat, surren die Regeln wie ich finde heimlich, still und leise im Hintergrund und man ist eigentlich nur noch am in-character reden oder Szenen beschreiben.

Travian Norfold

  • Gast
Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #15 am: 8.10.2008 | 14:36 »
Zitat
Ihr habt keine Stakes gesetzt, Ihr habt vor dem Kartenspielen weitergespielt…

Das verstehe ich jetzt nicht.

Mal beispielhaft zwei Konflikte, die wir hatten (die beide nur deshalb mechanisch gelöst worden sind, weil ich darauf beharrt habe):

1) Nick und Flower sitzen auf Flowers Pickup, als Max Flower anruft und sie bittet, ihn schnell abzuholen, weil die Bullen ihn aufgespürt haben. Nick hört nur Flowers Hälfte der Konversation, bekommt aber genug mit, um Muffensausen zu kriegen. Flower befiehlt ihm, in den Wagen einzusteigen. Nick wird die Sache aber zu heiß und er will weg. Er verliert seinen Konflikt (Plot-Fokus der Szene, deshalb: Schafft er es, nicht mit Flower in den Wagen zu steigen?), der Spieler mit dem Erzählrecht beschreibt, wie Nick vom Pickup springt, Flower zieht ihre Knarre und schießt neben ihn auf den Boden. Nick steigt völlig fertig zu ihr in den Wagen.

2) Flower, Nick und Max werden von der Polizei verfolgt. Flower drückt Nick die Pumpgun in die Hand und sagt ihm, er soll die Verfolger aufhalten. Stakes Nick: Kann er seine Unschuld behalten? Stakes Flower: Schafft sie es, Nicks Vertrauen zu gewinnen? Beide verlieren. Narration: Nick schießt unter Druck mit der Pumpgun auf den verfolgenden Wagen, der ins Schlingern kommt, gegen eine Mauer prallt und in Flammen aufgeht. Nick ist klar, dass die Polizisten tot sind => er verliert seine Unschuld. Die Gruppe entkommt der Polizei, dann fragt der völlig fertige Nick Flower, ob sie ihn vorhin, als sie ihm sagte, er soll in ihren Wagen einsteigen, wirklich erschossen hätte, wenn er nicht eingestiegen wäre. Sie überlegt, sagt dann: "ja" => verliert damit das letzte Bisschen Vertrauen, das Nick in sie vielleicht gehabt hätte.


Zu Letzterem habe ich direkt noch eine Frage: In diesem Fall legen ja die drei Beteiligten - Flower-Spieler, Nick-Spieler und Producer - gleichzeitig ihre Karten. Dann wird geprüft, ob Flower ihre Stakes gegen die Karten des Producers gewinnt und dann, ob Nick seine Stakes gegen dieselben Karten des Producers gewinnt. In dem obigen Konflikt war es für mich leicht zu entscheiden, sehr viel Budget auszugeben, weil ich gerne wollte, dass beide verlieren. Was wäre aber, wenn ich (aus welchen Gründen auch immer) gern gewollt hätte, dass Flower verliert, dass Nick aber gewinnt?

wjassula

  • Gast
Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #16 am: 8.10.2008 | 14:40 »
Zitat
Das ist mir nicht ganz klar: Denn man entscheidet ja vor dem Konflikt, was die Stakes sind. D.h. alle am Tisch wissen bereits, welche zwei möglichen Konflikergebnisse es geben wird.

Stakes sind keine Konfliktergebnisse! Das ist ein ganz wichtiger Unterschied, und Stakes zu formulieren, die das Konfliktergebnis nicht bereits vorwegnehmen, ist ein, wenn nicht der entscheidende Lernprozess beim Üben von PtA. Wirklich toll wird es, wenn man es auch noch schafft, Stakes zu setzen, die bereits die Möglichkeit eines großartigen Ergebnisses andeuten, aber es immer noch nicht vorwegnehmen (sog. "Hammerstakes"  ;D). Alle am Tisch sollen und dürfen wissen, worum es im Konflikt geht, aber wie er letztendlich ausgeht, das ergibt sich erst in der Phase, die nach der Konfliktauflösung mit den Karten kommt, und zwar durch die Kreativität der gesamten Gruppe unter Federführung desjenigen, der das Erzählrecht gewinnt.

Eine Faustregel für den Anfang ist vielleicht, dass Stakes allgemein bleiben, die Auflösung aber konkret ist, und vor allem etwas über die Protagonisten aussagt, die am Konflikt beteiligt sind. "Gewinnt den Kampf/verliert den Kampf" verrät noch nicht viel über den Protagonisten. Wie jemand gewinnt oder verliert, ob er/sie blutige Rache schwört, mit unfairen Tricks kämpft, sich Hilfe holt, würdelos um Gnade fleht, mit Schmach und Schande aus dem Ring flieht - das entwickelt einen Protagonisten weiter. Man sollte sich immer vergegenwärtigen, dass PtA sich ja an modernen Fernsehserien orientiert, und nicht an Filmen, Kurzgeschichten oder Computerspielen. deshalb geht es immer darum, die Entwicklung eines Protagonisten voranzutreiben, und duch das Verhalten eines Charakters in einer speziellen Situation seinen/ihren Charakter und die innere Entwicklung zu illustrieren.

Dieses Prinzip durchzieht alle Phasen von PtA.

Framing: Die Protagonisten geraten nicht in irgendwelche beliebigen Situationen, sondern in solche, die sie vor Probleme stellen, die ein bestimmtes Element ihres Charakters ansprechen. Schön bei PtA ist, dass alle hier Input geben dürfen. Leitlinie sollte hier weniger sein, was eine "gute Geschichte" ergeben könnte, sondern: "In welcher Situation wäre es cool, diesen Charakter mal zu erleben? Unter welchen Umständen könnten wir etwas spannendes, neues über ihn/sie erfahren?"

Entwicklung durch Rollenspiel: Die Situation spitzt sich zu - hin auf einen Konflikt des Protagonisten mit äußeren Umständen

Stakes: Die Zuspitzung beinhaltet, dass für den Protagonisten Handlungsalternativen auftauchen, die jeweils unterschiedliche Richtungen anzeigen, in die sich der Charakter verändert. Um bei dem Beispiel mit dem Kampf zu bleiben: Es ist zweitrangig, ob er oder sie gewinnt oder verliert, es geht vielmehr darum, was Gewinn oder Verlust mit dem Charakter anstellt.

Auflösung: Die Veränderung des Charakters wird durch seinen/ihren Umgang mit der Situation illustriert. Wir erleben also als Zuschauer, wie sich durch die Handlung des Charakters äußert, wer er oder sie ist oder besser noch: Wer er oder sie geworden ist, indem die vorangegangene Situation bewältigt wurde. In dieser Phase ergibt sich auch Material für neue Szenen (wie reagieren die anderen Protagonisten auf diese Veränderung des Charakters? Wie die Umwelt, wie er oder sie selbst?). Gute Konfliktauflösungen zeigen nicht nur eine neue Seite des Protagonisten, sondern treiben auch die Serie insgesamt voran, weil sie neue Handlungsmöglichkeiten für andere andeuten.

Dieser Grundgedanke unterscheidet PtA auch ganz wesentlich von anderen Rollenspielen, die sich nicht an Fernsehserien orientieren, Auch bei DSA, Shadowrun oder Warhammer kann es zu solchen Szenen kommen, aber sie sind nicht die Regel, weil in diesen Spielen das Geschehen tendenziell weniger als Mittel gesehen wird, eine Aussage über die Entwicklung eines Protagonisten zu treffen. Auch bei PtA kann es Szenen geben, in denen nicht durchgängig auf den "Story Arc" eines Protagonisten fokussiert wird, und die sich wie "ganz normales Rollenspiel" anfühlen. Sie sind aber nicht die Regel, weil ein großer Teil der Mechanismen von PtA eben die Serienorientierung vorantreibt. Ob man an PtA Spaß hat, entscheidet sich auch ganz wesentlich darüber, ob man die Erzählweise von Fernsehserien versteht und mag und auch im Spiel umsetzen möchte.

So, das war die lange Erklärung  ;). Lass dich nicht einschüchtern, man lernt am besten, wenn man für den Anfang ganz stur nach den Regeln spielt, also aktiv versucht, sich nicht daran zu orientieren, wie man Rollenspiel so kennt, sondern sich auf ein Spiel einstellt, dass man erstmal kennenlernen muss, wie ein neues Brettspiel. Es kann auch helfen, sich gemeinsam mal ein paar Folgen von Serien anzugucken, in denen die oben beschriebene Erzähltechnik besonders deutlich wird. Bsp. Buffy the Vampire Slayer Staffel 3 aufwärts, Six Feet Under, The Wire, Battlestar Galactica, Queer as folk. Bei allen diesen Serien kann man teilweise 1:1 den Rhythmus von Framing - Zuspitzung - Konflikt - Auflösung mit Wandlung des Protagonisten beobachten.
 

Offline Tele-Chinese

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Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #17 am: 8.10.2008 | 15:08 »
Was wäre aber, wenn ich (aus welchen Gründen auch immer) gern gewollt hätte, dass Flower verliert, dass Nick aber gewinnt?

Dann drehst du die Stakes einfach um bzw. formulierst Nicks Stake so um, dass wenn du gewinnst der gewünschte Effekt eintritt. Also nicht "Kann er seine Unschuld behalten?" sondern "Nick verliert seine Unschuld". Verliert er den Karten nach tritt für ihn ja nicht ein was formuliert war (verliert seine Unschuld), sondern das was du möchtest (behält sie).
Man muss bei PTA nicht immer den positiven Ausgang auf Seiten des Spieler festsetzen, sondern kann die Stakes drehen.

Toast
Toastbrot (von englisch toast, „rösten“ aus lateinisch tostus, „getrocknet“) oder Röstbrot ist ein spezielles, feinporiges Kastenweißbrot mit dünner Kruste, das vor dem Verzehr scheibenweise geröstet wird, heute üblicherweise mit einem Toaster.

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Travian Norfold

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Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #18 am: 8.10.2008 | 15:17 »
Zitat
Dann drehst du die Stakes einfach um bzw. formulierst Nicks Stake so um, dass wenn du gewinnst der gewünschte Effekt eintritt. Also nicht "Kann er seine Unschuld behalten?" sondern "Nick verliert seine Unschuld". ... Man muss bei PTA nicht immer den positiven Ausgang auf Seiten des Spieler festsetzen, sondern kann die Stakes drehen.

Das Buch sagt aber: "The stakes are what the protagonist really wants out of the conflict" (61). Wenn der Spieler von Nick sagt, dass Nick trotz der prekären Situation mit der Verfolgungsjagd seine Unschuld nicht verlieren möchte, dann ist es sicher nicht btb, wenn ich als Producer einfach andere Stakes festlege.

Offline Tele-Chinese

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Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #19 am: 8.10.2008 | 15:34 »
Ok, ich versuchs anders zu formulieren. Du kannst in Absprache mit dem Spieler Stakes umdrehen. Dazu mache ich als Produzent Vorschläge (hier hör mal zu, ich fänds aber schön, wenn...) oder aber ich werbe dafür, dass die anderen Mitspieler entsprechend Fanmail auf der jeweiligen Seite setzen.

Das was ich oben geschrieben habe soll nicht gegen den Willen der Spieler durchgesetzt werden. Sowas verhandeln wie gesagt  wir am Spieltisch immer.

Den von dir zitierten Satz lese ich nicht so stark. Eine gute Handlungsanleitung bietet da folgender Hinweis von Jasper:
Zitat
"In welcher Situation wäre es cool, diesen Charakter mal zu erleben? Unter welchen Umständen könnten wir etwas spannendes, neues über ihn/sie erfahren?"
Und da würde ich auch als Anfänger einmal btb ignorieren. Meine Devise ist: Wenn es sich gut anfühlt und kein Veto kommt, dann kann man es auch machen. Denn auch als Spieler am Tisch habe ich Präferenzen und will meinen Protagonisten so richtig tief reinreiten. Da ist es mir dann herzlich egal was mein Protagonist gerade will, maßgeblich bin dann immer noch ich ;D
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Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #20 am: 8.10.2008 | 15:38 »
Da hast du völlig recht, das ist nicht btb. In dem Conflict gibt es das Problem aber imho nicht, da der Producer (normalerweise) sein Budget nach "Dramatik" des Conflicts ausgibt. Er macht mit seinem Gegenbieten den Ausgang des Conflicts spannend, das sehe ich als seine Aufgabe an.

Ein Problem entsteht manchmal, wenn man als Spieler nur einen der beiden verlieren sehen will und seine Fanmail an den Producer gibt, aber dafür habe ich noch keine befriedigende Lösung gefunden.


Toastbrots Vorschlag funktioniert dann gut, wenn ein Spieler seinen Protagonisten eigentlich verlieren sehen will. In dem Fall kann es spannender sein, andersherum zu setzen (also gegen die Interessen des Protagonisten). Man fiebert dann einfach mehr mit, ob man gewinnt oder verliert UND beide Seiten setzen mehr Ressourcen ein.
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Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #21 am: 8.10.2008 | 15:59 »
OK, dann das Beispiel nochmal andersrum: Ich möchte gern, dass Flower Nicks Vertrauen gewinnt, weil es im Piloten erstmal darum geht, dass sich die Gruppe überhaupt zusammenfindet (und zwar auf einer halbwegs freiwilligen Basis). Die Vertrauensfrage soll dann erst in einer späteren Folge richtig eskalieren. Ich will aber gleichzeitig, dass Nick seine Unschuld verliert, weil das seine Charakterentwicklung anheizt. Jetzt kann ich ja schlecht dem Spieler von Flower sagen, er soll mal ihre Stakes so setzen: "Flower will nicht Nicks Vertrauen gewinnen". Das wäre Unsinn.

Warum ich so auf btb beharre:

Zitat von: KillerOfDeath
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Der Rat
Zitat von: Toastbrot
Und da würde ich auch als Anfänger einmal btb ignorieren.
widerspricht dem halt irgendwie schon ;-). Und wie oben beschrieben: Wir haben ja trotz meiner Bemühungen nicht btb gespielt, weil wir viel vorausgeplant hatten und die Konflikte am liebsten gar nicht mechanisch gelöst hätten. Nur ist das dann - wie wir oben auch schon irgendwann festgestellt haben - eben nicht mehr PtA.

oliof

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Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #22 am: 8.10.2008 | 17:22 »
OK, die Stakes sind:

Gewinnt Flower Nicks Vertrauen?

Was sagt uns das darüber, wie Flower das anstellt? Genau nichts. Also spielt man ein bißchen aus, wie Flower Nick um den Finger wickelt und in Sicherheit wiegt, und dann passiert etwas, an dem das Scheitern kann – Flower trifft mit einer Floskel einen wunden Punkt von Nick, der sich daran erinnert, wie sein Vater ihn manipuliert hat, um genau das zu tun, was für einen Industriellensohn richtig ist zum Beispiel – und Nick reagiert … wie? Wissen wir nicht. Also greifen wir zu den Karten. und dann ist ja auch noch die Frage: Was passiert, nachdem Flower Nicks Vertrauen gewinnt oder nicht gewinnt? Wenn es ihr nicht gelingt: Macht er gute Miene zum bösen Spiel? Merkt sie, dass er misstrauisch ist? etc.pp. Da ist dann die Trennung zwischen Erzählrecht und Konfliktgewinn wichtig.

Ein spezielle Problem bei Eurer Testrunde scheint mir zu sein, dass es jede Menge Konflikte zwischen den Protagonisten zu geben schien, viel weniger aber zwischen den Protagonisten und Nebenfiguren, die der Producer spielt[1]. Oder liegt das nur an der Wahl der Beispiele?


[1] Ja, kann man machen, gibts im Fernsehen ja auch. Muß aber nicht ständig sein, und führt zu Änderungen im Spielfluß, weil der Producer sein Budget nicht einsetzen kann etc.

Offline Nocturama

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Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #23 am: 8.10.2008 | 17:25 »
Hm, dann würde ich entweder einen ganz anderen Stake setzen oder sich darauf einigen, dass Nick trotz seines Mißtrauens mit den anderen zusammenarbeitet. Das kann man ja machen.
Einen Konflikt setzen, wenn man ganz eindeutig einen Ausgang besser findet und sich keine Alternative vorstellen kann, würde ich nicht machen. Da würde ich lieber einen ganz anderen Konflikt suchen oder in dieser Szene auf den Konflikt verzichten.

Andererseits: das Schöne bei PtA ist ja (u.a.) seine Unberechenbarkeit. Dann mißtraut Nick Flower eben von Anfang an. Schauen wir mal, was sich daraus entwickelt!
Wie gesagt, ich würde als Producer mein Budget immer nach der Wichtigkeit des Konflikts ausgeben und nicht nach möglichem Ausgang. Als Producer ist man in Konflikten immer die Opposition.

Man muss das mit dem Stakes umdrehen ja auch nicht machen. Wir machen das manchmal, wenn man als Spieler den Protagonisten lieber verlieren sehen will. Sonst kann es zum "unterbieten" kommen.
Man kann natürlich auch einfach einen anderen Konflikt suchen, den auch der Spieler gewinnen will.
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oliof

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Re: [PtA] Ein paar Neulings-Fragen
« Antwort #24 am: 8.10.2008 | 17:35 »
Stakes umdrehen hab ich bisher noch *nie* gemacht. Keine Konflikte gespielt, wenn es keine Unstimmigkeiten über den Ausgang einer Szene gab, sehrwohl.