Mein gefühltes Hauptproblem: in den Staffeln bis 6 hatte ich den Eindruck, dass der Plot sich aus den Charakteren entwickelt. Bei Staffel 8 wurden die Charakter nur noch hin- und hergeschoben um den Plot schnell durchzudrücken.
Das stimmt irgendwo, aber ich glaube es geht etwas tiefer.
Tatsächlich kann man argumentieren, dass sich der Plot in den frühen Staffeln
eben nicht aus den Charakteren entwickelte, sondern aus den gesellschaftlichen Verflechtungen der Charaktere... also schlechthin aus der Gesellschaft, die in Westeros vorherrscht. Das finde ich eine spannende Deutung. Einfach mal
in diesem Video und
in diesem Artikel nachschauen... ich fand diese Deutung sehr zutreffend.
Für mich selbst war die Ursünde von GoT übrigens das Überleben von Jon Snow nach seiner Messerung. Damit hat sich GoT fundamental davon entfernt, wie es Geschichten erzählt hat.
Und ja, ich bin überhaupt kein Freund davon, dass "Danny" böse wird (einfach weil die "Gut/Böse"-Dynamik in GoT eigentlich deutlich komplexer gehört, als sie gewesen ist)... eben auch weil sie Leute getötet hat, die sich ergeben haben. Das wie macht hier die Musik. Und die Totalitarismus-Analogien (Drittes Reich, UDSSR) am Ende sind billig und tausend Mal dagewesen, wenn nicht sogar unangenehm anachronistisch.
Könnte mal bitte jemand versuchen zu erklären was an der Hinrichtung dieser Verräter problematisch ist.
Okay... eine Sache, die ich loswerden muss – und das Zitat greife ich mal exemplarisch raus, für andere Kommentare jetzt hier auf der letzten Seite...
Ich meine, puh. Also wenn wir das hier so weiter verfolgen, dann stürzt der Thread im Drachentiefflug ins SC...
Ich finde es ist eine Sache, darüber zu reden, ob Dinge im Kontext eines Settings Entscheidungen oder Gegebenheiten aus dem Selbstverständnis der Leute darin abgeleitet werden können. Ob sie also
plausibel oder
glaubwürdig oder vielleicht sogar im Kontext der Gesellschaftsordnung in dieser Welt
gerechtfertigt sind (und selbst dann können Charaktere in dem Setting aus gewissen Gründen moralische Zweifel daran setzen... weil die Moral eines Charakters, gerade von Charakteren, die einen Status Quo stürzen wollen, natürlich von der eines Tyrannen fundamental zu unterscheiden ist, aber das nur am Rande).
Wie gesagt: Ob etwas zum Setting passt, können wir gerne diskutieren...
Aber wenn jetzt hier wirklich gesagt wird:
- Leute kreuzigen (= töten unter Folter) ist in Ordnung, wenn sie nur böse genug waren
- Sklaverei ist ja nicht so schlimm; wenn man nur gebildet ist, dann hat man's ja gut
- Über Leute das Todesurteil zu verhängen ist unproblematisch, selbst wenn es sich um die Familie eines Verbündeten handelt
...
... also bei sowas bin ich dann raus.
Ich meine, Martin und auch den HBO-Serienmachern liegt es offensichtlich am Herzen, dass wir die Moral dieser Fantasywelt eben nicht nach Gesichtspunkten wie "Might makes Right" oder "Der König hat immer Recht" bewerten. Ich wüsste nämlich nicht, wie eine solche Bewertung dieses Stoffes nach Gesichtspunkten der aufklärerischen Werte oder zumindest des westlichen Wertesystems, das sich nach dem 2. Weltkrieg entwickelt hat, mit dem, was in GoT passiert irgendwie kompatibel wäre. Und wenn wir jetzt hingehen und das über Bord werfen und sagen "Ja, war halt eine andere Zeit und das, was in dieser Zeit moralisch richtig war, das ist wirklich moralisch richtig". Ich glaube, ich muss nicht deutlich machen, wo uns das hinführt.
Und demnach sind Danaerys Taten aus der Perspektive eines Adligen der GoT-Welt gerechtfertigt (wobei, nicht bei allen, fragt mal Sam Tarly)... und gleichzeitig sind sie
hochproblematisch! Tatsächlich ist das sogar der ganze Punkt der GoT-Narration, dass sich Danaerys am Ende selbst diskreditiert, weil sie sich eben genauso verhält wie die Leute, die sie bekämpfen wollte.
"Game of Thrones" ist irgendwo auch eine Rekonstruktion diverser Fantasy-Tropen, darunter der Trope des "gerechten Königs" oder der Freizeitpark-mässigen Fantasy-Action. Aber diese Rekonstruktion funktioniert nur, wenn wir das, was da passiert im Wertespiegel unserer Zeit betrachten.
Ich glaube zwar nicht, dass hier irgendeiner, der vorher geschrieben hat, Sklaverei wirklich gut findet oder die Tötung der Tarlys wirklich für moralisch richtig hält. Aber ich finde schon, wir sollten ein wenig aufpassen, wie wir darüber schreiben.
Weil wenn sowas hier wirklich noch moralisch verteidigt wird... also wie gesagt, dann bin ich raus.
Wer sich angesprochen fühlt und das im Detail ausdiskutieren will, gerne per PM. Wollte nur drauf hinweisen.