Ich glaube nur nicht, daß die Ergebnisoffenheit der Grund für die Unterschiedliche Verregelung ist.
Ich denke schon, daß da ein Unterschied ist.
Ich postuliere mal ein einfaches System, in dem eine Fertigkeit plus Würfelwurf über den Ausgang einer Probe entscheiden sollen; im Kampf sollen die Folgen für einen bestimmten Wert direkt aus einer Probendifferenz abgeleitet werden. Wenn die beiden Werte feststehen, kann der Spieler ebensogut wie der Spielleiter sagen, was die Folgen sind: Er kann die Probendifferenz errechnen und mit dem entsprechenden Wert verrechnen. Damit geht es dann weiter. Im Grunde könnte der Spielleiter schweigen, ohne daß sich am Ablauf etwas ändern würde.
In einer sozialen Situation ist das in der Regel nicht so - weil dort die Bestimmung fehlt, wie die Probendifferenz zu verrechnen wäre. Mit welchem Wert denn überhaupt auch? Zuweilen ergibt sich das "organisch": Beim Feilschen um einen Preis kann man die anfängliche Preisvorstellung nehmen. Bei einer Debatte kann man einen "Überzeugungswert" ansetzen. Aber bei dem wird es schon wieder diffizil: Denn der anfängliche Überzeugungswert ist ja je nach Thematik vermutlich sehr unterschiedlich. Wieviele Vergleichswerte kann ein System sinnvoll anbieten? Bei Kämpfen ist das in der Regel je Charakter genau
ein Wert, sei es nun "maximale Lebenspunkte" oder was auch immer (manche Systeme ergänzen einen "Erschöpfungswert" o.ä., aber die Anzahl bleibt doch immer noch überschaubar). Aber denselben Wert für eine Fachdiskussion um das Spezialgebiet des Charakters und für ein abseitiges Thema kommt bei weitem nicht so überzeugend. Und dann braucht man noch einen, wenn es gar nicht um Fachliches, sondern um das Verbringen der nächsten Nacht in Einsamkeit oder angenehmer Gesellschaft geht (wenn man mal nicht von einem Fall von Prostitution ausgeht). Gut, die jeweils nächste Probe, sagst Du... aber das setzt voraus, daß es eine jeweils nächste Probe gibt, die nicht eh schon vom Ausgang der jetzt betrachteten abhängt. Ob sie das tut und in welcher Weise, kann der Spieler nicht aus den Werten ableiten, die er kennt. Ob ein Schlag im Kampf eine Verletzung verursacht hat, kann man (in einer ganzen Reihe von Systemen zumindest) aus den Werten "berechnen", aber welche Antwort ein NSC gibt, kann man nicht berechnen, der Spielleiter muß sie formulieren. Und er hat dafür in aller Regel deutlich mehr als eine mögliche Formulierung zur Auswahl... Wenn der Spielleiter schweigt, wird sich der Ablauf ändern, verglichen mit dem Fall, daß er etwas sagt. Darin liegt meines Erachtens eine deutlich höhere Offenheit.
Aus diesem Grund ist jeder Spieler daran interessiert die Begegnung zu seinen Gunsten zu entscheiden. Sprich wie die Begegnung ausgeht ist wichtig.
Und ob sich der Spielleiter traut, die Begegnung wichtig zu machen, hängt unter anderem (bei allen Spielleitern, die ich kenne) daran, ob seine Spieler es akzeptieren können, wenn negative Konsequenzen eintreten. Ob sie es akzeptieren, hängt wiederum meiner Erfahrung nach daran, ob sie "noch etwas abwenden" konnten, wenn sich die Situation für sie negativ gestaltet. Und damit wären wir wohl bei der Komplexität der Regelung.
Eine einzelne (wohlmöglich unmodifzierbare) Probe erlaubt den Spielern nicht, einen Strategiewechsel einzuleiten, wenn der Charakter merken müsste, daß er in Problemen steckt. Um einen Strategiewechsel einleiten zu können, muß der Spieler merken, daß das dran ist (d.h. er muß abschätzen können, in welche Richtung sich die Situation bewegt, z.B. anhand von Zahlen wie im Kampf seinen "Lebenspunkten"), er muß alternative Strategien haben und er muß sie so einsetzen können, daß sie mit ausreichender Wahrscheinlichkeit die Situation zu seinen Gunsten verbessern.
Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, darf eine Begegnung "signifikant" sein, z.B. lebensbedrohlich, ohne daß die Spieler (jedenfalls die, die ich kenne) mürrisch reagieren würden. Sie können ja mitgestalten, was geschehen wird. (Natürlich kann man auch in so einem System "Schikanen" unterbringen, indem der positivst mögliche Ausgang immer noch negativer ist als jedes Nicht-Ereignis... aber davon mal ab.)
Bliebe die Frage, wie man "berechenbare Signifikanz" erreicht, wenn es nicht ums Überleben geht. Kampf und in gewissem Umfang auch auf den Körper bezogene Proben (Klettern, Schwimmen) lassen eine Abstraktion auf "Lebenspunkte" zu, die die Signifikanz berechenbar macht: "Wenn Du so und so tief fällst, bist Du mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit verletzt; bei folgender Tiefe bist Du mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit schwer verletzt; bei folgender Tiefe bist Du mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit tot." Der Spieler kann abwägen, ob er das Risiko eingehen will - so wie er erwägen kann, ob er einen Kampf weiterführen will.
Aber auf welchen Wert kann man "gesellschaftliche Signifikanz" reduzieren? Oder auf welche Gruppe von Werten?
"Ruf" nach außen und "Selbstbewußtsein" nach innen ist meine Wahl zunächst. Eine Probe um den Preis der Frühstücksbrötchen ist so irrelevant dafür wie eine Ohrfeige für die "Lebenspunkte". Aber wenn es um etwas Großes geht, dann sinkt vielleicht bei einer verlorenen "Feilschen"-Probe das Selbstbewußtsein. Und wenn man sich in einer Begegnung mit einer wichtigen Person danebenbenommen hat, sinkt der Ruf (obwohl das Selbstbewußtsein vielleicht sogar steigt, "weil man dem gezeigt hat, daß man sich nicht einschüchtern läßt" o.ä.). Und ein gewisser Ruf ist notwendig, um gesellschaftlich handlungsfähig zu bleiben, andernfalls ist man "gesellschaftlich gelähmt" (oder "sozial für die anderen gestorben").
Wenn man dann die entsprechenden Begegnungen entsprechend komplex abhandeln läßt, sollte es möglich sein, alle Arten von Proben "signifikant" werden zu lassen.
(Und jetzt komme ich zu Falcon zurück: In dem Moment, wo ich solche Werte habe, bin ich auch im "gesellschaftlichen" Umfeld in der Situation, in der ich sonst im Kampfsystem bin. Ich habe einen Wert, auf den ich eine Probendifferenz anwenden kann - die Situation vereinfacht sich also zu einer prinzipiell nicht mehr offenen. Die Veränderung des Werts kann der Spieler berechnen, wenn er den Probenausgang kennt; der Spielleiter muß eigentlich nichts mehr sagen...)