Autor Thema: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]  (Gelesen 13944 mal)

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Offline Lord Verminaard

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #25 am: 8.01.2009 | 17:05 »
Ich dachte eigentlich immer, dass das Reduce to the Max-Prinzip immer nur für experimentelle Forge-Spiele verwendet wurde, die sowieso nie für den Gebrauch in 20+ Spielsitzungen mit den selben Charakteren gedacht waren.

Mach 5+ draus. ;) Tja, die gute alte Kampagne wurde eben gleich mit reduced.
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Offline Bad Horse

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #26 am: 8.01.2009 | 17:12 »
Crimson King war schneller.  ;)

Ich halte diese "Reduce to the max"-Schiene für sehr interessant, weil cooles Zeug dabei rauskommt, das einen Abend lang richtig fett Spass macht.

Aber ich möchte meine "normalen" Kampagnen mit Spaßquellen von Questen (Zitat: "Wir gehen auf eine Quest, nicht auf ein Fest!"), Kämpfen (Singende Zombiezwerge nackig machen!), Drama (um das Reich zu retten, muss sich die von den Toten auferstandene gegen ihren Geliebten wenden), Rätsel (warum singen die alle das gleich Lied) und Soap (ein zarter Kuss zwischen zwei Charakteren) nicht dagegen tauschen.  ;)

... und ja, die Beispiele waren alle aus dem gleichen Abenteuer (von Slobo geleitet).
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

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Offline Grimnir

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #27 am: 8.01.2009 | 18:13 »
Vermis Beitrag ist das, was ich unter fundierter Kritik verstehe. Er hat sich viele Jahre mit der Forge auseinander gesetzt. Das, was er schreibt, ist kein polemischer Reflex eines Forge-Verächters, der nicht bereit war, sich näher mit dem Thema zu beschäftigen. Dadurch gewinnt sein Beitrag Relevanz. Dadurch ist er eine Erkenntnis, kein Vorurteil. Deswegen: :d

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Offline Purzel

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #28 am: 8.01.2009 | 18:29 »
Was nun tun mit den Erkenntnissen ...

Gibt es nun was Neues, das dysfunktionalen Gruppen hilft wieder zu funktionieren?
Wie hilft der nun genauer aufgeschlüsselte Kohärenz-Begriff Gruppen ihr Spiel noch weiter zu verstehen oder zu verbessern?
Was sagt das dem Spiele-Entwickler über das, was er bei seiner Arbeit zu beachten hat?
Wenn nichts von alledem, wem hilft es denn?

Fragen an Vermi!

Offline Dr.Boomslang

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #29 am: 8.01.2009 | 20:26 »
Vermi, ich vermute deine Probleme mit dem Forge Gedankengut resultieren größtenteils aus deiner eigene Wahrnehmung als Forge-Insider. Hier im alten Europa kenne ich keinen der Kohärenz ausschließlich als "Reduce to the max" auslegt (außer vielleicht Fredi ;) ). Du verwechselst eventuell auch die Forge-Designtradition mit den theoretischen Grundlagen (Oder versuchst du dass nur aufzudecken? Ich bin mir nicht ganz sicher). Diese Grundlagen sind natürlich sehr abstrakt und können unterschiedlich umgesetzt werden. Du sagst ja bereits selbst dass man kohärentes Design keinesfalls als absolute Reduktion verstehen muss.

Kohärenz bedeutet erstmal nur dass die Spieler verstehen was die anderen Spieler machen und wollen. Das ist sogar ganz explizit, wie alles was mit "System" zu tun hat, auf individueller Gruppenebene definiert. Auf das Design bezogen heißt das im Allgemeinen nur, dass der Autor dabei helfen muss die Gruppenkommunikation in eine Richtung zu lenken die dann kohärent werden kann. Eine Möglichkeit dies umzusetzen ist es nunmal einfache und strenge Vorgaben zu machen. Die Forge-Designschule sehe ich als eine Art Proof-of-Concept, Designerspiele eben. Sind das "richtige" Rollenspiele? Ja. Versuchen sie aber auch dass umzusetzen woran andere Autoren gescheitert sind? Nein! Sie versuchen es gar nicht, weil man weiß dass es schwierig ist und dass man es noch nicht kann.
Kein Wunder dass diese Art von Spielen "eindimensional" wirken, denn sie sind es und das ist meist auch die Absicht gewesen. Der Gedanke dahinter ist es erstmal etwas einfaches richtig zu machen, als etwas Großartiges falsch zu machen. Außerdem ist alles leichter zu verstehen, wenn es erstmal in Einzelteile zerlegt wird, das ist Analytik. Du sagst es ja selbst.
Dieses Prinzip darf man nun aber nicht mit dem Grundgedanken der Kohärenz verwechseln. Und sollten das viele doch verwechselt haben, dann hat das nichts mit der Forge-Theorie zu tun die dahinter steht, sondern damit dass es Leuten leichter fällt etwas nachzuahmen (Forge-Design) als etwas zu verstehen (Forge-Theorie), das ist der natürlich Lauf der Dinge.
Du sagst das ja alles selbst, nur rennst du damit wahrscheinlich offene Türen ein (wie ja die Reaktionen hier es zu zeigen scheinen).


Die Ganze Sache mit GNS und der Ausschließlichkeit bestimmter CAs, sind auch deine forgigen Sichtweisen dieser Konzepte, die von niemandem mit dem ich persönlich diskutiert habe so gesehen wurden wie du sie hier darstellst. Ausschließlichkeit und Vollständigkeit von GNS sind die ersten Dinge die immer angezweifelt wurden, auch von "Experten" die die Grundlagen kennen.
Auch die Sache mit dem Reward ist nicht so gemeint wie du es darstellst. Reward ist eben nicht das Leckerli das der Autor dem dressierten Spieler hin wirft der sich brav verhalten hat. Ich glaube aber du weißt das. Aber auch das ist wieder missverstandene Theorie.

Jetzt kann man natürlich sagen: Ok, aber was will die Theorie dann? Was sollen wir "in echt" machen? Das ist eben die Frage nach Techniken. Es war hier schon vor Jahren Konsens, dass man sich mehr um Techniken kümmern sollte. Aber viele theoretische Grundlagen sind noch gar nicht da. Die interessanten Sachen sind unvollständig. Techniken leisten immer nur eine bestimmte Sache, sie können ein Prinzip nie vollständig erschlagen.
Manche Techniken haben sich eingebürgert, sie funktionieren mehr oder weniger, oder auch nicht. Aber das darf man eben nicht mit den Grundlagen verwechseln, denn die sind größtenteils, soweit verstanden, weiterhin gültig. Man muss sie sich nur immer wieder ansehen, anstatt zu sagen: Aha jetzt weiß ich Gamism=Kämpfen, oder Reward=Fan Mail, oder wie auch immer die überstürzten oder durchdachten Schlussfolgerungen aussehen mögen.

Aber ich glaube der Schlüssel zu nächsten Stufe der Entwicklung ist schon gefunden. Ich glaube das, weil ich zumindest schon mal unabhängig von dir zu dieser Erkenntnis gekommen bin, deswegen betone ich sie hier nochmal:
Des Pudels Kern: Um alle verfügbaren Spaßquellen auszuschöpfen, um ein nachhaltiges, mehrdimensionales und noch dazu den Bedürfnissen der Gruppe angepasstes Spielerlebnis zu erzielen, muss jede Gruppe ihr eigenes Spiel spielen – und nicht das Spiel des Autors.
Der Punkt in dem wir uns vielleicht nicht einig sind ist aber folgender: Ich glaube der Autor kann sehr viel dafür tun dass die Spieler ihr eigenes Spiel finden, auch ohne es ihnen direkt vorzuschreiben. Aber auch viel besser als sie einfach mal "machen zu lassen", oder ihnen "nicht im Wege zu stehen". Das hatten wir Ende der 90er schon mal mit den Minimalsystemen.
Die "guten Rollenspieler" auf die du eher setzt haben ihre Fähigkeiten auch irgendwo her. Die hätten vielleicht leichter gelernt mit einem besseren System, mit einer besseren, kohärenteren Anleitung.

Offline 1of3

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #30 am: 9.01.2009 | 02:50 »
Ich möchte einmal auf deine Randbemerkung zum "Reward System" eingehen, Frank. Du sagst:

Zwar ist nichts Grundsätzliches gegen Belohnungssysteme in Rollenspielen einzuwenden, doch wenn diese allzu deutlich dem Spieler sagen, was er zu tun hat, dann wird doch der Beitrag des Spielers selbst entwertet: Dann hat er das eben nur gemacht, um die Punkte zu kriegen, das wird doch von ihm erwartet. Und was er dann genau gemacht hat, das ist eigentlich austauschbar.

Du hast in gewisser Weise recht. Man muss aber, so scheint mir, differenzieren zwischen dem, was da belohnt wird. Das Problem, das du im Auge hast, bezieht sich wahrscheinlich vor allem auf Vorschriften, was etwa der Spieler mit seinem Charakter tun soll. Also allgemein auf Belohnung für bestimmte Fortentwicklungen der Fiktion.

Was ist, um sich ein populäres Beispiel rauszugreifen, aber etwa mit der weit diskutierten Fanmail? Das ist ein Belohnungssystem, aber dieses System interesssiert sich nicht für die Fiktion. Es interessiert sich in der Tat für gar nichts, aber schauen wir nur einmal solche Systeme an, denen die Fiktion egal ist.

Würdest du bei denen dann auch die Gefahr der Selbstentwertung sehen?


Weiterhin schreibst du:

Zitat
Das gleiche gilt auch auf Resolutionsseite für Regelmechanismen, die Spieler zu einem ganz bestimmten Verhalten bewegen wollen. BARBAREN! ist ja schon ein relativ forgiges Spiel, das ich heute auch so nicht mehr schreiben würde, aber ich wurde trotzdem gefragt, warum es eigentlich so was wie Waffenschaden gäbe. Ob es nicht viel männlicher wäre, wenn ein Barbar den Bären mit bloßen Händen erwürgt. Ja klar, habe ich gesagt, das wäre viel männlicher, weil es schwerer ist ohne Waffe. Genau dadurch wird doch die Leistung des Spielers validiert.

Da würde mich interessieren, was hätte dagegen gesprochen, die Waffenwahl zwar mechanisch relevant zu machen, aber ohne dass Hauen mit der Axt besser ist als Würgen? Statt also den Unterschied in der Mechanik platt zu bügeln, dem höheren Schaden der Axt einen Ausgleich gegenüber zu stellen?

Solche Methoden hab ich z.B. bei B&B stark verbaut. Korruption ist etwa ein zwiespältiger Mechanismus. Man hat die Wahl vor Ort die Wahl seinen Einfluss auf die Story zu bewahren, aber seinen Einfluss über seinen Charakter aufs Spiel zu setzen. Oder aber hier und jetzt auf Narrationsrecht zu verzichten. Langfristig manipuliert jede solche Entscheidung weiterhin, was man mit dem Charakter machen kann, ob er nämlich reich und unbeliebt oder arm und liebenswerter ist. Man könnte hier also sagen, dass jede Entscheidungsmöglichkeit doppelt in beide Richtungen abgesichert ist und das sowohl in Fiktion als auch in Mechanik.

Der Witz in einer solchen Situation, dass der Spieler zwar keine schlechten Entscheidungen treffen kann, aber egal, was man tut: You can't have the cake and eat it, too.

Kinshasa Beatboy

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #31 am: 9.01.2009 | 08:42 »
Vermis Beitrag ist das, was ich unter fundierter Kritik verstehe. Er hat sich viele Jahre mit der Forge auseinander gesetzt. Das, was er schreibt, ist kein polemischer Reflex eines Forge-Verächters, der nicht bereit war, sich näher mit dem Thema zu beschäftigen. Dadurch gewinnt sein Beitrag Relevanz. Dadurch ist er eine Erkenntnis, kein Vorurteil. Deswegen: :d

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Grimnir

Das stimmt zweifellos. Es ist für mich nur ein wenig schade, dass die wahrgenommene Legitimität von Beiträgen hier im Forum ganz offensichtlich derartig stark durch meritokratische Erwägungen beeinflusst wird. Ich finde das generell unnötig und vor allem hat in diesem Fall Vermi das mit Sicherheit nicht nötig.

Offline Tantalos

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #32 am: 9.01.2009 | 09:00 »
Das stimmt zweifellos. Es ist für mich nur ein wenig schade, dass die wahrgenommene Legitimität von Beiträgen hier im Forum ganz offensichtlich derartig stark durch meritokratische Erwägungen beeinflusst wird. Ich finde das generell unnötig und vor allem hat in diesem Fall Vermi das mit Sicherheit nicht nötig.

Auch wenn ich den Begriff Meritokratie erst nmachsehen musste, ist der von dir beschriebene Fakt sicherlich in allen Foren, in jedem usenet und wahrscheinlich auch in anderen Internetmedien so. SO werden einige Beiträge von Usern besser oder schneller wahrgenommen als andere. In sofern mag das zwar "schade" sein, aber darüber hinaus ist es sicherlich "normal".
Rebellion? Läuft gut!

Kinshasa Beatboy

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #33 am: 9.01.2009 | 09:06 »
@ Jack: Jaja, klar. In diesem Thread war es mir nur besonders aufgefallen. Vermis Beiträge sind oft bemerkenswert und ich lese ihn ebenfalls unheimlich gerne. Hier aber schreibt Vermi zur Abwechslung mal wenig Neues und holt zudem für meinen Geschmack zu weit aus. Die gleiche Erkenntnis jedenfalls haben diverse Leute hier im Forum und außerhalb früher und besser formuliert. Deshalb die etwas kritische Anmerkung. Vermi schreibt ganz oft ganz tolle Sachen und ich teile ihm das auch regelmäßig in den Threads und per PM mit. Diesen Beitrag hier fand ich jedoch ein wenig schwächer und war verwundert, dass die Leute trotzdem so jubeln. Daher die Anmerkung, die zumindest mir diesen Umstand plausilbilisiert  ;)

Offline Grimnir

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #34 am: 9.01.2009 | 10:18 »
@Kinshasa Beatboy: Ich denke, hier muss man zwei Fälle von Meriten unterscheiden. Im ersten Fall erkennt man die besondere Relevanz des Beitrages an, weil der Schreiber sich bekanntermaßen intensiv mit der Thematik auseinander gesetzt hat. Bei Vermi wissen die meisten das ohnehin, aber vermutlich hat er aus diesem Grund auch seinen Forge-Werdegang an den Anfang des Beitrages gesetzt. Man sieht, dass er weiß, von was er spricht. Dass sein Beitrag dann als relevanter als ähnliche angesehen wird, sehe ich nicht als verwerflich an.

Der zweite Fall ist die Blanko-Akzeptanz von Beiträgen, die nicht auf der Fachkompetenz des Schreibers in genau diesem Themenbereich fußt, sondern allein auf der Prominenz des und der Sympathie für den Vortragenden. Das sehe ich auch als Problem an (und es wäre vermutlich einen eigenen Thread mit vergleichenden Beispielen aus dem Forum wert). Das gleiche gilt natürlich auch im negativen Fall: Gute Beiträge werden ignoriert, weil es Animositäten zum Schreiber gibt.

Natürlich vermischen sich in der Regel die beiden Fälle, und würde durch Vermis Beiträge nicht immer durchscheinen, was für ein sympathischer Kerl er (vermutlich  ;) ) ist, wären die Reaktionen wohl auch verhaltener.

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #35 am: 9.01.2009 | 10:22 »
So ist das wohl. Grüße zurück!

Offline Lord Verminaard

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #36 am: 9.01.2009 | 11:26 »
@ Beatboy (stellvertretend): Ich kann verstehen, dass das auf dich als, ich sag mal, Neueinsteiger seltsam wirkt, soviel Wind um diese Sache zu machen. Das ist halt ein Thema, das von Anfang an im Zentrum der Theorie-Debatten stand. Mein Beitrag richtet sich daher in erster Linie an Forge-Insider, es ist also eine Binnendiskussion.

@ Purzel:

Zitat
Gibt es nun was Neues, das dysfunktionalen Gruppen hilft wieder zu funktionieren?
Wie hilft der nun genauer aufgeschlüsselte Kohärenz-Begriff Gruppen ihr Spiel noch weiter zu verstehen oder zu verbessern?

Tja, die Erkenntnis, dass es komplizierter ist, hilft nicht unbedingt bei einfachen Lösungen, aber ebenso wenig hilft es, eine Einfachheit vorzugaukeln, die es nicht gibt. Du zählst ja wie ich zu den Leuten, die hier im Forum seit Längerem Leuten Ratschläge geben, die Probleme mit ihrer Runde haben. Wie ist denn dein Eindruck? In wie vielen Fällen war das von Erfolg gekrönt?

Mein Eindruck ist, dass man sicherlich ein paar gute Ratschläge mit auf den Weg geben kann und sollte, dass Kohärenz aber im Wesentlichen eine Eigenleistung der Gruppe bleibt. Man kann bessere Spiele für Gruppen machen, die das grundsätzlich hinkriegen, aber keine Spiele, die aus Gruppen, die es nicht hinkriegen, solche machen, die es plötzlich schaffen.

Zitat
Was sagt das dem Spiele-Entwickler über das, was er bei seiner Arbeit zu beachten hat?

Das sagt ihm erstmal, dass er es mit dem Streamlining nicht übertreiben sollte. ;) Ich persönlich werde in Zukunft nach Wegen suchen, wie man gezielt Freiräume für die Gruppe lässt, in denen sie „ihren eigenen Weg finden“ kann, ohne diese Freiräume unüberschaubar werden zu lassen. Diese Freiräume sollten sozusagen einen „Vakuumsog“ erzeugen und die Gruppe gleichsam animieren, sie zu füllen. Zweitens denke ich, es wird endlich Zeit, sich dem Setting-Design als wichtig(st)er Aufgabe des Designers zuzuwenden.

Zitat
Wenn nichts von alledem, wem hilft es denn?

Keine Ahnung, anscheinend wussten es ja alle eh schon vorher. ;D

@ Boomslang & 1of3: Später.
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Joe Dizzy

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #37 am: 9.01.2009 | 11:39 »
(off-topic)

Zweitens denke ich, es wird endlich Zeit, sich dem Setting-Design als wichtig(st)er Aufgabe des Designers zuzuwenden.

Das finde ich mal interessant. Ich würde da nämlich so einige Gründe sehen, weshalb ich einen Fokus auf Setting für nur begrenzt wichtig halte. Vielleicht kann man das ja andernorts (neuer Thread oder Blog) ausbaldowern.

(/off-topic)

Offline Lord Verminaard

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #38 am: 9.01.2009 | 12:17 »
@ Boomslang: Forge-Insider, ja. Wie bereits oben zum Beatboy gesagt, ist dies eine Binnendiskussion und auch eine direkte Reaktion auf Fredis Kohärenz-Thread. Und wie ich ja geschrieben habe, geht es um die Design-Schule des „kohärenten Designs“, damit meine ich hier die Forge-Spiele der 2. Generation und danach, insbesondere nach Games Chef.

Zitat
Versuchen sie aber auch dass umzusetzen woran andere Autoren gescheitert sind? Nein! Sie versuchen es gar nicht, weil man weiß dass es schwierig ist und dass man es noch nicht kann.

Nein! Sie versuchen es nicht deshalb nicht, weil sie wissen, dass sie es nicht können, sondern weil sie es als inkohärent ablehnen! Das ist doch genau der Punkt. Und zum Thema Reward System und ob die Leute das wirklich so sehen schau mal hier, wenn du es wirklich so genau wissen willst. Nicht alle, das nicht, aber einige schon…

Zitat
Die "guten Rollenspieler" auf die du eher setzt haben ihre Fähigkeiten auch irgendwo her. Die hätten vielleicht leichter gelernt mit einem besseren System, mit einer besseren, kohärenteren Anleitung.

Gut, ich fand die Anleitungen (also die eigentlichen Texte), die ich hatte, jetzt gar nicht so schlecht, nur die Regeln dazu waren nicht immer so toll. Aber ja, gute Anleitungen braucht das Land. Schlicht Texte, zum Lesen.

@ 1of3: Fan Mail finde ich nach wie vor gut, weil es dem Spieler nicht sagt, was er zu tun hat. Im Gegenteil, es steht sogar zu erwarten, dass jede Gruppe gewisse eigene Konventionen bildet, wie Fan Mail vergeben wird. Also sogar der „Vakuumsog“ ist da.

Das B&B-Beispiel hab ich ehrlich gesagt nicht verstanden.
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Offline Dr.Boomslang

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #39 am: 10.01.2009 | 01:12 »
Ok, ich glaube dir dass es einige Leute gibt die meinen ein "normales" Rollenspiel sei grundsätzlich inkohärent. Aber wie gesagt kenne ich keinen von diesen Leuten. Du warst da einfach schon zu lange in den falschen Foren ;)
Vielleicht ist das auch wieder nur meine Sicht der Dinge: Ich habe mir immer schon gedacht, dass solche forgigen Themenspiele natürlich nicht alles sein können. Und ich denke damit bin ich kaum einer von wenigen. Wir haben doch vorher alle was anderes gespielt und es hat auch funktioniert.

Gut, ich fand die Anleitungen (also die eigentlichen Texte), die ich hatte, jetzt gar nicht so schlecht, nur die Regeln dazu waren nicht immer so toll. Aber ja, gute Anleitungen braucht das Land. Schlicht Texte, zum Lesen.
Ich meinte natürlich die Regeln :)
Denn was ist das Problem an schlichten Texten "zum Lesen"? Genau das Problem das ihr oben besprochen habt. Kann man Leuten wirklich einfach erklären wie sie richtig spielen? Da gibt es ein Startproblem: Um es ihnen zu erklären, müssen sie die Fähigkeit haben die Prinzipien zu verstehen. Das Verständnis haben sie aber erst, wenn sie es schon mal gemacht haben. Sie können es aber nicht machen, wenn sie nicht wissen was man meint wenn man es ihnen erklärt usw.usf.
Regeln sind da der Ausweg. Regeln werden befolgt, auch wenn man ihren Zweck nicht kennt oder sogar nicht kennen kann, weil man nicht verstehen würde. Durch Reflexion des eigenen Handelns nach Befolgen der Regeln beginnen die Spieler dann aber zu verstehen, und dann kann man ihnen auch was erklären (dann brauchen sie es aber manchmal schon nicht mehr).


Ich finde es immer ganz interessant wie ähnlich unsere Einsichten sind, aber wie unterschiedliche Schlussfolgerungen für Techniken und Vorgehensweisen wir daraus ziehen.
Setting als zentrales Werkzeug des Autoren um das Spiel zu prägen finde ich auch gerade falsch. Ein gutes Setting hat sicher seinen Reiz. Ich denke aber Setting ist, wie alles was direkt mit der Qualität der Fiktion zu tun hat, gerade sehr gruppenspezifisch und sollte deshalb soweit wie möglich individuell sein. In Punkto Kohärenz finde ich es viel schwieriger die Vision eines externen Autoren die sich nur in Fluff ausdrückt, also keinerlei wirkliche Anweisungen enthält, getreu umzusetzen, oder sich auch nur da hinein zu finden.
Was ein Autor wie ich finde in Sachen Setting tun sollte ist Themen und Munition zu liefern. Eine mit starken, groben Strichen gezeichnete Welt (vielleicht auch nur verschiedene Möglichkeiten) und eine Menge Daten, Personen, Orte, Ereignisse die man selber passend zusammenstellen kann. Sowas habe ich noch nicht wirklich gesehen.

Offline Beral

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #40 am: 10.01.2009 | 12:02 »
Setting als zentrales Werkzeug des Autoren um das Spiel zu prägen finde ich auch gerade falsch.
Es ist nicht falsch. Es ist aber genauso wenig DIE ultimative Lösung. Beides sind reduktionistische Aussagen und wir sind uns doch gerade in diesem Thread einig geworden, dass Reduktionismus seine Tücken hat.
Ob Setting als zentrales Werkzeug sinnvoll ist oder nicht, hängt davon ab, ob der Autor sich an Spieler richtet, die die Spielwelt in den Mittelpunkt des Interesses stellen (wie z.B. Merlin Emrys) oder an Spieler, die darauf pfeifen und ihren Spass aus anderen Dingen beziehen (wie z.B. 1of3).
Spielertyp: Modellbauer. "Ich habe das Rollenspiel transzendiert."

"Wir führen keinen Krieg...sind aber aufgerufen eine friedliche Lösung auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen." Gerhard Schröder.

Offline 1of3

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #41 am: 10.01.2009 | 12:26 »
Das B&B-Beispiel hab ich ehrlich gesagt nicht verstanden.

OK. Lass es mich allgemein versuchen.

Du sagst: "Wenn du die Coolness des Monster Erwürgens genießen willst, find dich damit ab, dass du weniger Schaden machst." Der Spieler soll nicht alles für umsonst haben.

Das Problem daran ist, dass die Coolness vielleicht gar nicht wahrgenommen wird. Ich wäre nie auf die Idee gekommen meinen Barbaren grundsätzlich ohne Waffen kämpfen zu lassen. (Barbaren brauchen große Äxte!)

Jetzt nehmen wir mal an, dass da ein Spieler ist, der Monster würgen für das größte von Welt hält. Wenn er damit aber alleine in der Runde ist, hat er davon nichts. Die Belohnung für die Axt, d.h. mehr Schaden, ist im Regelwerk drin, die für das Würgen, entsteht nur aus der Anerkennung der Runde.

Man könnte natürlich in das Buch ganz oft reinschreiben, dass Barbaren nur cool sind, wenn sie würgen statt mit der Axt zu hauen. Vielleicht wird dann der Würger von seiner Runde passend gewürdigt.

Oder aber man schreibt die Coolness schon in die Regeln rein. Das Würgen kann also irgend etwas, das die Axt nicht kann. Es ist dann vielleicht schwerer den Bären mit bloßen Händen zu erlegen, aber dafür hat man mehr Erfolg bei den Frauen (ist ja männlicher!).

Diese Variante halte ich für um Längen besser und genau genommen ist sie kein "Reward System", sondern die Abwesenheit eines solchen. Wenn die Axt in allen mechanischen Belangen besser ist, wird ihre Verwendung vom System belohnt. Wenn Würgen aber eigene mechanische Stärken hat, ist die Sache nicht mehr so einfach.

Offline Lord Verminaard

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Re: Kohärenz: Es ist komplizierter [lang]
« Antwort #42 am: 10.01.2009 | 13:28 »
@ Boomslang: Das werden langsam zu viele wichtige Themen für einen einzelnen Thread. ;) Das Setting-Thema würde ich gerne zurückstellen, das muss bei mir auch noch ein bisschen reifen.

Zitat
Um es ihnen zu erklären, müssen sie die Fähigkeit haben die Prinzipien zu verstehen. Das Verständnis haben sie aber erst, wenn sie es schon mal gemacht haben. Sie können es aber nicht machen, wenn sie nicht wissen was man meint wenn man es ihnen erklärt usw.usf.

Hm, eigentlich habe ich genau so angefangen: Mit einem Text und keiner Ahnung. Bzw. meine Erfahrungen beschränkten sich bis dahin auf recht stümperhaftes AD&D, wie es 14-jährige halt so spielen. Also ich würde schon sagen, dass eine gut gemachte verbale Erklärung an allererster Stelle steht, wenn man Leuten vermitteln will, wie ein Spiel gespielt wird.

@ 1of3: Lass es mich so sagen: Was cool ist, entscheiden die Spieler, und nicht der Autor. Das muss auch so sein. Jedenfalls ist das meine Philosophie. BARBAREN! ist in mancher Hinsicht "forgy" und daher sicher auch eher ein Spiel "für zwischendurch", aber an dieser Stelle ging mir das zu weit. Das ist auch nicht bloß in meinem Kopf gereift, in verschiedenen, voneinander unabhängigen Testspielen wurde von Spielern ausdrücklich eine Verknüpfung von Regeln und, ich sag mal, Spielweltlogik eingefordert. Und die meisten nehmen dann auch die Axt und nicht die Hände, was auch völlig in Ordnung ist.
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